JudikaturJustiz12Os132/06p

12Os132/06p – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Januar 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Jänner 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hinterleitner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Anneliese R***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Schöffengericht vom 13. Juli 2006, GZ 16 Hv 24/05s-63, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Mag. Fuchs, der Angeklagten und ihres Verteidigers Dr. Schillhammer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Anneliese R***** des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie am 22. Mai 2003 in Krems an der Donau mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, zuständige Gerichtsorgane durch Vorlage gefälschter Testamente im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Vater Nikolaus Ri***** zur Anerkennung ihres Erbrechts und Einantwortung des Nachlasses des Nikolaus Ri***** zu verleiten versucht, wodurch die rechtmäßigen Erben um rund 172.000 Euro geschädigt werden sollten.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten; sie ist nicht im Recht.

Die unter dem Aspekt der Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) erhobene Kritik, „das Gericht habe zu den Voraussetzungen des § 166 StGB weder positive noch negative und zur Frage der Verwirklichung der Delikte der §§ 146 und 147 StGB zum subjektiven Tatbestand keine ausreichend deutlichen Feststellungen getroffen" (der Sache nach Z 9 lit a und lit c), übergeht die Gesamtheit der unmissverständlichen Konstatierungen zur vorsätzlichen betrügerischen Tatbegehung (insbesondere US 6 und 20) und verfehlt mangels Darlegung, welche Feststellungen - zum als Privatanklagedelikt konzipierten § 166 Abs 1 StGB (arg: „... auf Verlangen ...") - aus welchen Verfahrensergebnissen konkret hätten abgeleitet werden sollen, eine am Gesetz orientierte Ausführung.

Das die Zuverlässigkeit der Überzeugung der Tatrichter zur Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit der Angaben einzelner Zeugen (US 11 f und US 15 f) anzweifelnde Vorbringen in der Mängelrüge sowie der Hinweis, dass das Verhältnis zwischen der Angeklagten und der Lebensgefährtin ihres Vaters kein besonders gutes gewesen sein soll, stellen lediglich die logisch und empirisch einwandfreie (unter anderem auf ein die Echtheit der von der Angeklagten vorgelegten Testamente mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließendes Gutachten eines Sachverständigen für das Schriftwesen gegründete - US 16) Beweiswürdigung der Erkenntnisrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in Frage, ohne damit einen Nichtigkeit begründenden Formalfehler aufzuzeigen.

Dem weiteren Einwand zuwider war eine explizite Erörterung der Aussage der Angeklagten, wonach ihr Vater wiederholt seine Meinung geändert habe, angesichts des Gebotes zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verlangt, wobei die Tatrichter im Übrigen ohnedies eingehend begründet haben, weshalb ihnen die Verantwortung der Angeklagten insgesamt nicht plausibel erschienen ist (US 7 bis 16).

In der Tatsachenrüge (Z 5a) werden mit Ausführungen zu Formalerfordernissen für einen Erbverzicht und für ein Testament, mit Mutmaßungen zum möglichen Motiv des Verstorbenen, die Angeklagte finanziell zu entschädigen, sowie mit spekulativen Überlegungen zu fehlender Objektivität der Lebensgefährtin des Verstorbenen keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der schuldspruchrelevanten Konstatierungen aufgezeigt. Die Rechtsrüge reklamiert das Fehlen von Feststellungen dazu, welche Schadensteile einem nach § 166 StGB privilegierenden Opfer (gemeint dem Bruder der Angeklagten) zuzuordnen sind (Z 10), weil nach der Beschwerdemeinung hinsichtlich dieser Schadensteile eine Verurteilung nur nach § 166 StGB in Betracht komme, eine solche fallbezogen aber „mangels Ermächtigung" verfehlt sei, weshalb dazu mit Freispruch (Z 9 lit b) vorzugehen gewesen wäre und für den verbleibenden Schadensbetrag ein geringerer Strafrahmen zur Anwendung hätte gelangen müssen (Z 10).

