JudikaturJustiz11Os82/79

11Os82/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Juni 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juni 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pollack als Schriftführer in der Strafsache gegen Hayrettin A wegen des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach dem § 206 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. November 1978, GZ 2 b Vr 10.075/77-38, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt DDr. Kloss, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen, der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1. März 1950 geborene türkische Staatsangehörige Hayrettin A des Verbrechens des Beischlafs mit Unmündigen nach § 206 Abs 1

StGB schuldig erkannt, weil er ab Juli 1978 bis spätestens 16. September 1978 (richtig: jeweils '1977') mehrmals mit der am 17. September 1963 geborenen Unmündigen Renate B den außerehelichen Beischlaf unternommen hat.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und '9' des § 281 Abs 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, welcher jedoch keine Berechtigung zukommt.

Mit Berufung auf den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund macht der - leugnende - Angeklagte zu Unrecht geltend, daß die für die Annahme seines mehrmaligen Geschlechtsverkehrs mit Renate B in der Zeit ab Juli bis spätestens 16. September 1977 vom Erstgericht angegebenen Gründe in sich widersprüchlich, unvollständig und undeutlich seien. Der Sache nach bekämpft er mit dem entsprechenden Vorbringen, ebenso wie mit der im Rahmen der erhobenen Rechtsrüge aufgestellten Behauptung, die Urteilsannahme, daß er innerlich das Alter der unmündigen Renate B gebilligt habe, sei unrichtig, lediglich unzulässig nach Art einer Schuldberufung die im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof unanfechtbare Beweiswürdigung des Schöffengerichtes. Das Erstgericht hat in den Entscheidungsgründen ausführlich dargelegt, auf Grund welcher - schlüssigen - Erwägungen es der leugnenden Verantwortung des Angeklagten den Glauben versagte. Formelle Mängel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO haften dem Ersturteil insoweit nicht an. Außerdem geht der Beschwerdeführer - zwar ersichtlich infolge eines Versehens, aber aktenwidrig -

in der Mängelrüge davon aus, daß er in der Zeit vom 15. Juli bis 15. September 1977 (im wesentlichen während des angenommenen Tatzeitraums) nicht in Wien gewesen sei, übersieht indes hiebei, daß sich diese Zeitangabe nach der im Urteil richtig berücksichtigten Aktenlage (vgl. S. 185 unten und 187) nicht auf ihn, sondern vielmehr auf seinen Bruder Hassan A bezieht.

Schließlich ignoriert der Beschwerdeführer bei seinen durchwegs beweiswürdigenden Überlegungen die durch die Zeugenaussage der Renate B gedeckte (siehe S. 151) Urteilskonstatierung, daß die Tripperinfektion der Genannten auch erst nach dem letzten Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten erfolgt sein kann, welcher Annahme das Sachverständigengutachten (ON. 14) nicht entgegensteht (S. 93).

Dem Vorbringen der sachlich den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO relevierenden Rechtsrüge ist zunächst zu erwidern, daß sich diese, soweit dem Urteil unterstellt wird, der Angeklagte habe sich innerlich nicht mit einem Alter der Renate B unter vierzehn Jahren abgefunden, zu der eindeutig gegenteiligen Urteilsfeststellung (siehe S. 190/191; 197 ff.) in Widerspruch setzt und solcherart, von urteilsfremden Sachverhaltsannahmen ausgehend, nicht als prozeßordnungsgemäße (beachtliche) Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes angesehen werden kann. Der der Rechtsrüge allenfalls zugrundeliegenden Ansicht des Beschwerdeführers aber, daß dolus eventualis bezogen auf das Alter der noch unmündigen Renate B im Zeitpunkt des als erwiesen angenommenen (jeweiligen) Geschlechtsverkehrs mit dem Angeklagten, nicht als Schuldform ausreiche, ist mit dem Hinweis darauf zu begegnen, daß diese durch § 5 Abs 1

StGB erfaßte, vorliegend vom Erstgericht als gegeben erachtete Vorsatzform für das hier in Rede stehende Verbrechen des Beischlafs mit einer Unmündigen gemäß dem § 206 Abs 1 StGB, durchaus genügt. Mit der Urteilsfeststellung, der Angeklagte habe beim Geschlechtsverkehr mit Renate B zumindest ernsthaft in Betracht gezogen, daß das Mädchen - vor allem entsprechend seines noch kindlichen Aussehens - noch nicht vierzehn Jahre alt sei, und sich damit billigend innerlich abgefunden, hat das Schöffengericht die für die Annahme dieser Vorsatzform in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erforderlichen Komponenten (siehe RZ 1979/20; vgl. auch Harbich, RZ 1979 S.

28) -zutreffend und ausreichend - bejaht; damit erübrigen sich aber Erörterungen zu der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen theoretischen Frage, ob auch 'eine ganz weit hergeholte Möglichkeit' der Tatbestandsverwirklichung für diese Vorsatzform ausreiche. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 206 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 41 Abs 1 Z 4 StGB

eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 6 Monaten und sah diese gemäß dem § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nach.

Bei der Strafbemessung wertete es die - von Renate B allerdings veranlaßte - Wiederholung der Tathandlungen als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber das 'tadellose' Vorleben des Angeklagten und das Entgegenkommen des der gewerblichen Prostitution nachgehenden Tatopfers als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Strafe an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig sowie vollzählig festgestellt und ihrem tatsächlichen Gewicht entsprechend gewürdigt. Die festgesetzte Freiheitsstrafe wird der Schuld des Angeklagten und dem Unrechtsgehalt seiner Taten durchaus gerecht und kann keineswegs als überhöht bezeichnet werden. Auch der Berufung des Angeklagten war daher der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.