JudikaturJustiz12Os122/07v

12Os122/07v – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Dezember 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian K***** und andere Angeklagte wegen Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden sowie die Berufungen der Angeklagten Christian K***** und Franz P***** gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 2. Juli 2007, GZ 34 Hv 48/06k-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten Christian K***** und Franz P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Mitangeklagten Thomas L*****oidl enthaltenden - Urteil wurden Christian K***** des Verbrechens und Franz P***** der Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach haben sie in Böheimkirchen als Beamte mit dem Vorsatz, dadurch die Republik Österreich in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Überprüfung von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 57a Abs 4 KFG zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem sie als Verantwortliche eines durch das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung zur wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen bescheidmäßig ermächtigten Unternehmens Gutachten nach § 57a KFG ohne Begutachtung des betreffenden Fahrzeuges ausstellten, und zwar (I) Christian K***** am 30. Juni 2004 als Verantwortlicher der K***** GesmbH für einen PKW der Marke Ford Escort und

(II) Franz P***** als Verantwortlicher des Raiffeisen Lagerhauses Böheimkirchen

1) am 5. Februar 2004 für einen PKW der Marke VW-Golf TDI Kombi, Baujahr 1997, und

2) zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen 2002 und 2004 für einen PKW der Marke Renault Espace, Baujahr 1991. Der Angeklagte Franz P***** meldete unmittelbar nach Urteilsverkündung Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (S 214 - hier offensichtlich irrtümlich als „Drittangeklagter" bezeichnet), führte sein Rechtsmittel jedoch nach Urteilszustellung an seinen Verteidiger (Rückschein S 257) nicht aus.

Mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung eines der in § 281 Abs 1 Z 1 bis 11 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe auch bei Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde war diese schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 iVm § 285a Z 2 StPO).

Rechtliche Beurteilung

Die gegen den Schuldspruch vom Angeklagten Christian K***** aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Als offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) rügt der Beschwerdeführer die tatrichterlichen Feststellungen, weil diese auf das Gutachten des Sachverständigen Ing. Johann B***** gegründet seien, obwohl dieser das Fahrzeug nicht selbst begutachtet habe. Dabei orientiert er sich jedoch nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394). Das Erstgericht hat die Konstatierungen zur Unterlassung der Untersuchung des Fahrzeuges nämlich nicht auf das angeführte Gutachten gestützt, sondern aus den Angaben des Drittangeklagten Thomas L***** abgeleitet und lediglich ergänzend die allgemeinen Ausführungen des genannten Sachverständigen zur Dauer einer ordnungsgemäßen Überprüfung und seine Angaben zum nicht entscheidungswesentlichen (RIS-Justiz RS0096721) Zustand des Fahrzeuges herangezogen (US 11 f). In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet der Nichtigkeitswerber „im Sinne der nicht eindeutigen Lehre und Rechtsprechung" seine Beamteneigenschaft, führt durch diese unsubstantiierte Berufung auf nicht genannte Quellen den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund jedoch nicht prozessförmig aus (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 590). Im Übrigen kommt den zur Ausstellung von Gutachten nach § 57a Abs 4 KFG Befugten nach einhelliger Rechtsprechung sehr wohl Beamteneigenschaft zu (RIS-Justiz RS0118428; Jerabek in WK2 [2006] § 74 Rz 4; Fabrizy, StGB9 § 302 Rz 7; aM ohne Judikaturnachweise oder sonstige Begründung Bertel in WK2 § 302 Rz 12).

Mit dem Vorbringen, das bloße Ausfüllen eines Gutachtensformulars außerhalb der Toleranzfrist des § 57a Abs 3 KFG stelle kein hoheitliches oder behördliches Handeln und damit einen Nichtakt oder den absolut untauglichen Versuch eines behördlichen Handelns dar, leitet der Beschwerdeführer neuerlich nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab, weshalb das (der Ausstellung des Prüfgutachtens notwendigerweise vorangehende) Unterlassen der ordnungsgemäßen Überprüfung des vorgeführten Fahrzeuges keinen Befugnismissbrauch darstellen solle, zumal mit dem Gutachten die Prüfung des Fahrzeuges bei einem konkreten (überdies unrichtig angegebenen) Kilometerstand am 30. Juni 2004 bestätigt wurde (S 47) und damit der bestehenden Begutachtungsplakette zum Zwecke des Weiterverkaufs des Fahrzeuges (US 6; vgl auch den Eintrag „Anmelde-Gutachten" durch den Angeklagten, US 7) ein nicht gesetzeskonform zustandegekommenes Prüfgutachten zugeordnet wurde (vgl auch § 57a Abs 9 KFG, wonach nicht zum Verkehr zugelassene Fahrzeuge jederzeit zur wiederkehrenden Begutachtung vorgeführt werden können [Grundtner/Pürstl KFG7 § 57a Anm 57]).

Auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten K***** war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung des Verteidigers - bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO). Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.