JudikaturJustiz11Os124/19y

11Os124/19y – OGH Entscheidung

Entscheidung
05. November 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. November 2019 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger und Mag. Fürnkranz, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Setz Hummel als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Schrott als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. DDr. Burkhard T***** wegen des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB, AZ 172 Hv 26/18w des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 14. Mai 2019, AZ 10 Bs 401/18y (ON 49 der Hv Akten), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Geymayer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 14. Mai 2019, AZ 10 Bs 401/18y, verletzt §§ 215 Abs 3 iVm 211 Abs 2 letzter Satz und 212 Z 4 StPO.

Text

Gründe:

Mit Anklageschrift vom 14. November 2018, AZ 19 St 55/16t (ON 41 der Hv Akten), legte die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) – soweit hier von Relevanz – Mag. DDr. T***** (zu II./) als Vergehen der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB zur Last, er habe am 23. Mai 2016 in G***** – verkürzt wiedergegeben – als (leitendes) Mitglied der Bezirkswahlbehörde, somit als Beamter, in einer öffentlichen Urkunde, deren Ausstellung in den Bereich seines Amtes fiel, eine Tatsache fälschlich beurkundet, wobei er mit dem Vorsatz handelte, dass diese Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache gebraucht werde, indem er die „Niederschrift am Tag nach dem Wahltag für den zweiten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl“ unterfertigte und damit insbesondere (Punkt G./ dieser Niederschrift) die Anwesenheit aller Beisitzer bestätigte, obwohl bei der Auswertung und Auszählung der Briefwahlkartenstimmen der Bezirkswahlbehörde Gr***** zu keinem Zeitpunkt alle Wahlbeisitzer anwesend gewesen waren.

Der Anklagebegründung zufolge (ON 41 S 16 ff) fand am Sonntag, dem 22. Mai 2016, der zweite Wahlgang zur Wahl des österreichischen Bundespräsidenten statt, wobei der Bezirkshauptmann der Bezirkshauptmannschaft Gr***** Mag. DDr. T***** als Bezirkswahlleiter, Günter S***** als Wahlleiterstellvertreter und sechs Personen, darunter Alois K*****, Eva Ke***** und Heinrich P***** als (Ersatz )Beisitzer und Beisitzerinnen der Bezirkswahlbehörde fungierten.

Aufgrund einer Weisung der Bundeswahlbehörde waren die Wahlkarten bis Montag, 23. Mai 2016, 18:00 Uhr, an die Landesbehörde zu übergeben, weshalb Mag. DDr. T***** die Mitglieder der Bezirkswahlbehörde zu einer Sitzung für Montag, 23. Mai 2016, 17:00 Uhr, eingeladen hatte.

Als am Nachtmittag des Wahltags klar wurde, dass das Endergebnis der Stichwahl sehr knapp ausfallen werde, wurden die Wahlbeisitzer für die FPÖ und für die Grünen im Auftrag des Angeklagten ersucht, am Montag, dem 23. Mai 2016, bei der Auszählung der Briefwahlkarten beginnend ab 9:00 Uhr anwesend zu sein.

Am 23. Mai 2016 waren Bedienstete der Bezirkshauptmannschaft Gr***** bereits ab ca 7:15 Uhr damit beschäftigt, die Briefwahlkarten und Kuverts zu öffnen, Stimmzettel herauszunehmen und nach gültigen und ungültigen Stimmen zu sortieren. Diese – bis ca 15:30 Uhr andauernde – Tätigkeit erfolgte in Anwesenheit zunächst nur von S*****; später waren auch P***** (ab 8:50 Uhr) und Ke***** (ab 10:30 Uhr) bei der Auswertung und Auszählung der Briefwahlkarten zugegen.

Bei der um 17:00 Uhr vom Angeklagten in Anwesenheit sämtlicher Mitglieder der Bezirkswahlbehörde durchgeführten Sitzung unterfertigten sowohl er selbst als auch die übrigen Mitglieder der Bezirkswahlbehörde die von ihnen abzufassende „Niederschrift für den zweiten Wahlgang der Bundespräsidentenwahl am 22. Mai 2016 über die Auszählung der eingelangten und abgegebenen Wahlkarten und über die Feststellung des Gesamtergebnisses“. Ergänzende oder richtigstellende Zusätze wurden dabei nicht vorgenommen, weshalb – aus Sicht der Anklagebehörde – wahrheitswidrig die Anwesenheit sämtlicher Mitglieder bzw Beisitzer der Bezirkswahlbehörde bei der Kontrolle, Auswertung und Auszählung der Wahlkartenstimmen am Montag, dem 23. Mai 2016, ab 9:00 Uhr, bestätigt wurde, was (auch) vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war.

