GZ: 2025-0.754.485 vom 29. September 2025 (Verfahrenszahl: DSB-D246.243)
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Der Name des Beschwerdegegners, einer Bundesbehörde, ergibt sich aus den angewendeten Rechtsvorschriften.]
BESCHEID
SPRUCH
Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde von Baljeet A***, geb. **.**.2001 (beschwerdeführende Partei), vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hugo H***, vom 22. Juli 2025 gegen das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Löschung wie folgt:
- Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen .
Rechtsgrundlagen: Art. 3, Art. 9 Abs. 2, Art. 14 Abs. 1 sowie Art. 19 der Verordnung (EU) 2018/1860 (Verordnung über die Nutzung des Schengener Informationssystems für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, in Folge: SIS Rückkehr VO), ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 1; Art. 53 Abs. 1 sowie Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2018/1861 (Verordnung über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems [SIS] im Bereich der Grenzkontrollen, in Folge: SIS VO), ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 14; Art. 17 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung, in Folge: DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016 S. 1; §§ 18 Abs. 1, 24 Abs. 1 und Abs. 5 des Datenschutzgesetzes (DSG), BGBl. I Nr. 165/1999 idgF; § 11 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF.
BEGRÜNDUNG
A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang
A.1. Mit Eingabe vom 22. Juli 2025 behauptete die vertretene beschwerdeführende Partei (in Folge: bP) eine Verletzung im Recht auf Löschung. Erklärend führte die bP aus, dass eine Rückkehrentscheidung erlassen und eine Eintragung (Ausschreibung) im SIS vorgenommen worden sei. Der Beschwerdegegner (in Folge: BG) habe einem Antrag auf Löschung vom 24. März 2025 jedoch nicht stattgegeben.
Der BG berufe sich darauf, dass dieser am 24. Juli 2022 einen Bescheid gegen die bP erlassen habe, welcher mit 23. August 2022 rechtskräftig geworden sei. Hierbei werde jedoch von dem BG übersehen, dass die bP zu keinem Zeitpunkt über eine aufrechte Meldung im Bundesgebiet verfügt habe. Die Zustellung durch Hinterlegung im Akt sei hierdurch nicht rechtswirksam erfolgt und es gebe keine Anhaltspunkte für eine nachträgliche Heilung des Zustellungsmangels.
Der Eingabe war die Mitteilung des BG an die bP, datiert mit 3. Juni 2025, beigefügt.
A.2. Mit Stellungnahme vom 7. August 2025 brachte der BG auf das Wesentliche zusammengefasst vor, dass gegen die bP mit Bescheid vom 24. Juli 2022 eine Rückkehrentscheidung ohne Einreiseverbot erlassen worden sei. Deshalb sei eine Ausschreibung am 6. August 2023 zur Rückkehr der bP im Schengener Informationssystem (SIS) erlassen worden. Die beantragte Löschung sei nicht durchgeführt worden. Eine Löschung sei nach der SIS-VO Rückkehr durchzuführen, wenn die zuständige Behörde die Entscheidung, aufgrund derer die Ausschreibung eingegeben wurde, zurückgenommen oder für nichtig erklärt hat, oder wenn ein Fremder das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nachweislich verlassen hat. Ein Verlassen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten sei im vorliegenden Fall weder behauptet noch nachgewiesen worden.
Darüber hinaus sei keine Unterrichtung seitens der portugiesischen Behörde unternommen worden.
Zum Vorbringen der mangelhaften Zustellung sei zunächst auszuführen, dass die bP vom 11. Juli 2022 bis 17. Juli 2022 in der Bundesbetreuungseinrichtung B***stadt - V*** NIEDERÖSTERREICH (B***stadt), Grundversorgung - gemeldet gewesen sei. Danach sei diese untergetaucht und habe dadurch über keine Melde- bzw. GVS-Adresse verfügt. Eine neue Abgabestelle oder Vertretung seien von dieser nicht namhaft gemacht worden. Den Bescheid über die Ablehnung des Asylantrages und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vom 24. Juli 2022 habe der BG daher ordnungsgemäß im Akt hinterlegt.
