JudikaturJustiz10Os8/86

10Os8/86 – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. April 1986

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Breycha als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl I*** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 19.November 1985, GZ 22 Vr 2.730/83-48, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Rzeszut als Vertreters der Generalprokuratur, des Angeklagten Karl I*** und des Verteidigers Dr. Wutzel zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - auch einen Teilfreispruch (II.)

enthaltenden - angefochtenen Urteil wurde Karl I*** (2.) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB sowie der Vergehen (1.) der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 2 StGB,

(3.) der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB und

(4.) der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt (I.).

Betrügerische Krida hat er zu verantworten, weil er im Herbst 1982 in Linz einen Bestandteil seines Vermögens verheimlichte und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelte oder schmälerte, indem er rund 60.000 S Bargeld zu Hause aufbewahrte und der Kenntnis seiner Gläubiger entzog (Pkt I. 2.).

Als Veruntreuung fällt ihm zur Last, daß er sich im Juni 1983, gleichfalls in Linz, ein ihm anvertrautes Gut in einem 5.000 S übersteigenden Wert mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er einen ihm von der O*** B*** im Rahmen eines Bierbezugsvertrages zum geschäftlichen Gebrauch zur Verfügung gestellten Mikrowellenherd im Wert von rund 10.000 S verkaufte (Pkt I. 4.).

Rechtliche Beurteilung

Der nur gegen diese Teile des Schuldspruchs gerichteten, auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Zum Faktum I. 2. finden jene Konstatierungen, wonach der Beschwerdeführer das ersparte Bargeld bei zahlreichen Exekutionen, die fast durchwegs mangels pfändbarer Gegenstände erfolglos blieben, dadurch verheimlichte, daß er es in einem Kasten versteckt hielt, und wonach er solcherart vorsätzlich die Befriedigung seiner Gläubiger vereitelte oder schmälerte (US 7 f., 19 f., 23 f.), entgegen einem darauf bezogenen Beschwerdeeinwand (sachlich Z 5) sehr wohl in seiner eigenen Verantwortung (S 261 f., 277 f., 309 f.) vollauf Deckung.

Dementsprechend bringt er die Rechtsrüge (Z 9 lit a) insoweit, als er sich ausdrücklich über die Feststellung hinwegsetzt, daß er das Geld vorsätzlich versteckte, und als er demgegenüber von der urteilsfremden Annahme ausgeht, er habe dessen Existenz bloß dem Vollstrecker gegenüber nicht bekanntgegeben, nicht zu einer gesetzmäßigen Ausführung; können doch materiellrechtliche Nichtigkeitsgründe nur durch einen Vergleich des im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf angewendeten Gesetz prozeßordnungsgemäß dargetan werden.

Völlig verfehlt jedoch ist die Beschwerdeauffassung, der Angeklagte habe durch sein erörtertes Tatverhalten die Befriedigung seiner Gläubiger weder vereitelt noch geschmälert, weil sich das Geld ohnehin nach wie vor in seinem Gewahrsam befunden habe, sodaß es lediglich am jeweils betreibenden Gläubiger sowie am Vollstrecker gelegen sei, jenes durch eine entsprechend genaue Suche im Kasten aufzufinden. Denn darin, daß der betreffende Vermögensbestandteil noch im Gewahrsam des Schuldners steht, von diesem aber an einem Ort verborgen wird, an dem er üblicherweise nicht verwahrt zu werden pflegt, liegt ja gerade das Wesen einer bloß scheinbaren Vermögensverringerung durch Verheimlichen im Sinn des § 156 StGB; die Vereitelung oder Schmälerung der Gläubigerbefriedigung ist in solchen Fällen vollendet, sobald der durch die Manipulation scheinbar verringerte Befriedigungsfonds Gegenstand einer seine Verwertung betreffenden Disposition der Gläubiger oder eines gerichtlichen Organs - hier: des (demgemäß erfolglos gebliebenen) Vollzuges von Fahrnisexekutionen - geworden ist

(vgl ÖJZ-LSK 1984/180).

