JudikaturJustiz11Os119/88

11Os119/88 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Oktober 1988

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Oktober 1988 durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Melnizky als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Felzmann sowie Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Kleindienst-Passweg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ewald P*** wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17.Mai 1988, GZ 6 d Vr 8.016/87-52, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Strasser, des Angeklagten und der Verteidigerin Dr. Mühl zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß die Strafe auf 1 (ein) Jahr herabgesetzt wird. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Ewald P*** bekämpft das angefochtene Urteil, mit dem er des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt wurde, lediglich in den Schuldsprüchen 1) und 2) aus den Nichtigkeitsgründen der Z 5, 5 a und 9 lit. a, im Fall 2) auch Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

Zum Schuldspruch 1):

Darnach liegt Ewald P*** zur Last, Anfang April 1987 mit Täuschungs-, Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz den leitenden Angestellten der Firma L*** T***, Josef W***, durch Vortäuschung der Zahlungswilligkeit und Zahlungsfähigkeit, insbesondere unter Verschweigung des Umstandes, daß er erst im Jänner 1987 den Offenbarungseid geleistet hatte, sowie durch die falsche Zusicherung der Abnahme sogenannter Handspiel-(Plüsch )Tiere zum Preis von 200.000 S und durch die falsche Behauptung, bereits den Preis für die erste Teillieferung in der Höhe von 100.000 S bezahlt zu haben, zum Verkauf und zur Übergabe von 27 derartigen Handspieltieren für Dekorationszwecke zum Gesamtpreis von 8.689 S verleitet und in diesem Umfang die Firma L*** T*** (Brigitte D***) am Vermögen geschädigt zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerdebehauptung, das Erstgericht stelle weder eine Täuschungshandlung noch eine "Bereicherungsabsicht" fest, steht im Widerspruch zum Urteilsinhalt (S 2, 5 f, 11 f der Urteilsausfertigung). Daher bringt der Beschwerdeführer den materiellen Nichtigkeitsgrund (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) nicht zur prozeßordnungsmäßigen Darstellung.

Er führt auch die Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) nicht gesetzgemäß aus, soweit er der Beweiswürdigung des Erstgerichtes seine von den Tatrichtern, insbesondere auf Grund der Aussagen des Zeugen Josef W***, als unglaubwürdig abgelehnte Verantwortung entgegenhält, er hätte im Zeitpunkt der Übernahme der Handspieltiere "jedenfalls subjektiv" noch an die Realisierbarkeit des Projektes geglaubt, und ferner behauptet, zum genannten Zeitpunkt wäre bereits klar gewesen, daß er den Preis für die erste Sendung in Höhe von 100.000 S nicht leisten konnte. Die letztere - ebenfalls im Gegensatz zur für glaubwürdig befundenen Aussage des Zeugen W*** (S 341 dA) stehende - Behauptung entspricht nicht einmal der Verantwortung des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung (S 320 f, 333, 342 f dA).

Daß das Spielzeug teils vom Beschwerdeführer an von ihm beschäftigte Vertreter weitergegeben wurde, wie sich aus den Aussagen des Zeugen K***, W*** und S*** ergibt (S 141, 154 f, 164 in Verbindung mit S 343 dA), und nach den Aussagen der Zeugin S*** teils in einer Auslage verblieb (S 210 in Verbindung mit S 343 dA), ließ das Erstgericht zu Recht unerörtert, weil diese Umstände auch unter dem Gesichtspunkt der subjektiven Tatseite des Betruges nicht entscheidend sind. Abgesehen davon, daß selbst nach der Verantwortung des Beschwerdeführers die Waren nicht an die Firma L*** T*** zurückgelangt sind und er keinen Versuch einer Rückstellung der in der Auslage verbliebenen sowie der von den Zeugen W*** und S*** wieder an ihn übergebenen

Handspieltiere unternahm (der Zeugen K*** hält die erhaltenen Spielwaren zur Sicherung seiner Forderung gegen den Beschwerdeführer zurück), könnte eine Verwendung der Waren für Werbezwecke nichts darüber aussagen, ob der Beschwerdeführer zur Bezahlung des Kaufpreises an den Lieferanten bereit und fähig war. Erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten Tatsachen (§ 281 Abs. 1 Z 5 a StPO) schließlich vermag die Beschwerde nicht zu erwecken und ergeben sich solche auch nicht aus dem Akteninhalt.

