Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Philipp RAFFL als Vorsitzenden und den Richter Mag. Christian EGGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Heike MORODER als Beisitzer über die Beschwerde von Frau XXXX , geb. XXXX , whft. in XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), Landesstelle Tirol, vom 06.08.2025, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrags auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in ihren Behindertenpass in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Frau XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) ist seit August 2021 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 %.
Am 28.04.2025 langte beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde) ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in ihren Behindertenpass ein. Als Gesundheitsschädigung wurde eine rezidivierende depressive Störung angeführt, wobei als Nachweis medizinische Unterlagen sowie eine Verständigung der PVA über die Leistungshöhe der Berufsunfähigkeitspension zum 01.01.2025 beigelegt wurden.
Ein seitens der belangten Behörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eingeholtes Aktengutachten eines medizinischen Sachverständigen aus den Fachgebieten Psychiatrie und Allgemeinmedizin vom 03.07.2025 gelangte auf Grundlage sämtlicher aktenkundiger bzw. seitens der Beschwerdeführerin vorgelegter medizinischer Befunde zu folgendem Ergebnis:
Im Vergleich zum Vorgutachten aus dem vorangegangenen Verfahren vom 21.06.2021 komme ein geringfügiges Leiden hinzu, die psychischen Leiden würden unverändert gegenüber dem Vorgutachten aus 2021 eingeschätzt. Aus somatischer und psychischer Sicht sei die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar und möglich, da eine derart schwere Verhaltensstörung, welche anderen Fahrgästen dauernd unzumutbar wäre, ebenso wenig vorliege wie eine primäre (hauptdiagnostische) Angsterkrankung im Sinne einer Agoraphobie, einer Panikstörung oder einer sozialen Phobie. Es könne eine kurze Wegstrecke selbstständig und in angemessener Zeit zurückgelegt werden, es sei das Ein- und Aussteigen bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe möglich und es sei ein sicherer Transport im öffentlichen Verkehrsmittel unter den üblichen Transportbedingungen möglich. Es liege auch kein Immundefekt vor, im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte auftreten würden. Es werde – aus der Aktenlage heraus beurteilt - die Gewährung der beantragten Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel aus psychiatrischer Sicht nicht empfohlen, da entsprechende Diagnosen und Beschwerden nicht festzustellen seien.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 08.07.2025 wurde der Beschwerdeführerin das eingeholte Sachverständigengutachten gemäß § 45 AVG zum Parteiengehör übermittelt und ihr die Möglichkeit eingeräumt, sich im Falle von Einwendungen innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt zu äußern. Eine Stellungnahme seitens der Beschwerdeführerin erfolgte nicht.
Mit dem im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde vom 06.08.2025 wurde der verfahrensgegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in ihren Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes (BBG) abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung ausweislich des eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachtes, das als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt werde, nicht vorlägen.
Gegen diesen Bescheid wurde mittels Schriftsatz der Beschwerdeführerin, bei der belangten Behörde eingelangt am 21.08.2025, fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei vorgebracht wurde, dass ihr aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich sei. Neue Befunde wurden keine beigelegt.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 26.08.2025 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist seit August 2021 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 %.
Folgende körperliche, geistige oder sinnesbedingte Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden, liegen bei ihr vor:
Aus somatischer und psychischer Sicht ist der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar und möglich, da eine derart schwere Verhaltensstörung, welche anderen Fahrgästen dauernd unzumutbar wäre, ebenso wenig vorliegt wie eine primäre (hauptdiagnostische) Angsterkrankung im Sinne einer Agoraphobie, einer Panikstörung oder einer sozialen Phobie. Sie kann eine kurze Wegstrecke selbstständig und in angemessener Zeit zurücklegen, es ist ihr das Ein- und Aussteigen bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe möglich und es ist ihr ein sicherer Transport im öffentlichen Verkehrsmittel unter den üblichen Transportbedingungen möglich. Es liegt bei der Beschwerdeführerin auch kein Immundefekt vor, im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte auftreten würden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes.
Die vom medizinischen Sachverständigen aus den Fachgebieten Psychiatrie und Allgemeinmedizin erstatteten gutachterlichen Ausführungen sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Die vorliegenden Funktionseinschränkungen und deren Folgen wurden von ihm auf Grundlage auf Grundlage sämtlicher aktenkundiger bzw. seitens der Beschwerdeführerin vorgelegter medizinischer Befunde erhoben und in nachvollziehbarer Weise dargelegt.
In der Beschwerde wurde lediglich vollkommen unsubstantiiert behauptet, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen nicht möglich sei. Weder wurde im gegebenen Zusammenhang auf die gutachterlichen Ausführungen eingegangen, noch wurden neue Befunde vorgelegt, durch die allenfalls eine neue Beurteilung ihrer Funktionseinschränkungen und deren Folgen ermöglicht worden wäre.
Weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus den vorliegenden Befunden lassen sich somit ergänzende Beeinträchtigungen oder Umstände ableiten, die entgegen der gutachterlichen Ausführungen nahelegen würden, dass die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke auch unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht nicht zulassen würden oder dass in ihrem Fall ein Immundefekt vorläge, im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte auftreten würden.
Die Beschwerdeführerin ist dem eingeholten Sachverständigengutachten somit weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Beweise vorgelegt, die die Annahme zulassen würden, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen seien unzutreffend (vgl. VwGH 05.10.2016, Ro 2014/06/0044). Die gutachterlichen Ausführungen wurden von der Beschwerdeführerin zudem weder substantiiert bestritten noch wurden Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgezeigt, die eine Beeinspruchung auch ohne einem Entgegentreten auf gleichem fachlichen Niveau ermöglicht hätten (vgl. VwGH 20.10.2008, 2005/07/0108).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der gutachterlichen Ausführungen, die daher – zumal sie mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehen - in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, [...], und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 1 Abs. 4 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen:
[...]
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (vgl. VwGH 20.10.2011, 2009/11/0032). Auf andere Umstände, wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel, kommt es beispielsweise gerade nicht an (vgl. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (nunmehr § 1 Abs. 4 Z 3) wird ausgeführt:
„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. [...]
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden.
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden - Begleitperson ist erforderlich.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht. Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystems als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (vgl. VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hierbei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 bis 400 Metern ausgeht (vgl. etwa VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Diese Fähigkeiten wurden gegenständlich aus fachärztlicher Sicht in dem seitens der belangten Behörde eingeholten Gutachten überprüft. Da unter Zugrundelegung dieses fachärztlichen Sachverständigengutachtens, das vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewertet wurde, festgestellt wurde, dass die Funktionseinschränkungen der Beschwerdeführerin das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke auch unter Verwendung geeigneter Hilfsmittel, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht zulassen und bei ihr auch kein Immundefekt vorliegt, im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte auftreten, erreichen ihre dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß, welches die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass rechtfertigen würde.
Die Beschwerdeführerin leidet auch nicht an einer Gesundheitsschädigung, für welche von vornherein die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" vorgesehen ist.
Die Beschwerdeführerin ist dem fachärztlichen Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Überprüfung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist (vgl. VwGH 16.09.2008, 2008/11/0083).
Da aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen für die gegenständlich beantragte Zusatzeintragung nicht erfüllt sind, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.
4. Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu beurteilen sind. Wie unter Punkt II.2. beweiswürdigend ausgeführt, wurden die der Entscheidung zu Grunde gelegten gutachterlichen Ausführungen als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Der auf sachverständiger Basis ermittelte, entscheidungsrelevante Sachverhalt ist sohin geklärt und nicht ergänzungsbedürftig. Es wurde auch in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde ebenfalls nicht gestellt.
Darüber hinaus ist die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.