IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU-GmbH), gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.11.2024, Zl. 1347725610-230644255, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.09.2025 zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Somalia, stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 29.03.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab die Beschwerdeführerin zu Protokoll, dass sie Somali spreche, im Heimatland sechs Jahre die Grundschule besucht habe und zuletzt Soldatin gewesen sei. Ihre Eltern, ihre Geschwister, ihr Ehemann und ihr Sohn würden in Somalia leben. Zu ihrem Ausreisegrund gab die Beschwerdeführerin an, dass sie einen Mann geheiratet habe, mit dem sie einen Sohn bekommen habe. Sie gehöre zu einer Minderheit, deshalb hätten seine Eltern Druck auf ihn ausgeübt, um sich von ihr zu trennen. Danach habe sie mit ihrer Mutter und ihrem Kind zusammengelebt und ihrer Mutter gelegentlich bei der Arbeit geholfen. Bei ihnen sei eine Militärzone gewesen, wo Soldaten von Puntland gewesen seien und wo diese gegen islamistische Terrortruppen gekämpft hätten. Der Ehemann ihrer Tante habe die Beschwerdeführerin dann beim Militär angemeldet. Man habe sie an einem Militärstützpunkt gebracht, wo sie logistische Sachen gelernt habe. Sie sei dort von einem Kommandanten vergewaltigt worden. Dieser habe gesagt, sie dürfe nicht sagen, was passiert sei. Sie sei immer und immer wieder von diesem vergewaltigt worden. Dann habe sie auch kein Geld mehr vom Militär bekommen, weshalb sie vom Militär ausgetreten sei. Es habe dann Unruhen zwischen Soldaten und islamistischen Kämpfern gegeben. Sie habe nicht mehr im Dorf leben können, da sie von beiden Seiten bedroht worden sei. Im Falle einer Rückkehr befürchte sie getötet zu werden.
2. Anlässlich ihrer Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 21.10.2024 gab die Beschwerdeführerin zu Protokoll, dass es ihr gesundheitlich gut gehe und sie keine Medikamente nehme. Sie spreche neben Somali auch Englisch und ein bisschen Deutsch. Sie stamme aus einem Dorf in der Provinz Bari, in der Region Puntland. Sie habe vier Jahre die Grundschule, zwei Jahre eine Mittelschule und vier Jahre eine Koranschule besucht. Sie habe mit ihrer Familie – ihren Eltern, ihren Geschwistern und einer Cousine zusammengelebt. Sie wisse nicht, ob diese noch dort leben würden. Vom Beruf sei sie keine Soldatin gewesen, sondern sie sei beim Militär in Puntland für Logistik ausgebildet worden. Diese Ausbildung habe sechs Monate gedauert. Sie sei zuständig gewesen für die Lieferung von Medikamenten, für Erste Hilfe und um Lebensmittel zu koordinieren. Sie gehöre dem Clan der Madhibaan und dem sunnitischen Islam an. Sie sei verheiratet und habe ein Kind. Sie habe immer an ihrer Wohnadresse im Heimatort gelebt, außer in der Zeit, als sie eine Ausbildung beim Militär gehabt habe. Damals habe sie in einer Militärkaserne in der Stadt Camo in Puntland gelebt. Sie habe ihre Ausbildung beim Militär am 09.12.2020 begonnen. Sie habe mit ihrer Familie in einem Haus gelebt. Sie hätten keine Landwirtschaft, aber fünf Ziegen für den Eigengebrauch gehabt. Ihren ersten Mann habe sie im März 2019 geheiratet. Bereits neun Monate später hätten sie sich scheiden lassen. Ihren zweiten Mann habe sie am 18.08.2020 geheiratet. Er sei ca. 30 Jahre alt gewesen und gehöre ebenfalls dem Clan der Madhibaan an. Der Sohn stamme vom ersten Ehegatten und dieser lebe derzeit bei ihrer Mutter in Somalia. Ihr Ehegatte habe als Taglöhner, Schuhmacher und Frisör gearbeitet. Den letzten Kontakt mit diesem habe sie im November 2022 gehabt. Damals habe er mitgeteilt, dass er in den Jemen gehen wolle. Der letzte Kontakt mit ihrer Familie sei am 14.07.2022 gewesen. Da habe sie Urlaub vom Militär gehabt und ihre Familie das letzte Mal gesehen. Sie habe auch keinen telefonischen Kontakt mehr mit ihrer Familie, denn es habe keine Möglichkeit gegeben, mit dieser Kontakt aufzunehmen. Ihr Vater habe keine Geschwister. Er habe aber eine Tante zweiten Grades, die sie sehr gut kenne. Ihr Mann sei ein Geschäftsmann gewesen und habe ihre Familie oft finanziell unterstützt. Dieser gehöre dem Clan der Marjeerteen an. Den letzten Kontakt mit diesem habe sie gehabt, als sie das Heimatland verlassen habe.
Zu ihrem Fluchtgrund führte die Beschwerdeführerin in freier Erzählung aus, dass sie am 15.10.2022 mit einem Offizier, der für die Regierung gearbeitet habe, ein Problem gehabt habe. Er habe ihr vorgeworfen, dass sie nicht hier beim Militär arbeiten dürfe, weil sie einem Minderheitenclan angehöre. Er habe zu ihr gesagt, dass er eine Beschwerde bei der Regierung gegen sie einbringen wolle und das auch an die Regierung weiterleiten werde. An diesem Tag habe er sie auch körperlich missbraucht. Er habe sie vergewaltigt und geschlagen. Dies sei in der Militärkaserne passiert, wo sie gearbeitet habe. Seit diesem Tag habe er sie immer wieder missbraucht und geschlagen. Er habe zu ihr gesagt, dass sie keinen Schutz in der Regierung habe und auch keine Partei habe, die sie unterstütze, deswegen habe er sie auch vergewaltigt. Als sie Urlaub gehabt habe, sei sie nach Hause zu ihrem Mann gefahren und habe ihm alles erzählt. Dieser habe gemeint, sie solle das nicht anzeigen, denn sie würde sonst noch mehr Probleme bekommen. Sie habe dann ihren Onkel besucht, der ihr diesen Job vermittelt habe und ihn gebeten, sie bei der Anzeige wegen der Vergewaltigung zu helfen. Dieser sei aber in dieser Zeit nicht in der Stadt gewesen, deshalb sei sie wieder zurück zu ihrer Arbeit zum Militär gegangen. Als sie wieder bei der Arbeit gewesen sei, habe der Offizier sie erneut vergewaltigt und geschlagen. Es sei schwierig für sie gewesen, mit diesem Missbrauch zu leben und sie habe auch keinen Schutz vor ihm gehabt. Seit ihrer Geburt werde sie aufgrund ihres Clans diskriminiert. Bei ihrer Arbeit werde sie sexuell missbraucht aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit. Ihr Ehegatte wolle ihr nicht helfen, weil er auch einer Minderheit angehöre. Sie fühle sich alleine. Es sei schwierig für sie gewesen, die Arbeit dort fortzusetzen, weil der Offizier ein schlimmer Mensch gewesen sei, sie keine Unterstützung gehabt habe, auch nicht von ihrem Clan. Sie habe Narben auf ihrem Körper, eine davon ist eine Verletzung am Auge. Sie habe auch keine medizinische Versorgung bekommen und hätte auch nicht ins Spital gehen können. Sie habe gewartet, bis ihr Onkel zurückgekommen sei und habe ihm dann von ihrem Problem erzählt und dass sie seine Unterstützung bei der Anzeige brauche. Er habe gemeint, was sie vorhabe, sei verrückt und sie würde „Selbstmord an ihr begehen im Bezug auf die Anzeige bei der Polizei“. Er habe ihr erzählt, dass der Offizier ein Verwandter vom Präsidenten von Puntland sei und bevor die Anzeige zum Richter komme, würden sie sie umbringen. Ihr Onkel habe ihr empfohlen, Somalia zu verlassen, wenn sie nicht mehr missbraucht werden wolle. Er habe zu ihr gesagt, dass er ihr nicht helfen könne, weil der Offizier so eine gute Verbindung bei der Regierung habe. Er habe sie aber unterstützt, das Land zu verlassen. Sie habe nicht gekündigt, sondern ihren Arbeitsplatz einfach verlassen. Sie habe am 17.11.2022 Urlaub nehmen wollen, aber der Offizier habe ihr nicht frei gegeben, deshalb sei sie von dort gleich geflüchtet.
Zu ihren Lebensumständen in Österreich gab die Beschwerdeführerin, dass sie seit dem 03.11.2023 bei Mc Donald‘s arbeite und auch eine private Unterkunft habe. Sie sei nur fünf Monate in der Grundversorgung gewesen. Sie arbeite Vollzeit und bringe sich Deutsch selbst bei.
Im Rahmen der Einvernahme legte die Beschwerdeführerin diverse Integrationsunterlagen, einen Arztbrief des Klinikums Wels-Grieskirchen vom 26.06.2023, die Kopie ihrer ID-Card vom Militär Puntland sowie ein Foto über eine Verletzung am Auge vor.
3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ihr nicht erteilt (Spruchpunkt III), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV), gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit ihrer Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Somalia festgestellt (Spruchpunkt V) und schließlich gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für eine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI).
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und monierte nach Wiederholung der bisher getätigten Angaben unter Ausführung näherer Gründe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, eine fehlerhafte Beweiswürdigung und daraus folgend eine unrichtige rechtliche Beurteilung.
5. Am 16.05.2025 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine ergänzende Stellungnahme der Beschwerdeführerin ein, mit welcher Dokumente vorgelegt wurden, die die Integration der Beschwerdeführerin in Österreich sowie ihre Probleme aufgrund der FGM/C belegen würden. Weiters wurde vorgebracht, dass sie über das Rote Kreuz ein Suchantrag gestellt habe, um ihre Familie zu finden. Abschließend wies sie auf die besondere Gefährdung von alleinstehenden Frauen durch geschlechtsspezifische Gewalt in Somalia hin.
