JudikaturJustiz10R23/06v

10R23/06v – LG St. Pölten Entscheidung

Entscheidung
17. Mai 2006

Kopf

Das Landesgericht St. Pölten als Rekursgericht hat durch den Präsidenten HR Dr. Leitzenberger (Vorsitzender), den Richter Dr. Brenner und die Richterin Dr. Jungblut in der Verlassenschaftssache nach Margareta W*****, geb. am *****, verst. am 14.11.2005, zuletzt wohnhaft Kobaldstraße 3, 3202 Hofstetten-Grünau, über den Rekurs des Gerichtskommissärs Mag. Alexander W*****, öffentl. Notar, *****, 3204 Kirchberg/Pielach, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 5.4.2006, 2 A 368/05s-10, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird F o l g e gegeben und der angefochtene Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Punkt 2. zu lauten hat:

"2. Die Gerichtskommissionsgebühren des öffentl. Notars Mag. Alexander W*****, mit dem Amtssitz in 3204 Kirchberg, *****, für die Todesfallaufnahme, die Errichtung eines Übernahmeprotokolls und die Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 172 AußStrG werden mit €

1.154,40 (einschl. 20 % USt) bestimmt. Der Erbin Eva P*****t wird die Zahlung innerhalb von 14 Tagen aufgetragen."

Der Revisionsrekurs ist j e d e n f a l l s

u n z u l ä s s i g .

Text

Begründung:

Margareta W***** verstarb am 14.11.2005. Die Todesfallsaufnahme wurde vom Gerichtskommissär am 16.12.2005 durchgeführt. Als gesetzliche Alleinerbin kam ausschließlich die Tochter der Verstorbenen in Betracht; diese ist auch Testamentserbin. Vom Notar wurde auch ein Übernahmeprotokoll hinsichtlich des Testaments vom 24.6.1972 errichtet.

In weiterer Folge gab Eva P***** eine bedingte Erbantrittserklärung ab, und beauftragte Mag. Michael Müllner als bestellten Substituten des öffentlichen Notars Dr. Karl Thaler als Erbenmachthaber mit der schriftlichen Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens. Sie ersuchte weiters um Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 172 AußStrG über ihre Vertretungsbefugnis hinsichtlich des ruhenden Nachlasses. Die Ausstellung dieser Urkunde ist nicht aktenkundig, aber unbestritten.

Der Gerichtskommissär legte Kostennote über € 1.154,40 an Gerichtskommissionsgebühren.

Mit dem angefochtenen Einantwortungsbeschluss bestimmte das Bezirksgericht St. Pölten im Punkt 2. die Gerichtskommissionsgebühren mit € 481,68. In der Begründung führt das Erstgericht aus, die Ausstellung einer solchen Amtsbestätigung lasse sich dem Akt zwar nicht entnehmen, dies sei jedoch im Hinblick auf den Gebührenantrag des Gerichtskommissärs als schlüssig anzunehmen. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen im Sinne des § 810 ABGB seien nun durch das neue Verfahrensrecht in § 172 AußStrG geregelt. Ob und nach welcher Bestimmung diese die Ausstellung einer Amtsbestätigung einen gebührenrechtlichen Niederschlag finden solle, lasse sich den dafür maßgeblichen Bestimmungen nicht entnehmen. Insbesondere habe der § 17 GKTG (sonstige Amtshandlungen) durch die Außerstreitrechtsreform 2006 keine Änderung erfahren. Da die schriftliche Abhandlung durch einen Erbenmachthaber durchgeführt worden sei, sei mit dem Zuspruch der Gebühren nach § 14 GKTG die Leistung des Gerichtskommissärs abgegolten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Gerichtskommissärs mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass die Gebühren mit € 1.154,40 bestimmt werden mögen; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Eine Gleichschrift des Rekurses wurde dem Erbenmachthaber zugestellt, eine Rekursbeantwortung wurde jedoch nicht erstattet. Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Gerade das Verlassenschaftsverfahren wurde durch die Außerstreitrechtsreform 2005 wesentlich umgestaltet. Insbesondere kommen dem Gerichtskommissär umfangreichere Aufgaben zu als bisher. Der Gesetzgeber hat es allerdings unterlassen, auch im Gerichtskommissionstarifgesetz (GKTG) Anpassungen vorzunehmen. Dies kann aber nicht dahingehend gedeutet werden, dass die neuen, dem Gerichtskommissär zukommenden Aufgaben von diesem zugunsten der Allgemeinheit bzw. der Erben kostenlos zu übernehmen wären. Es muss daher überprüft werden, welchen Gebührenansätzen die vom Gerichtskommissär neu übernommenen Aufgaben unterstellt werden können.

Sowohl das Landesgericht Salzburg (21 R 574/05s, RIS-Justiz ESA00039) als auch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (44 R 25/06m, NZ 2006/31) sind dabei zur Auffassung gelangt, dass die Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 172 AußStrG neu dem Begriff "sonstige Amtshandlung" im Sinne des § 17 GKTG zu subsumieren ist. Das Erstgericht argumentiert damit, dass § 17 GKTG durch die Außerstreitrechtsreform 2005 keine Änderung erfahren habe. Dabei übersieht es jedoch, dass die Bestimmung nur eine demonstrative Aufzählung enthält (für die Vornahme einer sonstigen Amtshandlung im Verlassenschaftsverfahren allein, wie ...). Der dort angeführte Katalog von Amtshandlungen ist damit keineswegs abschließend. Konkret angeführt wird auch die Ausstellung "eines anderen Ausweises"; damit ist auch die Ausstellung einer derartigen Amtsbestätigung abgedeckt.

§ 17 GKTG enthält eine relativ starre Gebühr (30 % der sich nach § 13 ergebenden Gebühr). Es kann sich durchaus die Frage stellen, ob die sich daraus ergebende Gebühr dem Aufwand tatsächlich angemessen ist. Konkret ergibt sich für die Todesfallaufnahme - bei der immerhin die konkreten Daten erst erhoben und erfasst werden müssen - eine deutlich geringere Gebühr als für die Ausstellung der Amtsbestätigung. Die Angemessenheit gesetzlich festgelegter Gebühren ist jedoch im Einzelfall nicht zu prüfen. Auch das System der gerichtlichen Pauschalgebühren sieht beispielsweise einheitliche Gebühren, gestaffelt nach dem Streitwert, für das Zivilverfahren erster Instanz vor. Wird das Verfahren mit einem Zahlungsbefehl rechtskräftig abgeschlossen, ist die dafür fällig werdende Gebühr, insbesondere bei höheren Streitwerten, sicherlich nicht dem Aufwand angemessen; umgekehrt deckt die Gebühr aber bei einem langwierigen Verfahren mit mehreren Verhandlungen, insbesondere bei geringeren Streitwerten, den Verfahrensaufwand bei weitem nicht ab. Dass die Gebühren im Einzelfall unangemessen erscheinen können, liegt in der Natur eines derartigen Pauschalierungssystems (so auch LGZ Wien in NZ 2006/31).

Die verzeichneten Gerichtskommissionsgebühren bestehen daher zu Recht, dem Rekurs war somit vollinhaltlich Folge zu geben. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich aus § 62 Abs. 2 Z 1 AußStrG.

Landesgericht St. Pölten

3100 St. Pölten, Schießstattring 6