JudikaturJustiz11Os107/05b

11Os107/05b – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Dezember 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtswärterin Mag. Eck als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sabine G***** wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105, 106 Abs 1 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 7. Juni 2005, GZ 28 Hv 28/05v-110, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Aicher, der Angeklagten und ihres Verteidigers Dr. Ruth zu Recht erkannt:

Spruch

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten und Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft sowie aus Anlass dieser Rechtsmittel wird das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen III (Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB) sowie IV 2 und 6 (Vergehen der Vortäuschung mit Strafe bedrohter Handlungen nach § 298 Abs 1 StGB) und demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und

1) die Angeklagte Sabine G***** von der wider sie erhobenen Anklage, sie habe am 26. September 2001 in Umhausen an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht, indem sie den Geräteschuppen Daniel G*****s und Serafin F*****s dadurch in Brand zu setzen versuchte, dass sie einen im Geräteschuppen liegenden Papierstapel anzündete (III), gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen,

2) die Sache im Umfang der Aufhebung zu IV 2 und 6 an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Angeklagten fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch enthält, wurde Sabine G***** der Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (I) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (V) sowie der Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (II), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (III) und der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB (IV) schuldig erkannt.

Danach hat sie

(I) am 20. September 2001 in Umhausen Priska K*****, Wilma P***** und Friederike H***** durch gefährliche Drohung mit einer Brandstiftung zu einer Handlung, nämlich zur Entfernung Daniel J*****s aus der ihm zugewiesenen Schulklasse zu nötigen versucht, indem sie in Drohbriefen ankündigte, die Häuser der Bedrohten anzuzünden, wenn Daniel bleibe,

(II) in Umhausen folgende Personen mit dem Umbringen, sohin mit dem Tode, gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar

1) am 23. September 2001 Wilma P***** und Friederike H*****, indem sie diese telefonisch mit dem Umbringen bedrohte,

2) von September 2001 bis 1. Juni 2002 Wilma P*****, Friederike H***** und Andrea S***** durch Zusenden von zahlreichen Drohbriefen, in denen sie diese mit dem Umbringen bedrohte,

3) am 2. März 2002 Friedrich H***** und Andrea S*****, indem sie diese telefonisch mit dem Umbringen bedrohte und

4) am 30. Dezember 2003 Friederike H*****, Wilma P***** und Andrea S***** durch Briefe, in welchen sie diese mit dem Umbringen bedrohte, (III) am 26. September 2001 in Umhausen eine fremde Sache, nämlich den Geräteschuppen des Daniel G***** und des Serafin F***** durch Anzünden beschädigt,

(IV) in Umhausen zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten, nämlich den Beamten des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen wissentlich vorgetäuscht, und zwar

1) im September 2001 das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB, indem sie angab, sie sei am 20. September 2001 von einem unbekannten Täter telefonisch mit einer Brandstiftung bedroht worden,

2) im September 2001 das Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB, indem sie angab, sie habe von einem unbekannten Täter einen Drohbrief mit einer Brandstiftung erhalten, wenn Daniel aus der Klasse nicht entfernt werde,

3) im September 2001 das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB, indem sie angab, sie habe am 23. September 2001 einen Anruf eines unbekannten Täters erhalten, bei welchem sie mit dem Umbringen bedroht worden sei,

4) am 11. Oktober 2001 das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, indem sie angab, sie sei von einem unbekannten Täter mit einer Häkelnadel in den Oberschenkel gestochen worden,

5) Anfang März 2002 das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB, indem sie angab, sie sei von einem unbekannten Täter telefonisch mit dem Umbringen bedroht worden, und

6) im Dezember 2003 das Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB, indem sie angab, sie habe am 30. Dezember 2003 von einem unbekannten Täter einen Brief erhalten, in welchem sie mit dem Umbringen bedroht werde,

(V) am 22. März 2005 in Innsbruck GI Johannes L***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass sie ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens der (zu ergänzen: schweren) Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 StGB, falsch verdächtigte, wobei sie wusste, dass die Anschuldigung falsch war und die fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, indem sie angab, der Beamte habe ihr gegenüber gedroht, (richtig [US 13]:) wenn sie es nicht zugebe, werde er dafür sorgen, dass ihre Kinder wegkommen.