Abgesehen davon, dass § 166 Abs 1 StGB - wie bereits dargelegt - kein Ermächtigungs-, sondern ein Privatanklagedelikt ist, sollten nach den Feststellungen tatplangemäß neben dem Bruder der Angeklagten auch dessen Kinder (also die Enkel des Verstorbenen), die mit der Angeklagten nicht im gemeinsamen Haushalt leben (US 6 und 21), durch den betrügerischen Angriff am Vermögen geschädigt werden. Deshalb ist die Tat - wie das Erstgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 11 Os 191/96 zutreffend ausführt - ausschließlich dem Tatbestand des (versuchten) Betruges zu unterstellen und der den Angehörigen iSd § 166 Abs 1 StGB treffende Schadensteil bei Beurteilung der Qualifikation des § 147 Abs 3 StGB nicht auszuscheiden (US 21; vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 166 Rz 17 und 18).

Die Behauptung, es würden Feststellungen zur Frage fehlen, ob die Enkel des Erblassers mit der Angeklagten im gemeinsamen Haushalt lebten, übergeht die gegenteiligen Urteilsannahmen (US 21). Dies gilt auch für den nicht begründeten Beschwerdestandpunkt, das Erstgericht habe die Frage, „welche letztwillige Verfügung welche andere letztwillige Verfügung in welcher Form auch immer verdrängt", unrichtig gelöst, „in concreto" sei eine Verdrängung der nicht durch § 166 StGB begünstigten Person aus zivilrechtlicher Sicht nicht gegeben gewesen.

Im Übrigen hat das Erstgericht zur versuchten Vermögensschädigung von nicht nach § 166 Abs 1 StGB privilegierenden Personen rechtsrichtig dargelegt, dass fallbezogen das spätere (falsche) Testament zugunsten der Angeklagten das frühere (echte) Kodizill des Erblassers zugunsten seiner Enkelkinder zufolge inhaltlicher Unvereinbarkeit (das Kodizill umfasste testamentsgegenständliche Liegenschaften - US 22) mit der Folge eines Schadens im Vermögen der Enkelkinder aufgehoben hätte (vgl Apathy in KBB, § 713 ABGB Rz 4).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte nach § 147 Abs 3 StGB eine Freiheitsstrafe von dreißig Monaten. Gemäß § 43a Abs 4 StGB sah es einen Teil der verhängten Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach. Bei der Strafzumessung wertete es als erschwerend die Tatsache, dass der geplante Schaden die Wertgrenze um mehr als das Dreifache übersteigen sollte; als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel der Angeklagten und den Umstand, dass die Tat beim Versuch blieb.

Gegen den Strafausspruch richtet sich die Berufung der Angeklagten, mit welcher diese eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe, deren bedingte Nachsicht zur Gänze, in eventu die bedingte Nachsicht eines größeren Teiles der Freiheitsstrafe anstrebt.

Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe im Wesentlichen richtig angeführt und auch entsprechend gewichtet. Das Überschreiten der Wertgrenze des § 147 Abs 3 StGB stellt zwar keinen besonderen Erschwerungsgrund (§ 33 StGB) dar, ist aber nach den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung aggravierend zu werten (§ 32 Abs 3 StGB - vgl Ebner in WK² § 32 Rz 77). Der Umstand, dass vorrangig der Bruder der Angeklagten geschädigt werden sollte, wirkt nicht mildernd.

Zutreffend gingen die Tatrichter von einer reiflichen Überlegung, sorgfältigen Planung und rücksichtslosen Ausführung der Tat aus. Hat doch die Angeklagte ihren Standpunkt aus eigensüchtigen Motiven unter Missachtung und Geringschätzung der Interessen der wahren Erben sowohl im Verlassenschaftsverfahren als auch im daraus resultierenden Zivilprozess vehement vertreten. Dies zeigt einen intensiven Täterwillen und eine daraus resultierende gravierende persönliche Täterschuld, welcher nur durch eine entsprechend hohe Strafe begegnet werden kann. Das vom Erstgericht gefundene Strafmaß, das ohnedies nicht einmal ein Drittel des gesetzlichen Strafrahmens ausschöpft, ist daher keineswegs überhöht.

Auch die bedingte Nachsicht bloß eines Teiles der Freiheitsstrafe entspricht den vom erkennenden Senat angeführten spezial- und generalpräventiven Aspekten und bedarf keiner Korrektur. Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.