Zum Schuldspruch 2):

Nach den Urteilsfeststellungen lockte der Angeklagte gleichfalls mit Betrugsvorsatz ab dem 4.Juni 1987 dem Theobald S*** im Rahmen einer stillen Beteiligung an einer Handelsagentur unter Vortäuschung der Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit sowie einer sehr guten Auftragslage und durch Vorlage entsprechender Auftragsbücher unrichtigen Inhalts Bargeldbeträge von insgesamt 112.280 S heraus (S 356). Die Urteilsfeststellung, Ewald P*** habe "keinerlei Betriebstätigkeit" entfaltet (S 8 der Urteilsausfertigung), welche als aktenwidrig gerügt wird (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO), betrifft keinen entscheidenden Tatumstand. Denn unter dem Aspekt der subjektiven Tatseite, dh des Täuschungs- und Schädigungsvorsatzes, könnten Rückschlüsse auf eine die bedungene Rückzahlung der Darlehensbeträge in monatlichen Raten von 20.000 S ab dem 10.August 1987 (vgl. die Aussage des Zeugen S*** S 338 dA) - aus der Sicht des Beschwerdeführers - ermöglichende finanzielle Situation nur aus einer entsprechenden gewinnbringenden Geschäftstätigkeit gezogen werden. Von einer solchen (vom Beschwerdeführer in seiner Verantwortung selbst nicht behaupteten !S 121 e, 322 in Verbindung mit S 343 dA ) kann jedoch bloß deshalb, weil Ewald P*** - wie er nunmehr der in Rede stehenden Feststellung gegenüber einwendet - ein Geschäftslokal in (Unter )Bestand genommen, sowie eine Sekretärin und Vertreter beschäftigt hatte, noch nicht gesprochen werden.

Die Aussagen des Zeugen S*** im Vorverfahren, wonach der Beschwerdeführer einen "umfangreichen (Waren )Posten" um 50 % reduziert verkauft habe (S 88 in Verbindung mit S 343 dA), und in der Hauptverhandlung, wo der Zeuge angab, nicht zu wissen, was "im Detail" mit den Tieren geschehen sei (S 338 dA), stehen in keinem einander ausschließenden Widerspruch. Anhaltspunkte dafür, daß die ersteren Aussagen, wie die Beschwerde einwendet, eine bloße Vermutung darstellten, bietet die Aktenlage nicht. Die Preisreduktion von 50 % ergibt sich vielmehr ausdrücklich aus der vom Zeugen S*** vorgelegten Rechnung Nr. 2 (enthalten im Beilagenkonvolut zu ON 7 dA), welcher vom Beschwerdeführer nicht widersprochen wurde. Daß es sich um einen kommissionsweisen (Weiter )Verkauf gehandelt hat, ist im gegebenen Zusammenhang ohne Relevanz. Es bestand somit zu einer weiteren Überprüfung der erwähnten Darstellung des Zeugen S***, die vom Beschwerdeführer im Verfahren erster Instanz auch nicht begehrt worden ist (vgl. S 343 dA), kein Anlaß.

Hat das Erstgericht auf Grund freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) die Aussagen des Zeugen S*** für unbedenklich befunden (S 8 f der Urteilsausfertigung), dann war es der Beschwerde zuwider nicht erforderlich, die Verantwortung des Beschwerdeführers, derzufolge er nicht wisse, ob seine Mitarbeiter ihnen übergebene bzw. im Geschäft verbliebene Ware verkauften (S 322 dA), einer besonderen Erörterung zu unterziehen. Das Gericht ist zur Abfassung der Entscheidungsgründe in gedrängter Darstellung verpflichtet (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) und keineswegs gehalten, zu jedem nur möglichen und im Rahmen einer Nichtigkeitsbeschwerde später erhobenen Einwand im voraus Stellung zu nehmen.

Entgegen der Beschwerdeauffassung ist auch die Feststellung, wonach die vom Beschwerdeführer zur Täuschung verwendeten "gefälschten" Auftragsbücher (unrichtigen Inhaltes) einen großen Auftragsstand auswiesen, mängelfrei begründet. Ist doch diese Feststellung aus den Angaben des Zeugen S***, denen zufolge der Beschwerdeführer ihm eine hohe Gewinnbeteiligung versprach, ihm zeigte, wie viele Umsätze er im Monat hätte, Auftragsbücher mit "größeren Beträgen" vorwies und erklärte, es fehle ihm "schließlich nur ein Geldgeber" (S 87 f in Verbindung mit S 339, 343 dA), denkmöglich (und lebensnah) ableitbar.

