JudikaturJustiz11Os162/78

11Os162/78 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Jänner 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kießwetter, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Liebetreu als Schriftführer in der Strafsache gegen Josef A wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 26.Juli 1978, GZ. 7 Vr 1342/78-12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Zach, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO wird jedoch das Urteil in dem Ausspruch, Josef A habe die (falsche) Aussage mit einem Eid bekräftigt, ferner in der rechtlichen Beurteilung der Tat als Verbrechen nach dem § 288 Abs. 2 StGB und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und nach dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Josef A hat durch den aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruches das Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1 StGB begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer Freiheitstrafe in der Dauer von 4 Monaten verurteilt. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18.Juli 1930 geborene Viehhändler Josef A des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 2 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt, weil er den Urteilsannahmen zufolge am 13.Februar 1978 in Bad Radkersburg vor dem Bezirksgericht in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred A, Fleischergeselle, 8473 Weitersfeld Nr. 81, vertreten durch Dr. Wilfried B, Rechtsanwalt in Leibnitz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen Unzulässigkeit einer (vom Finanzamt gegen den - nunmehrigen - Angeklagten betriebenen) Exekution, AZ C 73/77, bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache durch die Behauptung, er habe Anfang 1970

die prozeßgegenständlichen Gewehre dem Kläger um 15.000 S verkauft, falsch aussagte und diese Aussage mit einem Eid bekräftigte.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 3

und 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, im Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO behauptet der Beschwerdeführer (in der Hauptverhandlung unterlaufene) Verletzungen der Vorschriften der § 151 und 152 StPO mit der Begründung, der über Angelegenheiten, die unter das Amtsgeheimnis fallen, als Zeuge vernommene Finanzbeamte Erich C sei nicht (ordnungsgemäß) von seiner Verschwiegenheitspflicht entbunden worden, der Zeuge Thomas D habe als Wirtschaftstreuhänder über ein Thema ausgesagt, daß ihm in dieser Eigenschaft von seinem Vollmachtsgeber, dem Beschwerdeführer, anvertraut worden ist, ohne daß es zu einer Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht gekommen wäre; das gleiche gelte für die Zeugin Susanne D als Angestellte ihres Ehegatten Thomas D, der übrigens ein Schwager des Beschwerdeführers sei. Demgemäß - so vermeint der Beschwerdeführer - hätte Susanne D nicht ohne Belehrung über ihr Entschlagungsrecht (gemäß § 152 Abs. 1 Z 1 StPO) nicht vernommen werden dürfen.

Dieser Rüge kommt in keiner Richtung hin Berechtigung zu:

Inhaltlich des Hauptverhandlungs-Protokolles beantragte der Vorsitzende in der Hauptverhandlung vor dem Beginn der Vernehmung des Zeugen Erich C zur Sache fernmündlich bei dessen Vorgesetztem, dem Leiter des Finanzamtes Bad Radkersburg, unter Angabe des Beweisthemas die Entbindung C von der Verschwiegenheitspflicht, welche antragsgemäß vorgenommen wurde (vgl. S 30). Damit kam das im § 151 Z 2 StPO normierte Beweismittelverbot nicht zum Tragen, sodaß durch die Vernehmung des genannten Finanzbeamten über die ihm in seiner amtlichen Stellung bekannt gewordenen Vorgänge hinsichtlich der Pfändung und Transferierung der den Gegenstand des schon erwähnten Zivilprozesses bildenden Gewehre der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 3 StPO nicht verwirklicht wurde, weil alle im § 151 Z 2 StPO für die Vernehmung eines Beamten über einen unter das Amtsgeheimnis fallenden Umstand verlangten Voraussetzungen, nämlich die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht durch den Vorgesetzten, erfüllt wurden. Ob um diese Entbindung schriftlich oder fernmündlich beim Leiter des Finanzamtes, bei dem C Dienst versah, oder bei der zuständigen Finanzlandesdirektion angesucht wurde, ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - für die Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des in Rede stehenden Nichtigkeitsgrundes nicht von Bedeutung.

Die Vernehmung des Zeugen Thomas D und seiner in der Wirtschaftstreuhänderkanzlei mitarbeitenden Ehefrau Susanne D erfolgte schon deshalb ohne Verstoß gegen die Bestimmung des § 152 Abs. 1 Z 2 StPO (in Verbindung mit dem § 27 WTBO), weil das Gespräch über die schon mehrfach genannten Gewehre nicht im Rahmen des zwischen dem Beschwerdeführer und Thomas D bestandenen Bevollmächtigungsverhältnisses geführt wurde (siehe Seite 33/34 und 55).