A.3. Mit Stellungnahme vom 18. September 2025 brachte die vertretene bP zusammengefasst vor, dass der BG keine inhaltlichen Einwände gegen die Beschwerde erhoben habe. Es werde neuerlich darauf hingewiesen, dass der Bescheid vom 24. Juli 2022 nicht rechtswirksam zugestellt und aus diesem Grund die Rückkehrentscheidung niemals erlassen worden sei. Daraus ergebe sich, dass die vorgenommene Ausschreibung im SIS rechtswidrig sei.
B. Beschwerdegegenstand
B.1. Beschwerdegegenstand ist die Frage, ob der BG die bP im Recht auf Löschung verletzt hat, indem dieser dem Antrag auf Löschung vom 24. März 2025 (Löschung der Ausschreibung im SIS) bis zum Abschluss des Verfahrens vor der Datenschutzbehörde nicht nachgekommen ist.
C. Sachverhaltsfeststellungen
C.1. Bei der bP handelt es sich um einen indischen Staatsbürger. Die bP stellte am 10. Juli 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz beim BG. Die bP ist im Zeitraum vom 11. Juli 2022 bis 17. Juli 2022 in der Bundesbetreuungseinrichtung B***stadt - V*** NIEDERÖSTERREICH (B***stadt), Grundversorgung - gemeldet gewesen. Die bP hat in Folge die Bundesbetreuungseinrichtung B***stadt verlassen und weder über eine Meldeadresse noch eine Grundversorgungsadresse verfügt bzw. diese dem BG bekannt gegeben. Der BG hat den Antrag der bP am 24. Juli 2022 bescheidmäßig abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung ohne Einreiseverbot erlassen. Der Bescheid über die Ablehnung des Asylantrages und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist am 24. Juli 2022 mangels Zustelladresse im Akt durch Hinterlegung zugestellt worden.
In weiterer Folge wurden vom BG die Daten der bP am 6. August 2023 im Schengener Informationssystem (SIS) zur Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ausgeschrieben.
Die bP beantragte beim BG am 24. März 2025 die Löschung der Ausschreibung im SIS, welcher nicht entsprochen wurde.
Danach brachte die bP die gegenständliche Beschwerde bei der Datenschutzbehörde ein und behauptete eine Verletzung im Recht auf Löschung.
Beweiswürdigung zu C.1. : Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den übereinstimmenden Vorbringen der bP vom 22. Juli 2025 und des BG vom 7. August 2025. Im Rahmen der abschließenden Stellungnahme vom 18. September 2025 ist von der bP nicht bestritten worden, dass diese im Zeitraum vom 11. Juli 2022 bis 17. Juli 2022 in der Bundesbetreuungseinrichtung B***stadt gemeldet gewesen ist. Auch ist von der bP kein Nachweis darüber erbracht worden, dass diese nach diesem Zeitpunkt eine Zustelladresse dem BG bekannt gegeben bzw. über eine gültige Meldeadresse bzw. Grundversorgungsadresse im Bundesgebiet Österreich verfügt hat.
C.2. Die bP hat das Hoheitsgebiet der (Schengen-) Mitgliedstaaten seit der genannten Entscheidung des BG vom 24. Juli 2025 nicht verlassen.
Eine Unterrichtung des BG durch einen Mitgliedstaat des Schengenraumes über eine allfällige Erteilung eines Aufenthaltstitels an die bP ist bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens vor der Datenschutzbehörde nicht erfolgt.
Beweiswürdigung zu C.2. : Die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen des BG vom 7. August 2025. Die bP hat das, die Feststellungen von Punkt C.2. betreffende Vorbringen des BG - trotz eingeräumter Möglichkeit in Form eines Parteiengehörs - nicht bestritten. Zudem liegen keine Anhaltspunkte vor, das Vorbringen des BG in Zweifel zu ziehen. Zudem wird von der bP in deren Stellungnahme nicht vorgebracht, dass ein Mitgliedstaat des Schengenraumes dieser einen gültigen Aufenthaltstitel bereits erteilt hat.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
D.1. Zu den verfahrensrelevanten Bestimmungen:
§ 11 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet wie folgt:
(1) Die Erstaufnahmestelle, in der sich der Asylwerber befindet oder die Unterkunft oder die Betreuungseinrichtung des Bundes, in der der Asylwerber oder Fremde versorgt wird, sind Abgabestelle für eine persönliche Zustellung nach dem Bundesgesetz über die Zustellung behördlicher Dokumente – ZustG, BGBl. Nr. 200/1982. Eine Kontaktstelle gemäß § 19a Abs. 2 Meldegesetz 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, ist in Verfahren vor dem Bundesamt keine Abgabestelle im Sinne des ZustG.