Die WKStA stützte diesen Vorwurf auf die eidesstattliche Erklärung des K***** vom 7. Juni 2016, auf Berichte des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung sowie auf die vorliegenden schriftlichen Unterlagen (ON 41 S 15 f). Zur Einlassung des Angeklagten führt die Anklagebegründung aus (ON 41 S 21 ff), dieser habe persönliche Angaben zum Sachverhalt abgelehnt und sich in anwaltlich vorbereiteten schriftlichen Stellungnahmen hauptsächlich dahin verantwortet, dass ein starker zeitlicher Druck bestanden habe, den gesamten Akt zeitgerecht der Landeswahlbehörde zu übermitteln. Aus seiner Sicht sei die Einhaltung der (ihm bekannten) Bestimmung des § 14a BPräsWG (hier: idF BGBl I 2015/158), wonach die Stimmauszählung der Wahlkarten durch den Bezirkswahlleiter unter Beobachtung durch die anwesenden Beisitzer für 9:00 Uhr am Tag nach der Wahl angeordnet wird, zeitlich nicht zu bewerkstelligen und eine Bevollmächtigung der Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft Gr*****, am Wahltag die erforderlichen Arbeiten durchzuführen, durch einen Beschluss der Bezirkswahlbehörde gedeckt.

Diese Verantwortung wurde als nicht überzeugend eingestuft (ON 41 S 22 f), zumal (aus Sicht der Anklagebehörde) für eine gesetzeskonforme Vorgangsweise genügend Hilfskräfte zur Verfügung gestanden wären und die vom Angeklagten unterfertigte Niederschrift das zentrale Beweismittel dafür sei, dass die Stimmenauszählung – den gesetzlichen Vorgaben entsprechend – unter Anwesenheit und wechselseitiger Kontrolle aller Mitglieder der Bezirkswahlbehörde am Tag nach dem Wahltag erfolgte. Trotz der vorformulierten Gestaltung der – mittels Musterformular erstellten – Niederschrift wäre es durchaus möglich gewesen, in einem Zusatzvermerk darauf hinzuweisen, dass die Auswertung und Auszählung vor dem gesetzlich normierten Zeitpunkt und ohne Anwesenheit sämtlicher Mitglieder der Bezirkswahlbehörde stattgefunden hat.

In subjektiver Hinsicht führte die WKStA aus (ON 41 S 23), es könne „aus dem objektiven Tatbestand“ abgeleitet werden, dass der Angeklagte es ernsthaft für möglich hielt und sich damit abfand, dass in der Niederschrift die unrichtige Tatsache der Anwesenheit und Teilnahme aller Beisitzer der Bezirkswahlbehörde Gr***** bei der Auswertung und Auszählung der Wahlkarten beurkundet wird. Dies insbesondere deshalb, weil davon auszugehen sei, dass er als Wahlleiter und zentrale Beurkundungsperson im Hinblick auf seine Funktion und seine Kenntnis der Rechtslage über die gesetzwidrigen Umstände der Niederschriftserrichtung Bescheid wusste.

Mit Beschluss vom 14. Mai 2019, AZ 10 Bs 401/18y (ON 49), gab das Oberlandesgericht Graz dem gegen die Anklageschrift gerichteten Einspruch des Mag. DDr. T***** Folge und wies die ihn betreffende Anklage zurück.

Dies – soweit hier wesentlich – mit der Begründung (BS 7 f), dass die Anklageschrift (vom Einspruchsgericht im Rahmen der ihm zukommenden umfassenden Prüfungspflicht aufzugreifende) formelle Mängel gemäß § 212 Z 4 StPO aufweise, weil sie „den Mindesterfordernissen des § 211 Abs 2 letzter Satz StPO“ insofern nicht genüge, als „im Dunkeln“ bleibe, warum die Anklagebehörde dem vorgedruckten Text der Niederschrift (Punkt G./) bezüglich der Anwesenheit der Beisitzerinnen oder Beisitzer den Bedeutungsinhalt beimesse, es werde damit die Anwesenheit „sämtlicher“ Beisitzer zum Ausdruck gebracht. Eine Darlegung der diesbezüglichen Erwägungen der Anklagebehörde wäre aber geboten gewesen, weil „ihre Interpretation aufgrund des bloßen Wortlauts ('unter Beobachtung durch die anwesenden Beisitzerinnen oder Beisitzer') nicht zwingend“ erscheine, sondern „die Formulierung auch ohne weiteres so verstanden werden könnte“, dass „mit den 'anwesenden Beisitzerinnen oder Beisitzern' just jene gemeint sind, die um 9.00 Uhr tatsächlich anwesend waren“. Bei einer solchen Deutung der vorgedruckten Textpassage könnte „der Anklagevorwurf in der vorliegenden Form nicht aufrechterhalten werden“, weil „diesfalls die Tatsache der Anwesenheit zumindest eines Wahlbeisitzers schon um 9.00 Uhr, nämlich des Heinrich P*****, objektiv richtig und nicht fälschlich beurkundet wäre“.

