JudikaturJustiz10Os78/82

10Os78/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. Juli 1982

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den zehnten Senat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Faseth, Dr. Bernardini und Dr. Schneider als Richter unter Beiziehung des Richteramtsanwärters Dr. Glock als Schriftführer in der Strafsache gegen Ibrahim A und andere wegen des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ibrahim A und die Berufungen des Angeklagten Lahoud Louis B sowie der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich dieser Angeklagten) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. November 1981, GZ 6 a Vr 9808/81- 43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich des Angeklagten Ibrahim A sowie nach § 290 Abs. 1 StPO auch hinsichtlich der Angeklagten Lahoud Louis B und Gabriele C im (sohin gesamten) Schuldspruch laut Punkt B. des Urteilssatzes, ferner dementsprechend im gesamten Strafausspruch nach dem FinStrG und im Ausspruch gemäß § 38 StGB in bezug auf die Ersatzfreiheitsstrafen aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. über die (nur den Strafausspruch nach dem SuchtgiftG betreffenden) Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Ibrahim A, Lahoud Louis B und Gabriele C (A.I. und II.) des versuchten Verbrechens nach (zu ergänzen: § 15 StGB), § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und (B.) des (Finanz-) Vergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit b, 38 Abs. 1 lit a FinStrG sowie C überdies (C.) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG schuldig erkannt.

Dem Angeklagten A liegt das eingangs bezeichnete (versuchte) Verbrechen deshalb zur Last, weil er zwischen Juli und Anfang September 1981 in Wien im Zusammenwirken mit B als Mittäter vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, in Verkehr zu setzen suchte, indem sie 360 g Heroin (vorerst) bei sich verwahrten und (sodann) am 11. September (im Tenor unrichtig: 19.11.) 1981 Interessenten zeigten sowie zum Kauf anboten (Faktum A.II.).

Als Abgabenhehlerei wird sämtlichen Angeklagten angelastet (Faktum B.), sie hätten Sachen, hinsichtlich deren ein Schmuggel begangen worden sei, nämlich 360 g Heroin, zu verhandeln getrachtet (richtig: verhandelt - vgl EvBl 1977/23, ÖJZ-LSK 1978/295 ua), indem B das Suchtgift an C zum Weiterverkauf übergab und letztere es verschiedenen Personen (ohne Erfolg) zum Kauf anbot sowie ferner A und (abermals) B (nach dem Rückerhalt von 330 g dieses Heroins sowie dessen Ergänzung auf die ursprüngliche Menge) durch die zuvor (unter A.II.) angeführten Tathandlungen, und sie hätten hiedurch den (unbekannten Importeur des Suchtgifts oder deren mehrere als den oder die) Täter eines in § 37 Abs. 1 lit a FinStrG bezeichneten Finanzvergehens (gemeint offenbar: eines Schmuggels), der (oder die) gewerbsmäßig im Sinn des § 38 Abs. 1 lit a FinStrG gehandelt habe(n), nach der Tat unterstützt (gemeint anscheinend: ..., das geschmuggelte Suchtgift zu verhandeln).

Rechtliche Beurteilung

Der (nur) vom Angeklagten A erhobenen, auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde gegen dieses Urteil kommt teilweise Berechtigung zu. Die Annahme einer gerichtlichen Strafbarkeit des beschriebenen Finanzvergehens (Faktum B.) stützte das Erstgericht im Hinblick darauf, daß der insoweit strafbestimmende Wertbetrag 200.000 S nicht übersteigt (§ 53 Abs. 2 lit c FinStrG), ausschließlich auf § 53 Abs. 1 lit a FinStrG, indem es sämtlichen Angeklagten - die es nichtsdestoweniger bloß nach § 37 Abs. 2 FinStrG bestrafte - eine gewerbsmäßige Begehung der Abgabenhehlerei (§ 38 Abs. 1 lit a FinStrG) deswegen vorwarf, weil sie gewußt (und ihren Vorsatz auch darauf gerichtet) hätten, daß der unbekannte Importeur des Suchtgifts (oder deren mehrere), wer immer es gewesen sein möge, dessen Schmuggel gewerbsmäßig begangen habe(n) (S 270, 284 f). Diese Auffassung ist indessen, worin dem Beschwerdeführer beizupflichten ist, rechtlich verfehlt (Z 9 lit a). Denn zum einen ist die Abgabenhehlerei (§ 37 Abs. 1 FinStrG) im Verhältnis zum Schmuggel (§ 35 Abs. 1 FinStrG) ein eigenständiges Delikt und der Abgabenhehler dementsprechend keineswegs Beteiligter (§ 11 FinStrG) des Schmugglers, sodaß bereits darum nicht aus der gewerbsmäßigen Begehung eines Schmuggels (durch den Vortäter) auch schon eine Gewerbsmäßigkeit der (in Ansehung der geschmuggelten Sachen verübten) Abgabenhehlerei (durch den Hehler) abgeleitet werden kann, und zum anderen betrifft eine gewerbsmäßige Tatbegehung ausschließlich die Schuld (vgl EvBl 1978/201, ÖJZ-LSK 1977/359 uam), sodaß sie als ein gegebenenfalls für die gerichtliche Strafbarkeit vorauszusetzendes besonderes persönliches Element sogar im Fall mehrerer Beteiligter gemäß § 14 Abs. 2 StGB (iVm Art I Abs. 1 StRAnpG) nur bei denjenigen von ihnen wirksam werden könnte, bei denen sie in Ansehung ihres eigenen Tatverhaltens vorliegt (vgl SSt 48/96, ÖJZ-LSK 1979/232 ua).

