JudikaturJustiz12Os115/08s

12Os115/08s – OGH Entscheidung

Entscheidung
02. Oktober 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Oktober 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter, in Gegenwart des Rechtspraktikanten Dr. Schmidmayr als Schriftführer, in der Strafsache gegen Samir M***** wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Geschworenengericht vom 2. Juni 2008, GZ 713 Hv 1/08h-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Samir M***** des (beim Versuch [§ 15 StGB] gebliebenen) Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 1. Dezember 2007 in Marchegg Ramazan A***** dadurch, dass er mit einem Klappmesser in einer Gesamtlänge von cirka 24 Zentimetern achtmal auf ihn einstach und ihm drei Stichwunden in den rechten Oberbauch, von denen zwei in die Bauchhöhle eindrangen und zu Stichverletzungen der Leber führten, eine Stichwunde in die Außenseite des linken Oberarmes, drei Stichwunden in die rechte und mittlere Rückenregion sowie die linke Gesäßregion und eine Stich- und Schnittwunde an der Oberlippe zufügte, zu töten versucht. Nach Bejahung der Hauptfrage nach versuchtem Mord (fortlaufende Zahl 1) entfiel die Beantwortung der Eventualfragen 1, 2 und 3 nach Totschlag (fortlaufende Zahl 2), absichtlicher schwerer Körperverletzung (fortlaufende Zahl 3) und schwerer Körperverletzung (fortlaufende Zahl 4). Die Zusatzfragen 1 und 2 nach Notwehr (fortlaufende Zahl 5) und Notwehrüberschreitung (fortlaufende Zahl 6) verneinten die Geschworenen, weshalb auch die Beantwortung der Eventualfrage 4 nach fahrlässiger Körperverletzung (fortlaufende Zahl 7) unterblieb.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 8 und 10 a des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Unter Anführung seiner eigenen Aussagen und jener des Tatopfers bringt der Beschwerdeführer in der Instruktionsrüge vor, die Rechtsbelehrung hätte „sich ausführlich und umfassend auf die einzelnen erforderlichen Merkmale beziehen müssen, die die Annahme von Vorsatz in welcher Form auch immer rechtfertigen" würden. Er legt aber nicht dar, weshalb die Rechtsbelehrung die von ihm erkennbar gewünschte Bezugnahme auf den konkreten Sachverhalt bzw einzelne Beweisergebnisse zur Haltung der Tatwaffe enthalten sollte, ist eine solche Erörterung doch der nach § 323 Abs 2 StPO abzuhaltenden Besprechung des Vorsitzenden mit den Geschworenen vorbehalten (Fabrizy, StPO10 § 321 Rz 2, Philipp, WK-StPO § 321 Rz 10, 16). Des weiteren übergeht der Beschwerdeführer, dass die Rechtsbelehrung den zur Verwirklichung des Tatbestands nach § 75 StGB erforderlichen bedingten Vorsatz ausführlich darstellt (Beilagen zu ON 46, S 1 f), und versäumt eine am Gesetz orientierte, meritorisch erwiderungsfähige Ableitung des angeblich fehlenden Instruktionsinhalts (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 65).

Unter Berufung auf die polizeilichen und gerichtlichen Aussagen des Zeugen Mehmet T*****, wonach der Angeklagte das Messer derart gehalten habe, dass die Klinge nur geringfügig aus seiner Hand hervorgeragt habe, und die gutachterliche Äußerung des medizinischen Sachverständigen, dass bei einer Klingenlänge von fünf Zentimetern in der Regel nicht mit tödlichen Verletzungen zu rechnen sei, gelingt es der Tatsachenrüge (Z 10a) nicht, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Bejahung des Versuchs (bedingt) vorsätzlicher Tötung im Wahrspruch zu wecken, zumal die Klingenlänge des vom Angeklagten verwendeten Messers tatsächlich elf Zentimeter betrug (S 129) und die Zufügung von mehreren Stichwunden mit einer solchen Waffe im Rumpf lebensgefährliche Verletzungen erwarten lässt (vgl medizinische Expertise S 261 und 410 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, aber entgegen der dazu vom Angeklagten erstatteten Äußerung - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO). Die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten kommt dem Oberlandesgericht Wien zu (§§ 285i, 344 StPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.