BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Dr.in Claudia ROSENMAYR-KLEMENZ und Mag.a Adriana MANDL als Beisitzerinnen über die Beschwerde XXXX (mitbeteiligte Parteien vor dem Verwaltungsgericht XXXX GmbH, XXXX ), gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom 10.04.2025, GZ XXXX in nichtöffentlicher Sitzung in einer datenschutzrechtlichen Angelegenheit beschlossen:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Datenschutzbehörde zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Eingabe vom 09.04.2025 erhob die beschwerdeführende Partei (in Folge „BP“) eine Datenschutzbeschwerde an die belangte Behörde und brachte zusammengefasst vor, sie habe einen Berichtigungs- bzw einen Löschungsantrag an die mitbeteiligte Partei (in Folge „MP“) gerichtet, aber keine Reaktion erhalten. Die Daten seien weder korrigiert noch gelöscht worden.
2. Mit Bescheid vom 10.04.2025 wies die belangte Behörde die Datenschutzbeschwerde mit der Begründung ab, dass sich weder aus dem Text noch der Betreffzeile der Nachricht der BP an die MP ein Antrag auf Berichtigung bzw Antrag auf Löschung ergebe. Die Ausübung eines datenschutzrechtlichen Betroffenenrechts sei aus dem objektiven Erklärungswert der E-Mail der BP nicht ersichtlich. Ein fehlender Antrag stelle einen nicht verbesserungsfähigen Mangel dar, weshalb die Datenschutzbeschwerde abzuweisen sei.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde der BP vom 11.04.2025. In dieser führte die BP zusammengefasst aus, dass es weder Formvorschriften noch inhaltliche Voraussetzungen für die Geltendmachung von Betroffenenrechten gebe. Die Anträge seien klar erkennbar und daher wirksam gestellt worden.
4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts mit Schriftsatz vom 18.04.2025, hg eingelangt am 22.04.2025, vor und beantragte – unter Verweis auf die Begründung des angefochtenen Bescheids – die Beschwerde abzuweisen.
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die BP versandte am 17.11.2025 ein E-Mail an die MP (office@ XXXX .at) mit dem Betreff „Korrektur Anrede“.
Der Inhalt der E-Mail lautete wir folgt (Fehler im Original):
„Guten Tag,
bitte hinterlegen zu meinem Profil eine neutrale/allgemeine Anrede bzw. löschen die personalisierte Anrede!
Vielen Dank mit freundlichen Grüßen […]“.
1.2. Die belangte Behörde hat keinerlei ergänzende Ermittlungen zum gegenständlichen Sachverhalt angestellt, insbesondere hat sie keine Ermittlungen zum Empfang der Nachricht bei der MP bzw einer etwaigen Antwort durch diese angestellt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen, zur E-Mail der BP ergeben sich aus dem unbedenklichen Verwaltungsakt. Diesem liegt die E-Mailnachricht, die die BP gemeinsam mit ihrer Datenschutzbeschwerde vorlegte, bei (OZ 1, S 24). Daraus sind die absendende Person, der:die als Empfänger:in angegebene E-Mailadresse, der Zeitstempel sowie der Betreff und Nachrichteninhalt klar erkennbar.
2.2. Die Feststellung zu den fehlenden Ermittlungen durch die belangte Behörde ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt aus dem keinerlei Ermittlungstätigkeit hervorgeht. Dieser enthält ausschließlich die Datenschutzbeschwerde, den Bescheid sowie die Aktenvorlage an das Bundesverwaltungsgericht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Die zulässige Beschwerde ist berechtigt.
3.1. Zum Recht auf Berichtigung:
Gemäß Art 16 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen.
Nach Art 12 Abs 2 ff DSGVO setzt die Ausübung des Berichtigungsrechts einen Antrag des Betroffenen voraus. Adressat des Berichtigungsantrags ist nach Art 16 Satz 1 DSGVO der für die Datenverarbeitung Verantwortliche. Der Berichtigungsantrag ist mangels anderweitiger Regelungen in der DSGVO (vgl insbesondere Art 12 DSGVO) an keine bestimmte Form gebunden. Er muss daher nicht schriftlich oder in Textform erfolgen. Wie der Erwägungsgrund 59 zeigt, kann der Antrag auch elektronisch gestellt werden (vgl Meents/Hinzpeter in Taeger/Gabel (Hrsg), DSGVO – BDSG – TTDSG4 Art 16 DSGVO Rz 13).