Hinzu komme, dass die Anklagebehörde die innere Tatseite des Angeklagten bezüglich der Beurkundung der unrichtigen Tatsache der Anwesenheit und Teilnahme aller Mitglieder der Bezirkswahlbehörde „bloß aus dem objektiven Tatbestand“ ableite und unterstelle, dass „der Angeklagte 'als Wahlleiter und zentrale Beurkundungsperson im Hinblick auf seine Funktion und seine Kenntnis der Rechtslage über die gesetzwidrigen Umstände [...]' Bescheid wusste“, „ohne auch nur ansatzweise auf die Verantwortung des Angeklagten einzugehen“, wonach er „den vorgegebenen Inhalt der Niederschrift nicht durchgelesen und sein Augenmerk nur auf die durchgeführten Eintragungen gerichtet“ habe, weshalb er „gar nicht gewusst habe, dass in der Niederschrift unter Punkt G./ festgehalten ist, dass die Bezirkswahlleiterin oder der Bezirkswahlleiter … die Unversehrtheit der Wahlkarten überprüfte“. In Ansehung dieser Einlassung hätte die Anklagebehörde „darzulegen gehabt“, warum sie davon ausgehe, „der an der Auszählung der Briefwahlkarten am 23. Mai 2016 offenkundig selbst nicht teilnehmende Angeklagte habe den von der Anklagebehörde angenommenen Bedeutungsinhalt des Vordrucks der Niederschrift in seinen (zumindest bedingten) Vorsatz aufgenommen und ebenso den Umstand, dass nicht sämtliche Wahlbeisitzer tatsächlich anwesend waren“. Dieser „die innere Tatseite betreffende Begründungsmangel und die fehlende Offenlegung der Erwägungen über die Auslegung des mehrere Deutungsvarianten zulassenden vorgedruckten Textes“ hätten die Zurückweisung der Anklageschrift gemäß § 215 Abs 3 StPO zur Folge.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, steht der Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 14. Mai 2019, AZ 10 Bs 401/18y, mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Die Anklageschrift (§ 211 StPO) ist ein formeller Antrag der Staatsanwaltschaft auf Verfolgung einer individuell bestimmten Person mit der Behauptung, diese habe eine individuell bestimmte, einer gerichtlich strafbaren Handlung subsumierbare Tat begangen ( Nimmervoll , Strafverfahren² Kap III Rz 925 f); sie zielt darauf ab, dass ein erkennendes Gericht im Rahmen einer Hauptverhandlung alle wesentlichen Umstände prüft, den wahren Sachverhalt feststellt (RIS Justiz RS0096422; Danek/Mann , WK StPO § 232 Rz 5) und im Falle seiner Überzeugung von der Richtigkeit des Vorwurfs einen Schuldspruch ( Birklbauer , WK StPO Vor §§ 210–215 Rz 2 ff) oder – andernfalls – einen Freispruch fällt.

Um die für die Anklageerhebung maßgeblichen Erwägungen bekannt zu machen, ist in der Anklageschrift auch eine – formell vom Anklagetenor zu trennende – Begründung anzuführen; § 211 Abs 2 letzter Satz StPO sieht insofern eine „Zusammenfassung und Beurteilung des Sachverhalts nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens“ vor, womit – den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 25 BlgNR 22. GP, 244) zufolge – eine „geraffte Darstellung und resümierende Bewertung“ des Anklagesachverhalts und der dazu führenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gemeint ist ( Birklbauer , WK StPO § 211 Rz 33 ff). Der Staatsanwaltschaft wird solcherart die deutliche Herausarbeitung („Beurteilung“), welche Sachverhaltselemente welchen Tatbestandsmerkmalen entsprechen und eine (beweiswürdigende) Begründung (vgl Koller in Schmölzer/Mühlbacher , StPO² § 211 Rz 17) abverlangt.