6. Am 18.09.2025 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführerin und ihre Rechtsvertretung teilnahmen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist entschuldigt nicht erschienen. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung wurde die Beschwerdeführerin ausführlich zu ihren Fluchtgründen, Rückkehrbefürchtungen und zu ihrer Integration in Österreich befragt (siehe Verhandlungsprotokoll). Im Rahmen der Verhandlung wurden diverse Integrationsunterlagen sowie der Suchantrag beim Roten Kreuz vorgelegt.
7. Am 02.10.2025 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 07.08.2025. Darüber hinaus wurde eine Bestätigung der erfolgten Anmeldung zur Psychotherapie beim Therapiezentrum Oasis in Linz in Vorlage gebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige von Somalia und gehört der Religionsgemeinschaft der Muslime sowie dem Clan der Madhibaan an. Sie ist geschieden und gesund.
Die Beschwerdeführerin wurde im Dorf XXXX , im Bundesstaat Bari, in Puntland geboren und lebte dort mit ihren Eltern, ihren Geschwistern, einer Cousine, ihrem zweiten Ehegatten und ihrem Kind aus erster Ehe in einem Haus. Sie besuchte in Somalia vier Jahre die Volkschule, zwei Jahre eine Mittelschule sowie vier Jahre die Koranschule und arbeitete als Hilfsarbeiterin. Von Dezember 2020 bis November 2022 arbeitete sie beim Militär in Galgalar, wo sie für die Logistik zuständig war. Diese Arbeit wurde ihr vom Ehegatten ihrer Tante vs. vermittelt.
Die Beschwerdeführerin wurde beim Militär von ihrem Vorgesetzten, einem Offizier, der dem Clan der Majeerteen angehörte, unzählige Male aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit vergewaltigt, geschlagen und mit dem Tod bedroht. Deswegen verließ sie ihren Arbeitsplatz und flüchtete ins Ausland. Weder ihr damaliger Ehegatte, noch sonst jemand konnte bzw. wollte ihr gegen die sexuelle Gewalt durch den Vorgesetzen helfen, da der Offizier gute Verbindungen zur Regierung Puntlands hatte .
Die Beschwerdeführerin ist beschnitten (FGM Typ III).
Die Beschwerdeführerin hat in Somalia keine Familienangehörigen mehr, mit denen Kontakt besteht. Ihre Familie hat den Herkunftsort wegen der Kämpfe mit der Al-Shabaab im Juli 2022 verlassen. Seitdem hat die Beschwerdeführerin keinen Kontakt mehr mit ihrer Familie. Seit ihrer Ausreise im November 2022 besteht auch kein Kontakt mehr zum Mann ihrer Tante vs. Die Beschwerdeführerin weiß nicht, wo dieser sich zurzeit aufhält. Die Beschwerdeführerin hat somit kein verlässliches, stabiles familiäres Netzwerk in Somalia, das ihr ausreichend Schutz bieten würde. Es steht ihr auch kein Schutz durch männliche Verwandte oder auf staatlicher Seite zur Verfügung. Sonstige tragfähige Anknüpfungspunkte in Somalia sind nicht hervorgekommen. Die Beschwerdeführerin ist eine alleinstehende somalische Frau. Sie läuft somit Gefahr, im Falle einer Rückkehr in ein entsprechendes IDP-Lager gehen zu müssen. Die Beschwerdeführerin gehört in Somalia der Gruppe der alleinstehenden Frauen an, denen geschlechtsspezifische Gewalt droht. Eine geschlechtsspezifische Verfolgung im Falle ihrer Rückkehr ist damit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Somalia gegeben.
Die Beschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:
1. Bevölkerungsstruktur
Somalia ist eines der wenigen Länder in Afrika, wo es eine dominante Mehrheitskultur und -Sprache gibt. Die Mehrheit der Bevölkerung findet sich innerhalb der traditionellen somalischen Clanstrukturen (UNHCR 22.12.2021a). Die Landesbevölkerung ist nach Angabe einer Quelle ethnisch sehr homogen; allerdings ist der Anteil ethnischer Minderheiten an der Gesamtbevölkerung demnach unklar (AA 23.8.2024). Gemäß einer Quelle teilen mehr als 85 % der Bevölkerung eine gemeinsame ethnische Herkunft (USDOS 22.4.2024). Eine andere Quelle besagt, dass die somalische Bevölkerung aufgrund von Migration, ehemaliger Sklavenhaltung und der Präsenz von nicht nomadischen Berufsständen divers ist (Wissenschaftl. Mitarbeiter GIGA 3.7.2018). Es gibt weder eine Konsistenz noch eine Verständigungsbasis dafür, wie Minderheiten definiert werden (UN OCHA 14.3.2022). Die UN gehen davon aus, dass ca. 30 % aller Somali Angehörige von Minderheiten sind (MBZ 6.2023). Abseits davon trifft man in Somalia auf Zersplitterung in zahlreiche Clans, Subclans und Sub-Subclans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (AA 18.4.2021, S. 12). Diese Unterteilung setzt sich fort bis hinunter zur Kernfamilie (SEM 31.5.2017).
Insgesamt ist das westliche Verständnis einer Gesellschaft im somalischen Kontext irreführend. Dort gibt es kaum eine Unterscheidung zwischen öffentlicher und privater Sphäre. Zudem herrscht eine starke Tradition der sozialen Organisation abseits des Staates. Diese beruht vor allem auf sozialem Vertrauen innerhalb von Abstammungsgruppen. Seit dem Zusammenbruch des Staates hat sich diese soziale Netzwerkstruktur reorganisiert und verstärkt, um das Überleben der einzelnen Mitglieder zu sichern (BS 2024). Die Zugehörigkeit zu einem Clan ist der wichtigste identitätsstiftende Faktor für Somalis. Sie bestimmt, wo jemand lebt, arbeitet und geschützt wird. Darum kennen Somalis üblicherweise ihre exakte Position im Clansystem (SEM 31.5.2017). Insgesamt gibt es keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen (Landinfo 4.4.2016).
Große Clanfamilien: Die sogenannten "noblen" Clanfamilien können (nach eigenen Angaben) ihre Abstammung auf mythische gemeinsame Vorfahren und den Propheten Mohammed zurückverfolgen. Die meisten Minderheiten sind dazu nicht in der Lage (SEM 31.5.2017). Somali sehen sich als Nation arabischer Abstammung, "noble" Clanfamilien sind meist Nomaden:
Darod gliedern sich in die drei Hauptgruppen: Ogaden, Marehan und Harti sowie einige kleinere Clans. Die Harti sind eine Föderation von drei Clans: Die Majerteen sind der wichtigste Clan Puntlands, während Dulbahante und Warsangeli in den zwischen Somaliland und Puntland umstrittenen Grenzregionen leben. Die Ogaden sind der wichtigste somalische Clan in Äthiopien, haben aber auch großen Einfluss in den südsomalischen Juba-Regionen sowie im Nordosten Kenias. Die Marehan sind in Süd-/Zentralsomalia präsent.
Hawiye leben v. a. in Süd-/Zentralsomalia. Die wichtigsten Hawiye-Clans sind Habr Gedir und Abgaal, beide haben in und um Mogadischu großen Einfluss.
Dir leben im Westen Somalilands sowie in den angrenzenden Gebieten in Äthiopien und Dschibuti, außerdem in kleineren Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Die wichtigsten Dir-Clans sind Issa, Gadabursi (beide im Norden) und Biyomaal (Süd-/Zentralsomalia).
Isaaq sind die wichtigste Clanfamilie in Somaliland, wo sie kompakt leben. Teils werden sie zu den Dir gerechnet (SEM 31.5.2017). Sie selbst erachten sich nicht als Teil der Dir (AQSOM 4 6.2024).
Rahanweyn bzw. Digil-Mirifle sind eine weitere Clanfamilie (SEM 31.5.2017).
Territorien: Alle Mehrheitsclans sowie ein Teil der ethnischen Minderheiten – nicht aber die berufsständischen Gruppen – haben ihr eigenes Territorium. Dessen Ausdehnung kann sich u. a. aufgrund von Konflikten verändern (SEM 31.5.2017).
