JudikaturJustiz10Os156/82

10Os156/82 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. November 1982

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. November 1982 durch den zehnten Senat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter unter Beiziehung des Richteramtsanwärters Dr. Müller-Dachler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ingrid A wegen des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit a, c und d PornG sowie einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 26. April 1982, GZ 24 Vr 1.384/81-9, nach öffentlicher Verhandlung - Vortrag des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hatak und des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik - zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch laut Punkt I.2. des Urteilssatzes sowie im Strafausspruch aufgehoben und in diesem Umfang gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Ingrid A wird für das ihr laut dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegende Vergehen nach § 1 Abs. 1 lit a, c und d PornG gemäß § 1 Abs. 2 PornG unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 60 (sechzig) Tagessätzen zu je 330 (dreihundertdreißig) S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 30 (dreißig) Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihr auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem (auch andere Entscheidungen enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Ingrid A der Vergehen (1.) nach § 1 Abs. 1 lit a, c und d PornG sowie (2.) der Ankündigung zur Herbeiführung unzüchtigen Verkehrs nach § 219 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat sie (zu 1.) zur Förderung ihres Geschäftsganges als Prostituierte (lit a) zwei Filme, welche Darstellungen von Unzucht mit Tieren enthalten, zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten und (lit c) einen davon drei- oder viermal verschiedenen Kunden vorgeführt sowie (lit d) sich durch zwei Annoncen in der Kronen-Zeitung mit dem Wortlaut 'FüR Spezialwünsche, SODOMIE Porno, Drinks und einem langbeinigen Mädchen. 0732/51504.' zur Vorführung dieser unzüchtigen Laufbilder erboten; die Veranlassung der Aufgabe jener Inserate wurde ihr auch (zu 2.) als (mit dem Vergehen nach lit d des § 1 Abs. 1 PornG eintätig zusammentreffende) öffentliche Erlassung einer Ankündigung angelastet, die zur Herbeiführung unzüchtigen Verkehrs bestimmt und ihrem Inhalt nach zur Erregung berechtigten örgernisses geeignet war.

Rechtliche Beurteilung

Der auf Z 9 lit a (der Sache nach indessen Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen dieses Urteil kommt teilweise Berechtigung zu.

Verfehlt ist sie insoweit, als die Beschwerdeführerin damit die Auffassung vertritt, der Besitz (gemeint: das Bereithalten) der beiden Filme zur Vorführung sei nicht als 'Vorrätighalten zum Zweck der Verbreitung' im Sinn des § 1 Abs. 1 lit a (letzte Begehungsform) PornG zu beurteilen. Denn als eine derartige Verbreitung ist jede Tätigkeit zu verstehen, durch die der betreffende unzüchtige Gegenstand einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird (Leukauf-Steininger, Nebengesetze, E Nr 45 f. zu § 1 PornG ua); geht es dabei (wie im vorliegenden Fall) um ein Laufbild, so geschieht dies eben - von den Fällen einer Weitergabe vervielfältigter Kopien abgesehen - wesensmäßig durch dessen Vorführung, sofern es hiedurch nur, sei es auch schrittweise, einer größeren Anzahl von Menschen zur Kenntnis gelangt. Dem steht nicht entgegen, daß § 1 Abs. 1 lit c PornG das Vorführen unzüchtiger Laufbilder als einer speziellen Kategorie unzüchtiger Gegenstände (vgl lit a: '... Laufbilder oder andere unzüchtige Gegenstände') neben dem Anbieten, überlassen, öffentlichen Ausstellen, Aushängen, Anschlagen und 'sonstigen Verbreiten' solcher Objekte gesondert pönalisiert; damit nämlich wird lediglich in jener Strafbestimmung die bei Laufbildern typische Begehungsform (im Gegensatz zu allen anderen in lit a angeführten) besonders, und zwar ohne Rücksicht darauf erfaßt, ob die Vorführung graduell, also nach der Größe der Betrachterzahl, bis zur Verbreitung gediehen ist oder nicht (idS schon 12 Os 106/74 = Leukauf-Steininger, aaO, E Nr 45).