Da für die Anklageerhebung bereits eine (einfache) Verurteilungswahrscheinlichkeit genügt ( Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 8.14 unter zutreffender Ablehnung prozentueller Angaben objektiver Wahrscheinlichkeit; anders weiterhin Birklbauer , WK StPO § 210 Rz 5, der eine „naturwissenschaftliche Wahrscheinlicheit“ von „mehr als 50 %“ fordert, ebenso Nimmervoll , Strafverfahren² Kap III Rz 928 [„mehr als 50%ige Wahrscheinlichkeit“]; ders , Zum Anklageverdacht und dessen notwendigen Beweisergebnissen, JSt 2017, 189 [195: „höhergradige Wahrscheinlichkeit“]; vgl auch Lambauer , Tatverdacht und Anklagepflicht, JBl 2013, 225 [227: „hoher Wahrscheinlichkeitsgrad“]), sind die zur Einschätzung des „Naheliegens“ einer Verurteilung (§ 210 Abs 1 StPO) führenden wesentlichen staatsanwaltschaftlichen Beweiswerterwägungen (komprimiert) anzuführen ( Koller in Schmölzer/Mühlbacher , StPO² Rz 17; Liebhauser Karl/Riffel , RZ 2018, 243 [252]). Die Staatsanwaltschaft ist nach § 211 Abs 2 StPO (anders als das Urteilsgericht – §§ 258 Abs 2, 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verpflichtet, sich im Rahmen der Anklagebegründung mit jedem der eigenen Würdigung der Ermittlungsergebnisse entgegenstehenden Umstand auseinanderzusetzen.

Im Einspruchsverfahren (§§ 212 ff StPO) findet eine Überprüfung der Fundierung der Beweisfrage insofern statt, als das Oberlandesgericht, soweit es Dringlichkeit und Gewicht des Tatverdachts trotz hinreichend geklärten Sachverhalts für nicht ausreichend erachtet, um eine Verurteilung auch nur für möglich zu halten, und auch von weiteren Ermittlungen eine Intensivierung des Verdachts nicht zu erwarten ist (§ 212 Z 2 StPO), dem Einspruch Folge gibt und das Verfahren einstellt (§ 215 Abs 2 StPO). Eine Zurückweisung der Anklageschrift (§ 215 Abs 3 StPO) hingegen setzt (neben dem hier nicht relevanten Fall des § 212 Z 8 StPO) voraus, dass dies entweder zur besseren Aufklärung des Sachverhalts notwendig (§ 212 Z 3 StPO), demnach der Sachverhalt auf Basis der Aktenlage (noch) nicht anklagereif ist, oder aber, dass die Anklageschrift selbst an wesentlichen formellen Mängeln leidet (§ 212 Z 4 StPO).

Unter solch wesentlichen Mängeln sind nur gravierende Formgebrechen zu verstehen, die den Zweck der Anklageschrift hindern, etwa weil die Individualisierung des Prozessgegenstands (mangels Bezeichnung des Beschuldigten oder der ihm angelasteten Tat) verabsäumt wird, Angaben zum angerufenen Gericht fehlen oder wenn die Anklagebegründung überhaupt fehlt, inhaltsleer bleibt ( Hinterhofer/Oshidari , Strafverfahren Rz 8.28; Liebhauser Karl/Riffel , RZ 2018, 243 [252 f]; Birklbauer , WK StPO § 212 Rz 22) oder anhand des Akteninhalts nicht überprüfbar ist.

Die vorliegend vom Oberlandesgericht vertretene und zum Anlass der Anklagezurückweisung gemäß § 215 Abs 3 StPO genommene Auffassung, es stelle einen aus § 212 Z 4 StPO beachtlichen formellen Mangel gemäß § 211 Abs 2 letzter Satz StPO her, dem Punkt G./ der Niederschrift vom 23. Mai 2016 den Bedeutungsinhalt der Bestätigung einer Anwesenheit sämtlicher Beisitzer beizumessen, obgleich diese Interpretation aufgrund des bloßen Wortlauts „nicht zwingend“ erscheine und auch ohne weiteres ein anderer Schluss möglich wäre, widerspricht dem (dem Einspruchsgericht) aus §§ 215 Abs 3 iVm  211 Abs 2 letzter Satz, 212 Z 4 StPO eröffneten Prüfungsmaßstab. Dies gilt auch für die Erwägung, die Verdachtslage zur subjektiven Tatseite sei unter Berufung auf die äußeren Umstände nicht ausreichend begründet und eine Erörterung einzelner Details der Einlassung des Angeklagten geboten (vgl insofern [zur – deutlich strengeren – Begründungspflicht in Urteilen] RIS Justiz RS0092588, RS0099455, RS0098671, RS0098778). Die Beweisergebnisse im Einzelnen und/oder in ihrer Gesamtheit auszuwerten und dabei eigene Überzeugungen auszudrücken, ist dem Einspruchsgericht – über die Prüfung des Vorliegens eines einfachen Tatverdachts (iSd § 212 Z 2 und/oder Z 3 StPO) hinaus – nämlich verwehrt ( Birklbauer , WK StPO § 215 Rz 25 f).

Vielmehr ist es Sache des erkennenden Gerichts, nach freier Würdigung der in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensresultate (§ 258 Abs 2 StPO) über die Schuldfrage zu entscheiden und seine diesbezüglichen Erwägungen formal korrekt (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO) darzustellen.

Ein aus der Gesetzesverletzung resultierender Nachteil für den Angeklagten ist nicht auszumachen (§ 292 vorletzter Satz StPO).