Minderheiten: Als Minderheiten werden jene Gruppen bezeichnet, die aufgrund ihrer geringeren Anzahl schwächer als die "noblen" Mehrheitsclans sind. Dazu gehören Gruppen anderer ethnischer Abstammung; Gruppen, die traditionell als unrein angesehene Berufe ausüben; sowie die Angehörigen "nobler" Clans, die nicht auf dem Territorium ihres Clans leben oder zahlenmäßig klein sind (SEM 31.5.2017).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (18.4.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
AQSOM 4 - Anonymisierte Quelle Somalia 4 (6.2024): Expertengespräche
BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Somalia
Landinfo - Referat für Länderinformationen der Einwanderungsbehörde [Norwegen] (4.4.2016): Practical issues and security challenges associated with travels in Southern Somalia
MBZ - Außenministerium der Niederlande [Niederlande] (6.2023): General country of origin information report on Somalia
SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (31.5.2017): Focus Somalia – Clans und Minderheiten
UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (22.12.2021a): Citizenship and Statelessness in the Horn of Africa
UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (14.3.2022): Somalia Humanitarian Bulletin, February 2022
USDOS - United States Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices - Somalia
Wissenschaftl. Mitarbeiter GIGA - Wissenschaftlicher Mitarbeiter am German Institute of Global and Area Studies (3.7.2018): Sachverständigengutachten zu 10 K 1802/14A
Süd-/Zentralsomalia, Puntland
Letzte Änderung 2025-01-16 14:12
Politik: In Süd-/Zentralsomalia sind politische Repräsentation, politische Parteien, lokale Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Subclans organisiert, wobei die vier größten Clans (Darod, Hawiye, Dir und Digil-Mirifle) Verwaltung, Politik, und Gesellschaft dominieren - und zwar entlang der sogenannten 4.5-Formel (ÖB Nairobi 10.2024). Dies bedeutet, dass den vier großen Clans dieselbe Anzahl von Parlamentssitzen zusteht, während kleinere Clans und Minderheitengruppen gemeinsam nur die Hälfte dieser Sitze erhalten (ÖB Nairobi 10.2024; vgl. USDOS 22.4.2024; FH 2024b) [siehe dazu auch: Politische Lage/Süd-/Zentralsomalia]. Dadurch werden kleinere Gruppen politisch marginalisiert (FH 2024b). Sie werden von relevanten politischen Posten ausgeschlossen, und die wenigen Angehörigen von Minderheiten, die solche Posten halten, haben kaum die Möglichkeit, sich für ihre Gemeinschaften einzusetzen (SPC 9.2.2022). So finden sich in der aktuellen Regierung zwar alle relevanten Clans und Gruppen wieder (AA 23.8.2024), und das Frauen- sowie das Umweltministerium werden von Angehörigen von Minderheiten geführt (AQ21 11.2023). In Süd-/Zentralsomalia ist die formelle Vertretung von Minderheiten im Rahmen der 4.5-Formel nicht mit einer tatsächlichen politischen Mitsprache gleichzusetzen, da unter dem Einfluss und Druck der politisch mächtigen Clans agiert wird. Die Formel trägt dazu bei, dass bestehende Strukturen aufrechterhalten und damit Minderheiten sozial und politisch ausgrenzt werden (ÖB Nairobi 10.2024). Nach Angaben einer Quelle der FFM Somalia 2023 versucht die Regierung hingegen, Minderheiten zu ermutigen, sich für Regierungsstellen zu bewerben. Allerdings ist die Diskriminierung tief in der Gesellschaft verwurzelt und besteht weiter fort (INGO-F/STDOK/SEM 4.2023).
Lage: Einzelne Minderheiten leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 22.4.2024; vgl. AA 23.8.2024; FH 2024b). Sie sehen sich in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung – mittelbar auch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 23.8.2024). Zudem sind die Systeme gegenseitiger Unterstützung bei ihnen weniger gut ausgebaut, sie verfügen über geringere Ressourcen (Sahan/SWT 24.10.2022) und erhalten weniger Remissen (Sahan/SWT 24.10.2022; vgl. SPC 9.2.2022). In staatlichen Behörden - etwa Polizei und Justiz - sind Minderheiten nur spärlich vertreten (ÖB Nairobi 10.2024). Die mächtigen Gruppen erhalten den Löwenanteil an Jobs, Ressourcen, Verträgen, Remissen und humanitärer Hilfe. Schwache Gruppen erhalten wenig bis gar nichts. Bei der Hungersnot 1991 waren die meisten Hungertoten entweder Digil-Mirifle oder Bantu [Anm.: Die Digil sind v. a. Landwirte und nicht Nomaden und können bei Dürre schwerer ausweichen]. Dies gilt auch für die Hungersnot im Jahr 2011. Ein Grund dafür ist, dass humanitäre Hilfe von mächtigeren Clans vereinnahmt wird (Sahan/SWT 24.10.2022). Selbst in Mogadischu erhalten Minderheitenangehörige weniger Nahrungsmittelhilfe (TANA/ACRC 9.3.2023). Sie stehen einem höheren Maß an Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung gegenüber (UN OCHA 14.3.2022).
Ein Programm der Bundesregierung soll zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit von fast 25.000 benachteiligten und marginalisierten Haushalten beitragen. Dieses von Deutschland finanzierte 50-Millionen-Euro-Programm zielt darauf ab, den Zugang zu Bildung, Gesundheit, Hygiene und
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Ernährung für Kinder und Jugendliche zu verbessern und die Ernährungssicherheit benachteiligter Haushalte zu erhöhen. Die Regierung von Jubaland organisiert Workshops für Jugendliche aus marginalisierten Gruppen, um Integration und Partizipation zu fördern (UNSOM 5.8.2023).
Minderheitengruppen, denen es oft an bewaffneten Milizen fehlt, sind laut einer Quelle überproportional von Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.). Täter sind Milizen oder Angehörige dominanter Clans - oft unter Duldung lokaler Behörden (USDOS 22.4.2024). Aufgrund der (vormaligen) Unterstützung von al Shabaab durch manche Minderheiten kann es in Gebieten, aus welchen al Shabaab gewichen ist, zu Repressalien kommen (ÖB Nairobi 10.2024). Von Frauen marginalisierter Gruppen eingebrachte Vergewaltigungsanzeigen werden tendenziell ignoriert (UNSOM 5.8.2023).
Angehörige von Minderheiten stehen vor Hindernissen, wenn sie Identitätsdokumente erhalten wollen - auch im Falle von Reisepässen (UNHCR 22.12.2021a, S. 58).
Mogadischu: In der Hauptstadt verfügen die Hawiye-Clans Abgaal, Habr Gedir und teilweise auch Murusade über eine herausragende Machtposition. Allerdings leben in der Stadt Angehörige aller somalischen Clans, auch die einzelnen Bezirke sind diesbezüglich meist heterogen (AQSOM 4 6.2024; vgl. FIS 7.8.2020a). Laut einem Experten dominieren auch die Rahanweyn mittlerweile bestimmte Stadtteile. Insgesamt leben in Mogadischu sehr viele unterschiedliche Clans, alle können Eigentum besitzen, sich in der Wirtschaft betätigen (AQSOM 4 6.2024), sich frei bewegen und niederlassen. Allerdings besagt der eigene Clanhintergrund, in welchem Teil der Stadt es für eine Person am sichersten ist (AQSOM 4 6.2024; vgl. FIS 7.8.2020b, S. 39). Außerdem tendieren die Menschen dazu, auf dem Gebiet des eigenen Clans zu wohnen. Beziehungen zu Abgaal oder Habr Gedir - familiäre, wirtschaftliche, eheliche oder freundschaftliche - sind von Vorteil, um Konflikte abwenden oder lösen zu können. Generell agieren die dominanten Clans Mogadischus aber nicht im rechtsfreien Raum, da sie aufgrund von z. B. in Mogadischu begangenem Unrecht mit Gegenunrecht in anderen Teilen Somalias rechnen müssen (AQSOM 4 6.2024). Im Allgemeinen ist es schwierig, Menschen, die in Mogadischu aufgewachsen sind, oberflächlich nach Clans zu differenzieren. Es gibt keine äußerlichen Unterschiede, auch der Akzent ist der gleiche. Anhand von Namen lassen sich die Menschen nicht einmal ethnisch zuordnen, da vor allem arabische Namen verwendet werden (UNFPA/DIS 25.6.2020). Zum Clanwesen in Mogadischu siehe auch Sicherheitslage / Süd-/Zentralsomalia / Banadir.
