JudikaturJustiz12Os107/05k

12Os107/05k – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. November 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Besenböck als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerry D***** und andere wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. April 2005, GZ 123 Hv 12/05v-87, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Aicher, der Angeklagten Gerry D***** und Razi T***** sowie deren Verteidigers Dr. P. Philipp (dieser auch für den Angeklagten P*****) zu Recht erkannt:

Spruch

In der Finanzstrafsache AZ 123 Hv 12/05v des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gegen Gera D*****, nunmehr Gerry D*****, Razi T***** und Wolfgang P***** verletzt die im Urteil vom 6. April 2005 (ON 87) vorgenommene rechtliche Unterstellung der zum Schuldspruch A. angeführten Straftaten auch als Finanzvergehen der vorsätzlichen Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (B.) das Gesetz in der genannten Bestimmung und in jener des § 1 Abs 1 StGB. Gemäß § 292 letzter Satz StPO wird dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der zum Schuldspruch A. angeführten Straftaten auch als Finanzvergehen der vorsätzlichen Monopolhehlerei gemäß § 46 Abs 1 lit a FinStrG (B.) und demzufolge im gesamten Strafausspruch hinsichtlich aller Angeklagten, nicht jedoch im Verfallserkenntnis aufgehoben und die Sache hinsichtlich des nach dem unberührt bleibenden Teil des Schuldspruchs den Angeklagten weiterhin zur Last fallenden Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung in der Straffrage an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf die Kassation des Strafausspruches verwiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6. April 2005, GZ 123 Hv 12/05v-87, wurden die Angeklagten Gera D*****, nunmehr Gerry D*****, Razi T***** und Wolfgang P***** der Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (A.) und der (idealkonkurrierend begangenen) Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (B.) schuldig erkannt.

Danach haben sie in der Zeit von November 2003 bis 23. Jänner 2004

vorsätzlich

A. in mehrfachen Tathandlungen gewerbsmäßig, „also" in der Absicht,

sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende

Einnahme zu verschaffen, eingangsabgabepflichtige Waren, hinsichtlich

welcher zuvor ein Schmuggel in das Zollgebiet der EU begangen worden

war „und die Gegenstände des Tabakmonopols sind", nämlich 7.320.000

Stück (= 36.000 Stangen) Zigaretten der Marke „Superkings schwarz"

und 1.759.000 Stück (= 8.795 Stangen) Zigaretten der Marke

„Superkings blau" an sich gebracht (strafbestimmender Wertbetrag 1.652.741,16 EUR);

B. zugleich durch die unter Punkt A. angeführten Taten Monopolgegenstände, nämlich die angeführten Zigaretten, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen wurde, an sich gebracht (Bemessungsgrundlage gemäß § 44 Abs 2 lit c FinStrG 1.588.825 EUR). Die drei Angeklagten haben auf ein Rechtsmittel verzichtet (S 449/II). Über die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich Gerry D***** und T***** (ON 93) wurde noch nicht entschieden. In Bezug auf Wolfgang P***** ist das Urteil zur Gänze in Rechtskraft erwachsen.

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Unterstellung der unter Punkt A. des Schuldspruches bezeichneten Tathandlungen auch als das Finanzvergehen des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG (B.) steht - wie der Generalprokurator in seiner Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht in Einklang.

Infolge der Aufhebung des § 2 Tabakmonopolgesetz 1996 durch Art VII des eine Liberalisierung der gewerblichen Einfuhr und Herstellung von Tabakerzeugnissen im Zuge der Vollprivatisierung der Austria Tabak AG anstrebenden (vgl JAB 1202 BlgNR XXI. GP, 4) 2.

Abgabenänderungsgesetzes 2002, BGBl I 2002/132, ist nach dem Ausfuhrverbot auch das Verbot der Überführung von Tabakerzeugnissen in den zivilrechtlich freien Verkehr zu gewerblichen Zwecken im Monopolgebiet weggefallen. Mangels eines akzessorischen Tabakmonopols kommt für davon umfasste Gegenstände (§ 17 Abs 4 FinStrG) das Finanzvergehen nach § 44 Abs 1 lit b FinStrG nicht (mehr) in Betracht (14 Os 43/04, 11 Os 112/04). Damit scheidet für diese Fälle fehlenden Eingriffs in Monopolrechte auch die Strafbarkeit wegen Monopolhehlerei nach § 46 Abs 1 lit a FinStrG aus (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 164 Rz 12).

Die dennoch erfolgte Verurteilung gereicht den Angeklagten zum Nachteil, der spruchgemäß zu beseitigen war.

Angemerkt sei allerdings, dass § 44 Abs 1 lit a FinStrG weitere vorsätzliche Eingriffe in das (Tabak )Monopol kennt, vor allem den - entgegen § 5 TabMG 1996 vorgenommenen - Handel mit Monopolgegenständen. Deren Übergabe vom Schmuggler an einen Dritten (der sie verwerten soll) - was im Gegenstand weder angeklagt (ON 70) noch urteilsmäßig festgestellt ist - kann gewerbsmäßiges Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen im Monopolgebiet (§ 5 Abs 4 TabMG) sein. Da dieses jedoch in der Übertragung von Verfügungsgewalt an den Übernehmer besteht (vgl zum Inverkehrsetzen des § 28 Abs 2 vierter Fall SMG Foregger et al SMG § 28 Anm V.2.), fehlt es dabei an der Anknüpfungsmöglichkeit für die Tathandlungen des § 46 Abs 1 FinStrG, weil diese eine abgeschlossene Vortat erfordern (Dorazil-Harbich FinStrG § 37 Anm 5, E 30 f), was in diesem Fall des Monopoleingriffes eben (noch) nicht vorliegt. Der erste Übernehmer käme vielmehr als Täter nach § 11 3. Fall FinStrG in Betracht, Folgeübernehmer indes sehr wohl als Monopolhehler (vgl 11 Os 74/05z).

Rechtssätze
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