Während die Angeklagte den wider sie ergangenen Schuldspruch hinsichtlich aller Fakten aus den Nichtigkeitsgründen der Z 4, 5, 5a und 9 lit c des § 281 Abs 1 StPO bekämpft, richtet sich die zu Gunsten der Angeklagten auf § 281 Abs 1 Z 9 lit c StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft allein gegen den Schuldspruchpunkt III.

Rechtliche Beurteilung

Die in der Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin (Z 4) kritisierte Ablehnung des Antrages auf Vernehmung Dris. Herbert S***** (S 63/IV iVm S 19/IV) als Zeugen und Verlesung dessen „im Gerichtsakt erliegenden Gutachtens" (ON 76 bzw 82) bewirkt der Beschwerdeauffassung zuwider keine Urteilsnichtigkeit. Abgesehen davon, dass ein ausdrücklicher Antrag auf Verlesung dieses (Privat )Gutachtens in der Hauptverhandlung nicht gestellt wurde und der Antrag auf Vernehmung Dris. S***** kein Beweisthema enthält, bestand zur Aufnahme der beantragten Beweise auch kein Anlass. Auch der Antrag auf Einholung eines Schriftgutachtens hinsichtlich des Briefkuverts des Schreibens an Andreas S***** (S 137 und S 139/IV) zum Beweis dafür, dass es sich hier nicht um die Schrift der Angeklagten Sabine G***** handle (S 203/IV), wurde vom Erstgericht mit Recht abgewiesen. Dies deshalb, weil der im April 2005 an Andreas S***** zugestellte Brief (S 137 ff/IV) nicht Gegenstand der Anklage ist und daher die Frage, ob es sich bei der auf dem Briefkuvert befindlichen Handschrift um jene der Angeklagten handelt, auf die Entscheidung der Strafsache keinen Einfluss üben kann (vgl Mayerhofer StPO5 § 281 Z 4 E 63). Im Übrigen behauptet die Beschwerdeführerin in der Rüge gar nicht, die am Briefkuvert befindliche Schrift (S 137 und 139/IV) und die (starke Ähnlichkeit mit den verfahrensgegenständlichen Drohbriefe aufweisende) Schrift im Brief selbst (S 144 bis 149/IV) stamme von ein und derselben Person. Soweit die Verfahrensrüge Nichtigkeit darin erblickt, dass der als Zeuge vernommene GI Johannes L***** verpflichtet gewesen wäre, die Namen auch jener Informanten zu nennen, die sich mit vertraulichen Hinweisen an ihn gewandt, jedoch um Vertraulichkeit und Anonymität ersucht hatten (vgl S 241/IV) und zudem kritisiert, dass die Ermittlungen „im Zusammenhang mit dem Geständnis der Angeklagten am 11. 02. 2004 .... offenbar von vornherein darauf gerichtet" waren, „ein Geständnis zu erwirken", behauptet sie gar nicht, während der Hauptverhandlung sei (als Voraussetzung für die formelle Legitimation zur Relevierung dieses Nichtigkeitsgrundes) über einen Antrag nicht erkannt oder gegen einen Antrag oder Widerspruch ein Zwischenerkenntnis gefällt worden (§ 281 Abs 1 Z 4 StPO). Ebenso wenig gelingt es der allein gegen den Schuldspruch V gerichteten Mängelrüge (Z 5) mit der Behauptung, das Erstgericht habe nicht begründet, warum „die Aussage der Angeklagten, die nie wirklich von einer Drohung gesprochen hat, als Drohung zu sehen ist", nicht, deutlich und bestimmt (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO) eine Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) oder offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) aufzuzeigen.

Die umfangreiche Tatsachenrüge (Z 5a) versucht nach Art einer nur gegen Einzelrichterurteile vorgesehenen Schuldberufung die Überzeugung des Schöffensenates von der Richtigkeit des zunächst abgelegten (S 47 ff/III), in der Folge jedoch widerrufenen (S 25 ff/IV) umfassenden Geständnisses der Angeklagten zu erschüttern, um auf diese Weise ihrer - von den Tatrichtern im Einklang mit den Gesetzen folgerichtigen Denkens und empirischen Erfahrungssätzen abgelehnten (US 13 ff) - leugnenden Verantwortung im Nichtigkeitsverfahren zum Durchbruch zu verhelfen.