Al Shabaab: Zum Verhältnis von al Shabaab zu Clans und Minderheiten siehe Kapitel Sicherheitslage/Al Shabaab
Quellen
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/app/nodes/30275841, Zugriff 4.9.2024 [Login erforderlich]
AQ21 - Anonyme Quelle 21 (11.2023): Expertengespräche
AQSOM 4 - Anonymisierte Quelle Somalia 4 (6.2024): Expertengespräche
DIS/UNFPA - United Nations Population Fund (Autor), Danish Immigration Service [Denmark] (Herausgeber) (25.6.2020): Skype-Interview des DIS mit UNFPA, in: DIS (11.2020): Somalia - Health System, S.79-84, https://www.nyidanmark.dk/-/media/Files/US/Landenotater/COI_report_somalia_health_care_nov_2020.pdf?la=en-GB hash=3F6C5E28C30AF49C2A5183D32E1B68E3BA52E60C, Zugriff 12.3.2024
FH - Freedom House (2024b): Freedom in the World 2024 - Somalia, https://freedomhouse.org/country/somalia/freedom-world/2024, Zugriff 8.7.2024
FIS - Finnische Einwanderungsbehörde [Finnland] (7.8.2020a): Somalia: Tiedonhankintamatka Mogadishuun maaliskuussa 2020, Mogadishun turvallisuustilanne ja humanitääriset olosuhteet, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Somalia FFM raportti maaliskuu 2020.pdf/f58d6cd5-271a-55fd-9b89-b3d32e4ff80b/Somalia FFM raportti maaliskuu 2020.pdf?t=1596797440011, Zugriff 12.3.2024
FIS - Finnische Einwanderungsbehörde [Finnland] (7.8.2020b): Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu in March 2020, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Somalia Fact-Finding Mission to Mogadishu in March 2020.pdf/2f51bf86-ac96-f34e-fd02-667c6ae973a0/Somalia Fact-Finding Mission to Mogadishu in March 2020.pdf?t=1602225617645, Zugriff 12.10.2023
INGO-F/STDOK/SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (Herausgeber), Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (Herausgeber), Internationale NGO F, Senior Aid Official (Autor) (4.2023): Interview im Rahmen der FFM Somalia 2023
ÖB Nairobi - Österreichische Botschaft Nairobi [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht zu Somalia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2116331/SOMA_ÖB-Bericht_2024_10.pdf, Zugriff 22.10.2024 [Login erforderlich]
Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (24.10.2022): Power, access, and social capital in Somalia, in: The Somali Wire Issue No. 467, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich]
SPC - Somalia Protection Cluster (9.2.2022): Protection Analysis Update, February 2022, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/SOM_PAU_Somalia-Protection-Analysis_Feb2022.pdf, Zugriff 15.11.2023
TANA/ACRC - Tana Copenhagen (Herausgeber), African Cities Research Consortium (Autor) (9.3.2023): Understanding Systems in Mogadishu City, https://tanacopenhagen.com/wp-content/uploads/2023/03/ACRC-Tana-Mogadishu-City-System-Analysis.pdf, Zugriff 23.5.2024
UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (22.12.2021a): Citizenship and Statelessness in the Horn of Africa, https://www.ecoi.net/en/file/local/2065866/61c97bea4.pdf, Zugriff 12.3.2024
UN OCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (14.3.2022): Somalia Humanitarian Bulletin, February 2022, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/OCHA SOMALIA HUMANITARIAN BULLETIN - FEBRUARY 2022.pdf, Zugriff 12.3.2024
UNSOM - United Nations Assistance Mission in Somalia (5.8.2023): Muna Mohamed Abdi: Helping include marginalised communities in Kismayo, https://unsom.unmissions.org/muna-mohamed-abdi-helping-include-marginalised-communities-kismayo, Zugriff 17.1.2024
USDOS - United States Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices - Somalia, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights-practices/somalia, Zugriff 23.4.2024
2. Berufsständische Minderheiten, aktuelle Situation
Letzte Änderung 2025-01-16 14:11
Berufsständische Gruppen unterscheiden sich weder durch Abstammung noch durch Sprache und Kultur von der Mehrheitsbevölkerung (SEM 31.5.2017). Sie sind somalischen Ursprungs, wurden aber von den traditionellen Clan-Lineages ausgeschlossen (UNHCR 22.12.2021a). Im Gegensatz zu den „noblen“ Clans wird ihnen nachgesagt, ihre Abstammungslinie nicht auf Prophet Mohammed zurückverfolgen zu können (SEM 31.5.2017). Ihre traditionellen Berufe werden als unrein oder unehrenhaft erachtet (UNHCR 22.12.2021a, S. 57; vgl. SEM 31.5.2017) - etwa Jäger, Lederverarbeiter, Schuster, Friseure, Töpferinnen, traditionelle Heiler oder Hebammen (MBZ 6.2023). Diese Gruppen stehen damit auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie in der Gesellschaft. Sie leben verstreut in allen Teilen des somalischen Kulturraums, mehrheitlich aber in Städten. Ein v. a. im Norden bekannter Sammelbegriff für einige berufsständische Gruppen ist Gabooye, dieser umfasst etwa die Tumal, Madhiban, Muse Dheriyo und Yibir (SEM 31.5.2017; vgl. AQSOM 4 6.2024). Ein anderer Sammelbegriff ist Midgan (UNHCR 22.12.2021a).
Diskriminierung: Für die Gabooye hat sich die Situation im Vergleich zur Jahrtausendwende, als sie nicht einmal normal die Schule besuchen konnten, gebessert. Insbesondere unter jungen Somali ist die Einstellung zu ihnen positiver geworden; mittlerweile ist es für viele Angehörige der Mehrheitsclans üblich, auch mit Angehörigen berufsständischer Gruppen zu sprechen, zu essen, zu arbeiten und Freundschaften zu unterhalten. Es gibt keine gezielten Angriffe gegen oder Misshandlungen von Gabooye (SEM 31.5.2017). In Mogadischu sind Angehörige von Minderheiten keiner systematischen Gewalt ausgesetzt. Allerdings sind all jene Personen, welche nicht einem dominanten Clan der Stadt angehören, potenziell gegenüber Kriminalität vulnerabler (Landinfo 21.5.2019b). Ein Experte erklärt, dass Gabooye zwar nicht angegriffen werden, diese aber davor Angst haben. Minderheiten werden demnach nicht aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit angegriffen, es sei denn, dass sie bei einem Vorhaben im Weg stehen (AQSOM 4 6.2024).
Allerdings sind Angehörige berufsständischer Kasten Belästigung und Ausbeutung ausgesetzt (Sahan/SWT 1.12.2023). Sie werden als Bürger zweiter Klasse erachtet (BS 2024; vgl. AQSOM 4 6.2024). Zu ihrer Diskriminierung trägt bei, dass sie sich weniger strikt organisieren und sie viel ärmer sind. Daher sind sie nur in geringerem Maß in der Lage, Kompensation zu zahlen oder Blutrache anzudrohen (Wissenschaftl. Mitarbeiter GIGA 3.7.2018; vgl. SEM 31.5.2017). Es kommt zu Beschimpfungen, Ausschluss von bestimmten Berufen, Einschränkungen beim Landbesitz sowie zu Diskriminierung im Bildungs- und Gesundheitssystem (AQSOM 4 6.2024). Insgesamt ist die soziale Stufe und die damit verbundene Armut für viele das Hauptproblem. Hinzu kommt, dass diese Minderheiten in der Regel eine tendenziell schlechtere Kenntnis des Rechtssystems haben. Der Zugang berufsständischer Gruppen zur Bildung ist erschwert, weil an ihren Wohnorten z. B. Schulen fehlen. Außerdem verlassen viele Kinder die Schule früher, um zu arbeiten. Viele Familien sind auf derartige Einkommen angewiesen. Die meist schlechtere Bildung wiederum führt zur Benachteiligung bei der Arbeitssuche, bei der die Clanzugehörigkeit ohnehin oft zu Diskriminierung führen kann. Da berufsständische Gruppen nur über eine kleine Diaspora verfügen, profitieren sie zudem in geringerem Ausmaß von Remissen als Mehrheitsclans (SEM 31.5.2017).
Aufgrund der oft schlechten Ausbildung treffen Gabooye außerhalb ihrer traditionellen Berufe am Arbeitsmarkt auf Schwierigkeiten (MBZ 6.2023). Dennoch sind vereinzelt auch Angehörige berufsständischer Gruppen wirtschaftlich erfolgreich. Auch wenn sie weiterhin die ärmste Bevölkerungsschicht stellen, finden sich einzelne Angehörige in den Regierungen, im Parlament und in der Wirtschaft (SEM 31.5.2017).
Mischehe: In dieser Frage kommt es weiterhin zu einer gesellschaftlichen Diskriminierung, da Mehrheitsclans Mischehen mit Angehörigen berufsständischer Gruppen meist nicht akzeptieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Mehrheitsfrau einen Minderheitenmann heiratet. Der umgekehrte Fall ist weniger problematisch (SEM 31.5.2017; vgl. ÖB Nairobi 10.2024). Aufgrund dieser Stigmatisierung (FH 2024a) kommen Mischehen äußerst selten vor (SEM 31.5.2017; vgl. FIS 5.10.2018). Diesbezüglich bestehen aber regionale Unterschiede: Im Clan-mäßig homogeneren Norden des somalischen Kulturraums sind Mischehen seltener und gleichzeitig stärker stigmatisiert als im Süden (ÖB Nairobi 10.2024; vgl. SEM 31.5.2017). Hawiye und Rahanweyn sehen die Frage der Mischehe weniger eng. Außerdem ist der Druck auf Mischehen insbesondere in ländlichen Gebieten ausgeprägt (SEM 31.5.2017). In Mogadischu sind Mischehen möglich (FIS 5.10.2018). Auch al Shabaab hat Hindernisse für Mischehen beseitigt, in ihren Gebieten kommt es zunehmend zu solchen Eheschließungen (ICG 27.6.2019a). Die Gruppe hat Fußsoldaten, die zu Gruppen mit niedrigem Status gehören, dazu ermutigt, Frauen und Mädchen von "noblen" Clans (z. B. Hawiye, Darod) zu heiraten (Ingiriis 2020).
Eine Mischehe führt so gut wie nie zu Gewalt oder gar zu Tötungen. Seltene Vorfälle, in denen es etwa in Somaliland im Zusammenhang mit Mischehen zu Gewalt kam, sind in somaliländischen Medien dokumentiert (SEM 31.5.2017). Trotzdem können diese Ehen negative Folgen für die Ehepartner mit sich bringen – insbesondere, wenn der Mann einer Minderheit angehört (ÖB Nairobi 10.2024). So kommt es häufig zur Verstoßung des aus einem "noblen" Clan stammenden Teils der Eheleute durch die eigenen Familienangehörigen. Letztere besuchen das Paar nicht mehr, kümmern sich nicht um dessen Kinder oder brechen den Kontakt ganz ab; es kommt zu sozialem Druck (SEM 31.5.2017). Diese Art der Verstoßung kann vor allem in ländlichen Gebieten vorkommen. Eine Mischehe sorgt auf jeden Fall für Diskussionen und Getratsche, nach einer gewissen Zeit wird sie nach Angaben einer Quelle aber meist akzeptiert (FIS 5.10.2018).
