JudikaturJustiz11Os13/13s

11Os13/13s – OGH Entscheidung

Entscheidung
19. März 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. März 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Pausa als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 11. Oktober 2012, GZ 12 Hv 59/12p 140, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Christian H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (A./1./2./) und des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (B./) schuldig erkannt.

Danach hat er in Feldkirchen bei Graz und an anderen Orten

A./ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung jeweils schwerer Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1./ am 31. Jänner 2007 Berechtigte der R***** GmbH durch die wahrheitswidrige Vorspiegelung, die S***** AG sei dessen Eigentümerin zum Kauf eines „Videotrucks“ (Sattelfahrzeug Mercedes Sprinter, Sattelaufleger und Videowall) um den Gesamtbetrag von 508.800 Euro, obwohl der „Videotruck“ bereits zuvor im Rahmen eines „Sale and lease back“ Geschäfts durch den Angeklagten an die A***** GmbH verkauft worden war, „wobei nach Auszahlung eines Kaufpreises von 508.800 Euro durch die R***** GmbH an die S***** GmbH und nach Bezahlung von Leasingraten bis 29. Februar 2008 durch den Angeklagten in Höhe von 150.586,81 Euro ein Schaden von 358.213,19 Euro entstand“;

2./ am 9. März 2007 Berechtigte der R***** GmbH durch Vortäuschung, die Sp***** GmbH sei deren Eigentümerin zum Ankauf von 50 Stück Toshiba Notebooks um den Betrag von 127.500 Euro von der Sp***** GmbH, obwohl diese Notebooks aufgrund eines „Sale and lease back“ Geschäfts im Eigentum der I***** GmbH standen, wobei infolge Bezahlung der Leasingraten bis 29. Februar 2008 von 48.699,40 Euro ein Schaden von 78.860 Euro entstand und

B./ im Sommer 2008 ein Gut in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er einen Transporter der Marke Mercedes Sprinter im Wert von 33.326 Euro, welcher der ST***** GmbH bzw der S***** AG durch die Eigentümerin A***** GmbH im Rahmen eines Leasingsvertrags zuvor anvertraut worden war, ohne Wissen und Wollen der Eigentümerin nach Neuseeland verbringen ließ und dort um 16.250 Euro an den (vorsatzlos handelnden) Aaron C***** veräußerte.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichteten und aus Z 4, 5, 9 lit b und c sowie Z 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) verfiel der Antrag auf Ladung des Zeugen Aaron C***** zu Recht der Abweisung, weil er weder ein Beweisthema enthielt noch erkennen ließ, warum die beantragte Beweisaufnahme ein den Angeklagten entlastendes Ergebnis erwarten lasse bzw inwieweit die Vernehmung für die Schuld und Subsumtionsfrage sonst von Bedeutung sein könnte (§ 55 Abs 1 StPO; RIS Justiz RS0118444).

Das in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Antragsfundierung ergänzte Vorbringen ist prozessual verspätet und somit unbeachtlich (RIS Justiz RS0099618, RS0099117).

Mit ihrer Bezugnahme auf Verfahrensergebnisse zum konkret erzielten Verwertungserlös spricht die gegen den Schuldspruch A./1./ gerichtete Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) die Frage einer teilweisen Schadensgutmachung durch Sicherstellung, somit keine entscheidende Tatsache an (RIS Justiz RS0117264).

Das Erstgericht ging zu B./ von einer ohne Wissen und Wollen der Eigentümerin erfolgten und durch den Angeklagten veranlassten Verbringung des zu diesem Zeitpunkt einen Wert von mehr als 3.000 Euro repräsentierenden Transporters nach Neuseeland aus (US 24 ff).