Die vom Schöffengericht ins Treffen geführte rechtliche Erwägung für die Annahme einer den Angeklagten anzulastenden gewerbsmäßigen Tatbegehung (§ 38 Abs. 1 lit a FinStrG) sowie einer darauf beruhenden gerichtlichen Strafbarkeit ihrer Abgabenhehlerei nach § 53 Abs. 1 lit a Fin-StrG ist folglich nicht tragfähig.

Außerdem hat das Erstgericht allerings - wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei - auch als erwiesen angenommen, daß B selbst '.... handelte, um sich aus dem wiederholten Verkauf größerer Mengen Heroin eine ständige Erwerbsquelle zu verschaffen', sowie daß C und A das wußten (S 278). Im Hinblick darauf aber, daß es in diesem Zusammenhang an anderer Stelle des Urteils (S 283) allem Anschein nach ausschließlich (bloß) sein konkretes Tatverhalten - nämlich das zweimalige (= 'wiederholte') Verhandeln des Suchtgifts, vorerst im Zusammenwirken mit C und dann gemeinsam mit A - als die von ihm beabsichtigte Grundlage für eine (damit angestrebte) 'fortlaufende Erwerbsquelle' ansah, ist der in Rede stehenden Passage keinesfalls eindeutig zu entnehmen, ob solcherart wirklich eine auf eine künftighin wiederkehrende (eigene) Begehung einer Abgabenhehlerei gerichtete Absicht des genannten Angeklagten festgestellt werden sollte oder lediglich dessen (die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit nicht deckendes - vgl EvBl 1975/14, JBl 1979, 663 ua) Vorhaben, sich (nur) durch den wiederholten Verkauf jeweils größerer Mengen des tatgegenständlichen Heroins eine auf längere Zeit hin wirksame Einkommensquelle zu erschließen. Dies umso weniger, als die dem Angeklagten B angelastete Gewerbsmäßigkeit ja (wie schon gesagt) auch nach dem Urteilstenor nicht etwa aus einer sein eigenes künftiges Verhalten betreffenden Absicht desselben abgeleitet wird, sondern lediglich (wie dargestellt rechtsirrig) aus der angenommenen Gewerbsmäßigkeit des Schmuggels durch den (oder die) Importeur(e) des Suchtgifts, und als die erörterte Feststellung, falls man sie (demgegenüber) doch als die Konstatierung eines wirklich auf die wiederkehrende Begehung der Abgabenhehlerei gerichteten Vorhabens des Genannten verstehen wollte, durch die bloßen Hinweise auf dessen urteilsgegenständliches Tatverhalten sowie auf seine Beschäftigungslosigkeit (S 283) allein nur offenbar unzureichend begründet wäre.

Zur Annahme eines eigenen gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten B sowie einer hiedurch begründeten gerichtlichen Strafbarkeit seiner Abgabenhehlerei (§ 53 Abs. 1 lit a FinStrG) - und damit nach § 53 Abs. 4 FinStrG auch jener der beiden anderen Angeklagten, deren für erwiesen gehaltenes (bloßes) Wissen von einer gewerbsmäßigen Begehung des bezeichneten Finanzvergehens durch den Erstgenannten ihre eigene Beteiligung daran nach dem Obengesagten jedenfalls nicht nach § 38 Abs. 1 lit a FinStrG zu qualifizieren vermöchte - reichen demnach die Urteilsfeststellungen ebenfalls nicht hin.