Zum Faktum I. 4. versucht der Beschwerdeführer aufzuzeigen (Z 9 lit a), daß der tatgegenständliche Mikrowellenherd rechtlich in seinem Eigentum gestanden sei und auch wirtschaftlich nicht zum Vermögen der Brauerei gehört habe; dabei geht er indessen mit der Behauptung, er selbst habe den Herd für sich bestellt und damit im eigenen Namen gekauft, abermals nicht vom Urteilssachverhalt aus. Denn das Erstgericht hat seiner nunmehr dahingehenden Verantwortung insoweit keinen Glauben geschenkt, sondern aus den Aussagen der Zeugen K***, wonach jener die Geräte bestellt habe, und L*** sowie aus der betreffenden Rechnung (Beilage ./N) in Verbindung mit dem späteren Bierbezugsvertrag (Beilage ./I) abgeleitet, daß auch dieses Gerät von der Brauerei gekauft und über deren Auftrag an den - demzufolge beim Eigentumserwerb (§§ 425, 426 ABGB) als "Besitzmittler" (vgl Klang II 2 80 f., 307; Koziol-Welser II 6 25) für sie aufgetretenen - Angeklagten ausgeliefert wurde; die (von jenem an der für die Käufer-Unterschrift vorgesehenen Stelle des Formulars unterfertigte) "Bestellung" (Beilage ./J), der es lediglich als "Lieferschein" Bedeutung beimaß, hat es hiebei ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen (US 9 f., 17 bis 20, 21 bis 23). Auch die nicht auf diese Tatsachenfeststellungen, sondern auf die vom Schöffengericht abgelehnte Tatversion des Beschwerdeführers abgestellte Rechtsrüge läßt demnach eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen.

Mit dem - überdies nicht ordnungsgemäß substantiierten (§ 285 Abs 1 StPO) - Einwand hinwieder, das Erstgericht habe "mehrere entscheidungswesentliche Tatsachen" nicht festgestellt, wird in Ansehung des soeben erörterten Sachverhalts inhaltlich kein (auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung beruhender) Feststellungsmangel (Z 9 lit a), also kein Fehlen von Konstatierungen zu einem bestimmten Thema überhaupt, geltend gemacht, sondern die Richtigkeit der ohnehin getroffenen, den Beschwerdeintentionen zuwiderlaufenden Feststellungen bestritten; damit und mit der Behauptung, "auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens" ergebe sich ein anderer Sachverhalt, unternimmt der Angeklagte aber auch nicht den Versuch, formelle Begründungsmängel des Urteils (Z 5) darzutun, sondern lediglich im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren unzulässige Angriffe gegen die erstinstanzliche Beweiswürdigung. Alle weiteren Beschwerdeargumente gegen die Urteilsannahme, daß der ihm bloß zum geschäftlichen Gebrauch im Rahmen des Bierbezugsvertrages zur Verfügung gestellte Herd im wirtschaftlichen Vermögen der Brauerei verblieben ist, schließlich gehen demzufolge schon deswegen ins Leere, weil sie auf der nach dem Gesagten unaktuellen Prämisse beruhen, er habe daran Eigentum erworben. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Gleichfalls unberechtigt ist die Berufung des Angeklagten, mit der er die bedingte Nachsicht der vom Erstgericht nach §§ 28, 156 Abs 1 StGB über ihn verhängten, mit zehn Monaten ausgemessenen Freiheitsstrafe anstrebt. Denn im Hinblick auf seine mehreren einschlägigen Vorverurteilungen und darauf, daß ihm diese Rechtswohltat bereits mehrmals gewährt wurde, ohne daß ein nachhaltiger Resozialisierungseffekt eingetreten wäre, kam eine neuerliche Anwendung des § 43 Abs 1 StGB aus Gründen der Spezialprävention nicht mehr in Betracht.

Auch der Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Rechtssätze
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  • RS0094714OGH Rechtssatz

    13. Dezember 2017·3 Entscheidungen

    1) Der Abschluss eines Veräußerungsvertrages ist nur dann - in diesem Fall aber ohne Rücksicht darauf, ob er auch schon faktisch durchgeführt wurde - tatbestandsmäßig, wenn er eine Vermögensverringerung bedeutet, der Verkäufer also nicht gleichzeitig einen wirtschaftlich äquivalenten Gegenwert erhält. Damit ist das Delikt zugleich vollendet, weil die betreffenden Sachen bereits dadurch aus dem exekutiv verwertbaren Schuldnervermögen ausscheiden; Anhängigkeit oder gar Abschluss eines Insolvenzverfahrens sind dazu nicht erforderlich. 2) Bei bloß scheinbarer Vermögensverringerung dagegen wird der Befriedigungsfonds der Gläubigerschaft nicht schon zwangsläufig durch die Tathandlung selbst reduziert; die Deliktsvollendung tritt daher erst ein, sobald der durch die inkriminierte Manipulation scheinbar verringerte Befriedigungsfonds Gegenstand einer seine Verwertung betreffenden (positiven oder - eben deswegen - negativen) konkreten Disposition der Gläubiger oder eines gerichtlichen Organs geworden ist. (ÖJZ-LSK 1984/180) 3) Wirtschaftlich wertlose Forderungen stellen, auch wenn sie ziffernmäßig angemessen sind, keine äquivalente Gegenleistung für die Übertragung eines Vermögenswertes dar. 4) Verpfändete Sparbücher sind zwar weiterhin Bestandteile des Schuldnervermögens und damit im Sinn des § 15 Abs 3 StGB taugliche Befriedigungsobjekte, doch bedarf bei solchen Tatobjekten die Annahme eines Vereitelungsvorsatzes in der Regel einer besonderen Begründung.