Soweit der Beschwerdeführer zu diesem Schuldspruch vorbringt, das Erstgericht habe die objektive und subjektive Tatseite nur mangelhaft bzw überhaupt nicht festgestellt und es auch verabsäumt, Feststellungen zum Verkaufswert der Sache zu treffen, macht er der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO geltend. Die Behauptung (Z 9 lit a), es hätte weiterer Konstatierungen und zwar sowohl zum Verkaufswert als auch zu einer an den Angeklagten geflossenen Kaufpreiszahlung bedurft, entbehrt der gebotenen methodengerechten Ableitung der Beschwerdethese aus dem Gesetz.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass unter Zueignung jede eigentümerähnliche Verfügung des Täters über die ihm anvertraute Sache zu verstehen ist, die den Berechtigten der Gefahr des Verlustes seines Eigentums aussetzt. Eine zivilrechtlich wirksame Übertragung von Eigentum an einen Dritten ist sohin nicht tatbestandsessentiell. Das Wesen der Veruntreuung liegt nämlich nicht im Bruch des Eigentums, sondern in der Gefährdung des Treugebers durch treuwidrige Verfügung über das anvertraute Gut (RIS Justiz RS0094072, RS0094214). Da die Veruntreuung hier bereits durch die vertragswidrige Verbringung nach Neuseeland bewirkt wurde, kommt dem weiteren Schicksal des im Rahmen des Leasingvertrags anvertrauten Gegenstands keine weitere Entscheidungsrelevanz mehr zu.

Demzufolge verfehlt die auf den Verkauf des Transporters an Aaron C***** rekurrierende Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) den vom Nichtigkeitsgrund vorgegebenen Anfechtungsrahmen (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 399 und 409).

Eine unvollständige Beweiserhebung ist kein Gegenstand der Mängelrüge, weshalb die Bezugnahme auf im Gutachten angeblich nicht geklärte Umstände schon im Ansatz fehl geht (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 426; Fabrizy , StPO 11 § 281 Rz 44; RIS Justiz RS0099400, RS0126977).

Nach den hier wesentlichen Urteilsannahmen beschloss der Angeklagte zufolge der Fälligstellung sämtlicher Kredite das im Eigentum der A***** GmbH stehende Leasingobjekt, und zwar den Mercedes Benz, der einen 3.000 Euro übersteigenden Wert aufwies, um 16.250 Euro an Aaron C***** zu verkaufen, wobei er die Verschiffung des Fahrzeugs nach Oakland (Neuseeland) mit dem Vorsatz veranlasste, sich oder einem Dritten das angeführte Fahrzeug zuzueignen und dadurch sich oder Dritte unrechtmäßig zu bereichern (US 25 f). Inwiefern diese zur subjektiven und objektiven Tatseite getroffenen Feststellungen undeutlich im Sinne der Z 5 erster Fall des § 281 Abs 1 StPO sein sollten, bleibt unerfindlich.

Die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit b und lit c, der Sache nach Z 10) reklamiert das Fehlen von Feststellungen zum Verkaufswert des Fahrzeugs, und zwar zum Zeitpunkt der Veräußerung, lässt aber mit Blick auf die hier relevante Zueignungshandlung, nämlich das Verbringen des unter Eigentumsvorbehalt stehenden und einen 3.000 Euro übersteigenden Wert repräsentierenden Fahrzeugs ins Ausland, eine Bedeutung für die Schuld oder Subsumtionsfrage nicht erkennen.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt zur Voraussetzung (RIS Justiz RS0099810). Indem der Beschwerdeführer sowohl Feststellungen zum Wert der veruntreuten Sache (der Sache nach Z 10) als auch zur subjektiven Tatseite, nämlich zum Bereicherungsvorsatz (der Sache nach Z 9 lit a) vermisst, dabei aber die gerade hiezu getroffenen Urteilsannahmen (US 26) übergeht, wird er den Anfechtungskriterien nicht gerecht.

Der Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) zuwider stellt bei vorliegender Verurteilung wegen des Verbrechens des Betrugs und des Vergehens der Veruntreuung die Berücksichtigung des planmäßigen und raffinierten Tatverhaltens des Angeklagten sowie dessen dadurch offengelegte große kriminelle Energie keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot dar. Soweit sich der Beschwerdeführer bei seiner Argumentation lediglich am Schuldspruch A./I./ orientiert, verfehlt er den Bezugspunkt der Anfechtung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen ergibt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.