Quellen:
AQSOM 4 - Anonymisierte Quelle Somalia 4 (6.2024): Expertengespräche
BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Somalia
FH - Freedom House (2024a): Freedom in the World 2024 - Somaliland
FIS - Finnische Einwanderungsbehörde [Finnland] (5.10.2018): Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018
ICG - International Crisis Group (27.6.2019a): Women and Al-Shabaab’s Insurgency
Ingiriis - M.H. Ingiriis (2020): The anthropology of Al-Shabaab: the salient factors for the insurgency movement’s recruitment project, in: Small Wars Insurgencies, Vol. 31/2, 2020, pp. 359-380, zitiert in: EASO - European Asylum Support Office (9.2021): Somalia – Targeted Profiles, S.18
Landinfo - Referat für Länderinformationen der Einwanderungsbehörde [Norwegen] (21.5.2019b): Somalia Rer Hamar-befolkningen i Mogadishu
MBZ - Außenministerium der Niederlande [Niederlande] (6.2023): General country of origin information report on Somalia
ÖB Nairobi - Österreichische Botschaft Nairobi [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht zu Somalia
Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (1.12.2023): Clans and displacement in Somalia, in: The Somali Wire Issue No. 622, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich]
SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (31.5.2017): Focus Somalia – Clans und Minderheiten
UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (22.12.2021a): Citizenship and Statelessness in the Horn of Africa
Wissenschaftl. Mitarbeiter GIGA - Wissenschaftlicher Mitarbeiter am German Institute of Global and Area Studies (3.7.2018): Sachverständigengutachten zu 10 K 1802/14A
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen - allgemein
Letzte Änderung 2024-12-02 12:53
Sowohl im Zuge der Anwendung der Scharia als auch bei der Anwendung traditionellen Rechtes sind Frauen nicht in Entscheidungsprozesse eingebunden. Die Scharia wird ausschließlich von Männern angewendet, die oftmals zugunsten von Männern entscheiden (USDOS 22.4.2024). Zudem gelten die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivil- und Strafrechts. In der Scharia gelten für Frauen andere gesetzliche Maßstäbe als für Männer (z. B. halbe Erbquote). Insgesamt gibt es hinsichtlich der grundsätzlich diskriminierenden Auslegungen der zivil- und strafrechtlichen Elemente der Scharia keine Ausweichmöglichkeiten, diese gelten auch in Somaliland (AA 23.8.2024).
Auch im Rahmen der Ausübung des Xeer (traditionelles Recht) haben Frauen nur eingeschränkt Einfluss. Verhandelt wird unter Männern, und die Frau wird üblicherweise von einem männlichen Familienmitglied vertreten (SPC 9.2.2022; vgl. ÖB Nairobi 10.2024). Oft werden Gewalttaten gegen Frauen außerhalb des staatlichen Systems zwischen Clanältesten geregelt, sodass ein Opferschutz nicht gewährleistet ist (AA 23.8.2024). Auch Vergewaltigungsfälle werden oft im Rahmen kollektiver Clanverantwortung abgehandelt (ÖB Nairobi 11.1.2024; vgl. AQ21 11.2023; SPC 9.2.2022). Diesbezüglich geschaffene Gesetze haben zwar Signalwirkung, diese wendet sich aber insbesondere nach Außen (ÖB Nairobi 11.1.2024). Viele Fälle werden auch gar nicht gemeldet. Weibliche Opfer befürchten, von ihren Familien oder Gemeinden verstoßen zu werden, sie fürchten sich z. B. auch vor einer Scheidung oder einer Zwangsehe. Anderen Opfern sind die formellen Regressstrukturen schlichtweg unbekannt (SPC 9.2.2022). Im traditionellen System werden Vergewaltigungen oft mittels Blutgeld zwischen den betroffenen Clans ausverhandelt. Dabei darf das Opfer nach Angaben einer Quelle über die Höhe des Betrags mitentscheiden (ÖB Nairobi 11.1.2024). Andererseits werden Frauen im Falle von Clankonflikten oft als neutral erachtet, da es für sie leichter möglich ist, sich an unterschiedliche Clans zu wenden, um z. B. eine Waffenruhe zu erbitten. Folglich sind Frauen aufgrund der Verwandtschaftsverhältnisse beim Peace Building durchaus mächtig (AQ21 11.2023).
Während Frauen in Somalia zunehmend entscheidende wirtschaftliche Rollen übernehmen und häufig als Hauptverdiener ihrer Familien auftreten, stoßen sie bei der Suche nach politischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten auf Hindernisse. Oft finden sie sich in schlecht bezahlten Positionen wieder (BS 2024). Gemäß einer Studie zum Gender-Gap in Süd-/Zentralsomalia und Puntland verfügen Frauen dort nur über 50 % der Möglichkeiten der Männer – und zwar mit Bezug auf Teilnahme an der Wirtschaft; wirtschaftliche Möglichkeiten; Politik; und Bildung (SOMSUN 6.4.2021). Viele traditionelle und religiöse Eliten stellen sich vehement gegen eine stärkere Beteiligung von Frauen am politischen Leben (AA 23.8.2024). Auf allen politischen Ebenen herrscht dementsprechend eine Absenz von Frauen. Insgesamt ist dies auf die patriarchale, auf Clans basierende Gesellschaft zurückzuführen (Sahan/SWT 19.1.2024; vgl. AA 23.8.2024). Trotzdem finden sich bei Behörden, bei den Macawiisley, in der Bundesarmee, bei der NISA und den Darawish Frauen, bei der Polizei sind es ca. 10 % (AQ21 11.2023; vgl. Sahan/SWT 9.9.2022).
Quellen
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, https://milo.bamf.de/otcs/cs.exe/app/nodes/30275841, Zugriff 4.9.2024 [Login erforderlich]
AQ21 - Anonyme Quelle 21 (11.2023): Expertengespräche
BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Somalia, https://bti-project.org/fileadmin/api/content/en/downloads/reports/country_report_2024_SOM.pdf, Zugriff 18.3.2024
ÖB Nairobi - Österreichische Botschaft Nairobi [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht zu Somalia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2116331/SOMA_ÖB-Bericht_2024_10.pdf, Zugriff 22.10.2024 [Login erforderlich]
ÖB Nairobi - Österreichische Botschaft Nairobi [Österreich] (11.1.2024): Informationen der Botschaft, per e-Mail
Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (19.1.2024): Elections and women’s representation in Somalia, in: The Somali Wire Issue No. 637, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich]
Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (9.9.2022): Sports, women and the struggle for visibility in Somalia, in: The Somali Wire Issue No. 449, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich]
SOMSUN - Somaliland Sun (6.4.2021): In All Sectors Women have Nearly Half the Opportunities Afforded to Men - Oxfam, https://www.somalilandsun.com/somalia-in-all-sectors-women-have-nearly-half-the-opportunities-afforded-to-men-oxfam/, Zugriff 20.6.2024
SPC - Somalia Protection Cluster (9.2.2022): Protection Analysis Update, February 2022, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/SOM_PAU_Somalia-Protection-Analysis_Feb2022.pdf, Zugriff 15.11.2023
USDOS - United States Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices - Somalia, https://www.state.gov/reports/2023-country-reports-on-human-rights-practices/somalia, Zugriff 23.4.2024
Süd-/Zentralsomalia, Puntland
Letzte Änderung 2025-01-16 14:10
Diskriminierung: Die Diskriminierung von Frauen ist gesetzlich verboten (USDOS 22.4.2024). Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär (AA 23.8.2024). Sie genießen nicht die gleichen Rechte und den gleichen Status wie Männer und leiden unter Diskriminierung bei Kreditvergabe, Bildung, Politik, Unterbringung und am Arbeitsmarkt (USDOS 22.4.2024; vgl. FH 2024b). Bei der politischen Entscheidungsfindung werden Frauen marginalisiert (UNSC 2.2.2024).
Andererseits ist es der Regierung gelungen, Frauenrechte etwas zu fördern: Immer mehr Mädchen gehen zur Schule, die Zahl an Frauen im öffentlichen Dienst wächst (ICG 27.6.2019a, S. 3).
Frauen in der Politik: Die eigentlich vorgesehene 30-Prozent-Frauenquote für Abgeordnete im somalischen Parlament wird nicht eingehalten. Aktuell liegt diese bei 54 Sitzen (knapp 20 %) im Unterhaus (FH 2024b; vgl. UNSC 13.5.2022; BS 2024) und 26 % im Oberhaus (14 von 54 Sitzen) (FH 2024b; vgl. UNSC 8.2.2022). In der neuen Regierung nehmen Frauen 10 Sitze ein, was einen Anteil von 13 % ausmacht (UNSC 1.9.2022b). Die stellvertretende Sprecherin des Unterhauses ist weiblich (BS 2024). Unter den in Puntland Anfang 2024 vereidigten 66 Parlamentsabgeordneten findet sich nur eine Frau (Sahan/SWT 19.1.2024).
Gewalt gegen Frauen: Gewalt gegen Frauen ist gesetzlich verboten (USDOS 22.4.2024). Trotzdem bleibt häusliche Gewalt ein großes Problem (USDOS 22.4.2024; vgl. BS 2024; AA 23.8.2024). Bezüglich Gewalt in der Ehe – darunter auch Vergewaltigung – gibt es keine speziellen Gesetze (USDOS 22.4.2024). Auch generell ist sexuelle Gewalt gegen Frauen ein großes Problem - IDPs sind spezifisch betroffen (FH 2024b; vgl. USDOS 22.4.2024; ÖB Nairobi 10.2024; HRW 11.1.2024). Auch weibliche Angehörige von Minderheiten sind häufig unter den Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt. NGOs haben eine diesbezügliche Systematik dokumentiert (USDOS 22.4.2024). So waren z. B. sieben von zwölf in einem UN-Bericht für das erste Jahresdrittel 2024 erwähnten weiblichen Opfer konfliktverursachter sexueller Gewalt Angehörige von Minderheiten, drei waren IDPs (UNSC 3.6.2024). Frauen, die aus Minderheiten stammen, sind dementsprechend besonders vulnerabel hinsichtlich sexueller Gewalt, Kriminalität, Ausbeutung und Diskriminierung und haben gleichzeitig kaum Zugang zu Justiz oder Clanschutz (ÖB Nairobi 10.2024).
