W611 2304707-1/10E
IM NAMEN DeR REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Julia RESCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.11.2024, Zahl: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.07.2025, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 23.08.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Am 29.08.2023 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers zu seinem Antrag auf internationalen Schutz unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch statt.
3. Sodann fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, am 04.09.2024 die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im Asylverfahren unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch statt.
Der Beschwerdeführer legte einen syrischen Personalregisterauszug im Original vor, der in Kopie zum Akt genommen wurde.
Eine durchgeführte Dokumentenprüfung ergab, dass es sich beim vorgelegten syrischen Personalregisterauszug nach derzeitigem Wissenstand um ein Originaldokument handelt.
4. Die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers erstattete mit Schreiben vom 25.09.2025 eine Stellungnahme, in welcher zusammengefasst und soweit verfahrensrelevant ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer aus der Provinz Aleppo stamme, welche sich großteils unter der Kontrolle des syrischen Regimes befinde. Die ersten fünf Lebensjahre habe der Beschwerdeführer in Syrien verbracht, ehe er mit seiner Familie in die Türkei floh, wo er etwa zehn Jahre gelebt habe. Im Zuge der Einvernahme habe der Beschwerdeführer geschildert, dass sein Vater an Demonstrationen gegen das Regime teilgenommen habe. Auch hielten sich etliche Verwandte des Beschwerdeführers in der Türkei auf. Einer seiner Cousins sei erst vor Kurzem nach Syrien abgeschoben worden. Ein weiterer Onkel sei entweder in Haft oder habe einrücken müssen. Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, dass dem Cousin des Beschwerdeführers in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei und sich auch seine Schwester in Österreich aufhalte. Für den Fall der Rückkehr erwarte den Beschwerdeführer Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie, weil sein Vater an regimekritischen Protesten beteiligt gewesen sei und als Gegner des syrischen Regimes wahrgenommen werde. Zudem drohe dem Beschwerdeführer die Gefahr, als Minderjähriger Opfer von Zwangsrekrutierungen zu werden, insbesondere durch das syrische Regime. Auch wegen seiner illegalen Ausreise aus Syrien werde ihm eine oppositionelle Gesinnung unterstellt.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 13.11.2024 wurde der gegenständliche Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), dem Beschwerdeführer zugleich jedoch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Syrien zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine Bedrohung oder Verfolgung seiner Person im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht habe bzw. eine diesbezügliche Bedrohung in seinem Heimatland Syrien nicht glaubhaft machen konnte. Er sei mit seiner gesamten Familie im Jahr 2011 im Alter von fünf Jahren aus Syrien in die Türkei ausgereist. Als Grund für seine Ausreise habe er angegeben, dass seine Familie Syrien aufgrund des ausgebrochenen Bürgerkrieges verlassen habe. Die weiterhin in Syrien vorherrschende schlechte Wirtschafts- und Sicherheitslage stelle jedoch keine individuelle asylrelevante Bedrohung dar, alle syrischen Staatsbürger seien davon gleichermaßen betroffen. Die Heimatregion des Beschwerdeführers befinde sich unter der Kontrolle des syrischen Regimes. Der Beschwerdeführer falle aufgrund seines Alters unter die gesetzlich vorgesehene Wehrpflicht. Eine Gefahr der Rekrutierung durch die kurdischen Streitkräfte bestehe nicht. In der Stellungnahme der gesetzlichen Vertretung des Beschwerdeführers sei auch ausgeführt worden, dass er wegen der oppositionellen Gesinnung seines Vaters und dessen Demonstrationsteilnahmen einer politischen Verfolgung ausgesetzt sein könnte. Es könne hierbei nicht festgestellt werden, wieso ausgerechnet der Beschwerdeführer aufgrund angeblicher Demonstrationen seines Vaters vom syrischen Regime verfolgt wäre. Außerdem habe der Beschwerdeführer in der Einvernahme keine detaillierteren Daten zu den Demonstrationsteilnahmen seines Vaters nennen können. Der Beschwerdeführer habe sich selbst nie politisch engagiert, sei kein Parteimitglied gewesen und habe nie Probleme mit den staatlichen Behörden erfahren. Er habe als Kind seinen Lebensmittelpunkt mit seiner Familie im Jahr 2011 in die Türkei verlegt. Allein aus diesem Grund könne nicht erkannt werden, dass ihm rein aufgrund seiner Ausreise eine regierungsfeindliche, oppositionelle Gesinnung unterstellt werden würde. Auch die in der Stellungnahme angesprochene Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft seines Bruders könne mit dem gegenständlichen Verfahren nicht in Verbindung gebracht werden, nachdem es sich immer um Einzelfallprüfungen handle. Zur verpflichtenden Ableistung der Wehrpflicht wurde weiters angegeben, dass nicht jeder einzelne Wehrpflichtige der syrischen Streitkräfte tatsächlich in Kampfhandlungen und potenziell lebensgefährliche Situationen verwickelt werden könne. Auch bestehe grundsätzlich die Möglichkeit, sich durch eine Befreiungsgebühr vom Wehrdienst freizukaufen. Der Beschwerdeführer hätte die Geldsumme, welche für die schlepperunterstützte Reise nach Österreich aufgewendet worden sei, für den Freikauf vom Wehrdienst bei der syrischen Armee nutzen können.
Der Bescheid wurde am 22.11.2024 an den Zustellbevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt.