Art. 3 SIS Rückkehr VO lautet wie folgt:
Artikel 3
Eingabe von Ausschreibungen zur Rückkehr in das SIS
(1) Die Mitgliedstaaten geben Ausschreibungen von Drittstaatsangehörigen, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, in das SIS ein, um überprüfen zu können, ob der Rückkehrverpflichtung nachgekommen wurde, und um die Vollstreckung der Rückkehrentscheidungen zu unterstützen. Nach dem Erlass der Rückkehrentscheidung wird unverzüglich eine Ausschreibung zur Rückkehr in das SIS eingegeben.
(2) Die Mitgliedstaaten können davon absehen, Ausschreibungen zur Rückkehr in das SIS einzugeben, wenn die Rückkehrentscheidungen Drittstaatsangehörige betreffen, die bis zur Abschiebung in Haft genommen wurden. Wenn die betreffenden Drittstaatsangehörigen aus der Haft entlassen, aber nicht abgeschoben werden, wird unverzüglich eine Ausschreibung zur Rückkehr in das SIS eingegeben.
(3) Die Mitgliedstaaten können auch davon absehen, Ausschreibungen zur Rückkehr einzugeben, wenn die Rückkehrentscheidung an der Außengrenze eines Mitgliedstaats erlassen und umgehend vollstreckt wird.
(4) Die Frist für die freiwillige Ausreise, die gemäß Artikel 7 der Richtlinie 2008/115/EG gewährt wurde, wird umgehend in der Ausschreibung zur Rückkehr vermerkt. Jegliche Verlängerung dieser Frist wird unverzüglich in der Ausschreibung vermerkt.
(5) Jede Aussetzung und jeder Aufschub der Vollstreckung der Rückkehrentscheidung, einschließlich infolge der Einlegung eines Rechtsmittels, werden umgehend in der Ausschreibung zur Rückkehr vermerkt.
Art. 9 Abs. 2 SIS Rückkehr VO lautet wie folgt:
Artikel 9
Vorabkonsultation vor der Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels oder eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt
[…]
(2) Erwägt ein Mitgliedstaat, einem Drittstaatsangehörigen, zu dem ein anderer Mitgliedstaat eine nicht mit einem Einreiseverbot verbundene Ausschreibung zur Rückkehr eingegeben hat, einen Aufenthaltstitel oder ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt zu erteilen oder zu verlängern, so unterrichtet der erteilende Mitgliedstaat den ausschreibenden Mitgliedstaat unverzüglich von der beabsichtigten bzw. erfolgten Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt. Der ausschreibende Mitgliedstaat löscht unverzüglich die Ausschreibung zur Rückkehr.
Art. 14 Abs. 1 SIS Rückkehr VO lautet wie folgt:
Artikel 14
Löschung von Ausschreibungen
(1) Zusätzlich zu den Bestimmungen der Artikel 6 und 8 bis 12 werden Ausschreibungen zur Rückkehr gelöscht, wenn die zuständige Behörde die Entscheidung, aufgrund deren die Ausschreibung eingegeben wurde, zurückgenommen oder für nichtig erklärt hat. Ausschreibungen zur Rückkehr werden auch gelöscht, wenn der betroffene Drittstaatsangehörige nachweisen kann, dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gemäß der entsprechenden Rückkehrentscheidung verlassen hat.
