JudikaturJustiz10Ob99/05i

10Ob99/05i – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. November 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Dursen H*****, vertreten durch Dr. Karl Franz Leutgeb, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner KR Leopold H*****, vertreten durch Dr. Robert Krasa, Rechtsanwalt in Wien, wegen Beweissicherung (Streitwert EUR 1 Mio), infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 20. Mai 2005, GZ 23 R 140/05v, 23 R 141/05s, 23 R 142/05p-23, womit die Rekurse des Antragsgegners gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Purkersdorf vom 11. Februar, 2. März und vom 10. März 2005, GZ 2 Nc 3/05x-3, 7 und 12, zurückgewiesen wurden, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs und die Revisionrekursbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrte mit einem als „dringenden Beweissicherungsantrag" bezeichneten Antrag die Beweissicherung durch Auflistung der in der Ehewohnung in P*****, in einem weiteren Haus in P*****, in einem Haus in Spanien und in einer Wohnung in Wien befindlichen Fahrnisse unter Beiziehung eines Sachverständigen. Zwischen den Streitteilen sei ein Scheidungsverfahren anhängig. Der Antragsgegner habe begonnen, eheliches Gebrauchsvermögen und eheliche Ersparnisse zu verkaufen bzw beiseite zu schaffen und zwischen den verschiedenen Objekten zu transferieren. Die Antragstellerin habe daher ein rechtliches Interesse an einer Auflistung sämtlicher in den genannten Objekten vorhandenen Fahrnisse. Sie werde darüber hinaus noch entsprechende Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen hinsichtlich der Liegenschaften und des sonstigen ehelichen Vermögens und der Ersparnisse stellen.

Das Erstgericht behandelte diesen Antrag als Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO. Es erließ mit Beschluss vom 11. 2. 2005 (ON 3) eine einstweilige Verfügung im Sinne dieser Gesetzesstelle zunächst hinsichtlich der Ehewohnung und des weiteren Hauses in P***** und trug der Antragstellerin eine nähere Konkretisierung hinsichtlich der beiden weiteren Objekte in Wien und in Spanien auf. Es stellte fest, dass zwischen den Streitteilen ein Scheidungsverfahren anhängig ist. Die im Spruch genannten Liegenschaften und das Inventar auf der Liegenschaft S***** sowie in Spanien wurden während der Ehe der Parteien aus Vermögen, das während der Ehe erworben wurde, gekauft. Für das Inventar im Haus in P***** gilt dies zum Teil, ohne dass dies näher differenziert werden kann. Der Antragsgegner hat gegenüber der Antragstellerin schon mehrmals erklärt, dass ihr nichts gehöre und sie nichts bekommen werde. Er hat bereits begonnen, weitere Vermögenswerte, die der nachehelichen Aufteilung unterliegen, zum Verkauf anzubieten. Die Antragstellerin weiß nicht, welche Gegenstände sich in welchem Objekt befinden, zumal der Antragsgegner die Möbel immer wieder transferiert. Sie hat seit Sommer 2004 zu den Objekten mit Ausnahme der Einliegerwohnung im Wohnhaus keinen Zutritt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Beweissicherungsantrag der Antragstellerin sei als Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO anzusehen, weil es nicht auf die Bezeichnung durch die Partei sondern auf den Inhalt des Antrages ankomme. Ein Beweissicherungsantrag könne nur dazu dienen, die Beweise für einen bereits behaupteten Umstand zu sichern, wenn die Gefahr des Verlustes des Beweismittels drohe. Die Antragstellerin wolle jedoch nicht eine bestimmte, von ihr aufgestellte Behauptung beweisen, sondern durch Inventarisierung erst Umstände erfahren, nämlich welche Fahrnisse vorhanden seien, die dem Aufteilungsverfahren unterlägen. Die Inventarisierung der vorerst unbekannten Gegenstände sei ein geeignetes Mittel, um den Aufteilungsanspruch zu sichern. In der Folge zog die Antragstellerin ihren Antrag hinsichtlich des Hauses in Spanien zurück und konkretisierte den Antrag hinsichtlich der Wohnung in Wien dahingehend, dass es sich dabei um die Wohnung K*****, Top 13, handle. Das Erstgericht bewilligte daraufhin mit Beschluss vom 2. 3. 2005 (ON 6) die einstweilige Sicherung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse durch Inventarisierung der sich auf der Liegenschaft in Wien, K*****, in der Wohnung Top 13 befindlichen Fahrnisse.