Mit Recht schließlich rügt der Beschwerdeführer überdies jene Konstatierung, wonach (immerhin) jedenfalls die unbekannten Importeure des tatgegenständlichen Heroins bei dessen Schmuggel mit der Absicht gehandelt hätten, sich durch die wiederkehrende Begehung dieser Tat fortlaufend ein zusätzliches Einkommen zu verschaffen (S 278, 285), als offenbar unzureichend begründet (Z 5). Ist doch das Schöffengericht für die damit bekämpfte Feststellung, bei der es sich nach der gesamten Aktenlage um eine rein willkürliche Spekulation handelt, in der Tat überhaupt jegliche Begründung schuldig geblieben. Auch auf § 53 Abs. 4 FinStrG kann daher die umstrittene Annahme einer gerichtlichen Strafbarkeit der den Angeklagten vorgeworfenen Abgabenhehlerei nicht gestützt werden. Der dem Schöffengericht solcherart unterlaufene Begründungsmangel (Z 5) in Verbindung mit dem eingangs aufgezeigten Rechtsirrtum (Z 9 lit a) macht in Ansehung des Faktums B. - einschließlich des Strafausspruchs nach dem FinStrG sowie des (insoweit rechtsirrig nur) in bezug auf die Ersatzfreiheitsstrafen (und nicht auch auf die ihnen zugrunde liegenden Geldstrafen) ergangenen Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung - eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich.

In diesem Umfang war deshalb hinsichtlich des Angeklagten A in (teilweiser) Stattgebung seiner Nichtigkeitsbeschwerde, gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen aber auch hinsichtlich der beiden anderen Angeklagten, denen dieselben Gründe zustatten kommen, ohne daß sie ein derartiges Rechtsmittel ergriffen hätten, nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO).

Offenbar unbegründet dagegen ist die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie den Schuldspruch nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG (Faktum A.II.) betrifft.

Die Feststellung einer allfälligen telefonischen Kontaktaufnahme des Beschwerdeführers mit Gabriele C (S 274), in Ansehung deren er das Urteil als undeutlich (Z 5) rügt, ist schon deshalb ohne Bedeutung für ihn, weil sie sich ausschließlich auf das Faktum A.I. bezieht und dieser Kontakt weder ihm als Tathandlung (im Rahmen des ihm angelasteten Faktums A.II.) zugerechnet noch sonst gegen ihn verwertet wird, sodaß der insoweit behauptete Begründungsmangel jedenfalls keine entscheidende Tatsache betrifft.

Auch der weitere Einwand, die Urteilsbegründung sei in bezug auf die Rolle des Zeugen Mohamed D (im Akt auch X - siehe S 323 ua) unvollständig (Z 5) geblieben, weil sich das Erstgericht darin mit einer Reihe von Verfahrensergebnissen nicht auseinandersetze, und zwar insbesondere (nicht) mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, der Genannte sei bei seiner und Bs Verhaftung gleichfalls anwesend gewesen, mit der Verantwortung des B, er habe D am Flugplatz getroffen und jener sei sogar ebenfalls von der Polizei verhaftet worden, sowie mit der Tatsache, daß D nichts destoweniger von letzterer (gemeint anscheinend: in der Anzeige) nicht erwähnt wurde, schlägt nicht durch; aus den relevierten Verfahrensergebnissen hätte nach Ansicht des Beschwerdeführers geschlossen werden müssen, daß D tatsächlich, wie er - seiner Darstellung zufolge - angenommen habe, ein Polizeispitzel gewesen sei.

Nicht darauf kommt es aber an, ob der Genannte wirklich ein Spitzel war oder nicht; entscheidend ist vielmehr, lediglich, ob der Beschwerdeführer von allem Anfang an dieser Meinung war und im Sinn seiner Verantwortung deswegen mit D Verbindung aufnahm, um B als Suchtgifthändler der Polizei in die Hände zu spielen. Für diese Frage indessen ist aus sämtlichen in der Mängelrüge hervorgehobenen Verfahrensergebnissen, die höchstens rückblickend Schlüsse auf die objektive Rolle des D (als eines allfälligen Spitzels) erlauben könnten, keinesfalls etwas zu gewinnen, sodaß es ihrer besonderen Erörterung im Urteil im Zusammenhang mit der vom Erstgericht als widerlegt angesehenen Version einer bloß scheinbaren Mitwirkung des Beschwerdeführers an dem von B unternommenen Versuch, Heroin in Verkehr zu setzen, - zumal im Interesse einer gedrängten Fassung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) - nicht bedurfte.

Schon deshalb konnte aber auch die vom Verteidiger beantragte Gegenüberstellung des Zeugen D mit dem Polizeibeamten F zum Beweis dafür, daß ersterer bei der vorerwähnten Verhaftung anwesend gewesen sei (S 261), ohne eine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Beschwerdeführers (Z 4) unterbleiben, ganz abgesehen davon, daß hiezu auch im Hinblick auf die insoweit vollkommen übereinstimmenden Aussagen der beiden Zeugen keinerlei Anlaß vorlag und außerdem entsprechende Vorhalte bereits bei deren Vernehmung möglich gewesen wären.

In Ansehung des Faktums A.II. war daher die Nichtigkeitsbeschwerde als offenbar unbegründet (ebenfalls bereits) bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).

über die - jeweils nur den Strafausspruch wegen des Suchtgiftdeliktes betreffenden - Berufungen der Angeklagten A und B sowie der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich dieser Angeklagten) dagegen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung zu entscheiden sein (§ 296 Abs. 3 StPO).