Zur Veranschaulichung: Im Jahr 2021 setzten sich die Fälle geschlechtsspezifischer Gewalt laut UNFPA wie folgt zusammen: 62 % physische Gewalt; 11 % Vergewaltigungen; 10 % sexuelle Übergriffe; 7 % Verweigerung von Ressourcen; 6 % psychische Gewalt; 4 % Zwangs- oder Kinderehe. 53 % der Fälle ereigneten sich im Wohnbereich der Opfer (UNFPA 14.4.2022). Zudem werden Frauen und Mädchen Opfer, wenn sie Wasser holen, Felder bewirtschaften oder auf den Markt gehen. Klassische Muster sind: a) die Entführung von Mädchen und Frauen zum Zwecke der Vergewaltigung oder der Zwangsehe. Hier sind die Täter meist nicht-staatliche Akteure; und b) Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen durch staatliche Akteure, assoziierte Milizen und unbekannte Bewaffnete. Insgesamt gaben bei einer Untersuchung aber 59 % der befragten Frauen an, dass die meiste Gewalt gegen Frauen von Ehemännern ausgeht (USDOS 22.4.2024). UNFPA berichtete 2021 von jährlich 80 % Zuwachs bei der Zahl an gemeldeten Fällen (Sahan/SWT 9.2.2024). Frauen und Mädchen bleiben den Gefahren bezüglich Vergewaltigung, Verschleppung und systematischer sexueller Versklavung ausgesetzt (AA 23.8.2024).
Sexuelle Gewalt - Gesetzeslage: Das Strafgesetzbuch befasst sich hinsichtlich sexueller Gewalt weniger mit Körperverletzung, sondern beschreibt diese eher im Sinne einer Verletzung der Sittlichkeit und der sexuellen Ehre (BS 2024). Nicht die körperliche Integrität, sondern Anstand und Ehre stehen im Vordergrund (HRW 11.1.2024). Nach anderen Angaben ist Vergewaltigung gesetzlich verboten (AA 23.8.2024). Die Strafandrohung beträgt 5-15 Jahre, vor Militärgerichten auch den Tod (USDOS 22.4.2024). Vergewaltigung bzw. Übergriffe in der Ehe sind hingegen nicht verboten. Insgesamt ist die Gesetzeslage unklar und wird auch uneinheitlich angewendet (Sahan/SWT 9.2.2024) bzw. setzt die Regierung bestehende Gesetze nicht effektiv um (USDOS 22.4.2024).
Sexuelle Gewalt - staatlicher Schutz: Fälle sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt werden häufig als Kavaliersdelikte abgetan, eine Verurteilung der Täter mithilfe von Bestechung oder Kompensationszahlungen verhindert (AA 23.8.2024). Denn wenn eine Frau - trotz Angst vor sozialer Ächtung - z. B. Beschwerden über ihren Ehemann vorbringt, dann handelt üblicherweise nicht die Polizei, sondern Älteste oder Familienangehörige (Horn 6.2.2024). Folglich kann bei Vergewaltigungen von staatlichem Schutz nicht ausgegangen werden (ÖB Nairobi 10.2024; vgl. BS 2024). Eine strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigungen erfolgt in der Praxis kaum (AA 23.8.2024; vgl. USDOS 22.4.2024; ÖB Nairobi 10.2024), die Aufklärungsrate ist verschwindend gering (AA 23.8.2024).
Insgesamt wird Gewalt gegen Frauen aber aufgrund des Stigmatisierungsrisikos und mangelnder Reaktionen der von Männern dominierten Strafverfolgungs- und Justizsysteme oft gar nicht erst gemeldet (SW 3.2023; vgl. Sahan/SWT 9.2.2024; USDOS 22.4.2024; AA 23.8.2024; ÖB Nairobi 10.2024). Die Tabuisierung von Vergewaltigungen führt u. a. dazu, dass kaum Daten zur tatsächlichen Prävalenz vorhanden sind (SIDRA 6.2019a, S. 2). Vergewaltigungsopfer leiden oft unter ihrer angeschlagenen Reputation. Zudem untersucht die Polizei Fälle sexueller Gewalt nur zögerlich; manchmal verlangt sie von den Opfern, die Untersuchungen zu ihrem eigenen Fall selbst zu tätigen (USDOS 22.4.2024). Manchmal übergibt die Polizei ohne Zustimmung des Opfers oder der Familie des Opfers einen Vergewaltigungsfall an traditionelle Rechtsinstrumente (UNSC 6.10.2021).
Sexuelle Gewalt - traditionelles Recht (Xeer): Zum größten Teil (95 %) werden Fälle sexueller Gewalt – wenn überhaupt – im traditionellen Rechtsrahmen erledigt (SIDRA 6.2019a, S. 5ff; vgl. Sahan/SWT 13.3.2023; MBZ 6.2023), wo Frauen sich von einem männlichen Verwandten repräsentieren lassen müssen (Sahan/SWT 9.2.2024). Xeer stellt aber die Interessen des Clans und Clanbeziehungen in den Vordergrund (MBZ 6.2023). Dort getroffene Einigungen beinhalten Kompensationszahlungen an die Familie des Opfers (SIDRA 6.2019a, S. 5ff), oder aber das Opfer wird gezwungen, den Täter zu ehelichen (USDOS 22.4.2024). Das patriarchalische Clansystem und Xeer an sich bieten Frauen also keinen Schutz, denn wird ein Vergehen gegen eine Frau gemäß Xeer gesühnt, wird der eigentliche Täter nicht bestraft (SEM 31.5.2017, S. 49; vgl. ÖB Nairobi 10.2024; SIDRA 6.2019a, S. 5ff).
Sexuelle Gewalt - Maßnahmen: Nach Angaben einer Quelle nimmt die Zahl erfolgreicher Strafverfolgung bei Vergewaltigungen und anderer Formen sexueller Gewalt zu. Mädchen und Frauen haben demnach Vertrauen gewonnen und zeigen Fälle an, auch wenn es noch zahlreiche Mängel und Hürden gibt (UNFPA 14.4.2022). Bei der Armee wurden einige Soldaten wegen des Vorwurfs von Vergewaltigung verhaftet (USDOS 22.4.2024). In Baidoa wurde ein Mann, der eine Frau ermordet hatte, zum Tode verurteilt und Anfang Juni 2022 exekutiert (GN 7.6.2022). In zwei Vergewaltigungsfällen von Minderjährigen in Jubaland und Galmudug wurden die Täter (ein Soldat und ein Clanmilizionär) verhaftet (UNSC 1.9.2022b).
Sexuelle Gewalt - Unterstützung: Insgesamt gibt es für Opfer sexueller Gewalt beachtliche Hürden, um notwendige Unterstützung in Anspruch nehmen zu können (USDOS 22.4.2024). Somalische Frauen und Mädchen haben nur äußerst begrenzten Zugang zu Programmen, die sie vor Gewalt schützen (Sahan/SWT 13.3.2023), es gibt kaum rechtliche oder medizinische Unterstützungsangebote (Sahan/SWT 9.2.2024). Laut einer Studie erhielten 17 % der von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen Unterstützung (USDOS 22.4.2024). UNFPA treibt die Einrichtung sogenannter One-Stop-Center und Women and Girls' Safe Spaces voran und unterhält diese. Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt sollen umfassend betreut werden. Sie können in solchen Einrichtungen in Sicherheit auf medizinische, psychosoziale, rechtliche und andere Hilfe zurückgreifen. UNFPA hat mit ihren Partnern im Jahr 2022 fast 9.000 Opfern geschlechtsspezifischer Gewalt einen Safe Space zur Verfügung gestellt; im gleichen Jahr wurden mehr als 22.000 Opfer betreut (UNFPA 16.6.2023). IDPs, die von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind, werden mitunter von UNHCR mit u. a. psychosozialen Diensten und einer Fallbetreuung unterstützt (UNHCR 23.1.2024; vgl. UNHCR 23.6.2024). Hierzu gehören u. a. auch ein sog. Safe House, Verpflegung, Geldaushilfe und medizinische Versorgung (UNHCR 23.6.2024). In Mogadischu gibt es mindestens ein Frauenhaus. Dort werden Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt oder von Zwangsehen aufgenommen - auch Frauen, die vor einer Ehe schwanger geworden sind (Love Does 20.10.2023). Die NGO Elman Peace betreibt unter dem Titel "Sister Somalia" Krisenzentren für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt. Auch dort gibt es psychosoziale, medizinische und Trauma-Betreuung (Elman o.D.c). Die NGO SWSC bietet in Jubaland psychosoziale und rechtliche Unterstützung, die NGO SWDC tut dies in Mogadischu und im Bundesstaat SWS (SW 11.2023). Insgesamt mangelt es allerdings an Schutzeinrichtungen. In Puntland gibt es einige Frauenhäuser, in Süd-/Zentralsomalia hingegen gibt es nur sehr wenige derartige Einrichtungen für Opfer geschlechtsspezifischer Gewalt (UNFPA 14.4.2022). Die im Violence Observatory System erfassten Fälle in Mogadischu, Baidoa und Kismayo zeigen eine geographische Ungleichverteilung: Während in Baidoa 98 % der Fälle nicht an einen Safe Space verwiesen wurden, waren es in Kismayo 71 % und in Mogadischu 66 %. Noch ungleicher gestaltet sich die Antwort auf die Frage, ob Opfer Rechtsschritte ergreifen möchten: 80 % der Opfer in Baidoa schlossen rechtliche Schritte gegen den Täter aus; dahingegen waren es in Kismayo nur 23 % und in Mogadischu nur 8 % (SW 11.2023).
Sexuelle Gewalt - Puntland: Nur in Puntland kriminalisiert ein Gesetz alle Formen sexueller Gewalt (MBZ 6.2023; vgl. UNFPA 14.4.2022), Vergewaltigung ist explizit verboten (Sahan/SWT 9.2.2024). Es gibt eine von UNFPA unterstützte, mobile Rechtshilfe-Klinik, die Frauen und Mädchen aus vulnerablen und marginalisierten Gruppen berät und rechtlich unterstützt (GN 10.11.2022a). Insgesamt wird das o. g. Gesetz aber nicht ausreichend implementiert, manche Gerichte entscheiden weiterhin nach dem alten Strafgesetz (MBZ 6.2023). Zudem überwiegt oft der Druck der Ältesten, wonach ein Opfer den Täter heiraten muss, oder aber Kompensation bezahlt wird (AQ21 11.2023).