Zum ebenfalls von einem Antrag abhängigen und daher vergleichbaren Fall des Recht auf Auskunft führte der VwGH bereits aus, dass dieses von einem Antrag der betroffenen Person abhängig ist. Eine Verletzung im Recht auf Auskunft gemäß Art 15 DSGVO setzt demnach einen der (potenziell) betroffenen Person in rechtlicher Hinsicht zurechenbaren Antrag an den jeweiligen datenschutzrechtlich Verantwortlichen voraus, der die Verpflichtung zur Auskunftserteilung wirksam begründet (vgl VwGH 10.12.2024, Ra 2022/04/0107, Rz 24). Der erkennende Senat geht davon aus, dass das ebenfalls von einem Antrag abhängige Recht auf Berichtigung ebenfalls einen der (potenziell) betroffenen Person in rechtlicher Hinsicht zurechenbaren Antrag an den jeweiligen datenschutzrechtlich Verantwortlichen voraussetzt, der die (potentielle) Verpflichtung zur Berichtigung wirksam begründet.
Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Die belangte Behörde verneinte das Vorliegen eines datenschutzrechtlichen Antrags. Die Formulierung der E-Mail lasse allenfalls auf eine Bitte nach Änderungen im Profil, nicht aber auf die Ausübung eines Betroffenenrechtes schließen. Das E-Mail enthalte keine Hinweise auf die Bestimmungen der DSGVO, obwohl die BP diese kenne. Dem kann nicht gefolgt werden.
Wie festgestellt, lautet der Betreff der E-Mail „Korrektur Anrede“. Dies lässt bereits unabhängig vom Inhalt der Nachricht klar erkennen, dass eine Richtigstellung der Anrede gewünscht wird. Es ist nicht nachvollziehbar, wenn die belangte Behörde ausführt, dass sich aus der Betreffzeile nicht ergebe, dass es sich (unter anderem) um einen Antrag auf Berichtigung handle, schließlich bedeutet das Wort „Korrektur“ geradezu Berichtigung. Hinzu kommt, dass aus dem Betreff bereits hervorgeht, was korrigiert werden soll, nämlich die Anrede der BP.
Aus dem E-Mail Text geht ebenso der Wunsch der BP hervor, dass sie zu ihrem Profil eine neutrale/allgemeine Anrede hinterlegt haben möchte („bitte hinterlegen zu meinem Profil eine neutrale/allgemeine Anrede“). Dass in dem Text Personalpronomen („Sie“) fehlen schadet nicht, schließlich ist der Berichtigungswunsch der BP dennoch verständlich (iSv „bitte hinterlegen Sie zu meinem Profil eine neutrale/allgemeine Anrede“).
Wie die belangte Behörde zutreffend im Bescheid ausführt, kommt es für die Beurteilung ob ein (gültiger) Antrag vorliegt auf den objektiven Erklärungswert an (vgl OZ 1, S 50 f). Inwiefern es daher von Belang wäre, dass die BP in Kenntnis der entsprechenden Normen der DSGVO ist, kann nicht nachvollzogen werden. Zwar wird dies für die BP wohl den Vorteil einer rascheren und korrekten Bearbeitung ihrer Anträge mit sich bringen, kann aber nicht ausschlaggebend für die hier relevante Beurteilung des objektiven Erklärungswerts sein.
Da aus der DSGVO keine bestimmten Mindest-Form/Inhalts-Voraussetzungen für Anträge auf Berichtigung hervorgehen, ist nicht davon auszugehen, dass betroffene Personen verpflichtet sind, die Rechtsgrundlage in ihrem Antrag anzugeben (siehe dazu auch EDSA, Leitlinien 01/2022 zu den Rechten der betroffenen Person – Auskunftsrecht, Version 2.1; Rz 47, 50; wobei davon ausgegangen wird, dass die dort zum Recht auf Auskunft getroffene Aussage auf das Recht auf Berichtigung übertragbar ist). Dass die BP Art 16 DSGVO nicht explizit genannt hat bzw nicht ausdrücklich auf die Ausübung eines Betroffenenrechtes nach der DSGVO hingewiesen hat, schadet daher im hier vorliegenden Fall, in dem der Antrag auch so verständlich ist, nicht.