Schließlich gab die Antragstellerin bekannt, dass es sich bei der Wohnung in Wien tatsächlich um das Objekt K*****, Wohnung Top Nr. D 12 samt Lager Top Z 12 handle. Mit weiteren Beschluss vom 10. 3. 2005 (ON 12) änderte das Erstgericht den Beschluss ON 6 hinsichtlich der Wohnungsadresse auf die zuletzt bekanntgegebene Anschrift ab. Das Rekursgericht wies die vom Antragsgegner gegen die Beschlüsse ON 3, ON 6 und ON 12 erhobenen Rekurse als unzulässig zurück. Nach seinen Ausführungen stelle die bloße Inventarisierung kein geeignetes Sicherungsmittel dar, um die Verhinderung oder Beeinträchtigung des Aufteilungsanspruches durch Verfügungen des anderen Ehegatten über der Aufteilung unterliegendes Vermögen zu erreichen. Hingegen bestünden keine Bedenken, den - ausdrücklich - als Beweissicherungsantrag gestellten Antrag auch tatsächlich als Antrag iSd §§ 384 ff ZPO zu behandeln. Auch materiell bestünden gegen die Bewilligung einer Beweissicherung durch Inventarisierung des Wohnungsinhaltes keine Bedenken. Die vom Erstgericht beschlussmäßig angeordnete Inventarisierung stelle somit inhaltlich eine Beweissicherung iSd §§ 384 ff ZPO dar. Es komme daher auch der Rechtsmittelausschluss des § 386 Abs 4 ZPO zur Anwendung, wonach der Beschluss, welcher den Beweissicherungsantrag stattgebe, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden könne. Es seien daher die Rekurse des Antragsgegners als unzulässig zurückzuweisen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 20.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zu der rechtserheblichen Frage, ob die Inventarisierung des Wohnungsinhaltes ein geeignetes Sicherungsmittel iSd § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO darstelle oder ob es sich dabei um eine Beweissicherung iSd §§ 384 ff ZPO handle und ob eine solche in Form der Inventarisierung des Wohnungsinhaltes überhaupt zulässig sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Dieser Beschluss wurde dem Rechtsvertreter des Antragsgegners am 15. Juni 2005 zugestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsgegner am 1. Juli 2005 zur Post gegebene Revisionsrekurs ist verspätet.

Gemäß § 521 Abs 1 ZPO beträgt die Rekursfrist 14 Tage, lediglich in den Fällen des § 521a Abs 1 Z 1 bis 3 ZPO jedoch 4 Wochen. Da im vorliegenden Fall weder ein Rekurs gegen einen Endbeschluss im Besitzstörungsverfahren, gegen einen Aufhebungsbeschluss nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO oder gegen einen Beschluss, mit dem eine Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen oder ein Antrag auf Zurückweisung der Klage verworfen worden ist, vorliegt (§ 521a Abs 1 Z 1 bis 3 ZPO), sondern vielmehr das Rekursgericht einen gegen die erstinstanzliche Entscheidung gerichteten Rekurs aus formellen Gründen zurückgewiesen hat, ist das Revisionsrekursverfahren einseitig und beträgt die Revisionsrekursfrist daher nur 14 Tage (vgl 8 Ob 45/05h; 3 Ob 261/04k; 8 Ob 132/03z; 5 Ob 143/03w; 3 Ob 312/98y; 4 Ob 2063/96b ua; RIS-Justiz RS0118695, RS0044017 ua). Da das Rechtsmittel erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist zur Post gegeben wurde, ist es gemäß § 526 Abs 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen. Auch die Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin ist zurückzuweisen, da das Verfahren zur Beurteilung der Berechtigung der Zurückweisung eines Rekurses nach der bereits zitierten Rechtsprechung einseitig ist.