Schließlich irrt der Beschwerdeführer auch, wenn er vermeint, der Ehefrau seines Schwagers wäre ein Entschlagungsrecht nach dem § 152 Abs. 1 Z 1 StPO zugestanden. Denn nach dieser Gesetzesstelle in Verbindung mit dem § 72 StGB betrifft die Zeugnisbefreiung zwar (u.a.) die Geschwister des (auch geschiedenen) Ehegatten (vorliegendenfalls Thomas D, dem als Schwager des Angeklagten § 152 StPO vorgehalten wurde - vgl. S 33), nicht aber dessen Ehegatten (hier: Susanne D). Das Erstgericht unterließ daher rechtsrichtig eine Belehrung der Zeugin Susanne D im Sinne des § 152 Abs. 3 StPO. Mithin haftet dem angefochtenen Urteil ein den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 3 StPO verwirklichender Umstand nicht an. Den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO geltendmachend, bezeichnet der Beschwerdeführer die erstgerichtliche Urteilsfeststellung, seine Ehe sei im Jahre 1970 kaum getrübt gewesen und es habe keine ernsteren Probleme gegeben, sodaß zu diesem Zeitpunkt auch die finanziellen Angelegenheiten von den Ehegatten besprochen wurden, die Ehefrau habe (sogar) im Jahre 1973 für den Beschwerdeführer ein Kreditgeschäft getätigt, deshalb als 'aktenwidrig', weil die Pfändung der Gewehre erst 1977, also nach Eintritt der Ehekrise, erfolgt war.

Die vom Beschwerdeführer relevierte Feststellung ist weder aktenwidrig noch sonst mit einem Begründungsmangel im Sinne des geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes behaftet, stellte doch das Erstgericht mit seinen vorstehend wiedergegebenen, auf die Aussage der Zeugin Maria A (S 31/32) gestützten Feststellungen (S 51/52) auf das Verhältnis zwischen den Ehegatten im Zeitpunkte des behaupteten Verkaufes der Gewehre (an den Bruder des Beschwerdeführers), nämlich das Jahr 1970 ab, und nicht auf jenen der Pfändung im Jahre 1977. Die Mängelrüge geht daher ins Leere, sodaß auch der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO nicht gegeben ist. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war demnach zu verwerfen.

Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO konnte sich der Oberste Gerichtshof jedoch vom Vorliegen des dem Urteil anhaftenden, sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkenden, nicht geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 10

StPO überzeugen.

Dieser Nichtigkeitsgrund ist in der Beurteilung der dem Beschwerdeführer angelasteten Tat der falschen Beweisaussage vor Gericht unter dem Gesichtspunkt des § 288 Abs. 2

StGB zu erblicken. Denn die inkriminierte, am 13.Februar 1978 vorgenommene Beeidigung des Genannten als Zeugen in der schon zitierten Rechtssache zum AZ. C 73/77 des Bezirksgerichtes Bad Radkersburg erfolgte dem ausdrücklichen Verbot des § 336 Abs. 1, erster Anwendungsfall, ZPO zuwider, wurde doch der Beschwerdeführer mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 25. Jänner 1978, GZ. 7 E Vr 2892/77-15, wegen des Vergehens der versuchten Bestimmung zur falschen Beweisaussage vor Gericht nach den § 12, 15, 288 Abs. 1

StGB rechtskräftig schuldig erkannt (Tag der Rechtskraft: 30. Jänner 1978).

Da somit die Beeidigung des in dem erwähnten Zivilprozeß als Zeugen vernommenen Josef A nach der Bestimmung des § 366 Abs. 1 ZPO nicht nur nicht vorgesehen, sondern sogar verboten war, ist die Tatbildlichkeit der Qualifikation nach dem § 288 Abs. 2 StGB nicht gegeben, weil diese Gesetzesbestimmung verlangt, daß der Eid, unter dem eine falsche Beweisaussage abgelegt oder bekräftigt bzw. sonst falsch geschworen wird, 'in den Gesetzen vorgesehen' ist. Von den gleichen Erwägungen ausgehend, müßte auch ein etwa gegen die Vorschriften der § 457 Abs. 2 ZPO oder 170, 247

Abs. 2 StPO abgenommener, eine Falschbekundung beinhaltender Eid - von den übrigen Qualifikationsvoraussetzungen abgesehen - als ungeeignet zur Herstellung der Tatbildlichkeit nach dem Abs. 2 des § 288 StGB beurteilt werden.

Im vorliegenden Fall ist dem Angeklagten mithin (lediglich) das (nicht qualifizierte) Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1 StGB anzulasten, sodaß insoweit gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 288 Abs. 2 Z 3 StPO wie aus dem Spruche ersichtlich zu erkennen war.

Bei der gemäß dem § 288 Abs. 1 StGB vorzunehmenden Strafbemessung wertete der Oberste Gerichtshof - in übereinstimmung mit dem Erstgericht - als erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende Vorstrafe und den überaus raschen Rückfall, hingegen keinen Umstand als mildernd.

Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe erscheint unter Würdigung der persönlichkeits- und tatbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs. 1 StGB) eine Freiheitsstrafe von vier Monaten angemessen. Infolge der Strafneubemessung durch den Obersten Gerichtshof war der Angeklagte mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche zitierte Gesetzesstelle.