Alleinstehende Frauen sind insbesondere dann gefährdet, wenn sie in IDP-Lagern leben. Dort haben sie ein erhöhtes Risiko, sexuelle Gewalt zu erfahren. Für Frauen, die einem Minderheitenclan angehören, ist das Risiko noch höher. Die Hauptquelle für Schutz liegt in der erweiterten Familie der Frau. Wenn eine Frau nicht bei ihrer Großfamilie lebt, verringert sich ihre Sicherheit. Frauen, die einem Mehrheitsclan angehören, können daher mit einem gewissen Schutz rechnen (MBZ 6.2023).
Frauen - al Shabaab: In den von ihr kontrollierten Gebieten gelingt es al Shabaab, Frauen und Mädchen ein gewisses Maß an physischem Schutz hinsichtlich sexueller Gewalt und Entführung zukommen zu lassen (ICG 27.6.2019a, S. 2/6; vgl. SW 3.2023). Die Gruppe interveniert z. B. auch in Fällen häuslicher Gewalt (ICG 27.6.2019a, S. 2/6). Al Shabaab hat Vergewaltiger zum Tode verurteilt (USDOS 22.4.2024). Dies ist auch ein Grund dafür, warum es in den Gebieten von al Shabaab nur vergleichsweise selten zu Vergewaltigungen kommt (ICG 27.6.2019a, S. 6; vgl. DI 6.2019, S. 9).
Andererseits legen Berichte nahe, dass sexualisierte Gewalt von al Shabaab selbst gezielt als Taktik im bewaffneten Konflikt eingesetzt wird (AA 23.8.2024). In den Gebieten unter ihrer Kontrolle zwingt die Gruppe Mädchen und Frauen im Alter von 14 bis 20 Jahren zur Ehe. Diese sowie deren Familien haben generell kaum eine Wahl (USDOS 22.4.2024). Nach anderen Angaben werden die meisten Ehen mit Mitgliedern der al Shabaab freiwillig eingegangen, auch wenn der Einfluss von Eltern und Clan sowie das geringe Alter bei der Eheschließung nicht gering geschätzt werden dürfen. Eine solche Ehe bietet der Ehefrau und ihrer Familie ein gewisses Maß an finanzieller Stabilität, selbst Witwen beziehen eine Rente (ICG 27.6.2019a, S. 8). Demgegenüber stehen Berichte, wonach viele Eltern ihre Töchter in Städte gebracht haben, um sie vor dem Zugriff durch al Shabaab in Sicherheit zu bringen (DI 6.2019, S. 9).
Zur (Zwangs-)Rekrutierung von Frauen und Mädchen durch al Shabaab siehe Wehrdienst / Al Shabaab - (Zwangs-)Rekrutierungen und Kindersoldaten
Laut Eigendarstellung ermöglicht al Shabaab Fortbildungsmöglichkeiten – auch für Frauen. In Jilib gehen demnach Mädchen zur Schule, und Frauen werden von al Shabaab durchaus ermutigt, einer Arbeit nachzugehen (C4/Jamal 15.6.2022). Nach anderen Angaben schränkt al Shabaab die Freiheit und die Möglichkeiten von Frauen auf dem Gebiet unter ihrer Kontrolle signifikant ein (SW 3.2023; vgl. TEL/Warah 11.3.2019). Die Anwendung einer extremen Form der Scharia resultiert in einer entsprechend weitgehenden Diskriminierung von Frauen (AA 23.8.2024). Diese werden etwa insofern stärker ausgeschlossen, als ihre Beteiligung an ökonomischen Aktivitäten als unislamisch erachtet wird (USDOS 22.4.2024), und Frauen vom Prinzip her nicht arbeiten dürften (AQ21 11.2023). Allerdings hat al Shabaab hier einen pragmatischen Zugang (ICG 27.6.2019a, S. 11). Einschränkungen werden oft nicht streng überwacht, oder aber Frauen müssen eine Sondergebühr dafür bezahlen, wenn sie ein "Business" besitzen (AQ21 11.2023). Da immer mehr Familien vom Einkommen der Frauen abhängig sind, tendiert die Gruppe dazu, sie ihren wirtschaftlichen Aktivitäten nachgehen zu lassen. Und dies, obwohl Frauen nominell das Verlassen des eigenen Hauses nur unter Begleitung eines männlichen Verwandten erlaubt ist (ICG 27.6.2019a, S. 11).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (23.8.2024): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia
AQ21 - Anonyme Quelle 21 (11.2023): Expertengespräche
BS - Bertelsmann Stiftung (2024): BTI 2024 Country Report - Somalia
C4/Jamal - Channel 4 (Herausgeber), Osman Jamal (Autor) (15.6.2022): Inside Al Shabaab: The extremist group trying to seize Somalia (Video)
DI - Development Initiatives (6.2019): Towards an improved understanding of vulnerability and resilience in Somalia
Elman - Elman Peace (o.D.c): Sister Somalia
FH - Freedom House (2024b): Freedom in the World 2024 - Somalia
GN - Goobjoog News (10.11.2022a): Reclaiming hope and justice for survivors of sexual violence during drought and hunger crisis in Somalia
GN - Goobjoog News (7.6.2022): Man who killed woman in Baidoa and dumped body in sewer executed by firing squad
Horn - Horn Observer (6.2.2024): Third woman and children rescued amid a rising tide of femicide in Somalia
HRW - Human Rights Watch (11.1.2024): World Report 2024 - Somalia
ICG - International Crisis Group (27.6.2019a): Women and Al-Shabaab’s Insurgency
Love Does - Love Does (20.10.2023): Stories from the Somalia Safe House
MBZ - Außenministerium der Niederlande [Niederlande] (6.2023): General country of origin information report on Somalia
ÖB Nairobi - Österreichische Botschaft Nairobi [Österreich] (10.2024): Asylländerbericht zu Somalia
Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (9.2.2024): Somalia's gender-based violence crisis, in: The Somali Wire Issue No. 646, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich]
Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (19.1.2024): Elections and women's representation in Somalia, in: The Somali Wire Issue No. 637, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich]
Sahan/SWT - Somali Wire Team (Autor), Sahan (Herausgeber) (13.3.2023): Climate Change, Displacement, and Gender-Based Violence in Somalia, in: The Somali Wire Issue No. 518, per e-Mail [kostenpflichtig, Login erforderlich]
SEM - Staatssekretariat für Migration [Schweiz] (31.5.2017): Focus Somalia – Clans und Minderheiten
SIDRA - Somali Institute for Development Research and Analysis (6.2019a): Rape: A rising Crisis and Reality for the Women in Somalia
SW - Saferworld (11.2023): Adressing gender-based violence against women activists in Somalia: Violence Observatory Systems
SW - Saferworld (3.2023): Defining the endgame. Civil society voices on how to build a just, stable Somalia
TEL/Warah - Rasna Warah (Autor), The Elephant (Herausgeber) (11.3.2019): The Invisible Clan: Is Somalia Ready for a Women’s Revolution?
UNFPA - United Nations Population Fund (16.6.2023): UNFPA Somalia Annual Report 2022
UNFPA - United Nations Population Fund (14.4.2022): Overview of Gender Based Violence Situation in Somalia
UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (23.6.2024): Operational Update (May 2024) - Somalia
UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (23.1.2024): UNHCR Somalia Factsheet: December 2023 - Somalia
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UNSC - United Nations Security Council (2.2.2024): Situation in Somalia - Report of the Secretary-General [S/2023/758]
UNSC - United Nations Security Council (1.9.2022b): Situation in Somalia - Report of the Secretary-General [S/2022/665]
UNSC - United Nations Security Council (13.5.2022): Situation in Somalia - Report of the Secretary-General [S/2022/392]
UNSC - United Nations Security Council (8.2.2022): Situation in Somalia - Report of the Secretary-General [S/2022/101]
UNSC - United Nations Security Council (6.10.2021): Letter dated 5 October 2021 from the Chair of the Security Council Committee pursuant to resolution 751 (1992) concerning Somalia addressed to the President of the Security Council: Final report of the Panel of Experts on Somalia (S/2021/849)
USDOS - United States Department of State [USA] (22.4.2024): 2023 Country Report on Human Rights Practices – Somalia
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Clan- und Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführerin, ihre Herkunft sowie ihre Lebenssituation vor der Ausreise ergeben sich aus den glaubhaften und gleichbleibenden Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 21.10.2024 und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.09.2025.
Dass die Beschwerdeführerin mittlerweile – und zwar seit Mai 2025 – auch von ihrem zweiten Ehegatten, welcher sich zurzeit mit seiner neuen Frau und den gemeinsamen Kindern im Jemen aufhält, geschieden wurde, ergibt sich aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.09.2025 (Verhandlungsprotokoll S. 5).
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin einer Beschneidung (FGM Typ III) unterzogen wurde, ergibt sich aus ihren Angaben im Verfahren sowie dem Schreiben des Ordensklinikums Linz vom 07.04.2025.
Die Angaben zu ihrem Fluchtvorbringen, wonach sie beim Militär von Puntland für zwei Jahre in der Logistik diente und dort von einem Vorgesetzten unzählige Male vergewaltigt, sexuell ausgebeutet und mit dem Umbringen bedroht wurde und ihr niemand diesbezüglich helfen wollte oder konnte, ergeben sich aus der in Vorlage gebrachten ID-Card vom Militär Puntland und den glaubhaften und gleichbleibenden Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 21.10.2024 und vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.09.2025, wo sie ihre diesbezüglichen Probleme erneut ausführlich, widerspruchsfrei und nachvollziehbar schilderte.