Für den Begriff des Vorrätighaltens hinwieder kommt es auf die (größere oder kleinere) Zahl der zu verbreitenden unzüchtigen Gegenstände gleichfalls nicht an; selbst die Innehabung eines einzigen Stückes, welches für einen künftigen Gebrauch bereitgehalten wird, erfüllt den Tatbestand, wenn dieser nach dem Willen des Täters vorgesehene Gebrauch den soeben dargelegten Kriterien entspricht. Ebendas aber trifft im gegebenen Fall bei dem vom Erstgericht als erwiesen angenommenen, tatsächlich bereits mehrmals verwirklichten und durch die zweimalige Einschaltung des eingangs wiedergegebenen Inserates in einer Tageszeitung objektivierten Vorhaben der Angeklagten, die beiden inkriminierten Filme im Rahmen ihrer Tätigkeit als Prostituierte auf Wunsch vorzuführen, jedenfalls zu.

Dementsprechend wurde der Beschwerdeführerin - neben dem Vorführen eines von ihnen vor insgesamt drei bis vier Personen (§ 1 Abs. 1 lit c PornG) auch - das weitere Bereithalten beider unzüchtiger Filme zu dem vorerwähnten Zweck durchaus zutreffend (außerdem) als Vergehen nach § 1 Abs. 1

lit a (letzter Fall) PornG angelastet.

In diesem Umfang war daher die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Mit Recht hingegen remonstriert die Angeklagte gegen die Beurteilung der ihr als Vergehen nach § 1 Abs. 1 lit d PornG zur Last fallenden Annoncenaufgabe auch als (damit in Idealkonkurrenz zusammentreffende) Ankündigung zur Herbeiführung unzüchtigen Verkehrs im Sinn des § 219 StGB Auf die Anbahnung einer Unzucht mit Tieren war das in Rede stehende Inserat nach den Urteilsfeststellungen nicht gerichtet, weil es darnach in diese Richtung hin bloß auf die bereits erörterte, allfällige Vorführung der betreffendden Filme abzielte; soweit es aber über jenes (bereits durch § 1 Abs. 1 lit d PornG erfaßte) Angebot hinaus dadurch, daß es zur Förderung des Geschäftsganges der Beschwerdeführerin als Prostituierter dienen sollte, in seiner darauf bezogenen Aussage tatsächlich (auch, und zwar sogar primär) der Herbeiführung von (normalen) Sexualkontakten (mit ihr) gewidmet war, kann nicht gesagt werden, es habe insofern in einer die Öffentlichkeit schockierenden, aufdringlich abstoßenden Weise die Anknüpfung von in strafrechtlicher Sicht als relevanter Störfaktor zu wertenden derartigen Kontakten zum Ziel gehabt und sei deshalb als eine nach ihrem Inhalt zur Erregung berechtigten örgernisses geeignete Ankündigung zur Herbeiführung unzüchtigen Verkehrs anzusehen (vgl Leukauf-Steininger, StGB2, RN 2, 3 zu § 219; Foregger-Serini, StGB2, Anm II zu § 219).

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war demnach der Schuldspruch nach § 219 StGB aus dem angefochtenen Urteil wie im Spruch ersichtlich auszuschalten.

Bei der hiedurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung (§ 1 Abs. 2 PornG) war die Deliktsverübung in drei Begehungsformen als erschwerend, das Geständnis der Angeklagten jedoch als mildernd zu werten. Davon hingegen, daß sie die Tat schon vor längerer Zeit begangen hätte, kann nach Lage des Falles noch nicht gesprochen werden; auch ihr seitheriges Wohlverhalten vermag daher keinen Milderungsgrund (§ 34 Z 18 StGB) abzugeben.

Unter Bedacht auf diese Strafzumessungsgründe erschien bei der Bestimmung der Höhe der gemäß § 37 Abs. 1 StGB zu verhängenden Geldstrafe die Festsetzung der im Spruch bezeichneten, im Vergleich zum Ersturteil, dessen Strafausspruch 100 Tagessätze enthält, etwas verringerten Anzahl von Tagessätzen nach der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld der Angeklagten (§ 32 StGB) als angemessen; die angeordnete Höhe des Tagessatzes entspricht ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie ihren persönlichen Verhältnissen zur Zeit des Urteils erster Instanz (§ 19 Abs. 2 StGB), wie sie vom Schöffengericht unangefochten angenommen wurden. Mit ihrer Berufung war die Angeklagte auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Rechtssätze
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