TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Manuela WILD über die Beschwerde des rumänischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch Mag. ERDELEAN Milorad in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht und wird beschlossen:
A)
1. Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.
2.Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom XXXX wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt III.).
Letzteres wurde im Wesentlichen zusammengefasst damit begründet, dass die sofortige Ausreise des BF im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig sei. Der BF sei hochmobil und Mitglied einer kriminellen Organisation, gegen die zahlreiche Verfahren aufgrund Betrugsbetretungen (schwerer Betrug und Sachwucher) anhängig seien. Er sei seit XXXX in Österreich, XXXX , mit Wohnsitz gemeldet. Zur aktuellen gegründeten Firma liege der Verdacht nahe, dass es sich um eine Scheinselbständigkeit handle. Es sei davon auszugehen, dass er ausschließlich zum Zweck der Begehung strafbarer Handlungen nach Österreich eingereist ist. Die sofortige Durchsetzung sei im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie zum Schutz des Vermögens Dritter und der nationalen Sicherheit dringend geboten. Auch die Verhinderung seiner Wiedereinreise sei in seinem Fall dringend geboten. Der BF stelle zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine erhebliche Gefahr dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft, nämlich jenes an Ruhe, Ordnung und Sicherheit berühre. Die Abwägung ergebe, dass sein Interesse an einem Aufenthalt aufgrund dessen hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit jedenfalls zurücktrete.
Gegen sämtliche Spruchpunkte dieses Bescheids richtet sich die Beschwerde des BF über seine Rechtsvertretung und wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der Sache selbst zu entscheiden und den Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den Bescheid aufzuheben und zur neuerlichen Erlassung an die belangte Behörde zurückzuverweisen beantragt. Außerdem beantragt der BF die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Das BFA übermittelte die Beschwerde samt Verwaltungsakten und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der gesunde und arbeitsfähige BF ist rumänischer Staatsbürger und weist im Bundesgebiet seit XXXX eine Hauptwohnsitzmeldung in XXXX auf.
Aus den Sozialversicherungsdatenauszug ergibt sich eine selbständige Erwerbstätigkeit des BF vom XXXX bis XXXX , wobei die Beiträge zur Sozialversicherung offen aushaften.
Gegen ihn liegen in Deutschland mehrere einschlägige strafrechtliche Vormerkungen auf und trat er mit verschiedenen Alias Identitäten in Erscheinung, in Österreich ist er bis dato unbescholten, jedoch laufen gegen ihn mehrere Ermittlungsverfahren.
Gegen die Mitglieder des XXXX Clans wird wegen Verdachts von schweren Betrugshandlungen im Rahmen einer kriminellen Organisation – laut umfassendem Bericht des LPD XXXX vom XXXX - ermittelt. Zu diesen Mitgliedern gehört auch der BF, welcher mehrmals in Österreich von Einsatzkräften der Polizei bei Betrugshandlungen persönlich auf frischer Tat ertappt wurde. Diesbezüglich sind zahlreiche Verfahren gegen den BF sowie den anderen Mitgliedern des Clans anhängig. Aus den vorliegenden Aktenteilen (Beweismitteln, Auskünften sowie Anzeigen) geht klar hervor, dass der BF als Mitglied des XXXX Clans strafrechtlich relevante Handlungen begangen hat. Nicht zuletzt durch die Auswertung des BKA über die Zusammenhänge der Taten und Täter wird die Zugehörigkeit zum Clan und die Verwirklichung der Straftaten belegt, auch wenn diese Mitglieder, wie auch der BF, in Österreich noch nicht verurteilt wurden.
Er verfügt in Österreich über keine familiären oder sonstigen nennenswerten Bindungen.
Der BF hat – wie oben ausgeführt – eine Wohnsitzmeldung ab XXXX , sowie ein Unternehmen ( XXXX ) gegründet, wobei die belangte Behörde dazu ausführt, dass es sich offenbar um eine Scheinselbständigkeit handelt.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakte des BFA sowie des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus der Beschwerde, aus Abfragen im Zentralen Melderegister (ZMR), im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR) und im Strafregister.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
1. Aufgrund der in § 18 Abs. 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG ist der Antrag des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.
2. Gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Betroffenen oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Die eingebrachte Beschwerde richtet sich auch gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheids, der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung.
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise der BF oder die sofortige Durchsetzung im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Der BF verfügt in Österreich über keine familiären oder sonstigen sozialen Beziehungen. Er ist seit XXXX mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet und gründete im XXXX eine Dachdeckerfirma. Er war bereits in den Jahren XXXX bis XXXX selbständig in Österreich gemeldet, wobei die Sozialversicherungsabgaben daraus offen aushaften. Gegen ihn wie auch gegen eine Anzahl von Personen laufen zahlreiche Ermittlungsverfahren, wie oben festgestellt.
