JudikaturJustiz11Os176/96

11Os176/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. November 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. November 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler, Dr. Mayrhofer, Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Riedler als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Theresia H***** wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs 1 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen den Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. August 1996, AZ 20 Bd Ns 72/96, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit der Verdächtigen zu Recht erkannt:

Spruch

Im Verfahren zum AZ 3 Z 9/96 des Bezirksgerichtes Hall verletzt der Beschluß der Ratskammer des Landesgerichtes Innsbruck vom 28. August 1996, AZ 20 BdNs 72/96, das Gesetz in der Bestimmung des § 38 Abs 2 Z 1 BWG.

Text

Gründe:

Zum AZ 3 Z 9/96 des Bezirksgerichtes Hall wurden gegen Theresia H***** Vorerhebungen wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 (Abs 1) StGB eingeleitet, weil sie verdächtig ist, im Verfahren 9 Cg 114/94m des Landesgerichtes Innsbruck durch die Behauptung, ihr Sohn Wilhelm H***** habe seit 1974 monatlich 500 S an Josef E***** bezahlt, wobei dieser Betrag von ihrem Sohn (jeweils) zunächst mittels Dauerauftrags auf ihr Konto überwiesen, von ihr anschließend behoben und E***** persönlich übergeben worden sei, als Zeugin falsch ausgesagt zu haben.

Wie schon im Zivilverfahren stimmte die Verdächtige der Öffnung des auf ihren Namen lautenden Kontos Nr ***** bei der Tiroler Sparkasse nicht zu. Nachdem die Ratskammer des Landesgerichtes Innsbruck in Stattgebung einer Beschwerde der Verdächtigen den Kontoeröffnungsbeschluß vom 23. Februar 1996 (ON 4) aufgehoben und dem Bezirksgericht Hall die neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen hatte, faßte dieses am 25. April 1996 (ON 11) einen gleichlautenden Beschluß. Es begründete diese Entscheidung damit, daß durch die Einsichtnahme in das Konto der Verdächtigen geklärt werden könne,

"1./ ob Wilhelm H***** von seinem Konto den Betrag von S 500,-- auf das Konto der Verdächtigen überwiesen habe (die im Verfahren vor dem Landesgericht Innsbruck vorgelegte Bestätigung der Tiroler Sparkase Bank AG gibt diesbezüglich keinerlei Aufschluß, zumal sie an die Verdächtige gerichtet ist und dahingehend lautet, daß zu Lasten ihres Giro-Kontos monatlich der Betrag von S 500,-- auf ein anderes Konto lautend auf ihren Namen überwiesen wurde);

2./ welchen Verwendungszweck die Überweisung hatte;

3./ warum nach dem Tod des Erblassers der Betrag von S 500,-- weiter überwiesen wurde;

4./ über welches Einkommen die Verdächtige verfügte, sohin ob sie selbst auf die Zahlung der gegenständlichen S 500,-- angewiesen war."

Mit Beschluß vom 28. August 1996, AZ 20 BdNs 72/96 (ON 14 des Aktes des Bezirksgerichtes Hall), gab die Ratskammer des Landesgerichtes Innsbruck auch der gegen diesen Beschluß gerichteten Beschwerde der Verdächtigen Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und wies den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Kontoeröffnung mit der Begründung ab, daß zwar die durch die Kontoeröffnung angestrebten erweiterten Tatsachengrundlagen "für die Beurteilung der Frage nach der Wahrheit oder Unwahrheit" der von der Verdächtigen abgelegten Zeugenaussage von entscheidender Bedeutung seien, aber die - nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes - für eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses unabdingbare Voraussetzung, daß sich die Verdächtige ihre Verfügungsmöglichkeit über das offenzulegende Bankkonto bei der Begehung der zu untersuchenden Straftat (auch) zunutze gemacht habe, nicht gegeben sei.

Rechtliche Beurteilung

Diese Beschwerdeentscheidung steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Gemäß § 38 Abs 2 Z 1 BWG besteht die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses unter anderem nicht im Zusammenhang mit eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren gegenüber den Strafgerichten. Unter dem geforderten Zusammenhang ist (wie hier) ein unmittelbarer und ausreichend konkreter Konnex zwischen dem Verdacht in einem eingeleiteten Verfahren und den Informationen, die dem Bankgeheimnis unterliegen, zu verstehen (vgl Fremuth-Laurer-Linc-Pötzelberger-Ruess, BWG, § 38 Rz 11 mwN).

Die wiedergegebene auf eine tatbegleitende Effektuierung der Verfügungsmöglichkeit über das offenzulegende Konto abstellende Rechtsansicht der Ratskammer kommt hingegen nur bei Prüfung der Voraussetzungen einer (fallbezogen nicht aktuellen) Eröffnung des Kontos eines persönlich vom Strafverfahren nicht betroffenen Bankkunden zum Tragen (EvBl 1987/151; 1994, 72; JBl 1996, 535).

Die Beschwerdeentscheidung der Ratskammer des Landesgerichtes Innsbruck verstößt somit gegen die Bestimmung des § 38 Abs 2 Z 1 BWG.

Da sich die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Vorteil der Verdächtigen auswirkt, hatte sich der Oberste Gerichtshof auf ihre Feststellung zu beschränken.