Dass die Beschwerdeführerin in Somalia keine, insbesondere männliche Familienangehörigen, mit denen Kontakt besteht, oder konkrete Bezugspersonen hat, folgt aus den diesbezüglich glaubhaften und übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.09.2025. Laut diesen Angaben hat die Familie der Beschwerdeführerin – ihre Eltern, ihre Geschwister, ihre Cousine und ihr Kind – den Herkunftsort wegen der Kämpfe mit der Al-Shabaab im Juli 2022 verlassen und die Beschwerdeführerin hat seither keinen Kontakt mehr zu diesen. Seit ihrer Ausreise aus Somalia im November 2022 hat die Beschwerdeführerin auch keinen Kontakt mehr zum Ehegatten ihrer Tante vs. und sie weiß auch nicht, wo dieser sich zurzeit aufhält (siehe Verhandlungsprotokoll Seite 5 und 7). Sonstige Familienangehörige sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Somit war festzustellen, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine alleinstehende somalische Frau handelt.
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin daher in Gefahr wäre, im Falle einer Rückkehr als IDP in ein entsprechendes Lager gehen zu müssen, stellt eine Konsequenz zu ihren fehlenden sozialen Anknüpfungspunkten in Somalia dar. Sie ergibt sich aus der festgestellten Situation im Herkunftsstaat. Frauen und Mädchen sind dort systematischer sexueller Gewalt ausgesetzt. Staatlicher Schutz ist nicht gewährleistet und sind insbesondere alleinstehende Frauen ohne männlichen Schutz besonders vulnerabel. Frauen werden im Vergleich zu Männern systematisch benachteiligt und schwer ausgegrenzt. Darüber hinaus sind Binnenvertriebene oder IDPs, wie die Beschwerdeführerin, im Fall ihrer Rückkehr mangels familiärer Unterstützung in Somalia extrem vulnerabel und von (sexueller) Gewalt besonders betroffen. Personen mit wenigen Ressourcen sind auf die Unterstützung von Angehörigen angewiesen, auf diese kann die Beschwerdeführerin jedoch nicht zurückgreifen.
Gegenständlich kann auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführerin ein ausreichender, wirksamer Clanschutz (der auch nach den Länderberichten seine Grenzen hat) zuteilwerden würde, denn gehen die zugrundeliegenden Länderberichte im Zusammenhang mit sexueller Gewalt davon aus, dass das patriarchalische Clansystem und Xeer an sich Frauen keinen Schutz bieten, denn wird ein Vergehen gegen eine Frau gemäß Xeer gesühnt, wird der eigentliche Täter nicht bestraft. Im Übrigen werden den Länderberichten zufolge Frauen im Xeer insofern benachteiligt, als sie in diesem System nicht selbst aktiv werden können und auf ein männliches Netzwerk angewiesen sind. Es erscheint im gegenständlichen Fall auch zweifelhaft, ob die weibliche Beschwerdeführerin als Einzelperson ohne Vorhandensein einer Kernfamilie sowie ohne männliches Netzwerk in Somalia bei einer Rückkehr überhaupt den erforderlichen Anschluss zu ihrem Clan aufbauen könnte. Darüber hinaus gehört die Beschwerdeführerin aber einem Minderheitenclan an.
Im Übrigen ist in Hinblick auf die Erreichbarkeit des Heimatortes der Beschwerdeführerin auf die Gefahr sexueller Gewalt an Straßensperren hinzuweisen. Den Länderberichten zufolge wird vermieden, jüngere Frauen ohne Begleitung auf Reisen zu schicken – v.a. aufgrund der Gefahr sexueller Gewalt. Bezüglich dieser besteht für Frauen an Straßensperren ein erhöhtes Risiko.
Dass die Beschwerdeführerin gesund ist, folgt aus ihren Angaben.
Dass sie in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus dem von Amts wegen eingeholten aktuellen Strafregisterauszug.
2.2. Zu den Feststellungen der maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Situation in Somalia beruhen auf den angeführten Quellen des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation zu Somalia vom 07.08.2025 (Version 8). Bei den Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Somalia ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zum Spruchteil A)
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Flüchtling iSd. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“
Gemäß Art. 9 Abs. 1 Status-RL (RL 2011/95) („Verfolgungshandlungen“) muss eine Handlung, um als Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A GFK zu gelten, aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der EMRK keine Abweichung zulässig ist (lit. a), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist (lit. b).
Gemäß Art. 10 Abs. 1 lit. d Status-RL („Verfolgungsgründe“) gilt eine Gruppe insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn (erstens) die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und (zweitens) die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.
Einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0010).
Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der Antragsteller bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung („Vorverfolgung“) für sich genommen nicht hinreichend (VwGH 03.09.2021, Ra 2021/14/0108).
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0413).
Das Vorbringen des Antragstellers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit der Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (VwGH 10.08.2019, Ra 2018/20/0314).
Im Hinblick auf die derzeit vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur aktuellen Lage von Frauen in Somalia haben sich zwar keine ausreichenden Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass alle somalischen Frauen gleichermaßen bloß auf Grund ihres gemeinsamen Merkmals der Geschlechtszugehörigkeit und ohne Hinzutreten weiterer konkreter und individueller Eigenschaften im Fall ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen, im gesamten Staatsgebiet Somalias einer systematischen asylrelevanten (Gruppen-)Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die Intensität von solchen Einschränkungen und Diskriminierungen könnte bei Hinzutreten weiterer maßgeblicher individueller Umstände, etwa der Zugehörigkeit zu einem niederen Clan oder bei Fehlen eines sozialen oder familiären Netzwerkes, jedoch Asylrelevanz erreichen.
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall ergibt sich vor diesem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin glaubhaft darlegen konnte, dass ihr im Falle einer Rückkehr nach Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure drohen würde. Der Beschwerdeführerin würde als alleinstehende Rückkehrerin, die auf kein Netzwerk zurückgreifen kann, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit geschlechtsspezifische Gewalt drohen. Aus den Länderberichten ergibt sich auch, dass die somalische Gesellschaft zutiefst patriarchalisch ausgerichtet ist und Frauen schwer diskriminiert werden und Gewalt ausgesetzt sind. Mangelnder Schutz durch den Clan oder männliche Familienangehörige (als Ersatz für den inexistenten staatlichen Schutz) erhöht dieses Risiko.
Die Beschwerdeführerin ist eine alleinstehende somalische Frau. Im Falle ihrer Rückkehr könnte sie auf keinerlei Verwandten- bzw. keinen ausreichenden Clanschutz oder sonstiges soziales Netz zurückgreifen, das ihr Unterstützung bieten könnte. Aus den Länderberichten ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin aufgrund dessen im Falle ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen wäre. Schutz durch den Staat ist, wie sich aus den Länderberichten ergibt, nicht zu erwarten. Der Beschwerdeführerin droht damit geschlechtsspezifische oder andere Gewalt von hoher Intensität.
Bei den Verfolgern handelt es sich um nichtstaatliche Akteure, doch ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine mangelnde Schutzfähigkeit des Staates zu berücksichtigen (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119). Angesichts der Berichtslage bzw. der nur äußerst schwach ausgeprägten staatlichen Strukturen in Somalia kann nicht davon ausgegangen werden, dass die staatlichen Sicherheitsbehörden ausreichend schutzfähig und schutzwillig wären, um die die Beschwerdeführerin treffende Verfolgungsgefahr genügend zu unterbinden.
Aus der individuellen Situation der Beschwerdeführerin in Zusammenschau mit den aktuellen Länderberichten zur besonderen Gefährdung von alleinstehenden Frauen als IDP im Falle einer Rückkehr ergibt sich im vorliegenden Fall eine aktuelle und maßgebliche Verfolgungsgefahr der Beschwerdeführerin als Mitglied einer bestimmten sozialen Gruppe, nämlich jener der alleinstehenden Frauen, für die ein hohes Risiko besteht, als IDP in entsprechenden Lagern Opfer (auch) geschlechtsspezifischer Gewalt zu werden. Von einer Schutzfähigkeit der somalischen Behörden kann das Bundesverwaltungsgericht auf Basis der ihm vorliegenden Berichtslage nicht ausgehen.
Zu der Frage, ob für die Beschwerdeführerin eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, ergibt sich aus den Länderberichten, dass für alleinstehende Frauen ohne männlichen Schutz sowie belastbare Anknüpfungspunkte eine innerstaatliche Relokationsmöglichkeit nicht gegeben ist. Die Beschwerdeführerin hat daher keine innerstaatliche Fluchtalternative, da sie in Bezug auf ganz Somalia alleinstehend und ohne männlichen Schutz ist. Sie kann sich der Verfolgungsgefahr (bzw. der Gefahr, aufgrund ihrer persönlichen Eigenschaften als alleinstehende, schutzlose Frau geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt zu sein) auch nirgendwo in Somalia entziehen. Die Länderberichte für Somalia beschreiben die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen auch als besonders schlecht, was eine innerstaatliche Fluchtalternative erheblich erschwert.
Von einer Schutzfähigkeit oder –willigkeit der somalischen Sicherheitsbehörden kann das Bundesverwaltungsgericht nach den aktuellen Länderinformationen nicht ausgehen.
Da auch keine (sonstigen) Ausschlussgründe bestehen, ist der Beschwerdeführerin aus diesem Grund der Status der Asylberechtigten zu gewähren. Sie befindet sich nämlich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb ihres Heimatlandes und ist nicht in der Lage bzw. im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Der Beschwerdeführerin kommt daher gemäß § 3 Abs 4 AsylG 2005 eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte zu.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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