Hingegen werden Bedenken an der tatrichterlichen Lösung der Schuldfrage im Sinne des intendierten Nichtigkeitsgrundes mit dem bloßen Vorbringen, die Ansicht des Erstgerichtes, wonach das ursprünglich abgelegte Geständnis durch zahlreiche Indizien gestützt sei, führe in dieser Form nicht zu einer Belastung der Angeklagten, da alle Details, die im Geständnis von der Angeklagten genannt wurden, im Gerichtsakt, der der Angeklagte zur Verfügung stand, bereits erwähnt waren, ebenso wenig aufgezeigt, wie mit weitschweifigen, den tatrichterlichen Erwägungen zuwiderlaufenden eigenständigen Beweiswertüberlegungen zu den dem Schuldspruch II 1 zu Grunde liegenden Drohanrufen vom 23. September 2001, der dem Schuldspruch III zu Grunde liegenden Brandlegung vom 26. September 2001, dem Kauf des für die dem Schuldspruch II 3 zu Grunde liegenden Drohanrufe verwendeten Mobiltelefons, einem Zitate aus der indischen Religion enthaltenden Drohbrief und den von der Verteidigung namhaft gemachten, vom Schöffensenat jedoch als unglaubwürdig angesehenen (US 18 ff) Entlastungszeugen.

Insoweit die Rüge behauptet, das von der Angeklagten in ihrem Geständnis geschilderte Tatmotiv liege in Wahrheit nicht vor, übersieht sie, dass der Beweggrund für deliktisches Verhalten keine entscheidende Tatsache im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes betrifft (RS0088761) und ignoriert zudem die tatrichterlichen Erwägungen, wonach der Umstand, dass die Angeklagte den Klassenkameraden ihrer Kinder, Daniel J*****, als moralische Gefährdung für ihre Kinder ansah, sich „als ihre subjektive Wertung„ darstellte und es „auch durchaus so gewesen sein könne, dass ein offenkundiger Konflikt zwischen den Kindern der Angeklagten und Daniel J***** nicht bestanden hat, er von der Angeklagten aber als Störfaktor empfunden wurde" (US 22).

Der Beschwerdehinweis, dass sich hinsichtlich des dem Schuldspruch IV 4 zu Grunde liegenden „Häkelnadel-Attentates" aus den Akten mehrfach ergebe, dass die Ermittlungsbehörde und das Gericht die Unglaubwürdigkeit der Angeklagten deshalb angenommen hätten, weil keinerlei Schuhabdrücke festgestellt worden seien", was aber falsch sei, weil die Spurenberichte im Gegensatz zu den Behauptungen der Ermittlungsbehörden eindeutig Fußspuren beim vermutlichen Tatort sowie bei dem von der Angeklagten genannten Fluchtweg ergeben hätten, die den Hausbewohnern nicht zuordenbar seien", geht schon deshalb ins Leere, weil der Schöffensenat diesen Spurenberichten (S 277 ff/II) - der Rüge zuwider - keine Beweis machende Bedeutung zugemessen, sondern seine Überzeugung davon, dass die Angeklagte diesen Übergriff nur vorgetäuscht hatte, ausschließlich auf andere Überlegungen gestützt hat (US 15 f).

Der Umstand, dass im Bereich des behaupteten Tatortes des „Häkelnadel-Attentates" mehrere nicht zuordenbare Fußspuren sichergestellt werden konnten, betrifft zudem keine entscheidende Tatsache, weshalb die weitere Kritik, das Erstgericht habe sich damit überhaupt nicht auseinandergesetzt (der Sache nach Z 5 zweiter Fall), ebenfalls ins Leere geht.