Der BF bringt gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vor allem im Wesentlichen zusammengefasst vor, es richtig sei, dass ein Ermittlungsverfahren vor der Staatsanwaltschaft XXXX anhängig sei, jedoch sei der BF unschuldig, es gelte die Unschuldsvermutung. Der BF habe zuletzt ein ordnungsgemäß gemeldetes Arbeitsverhältnis, eine aufrechte Sozialversicherung, eine gesicherte Wohnmöglichkeit. Er sei unbescholten und habe jedenfalls seit 16 Monaten keine Straftaten begangen. Er stelle somit keine aktuelle Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, aus der Bewilligung könne auch Dritten keine Nachteile erwachsen. Für den BF würde der vorzeitige Vollzug der Entscheidung einen unverhältnismäßigen Nachteil bewirken. Sein Recht auf freie Niederlassung- und Beschäftigungsfreiheit würden verletzt und er hätte keine Möglichkeit für die Dauer des Verfahrens zu arbeiten, er würde sein Unternehmen nicht führen können und sei es schwierig in einem anderen Land innerhalb kurzer Frist eine Arbeit zu finden.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat (vgl. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/21/0172). Es bedarf daher einer über die Erwägungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nach § 67 FPG hinausgehenden besonderen Begründung, weshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der weitere Aufenthalt des Fremden während der Dauer des Beschwerdeverfahrens gefährde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit derart, dass die sofortige Ausreise bzw. Abschiebung schon nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheids erforderlich ist (vgl. VwGH 16.01.2020, Ra 2019/21/0360).
Eine solche Begründung lässt sich dem angefochtenen Bescheid entnehmen. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde nicht nur mit den bereits für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründen, konkret mit dem gerichtlich strafrechtlich relevanten Fehlverhalten des BF, begründet, sondern auch, dass der BF – was aus den zahlreichen Ermittlungsberichten der PI eindeutig hervor geht - als Mitglied des oben genannten Clans bei den Betrugshandlungen von den einschreitenden Polizeiorganen betreten wurde.
Er verfügt zwar seit XXXX über einen gemeldeten Wohnsitz, hat ein eignes Unternehmen gegründet, wobei jedoch der Verdacht der Scheinselbständigkeit besteht – wie die belangte Behörde vorbringt, der BF hat sämtliche Sozialversicherungsabgaben nicht abgeführt. Auch die lange Zeit des Fehlverhaltens – dem Clan wird zumindest seit XXXX bis XXXX die strafrechtlich relevanten Taten vorgeworfen – kann die eher kurze Zeit des von ihm vorgebrachten „Wohlverhalten“ nicht aufheben. Es besteht großes Interesse am Schutz der Ordnung und Sicherheit – dem BF wird im Rahmen der Clanmitgliedschaft schwere Betrugshandlungen vor allem gegenüber betagten Personen, also besonders schützenswerte Personen, vorgeworfen. Diesbezüglich ist das Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes in Österreich des BF höher zu bewerten, als sein Interesse am Verbleib.
Zudem ist aufgrund des gezeigten Gesamtverhaltens festzustellen, dass der BF sein Recht auf Freizügigkeit offenbar nicht zur Wohnsitzgründung oder Arbeitsaufnahme im Bundesgebiet benützt, sondern zur Begehung schwerer Straftaten.
Der BF zeigt ein massiv straffälliges Verhalten, bei dem er mehrmals auf frischer Tat ertappt wurde – gewerbsmäßigen Betrug im Rahmen einer kriminellen Vereinigung - und stellt dies eindeutig eine Gefahr der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar. Eine Grobprüfung der vorgelegten Akten und der dem BVwG vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat der BF (Rumänien) ergibt keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG.
Gemäß § 76 Abs. 3 Z 2 FPG „… ein Aufenthaltsverbot kann insbesondere dann erlassen werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger einer kriminellen Organisation angehört oder angehört hat“ ist somit ein Aufenthaltsverbot gegen einen EU-Bürger auch unter den gegebenen Umständen möglich.
Angesichts dessen ist mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung keine Verletzung von Art 8 EMRK verbunden.
Die Begründung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid ist somit ausreichend und im Hinblick auf das Gesamtverhalten der BF als nachvollziehbar anzusehen. Die vom BFA vorgenommene Interessenabwägung ist nicht zu beanstanden.
Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids ist daher mit Teilerkenntnis zu bestätigen und der Beschwerde gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG keine Folge zu erteilen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von über den Einzelfall hinausgehender grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren.
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