Die Angaben des Zeugen K*** über Vorgespräche für einen Vertrag mit einem 100.000 S übersteigenden Volumen (S 140 in Verbindung mit S 343 dA) löst die Beschwerde in unzulässiger Weise aus dem Zusammenhang. Es ergibt sich nämlich aus der Zeugenaussage andererseits, daß der Beschwerdeführer zu einer entsprechenden Lieferung nicht in der Lage war.

Mit seinem bisher behandelten Beschwerdevorbringen vermag der Beschwerdeführer somit auch in bezug auf den Schuldspruch 2) weder einen Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO verwirklichenden Begründungsmangel aufzuzeigen, noch erhebliche Bedenken gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung im Sinn der Z 5 a leg. cit. zu erwecken.

Ob der Getäuschte selbst fahrlässig handelte, weil es ein Wagnis war, das Geschäft mit dem Beschwerdeführer abzuschließen, kann dahingestellt bleiben, weil es die Tauglichkeit der Täuschung nicht ausschließt und daher unter dem Aspekt der irrtumsbedingten Vermögensverfügung und des daraus entstandenen Vermögensschadens im Sinn des Tatbildes des Betruges rechtlich unbeachtlich ist (vgl. auch Mayerhofer-Rieder2, ENr. 12, 14 und 15 zu § 146 StGB; Kienapfel, BT II2, RN 93 zu § 146 StGB). Der entsprechende Einwand materieller Nichtigkeit (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) geht daher fehl.

Soweit der Beschwerdeführer aber unter Negierung der im Urteil festgestellten (vorsätzlichen) Täuschungshandlungen die allfällige Unterstellung seines Verhaltens unter das Tatbild der fahrlässigen Krida (nach dem § 159 Abs. 1 Z 2 StGB) reklamiert, bringt er auch den materiellen Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO nicht zur gesetzgemäßen Darstellung.

Diese Nichtigkeit könnte dem Urteil auch dann nicht anhaften, wenn - wie in der Beschwerde begehrt wird - vom herausgelockten Betrag von rund 112.000 S festgestellte "Zahlungen" für einen PKW (vgl. S 356 dA) abgezogen werden müßten. Auch nach Ausklammerung dieser in der Beschwerde gar nicht bezifferten Aufwendungen, die sich nach der einzigen hiezu verwertbaren Aussage des Zeugen S***, einschließlich des Kaufpreises, auf höchstens 16.000 S belaufen haben (S 89, 337 dA), würde sich - allein im Fall 2) des Schuldspruches - nichts an der Qualifikation des Betruges nach dem § 147 Abs. 2 StGB ändern, weil das Erstgericht die Höhe des Gesamtschadens offen gelassen hat und ausdrücklich nur von einem 25.000 S übersteigenden Schaden ausgegangen ist (S 350, 356, 360 dA). Die Frage des Eigentumsrechtes an dem von Theobald S*** im Zusammenhang mit seiner betrügerisch veranlaßten stillen Teilhaberschaft bezahlten PKW kann daher schon deshalb unerörtert bleiben.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Ewald P*** nach dem § 147 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete es die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstraftaten, das Zusammentreffen mehrerer Fakten sowie den raschen Rückfall innerhalb offener Probezeit als erschwerend und berücksichtigte demgegenüber "ein, wenn auch geringfügiges Geständnis" als mildernd.

Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und deren teilweise bedingte Nachsicht. Die Berufung ist insoweit begründet, als das vom Erstgericht gefundene Strafmaß - auch unter Beachtung der erschwerenden Umstände - bei gebotener zusätzlicher Berücksichtigung der außergewöhnlichen Sorglosigkeit bzw. Leichtgläubigkeit der Getäuschten als zu streng anzusehen ist. Werden die gegebenen Strafzumessungsgründe entsprechend abgewogen, so erscheint eine Herabsetzung der vom Schöffengericht zuerkannten Freiheitsstrafe auf das im Spruch ersichtliche, sowohl dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen als auch dem Verschuldensgrad und dem Vorleben des Angeklagten noch entsprechende Ausmaß von einem Jahr gerechtfertigt. In diesem Umfang war der Berufung daher Folge zu geben. Die überdies begehrte bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe kam hingegen im Hinblick auf das einschlägig belastete Vorleben des Angeklagten aus spezialpräventiven Gründen, und im Hinblick darauf nicht in Betracht, daß sich Ewald P*** bereits wiederholt derartiger Rechtswohltaten nicht würdig erwiesen hat. Insoweit konnte seiner Berufung daher kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.