Art. 19 SIS Rückkehr VO lautet wie folgt:
Artikel 19
Anwendbarkeit der Verordnung (EU) 2018/1861
Sofern in der vorliegenden Verordnung nichts anderes festgelegt ist, gelten für die im Einklang mit der vorliegenden Verordnung in das SIS eingegebenen und dort verarbeiteten Daten die in Artikel 6 bis 19, Artikel 20 Absätze 3 und 4, Artikel 21, 23, 32 und 33, Artikel 34 Absatz 5 und Artikel 36a, 36b, 36c sowie 38 bis 60 der Verordnung (EU) 2018/1861 festgelegten Bedingungen für die Eingabe, Bearbeitung und Aktualisierung von Ausschreibungen, die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und von eu-LISA, die Voraussetzungen für den Zugriff auf Ausschreibungen und die Prüffristen für Ausschreibungen, die Datenverarbeitung, den Datenschutz, die Haftung und Überwachung sowie die Statistiken.
Art. 53 Abs. 1 SIS VO lautet wie folgt:
Artikel 53
Recht auf Auskunft, Berichtigung unrichtiger Daten und Löschung unrechtmäßig gespeicherter Daten
(1) Die betroffenen Personen müssen in der Lage sein, die in den Artikeln 15 bis 17 der Verordnung (EU) 2016/679 und in Artikel 14 und Artikel 16 Absätze 1 und 2 der Richtlinie (EU) 2016/680 genannten Rechte auszuüben.
Art. 54 Abs. 1 SIS VO lautet wie folgt:
Artikel 54
Rechtsbehelf
(1) Unbeschadet der Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 und der Richtlinie (EU) 2016/680 über den Rechtsbehelf hat jeder das Recht, einen Rechtsbehelf wegen einer seine Person betreffenden Ausschreibung auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Information oder Schadensersatz bei jeder zuständigen Behörde, einschließlich eines Gerichts, einzulegen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats zuständig ist.
D.2. Ausgehend von diesen Bestimmungen ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:
Am 10. Juli 2022 stellte die bP bei dem BG einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 24. Juli 2022 vollumfänglich abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung ohne Einreiseverbot gegen die bP erlassen worden ist.
Die bP ist im Zeitraum vom 11. Juli 2022 bis 17. Juli 2022 in der Bundesbetreuungseinrichtung B***stadt (BBE B***stadt) - V*** NIEDERÖSTERREICH (B***stadt) gemeldet gewesen. Die bP hat in Folge die Bundesbetreuungseinrichtung B***stadt verlassen und weder über eine Meldeadresse oder Grundversorgungsadresse verfügt noch dem BG eine Zustelladresse bekannt gegeben.
Am 24. Juli 2022 erging eine Rückkehrentscheidung ohne Einreiseverbotgegen die bP. Diese wurde gemäß §§ 8 iVm 23 Zustellgesetz (in Folge: ZustG) mittels Hinterlegung im Akt am 24. Juli 2022 zugestellt.
Danach erfolgte vom BG am 6. August 2023 eine Ausschreibung zur Rückkehr in das SIS gemäß Art. 3 SIS Rückkehr VO. Der gegenständliche Antrag auf Löschung der bP betrifft diese Ausschreibung.
Von der vertretenen bP wird in ihrer verfahrenseinleitenden Eingabe vom 22. Juli 2025 sowie im Rahmen ihrer abschließenden Stellungnahme vom 18. September 2025 vorgebracht, dass die Zustellung der Rückkehrentscheidung mangelhaft gewesen ist.
Eingangs ist auszuführen, dass es sich bei den in § 11 Abs. 1 BFA-VG genannten Unterkünften um eine Abgabestelle für eine persönliche Zustellung im Sinne von § 2 Z 4 ZustG handelt. Diese Norm geht als lex specialis den entsprechenden Bestimmungen im ZustG vor (vgl. Lipphart-Kirchmeir in Schrefler-König/Szymanski , FPG-AsylR, Anm. 1 f).
Hierzu hält die Datenschutzbehörde zunächst fest, dass die bP vom 11. Juli 2022 bis 17. Juli 2022 in der Bundesbetreuungseinrichtung B***stadt (BBE B***stadt) gemeldet gewesen ist und hierdurch gemäß § 11 Abs. 1 BFA-VG eine Abgabestelle - entgegen dem Vorbringen der bP in deren verfahrenseinleitender Eingabe vom 22. Juli 2025 - begründet wurde. Die bP hat nach dem oben genannten Zeitpunkt die Bundesbetreuungseinrichtung B***stadt verlassen und dem BG weder eine neue Zustelladresse mitgeteilt noch einen Zustellbevollmächtigten angegeben. Die Mitteilungspflicht besteht, wenn die Partei Kenntnis von einem sie betreffenden Verfahren hat (vgl. VwSlg 8136 A/1971). Verfahrensgegenständlich hat die bP unstrittig aufgrund des Umstandes, dass diese selbst am 10. Juli 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz beim BG gestellt hat, Kenntnis, dass diese Partei eines laufenden Verfahrens ist und es dennoch unterlassen, eine entsprechende Mitteilung zu machen .