Das Argument der belangten Behörde, wonach aus der E-Mail allenfalls eine Bitte nach Änderungen im Profil hervorgehe kann nicht nachvollzogen werden. Einerseits kann die höfliche Formulierung als „Bitte“, gerade im hier vorliegenden Kontext, dem Verhältnis zwischen Privatperson und Unternehmen, als Forderung verstanden werden. Andererseits lässt die Kombination aus dem Betreff mit dem Nachrichtentext keinen anderen Schluss zu, als dass die BP eine Korrektur ihrer personenbezogenen Daten, welche im Profil bei der MP hinterlegt sind forderte. Die Forderung nach einer „Korrektur“, die Anführung der zu berichtigenden Datenkategorie (Anrede) sowie der Verweis auf die bei der MP in ihrem Profil hinterlegten Daten sind eindeutig genug, dass ein:e Empfänger:in der Nachricht erkennen kann, dass es sich um die Ausübung des Rechts auf Berichtigung nach Art 16 DSGVO handelt.
Zwischenergebnis: Die BP hat daher mit ihrer E-Mail vom 17.01.2025 einen (wirksamen) Antrag auf Berichtigung nach Art 16 DSGVO an die MP gestellt.
3.2. Zum Recht auf Löschung:
Gemäß Art 17 DSGVO hat die betroffene Person ua das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden.
Auf die oben angeführten Überlegungen, insbesondere dazu, dass eine Anführung der konkreten Norm keine notwendige Voraussetzung darstellt, kann an dieser Stelle verwiesen werden.
Der Hinweis der BP in der E-Mail, dass sie alternativ auch mit einer Löschung der Anrede im Profil zufrieden wäre („bitte hinterlegen zu meinem Profil eine neutrale/allgemeine Anrede bzw. löschen die personalisierte Anrede!“) ist daher in einer Gesamtbetrachtung der E-Mail ebenfalls als (Eventual-)Antrag auf Löschung nach Art 17 DSGVO zu verstehen.
Zwischenergebnis: Die BP hat daher mit der E-Mail vom 17.01.2025 einen (wirksamen) Antrag auf Löschung nach Art 17 DSGVO an die MP gestellt.
3.3. Zur spruchgemäßen Zurückverweisung:
Gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit stellt eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen habe, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.
Die Zulässigkeit der Aufhebung und Zurückverweisung ist auch dann gegeben, wenn das Verwaltungsgericht eine andere Rechtsauffassung als die Verwaltungsbehörde vertritt und sich daraus erst die Notwendigkeit zu Ermittlungen in eine andere Richtung oder zu sonstigen Maßnahmen ergibt (vgl VwGH 29.03.2022, Ra 2021/05/0159, Rz 11 f).
Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Die belangte Behörde ist in ihrer rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass die BP keinen (wirksamen/gültigen) Antrag auf Berichtigung bzw Löschung an die MP gestellt hat und hat die Datenschutzbeschwerde (auf dieser Annahme aufbauend) abgewiesen.
Die Beurteilung der belangten Behörde zum Vorliegen eines (wirksamen/gültigen) Antrags auf Berichtigung bzw Löschung war allerdings – wie oben dargestellt – unzutreffend. Aufgrund dieser unzutreffenden Rechtsansicht hat die belangte Behörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen. Es ergibt sich aus den hier angestellten rechtlichen Überlegungen, wonach (wirksame/gültige) Anträge vorliegen, die Notwendigkeit Ermittlungen dahingehend anzustellen, was die MP mit dem Antrag gemacht hat und ob bzw wie diese darauf reagiert/geantwortet hat.
Der Beschwerde der BP war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
3.4. Die mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 dritter Fall VwGVG entfallen.
3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Bezüglich der Aufhebung und Zurückverweisung konnte sich das Gericht auf die zitierte Rechtsprechung des VwGH stützen.
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