JudikaturJustiz10ObS19/22z

10ObS19/22z – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Mai 2022

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ. Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, den Hofrat Mag. Ziegelbauer und die Hofrätin Dr. Faber sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Werner Hallas (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Wolfgang Kozak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*, vertreten durch Dr. Wolfgang W. Richter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 10. November 2021, GZ 9 Rs 95/21p 39, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Der Kläger hat in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 11. 2020) sieben Beitragsmonate der Pflichtversicherung erworben. Auf der Grundlage der ihm verbliebenen Leistungsfähigkeit bejahten die Vorinstanzen seine Verweisbarkeit auf mehrere Berufe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Sein Klagebegehren auf Gewährung der Invaliditätspension ab 1. 11. 2020 wurde abgewiesen und ein Anspruch auf Maßnahmen der Rehabilitation verneint.

Rechtliche Beurteilung

[2] In seiner außerordentlichen Revision macht der Kläger keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung geltend:

[3] 1. Das Berufungsgericht hat den behaupteten Verfahrensmangel der Nichtbeiziehung eines Dolmetschers zu den Untersuchungen durch die Sachverständigen und aus Anlass der Verhandlung mit ausführlicher Begründung verneint, weshalb er in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden kann (RIS Justiz RS0042963). Ob ein in der Berufung behaupteter Verfahrensmangel vom Berufungsgericht zu Recht verneint wurde, ist vom Revisionsgericht auch in Sozialrechtssachen nicht mehr zu prüfen (RS0043061). Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden (RS0042963 [T58]).

[4] 2. Ein Mangel des Berufungsverfahrens läge nur vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Mängelrüge überhaupt nicht befasst oder diese mit einer nicht durch die Aktenlage gedeckten Grundlage oder sonst unhaltbaren Begründung verworfen hätte, was hier nicht der Fall ist. Richtig ist der Hinweis des Revisionswerbers, dass in einem von ihm gegen die Beklagte geführten Vorverfahren die (erste) Entscheidung des Erstgerichts vom damaligen Berufungsgericht (ua) mit der Begründung aufgehoben wurde, dass die damalige neurologisch/psychiatrische Sachverständige den Kläger ohne Beiziehung eines Dolmetschers befundet habe. Allerdings hatte der Kläger im Vorverfahren bereits in der Klage ausdrücklich die Beiziehung eines Dolmetschers für die kroatische Sprache beantragt. Einen solchen Antrag stellte der – seit 1992 in Österreich lebende – Kläger im nunmehrigen Verfahren nicht mehr. Er konnte sich – worauf das Berufungsgericht hinwies – sowohl schriftlich als auch mündlich in deutscher Sprache mit den Sachverständigen und dem Erstgericht verständigen.

[5] 3. In der Unterlassung der Beiziehung eines Dolmetschers erblickt der Revisionswerber auch eine Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz. Diese angebliche Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wurde in der Berufung nicht gerügt (und auch nicht von Amts wegen vom Berufungsgericht wahrgenommen) und kann daher mit Revision nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden (RS0042925 [T3]; Lovrek in Fasching/Konecny IV/1 3 § 503 ZPO Rz 32 aE).

[6] 4. Unzureichende Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und/oder Schrift sind im Rahmen der abstrakt vorzunehmenden Beurteilung, ob geminderte Arbeitsfähigkeit gegeben ist, ohne Belang (RS0085034; RS0085050 [T7]). Der Revisionswerber zeigt daher auch mit der Behauptung, bei der Beurteilung seiner Verweisbarkeit sei zu berücksichtigen, dass er kaum Deutsch spreche, keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.