Im gegenständlichen Fall änderte die bP somit während des Verfahrens über ihren Antrag auf internationalen Schutz deren Abgabestelle (vgl. § 11 Abs. 1 BFA-VG, wonach die Erstaufnahmestelle, in der sich der Asylwerber befindet oder die Unterkunft oder die Betreuungseinrichtung des Bundes, in der der Asylwerber oder Fremde versorgt wird, Abgabestelle für eine persönliche Zustellung nach dem ZustG ist) und war daher gemäß § 8 Abs. 1 ZustG verpflichtet, dies der Behörde (gegenständlich dem BG) unverzüglich mitzuteilen .
Die Datenschutzbehörde hält hierzu nochmals ausdrücklich fest, dass die bP der gesetzlichen Verpflichtung, die Änderung der nach § 11 Abs. 1 BFA-VG begründeten Abgabestelle der Behörde (gegenständlich dem BG) unverzüglichzur Kenntnis zu bringen, unterlegen ist (vgl. VwGH vom 11.09.2024, Ra 2024/20/0166). Nach der zitierten Judikatur sieht § 11 Abs. 1 BFA-VG für die Qualifikation der dort genannten Unterkünfte als Abgabestelle im Sinne des ZustG eine Mindestaufenthaltsdauer oder eine „zeitliche Verfestigung" nicht vor.
Die bP hat nach dem oben genannten Zeitpunkt die Bundesbetreuungseinrichtung B***stadt verlassen und dem BG keine neue Abgabestelle oder Vertretung namhaft gemacht.
In § 8 Abs. 1 und Abs. 2 ZustG ist normiert, dass die bP, welche während des laufenden Verfahrens, von dem sie Kenntnis hat, ihre bisherige Abgabestelle ändert, dies der Behörde unverzüglich mitzuteilen hat. Wird diese Mitteilung unterlassen, so ist, soweit die Verfahrensvorschriften nicht anderes vorsehen, die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann. Der BG hat in Folge den Bescheid vom 24. Juli 2022 durch Hinterlegung im Akt gemäß §§ 8 iVm 23 ZustG rechtmäßig zugestellt.
Die Datenschutzbehörde merkt hierzu an, dass das Bundesverwaltungsgericht in ähnlich gelagerten Fällen - entgegen dem Vorbringen der vertretenen bP - keine Unrechtmäßigkeit in der Art der Zustellung erblickt hat (vgl. BVwG vom 11. Oktober 2024 zu do. ZI. W112 2297653-1/28E, BVwG vom 25. November 2024 zu do. ZI. W275 2301763-1 bzw. BVwG vom 26. August 2025 zu do. ZI. W142 2316487-1/3E). Gemäß der ständigen Rechtsprechung darf der BG in jenen Konstellationen wegen der unterlassenen Mitteilung die Zustellung durch Hinterlegung im Akt - ohne vorausgehenden Zustellversuch - vornehmen.
Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass, soweit die vertretene bP vorbringt, dass die Ausschreibung im SIS zu löschen ist, weil der Bescheid vom 24. Juli 2022 mangelhaft zugestellt worden ist, im Lichte der obig genannten Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Verwaltungsgerichtshofs nicht gefolgt werden kann. Mangels eines offenkundigen Zustellmangels ist von einer wirksamen Zustellung durch Hinterlegung auszugehen. Der BG hat somit die Ausschreibung zur Rückkehr in das SIS gemäß Art. 3 SIS Rückkehr VO zu Recht vorgenommen.
Zu prüfen ist in Folge, ob die SIS-Ausschreibung aus anderen Gründen zu löschen gewesen wäre.