Mit der Beschwerdebehauptung, die Ermittlungsbehörde habe „festgestellt, dass das Geschäft H***** (Trafik B*****) erst nach Auftauchen dieser (gemeint dem Schuldspruchpunkt II 2 zu Grunde liegenden) Briefe mit den (einigen dieser Drohbriefe beigelegten) Wachskreuzen beliefert worden ist", übersieht die Nichtigkeitswerberin zunächst, dass es sich bei „H*****" und „Trafik B*****" nicht um ein und dasselbe Geschäft, sondern - wie sich sowohl aus den Angaben der Angeklagten (S 271/III) als auch einer im Akt erliegenden Verkaufsliste (S 201/III) zweifelsfrei ergibt - um zwei verschiedene Geschäfte handelt, die mit den in Rede stehenden Wachskreuzen beliefert wurden. Zudem ist dieses Vorbringen schlichtweg aktenwidrig, ist doch der Verkaufsliste eindeutig zu entnehmen, dass das Geschäft „H*****" am 9. Jänner 2001, somit bereits vor dem Tatzeitraum zum Schuldspruchpunkt II 2 (September 2001 bis 1. Juni 2002) und die „Trafik B*****" am 28. Jänner 2002, somit während des genannten Tatzeitraumes mit den verfahrensgegenständlichen Wachskreuzen beliefert wurde. Dass schließlich auf den sichergestellten Drohbriefen keine verwertbaren Fingerabdrücke und DNA-Spuren vorgefunden werden konnten, vermag ebenso wenig Bedenken an der tatrichterlichen Lösung der Schuldfrage zu erwecken, wie der Hinweis auf das Gutachten des beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen, wonach die Persönlichkeit der Angeklagten unter anderem häufig mit widersprüchlichen Verantwortungen verbunden sei (S 445/III). Unter dem Gesichtspunkt der Tatsachenrüge können auch Überlegungen der Beschwerdeführerin zu den weiteren Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen zur Qualifikation des Privatgutachters Dr. S***** und dem vom Verteidiger vorgelegten Attest Dris. L***** sowie zu der der Angeklagten zum Schulspruch V zur Last gelegten Verleumdung unbeachtet bleiben.

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten daher zu verwerfen.

Die von der Beschwerdeführerin und der Staatsanwaltschaft erhobenen Rechtsrügen (Z 9 lit c) zeigen indes zutreffend auf, dass die zum Schuldspruch III erfolgte Verurteilung wegen des Vergehens der Sachbeschädigung zum Nachteil des Gatten und des Vaters der Angeklagten rechtsirrig erfolgte, weil die für das im Familienkreis begangene Vergehen der Sachbeschädigung (§ 125 StGB iVm § 166 Abs 1 StGB) vorgesehene Privatanklage fehlt (§ 166 Abs 3 StGB; vgl Mayerhofer StPO5 § 281 Z 9c E 3). Von diesem Vorwurf war die Angeklagte daher freizusprechen (§§ 288 Abs 2 Z 3 iVm 259 Z 3 StPO). Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden konnte sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugen, dass die Schuldsprüche IV 2 und 6 zum Nachteil der Angeklagten mit Nichtigkeit nach Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO behaftet sind, welche gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen war.

Während das Erstgericht nämlich zu den den Schuldsprüchen IV 1 und 3 bis 5 zu Grunde liegenden, als Vergehen der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs 1 StGB gewerteten Tathandlungen entsprechende Feststellungen getroffen hat (US 9 und 11), fehlen jegliche Konstatierungen zu den weiteren im Urteilstenor angeführten wahrheitswidrigen Anzeigen der Angeklagten im September 2001 und im Dezember 2003 (IV 2 und 6).

Die Bezeichnung der Tat und der rechtlichen Qualifikation im Spruch genügt dafür nicht. Dies erfüllt nur die in § 260 Z 1 und 2 StPO normierten Urteilserfordernisse, kann aber die Feststellung des wesentlichen Sachverhalts in den Entscheidungsgründen nicht ersetzen. Das Fehlen der Feststellungen begründet daher Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO (Mayerhofer StPO5 § 281 Z 9a E 8) und hat die Aufhebung der davon betroffenen Schuldsprüche und die Anordnung der Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung zur Folge (§ 288 Abs 2 Z 3 StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.