Eine Löschung von Ausschreibungen im SIS ist gemäß Art. 14 Abs. 1 erster Satz SIS Rückkehr VO nur unter den in Art. 6 und Art. 8 bis 12 leg. cit. genannten Voraussetzungen geboten oder wenn die zuständige Behörde die Entscheidung, aufgrund deren die Ausschreibung eingegeben wurde, zurückgenommen oder für nichtig erklärt hat. Darüber hinaus sind Ausschreibungen zur Rückkehr gemäß Art. 14 Abs. 1 zweiter Satz SIS Rückkehr VO dann zu löschen, wenn der betroffene Drittstaatsangehörige nachweisen kann, dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gemäß der entsprechenden Rückkehrentscheidung verlassen hat.
Wie festgestellt, ist die gegenüber der bP ergangene Rückkehrentscheidung des BG in Rechtskraft erwachsen und zum aktuellen Zeitpunkt aufrecht . Eine Löschung aufgrund von Art. 14 Abs. 1 erster Satz SIS Rückkehr VO kommt daher nicht in Betracht.
Zudem liegt kein Nachweis darüber vor, dass die bP das Hoheitsgebiet der (Schengen-) Mitgliedstaaten verlassen hat. Die bP hat hierzu - trotz eingeräumter Möglichkeit eines Parteiengehörs - im Rahmen der abschließenden Stellungnahme keinen Nachweis erbracht, dass diese das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten verlassen hat (z.B. Stempel im Reisepass). Eine Löschung aufgrund von Art. 14 Abs. 1 zweiter Satz SIS Rückkehr VO kommt daher ebenso nicht in Betracht.
Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 2 SIS Rückkehr VO ergibt, hat ein Mitgliedstaat , der erwägt, einem Drittstaatsangehörigen, zu dem ein anderer Mitgliedstaat eine nicht mit einem Einreiseverbot verbundene Ausschreibung zur Rückkehr eingegeben hat, einen Aufenthaltstitel oder ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt zu erteilen oder zu verlängern, den ausschreibenden Mitgliedstaat unverzüglich zu unterrichten . Unter diesen Voraussetzungen löscht der ausschreibende Mitgliedstaat die Ausschreibung zur Rückkehr.
Wie festgestellt, ist eine Unterrichtung des BG durch andere Migliedstaaten des Schengenraums über eine allfällige Erteilung eines Aufenthaltstitels an die bP bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens vor der Datenschutzbehörde nicht erfolgt.
Auch die Art. 10, Art. 11 und Art. 12 SIS Rückkehr VO, die das Vorgehen im Falle des Besitzes eines Aufenthaltstitels oder Visums zum längerfristigen Aufenthalt eines anderen Mitgliedstaates normieren, sind nicht einschlägig, zumal die bP über keinen solchen (in concreto: portugiesischen) Aufenthaltstitel verfügt.
Die Innehabung eines derartigen Aufenthaltstitels oder Visums wurde auch nicht behauptet.
Da der Zweck der Ausschreibung im SIS gemäß Art. 3 Abs. 1 SIS-VO darin liegt, eine Überprüfung zu ermöglichen, ob der Rückkehrverpflichtung nachgekommen worden ist und um die Vollstreckung der Rückkehrentscheidung zu unterstützen, erweist sich die gegenständliche Datenverarbeitung weiterhin als erforderlich.
D.3. Ergebnis:
Im Ergebnis ist die gegenständliche Datenverarbeitung im SIS rechtmäßig und kann derzeit kein Löschgrund im Sinne der Art. 6 und Art. 8 bis Art. 12, sowie Art. 14 Abs. 1 erster Satz SIS Rückkehr VO festgestellt werden, weswegen keine Verletzung im Recht auf Löschung vorliegt.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Hinweis: Es besteht kein Einwand, diese Entscheidung der österreichischen Datenschutzbehörde den portugiesischen Behörden zu übermitteln. Es wird nochmals ausdrücklich auf Art. 9 Abs. 2 der SIS Rückkehr VO verwiesen, wonach der einen Aufenthaltstitel erteilende Mitgliedstaat (hier: behauptet Portugal) den ausschreibenden Mitgliedstaat (hier: Österreich) unverzüglich von der beabsichtigten bzw. erfolgten Erteilung eines Aufenthaltstitels zu informieren hat .
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