6. Mit Schriftsatz der bevollmächtigten Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 13.12.2024, beim Bundesamt am selben Tag einlangend, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten in Spruchpunkt I. des gegenständlichen Bescheides. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG mit dem Beschwerdeführer durchführen und in der Folge der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes I. des Bescheides der belangten Behörde stattgeben, ihm den Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkennen und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 feststellen, dass ihm Kraft Gesetz die Flüchtlingseigenschaft zukomme. In eventu wurde beantragt, den Bescheid der belangten Behörde hinsichtlich des Spruchpunktes I. mit Beschluss gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG auszuheben und das Verfahren in diesem Punkt zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Minderjährigen handle, was entsprechend bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen gewesen wäre. Die Behörde halte dem Beschwerdeführer vor, dass er zur Teilnahme seines Vaters an Demonstrationen keine näheren Angaben machen habe können, ohne zu berücksichtigen, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht älter als fünf oder sechs Jahre gewesen sein könne. Zur Verfolgung aufgrund der Angehörigeneigenschaft ergäbe sich bereits aus den noch aktuellen Länderinformationen, dass Familienangehörige rein aufgrund ihrer Angehörigeneigenschaft seitens des syrischen Regimes verfolgt würden. Vor diesem Hintergrund sei der Vorhalt, weshalb gerade der Beschwerdeführer wegen der Demonstrationsteilnahmen seines Vaters in das Blickfeld des syrischen Regimes rücken hätte sollen, zu relativieren. Selbiges gelte für die Ausführungen der belangten Behörde, dass dem Beschwerdeführer wegen der Verwandtschaft mit seinem in Österreich asylberechtigten Cousin keine asylrelevante Verfolgung durch das syrische Regime drohe. Der Beschwerdeführer habe im Verfahren auch vorgebracht, dass er im Falle der Rückkehr nach Syrien den Wehrdienst und eine Teilnahme am Bürgerkrieg verweigern würde. Ebenso verweigere er den Dienst an der Waffe für die Milizen der HTS und der kurdischen Einheiten. Wegen seiner Wehrdienstverweigerung gegenüber den bewaffneten Akteuren in Syrien würde dem Beschwerdeführer daher zumindest eine politische Gesinnung unterstellt werden. Außerdem wäre der Beschwerdeführer im Falle der Rekrutierung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit an völkerrechtswidrigen Handlungen beteiligt. Eine Leistung der für den Freikauf notwendigen Summe würde weiters an faktischen Gründen scheitern, der Beschwerdeführer könne die hierfür erforderlichen Geldmittel nicht aufbringen. Ein Freikauf liefe überdies den Grundwertungen der Statusrichtlinie sowie der Genfer Flüchtlingskonvention zuwider. Der Freikauf stelle – vor dem Hintergrund der Länderinformation – auch keine verlässliche und zumutbare Möglichkeit des Beschwerdeführers, dem drohenden Dienst in der Armee zu entgehen, dar. Die belangte Behörde hätte sich zusätzlich mit dem Vorbringen seiner Gefahr der Zwangsrekrutierung als Minderjähriger befassen müssen. Letztlich sei aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mehrere sichere Länder durchreiste und dort keinen Asylantrag stellte, nicht auf fehlende Verfolgungsgefahr zu schließen.
7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am 17.12.2024 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
8. Mit Ladungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur mündlichen Verhandlung vom 10.06.2025 wurden dem Beschwerdeführer sowie dem Bundesamt zur Vorbereitung der mündlichen Beschwerdeverhandlung ein Konvolut von aktuellen und relevanten Länderberichten zu Syrien, und zwar
- das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 08.05.2025,
- der Bericht der EUAA – Country Focus: Syria, März 2025,
- ACCORD-Anfragebeantwortung [a-12592-v2] zu Syrien: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen vom 21.03.2025
zur Kenntnisnahme übermittelt und zugleich die Möglichkeit der Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme zwei Tage vor der für den 15.07.2025 anberaumten mündlichen Verhandlung oder zur Abgabe einer mündlichen Stellungnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingeräumt.
9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15.07.2025 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer, die Rechtsvertretung, sowie eine Dolmetscherin für die Sprache Arabisch teilnahmen. Das Bundesamt verzichtete auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.
Im Zuge der Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer weitere im Verfahren heranzuziehende Berichte zur Beurteilung der Lage im Herkunftsland Syrien, und zwar:
- der Bericht der EUAA - Interim Country Guidance: Syria, Juni 2025
- der Bericht der EUAA – Country Focus: Syria, Juli 2025
zur Kenntnis gebracht und dazu die Möglichkeit einer mündlichen Stellungnahme in der Verhandlung gegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der im Jahr XXXX geborene Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger von Syrien, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum moslemischen Glauben sunnitischer Ausrichtung. Seine Muttersprache ist Arabisch, er verfügt jedoch in dieser Sprache über keine Schreibkenntnisse. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Seine Identität steht nicht fest (vgl. etwa Erstbefragung 29.08.2023, AS 13; Niederschrift Bundesamt 04.09.2024, AS 70 f; Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 3, 6 f).
Der Beschwerdeführer wurde in Aleppo geboren und lebte dort bis zu seiner Ausreise (vgl. etwa Erstbefragung 29.08.2023, AS 13; Niederschrift Bundesamt 04.09.2024, AS 71 f; Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 6, 8).
Er hat in Syrien keine Schule besucht und auch nicht gearbeitet. In der Türkei war er als Schuster und in der Baubranche tätig. Der Beschwerdeführer hat noch keinen Grundwehrdienst geleistet (vgl. etwa Erstbefragung 29.08.2023, AS 14; Niederschrift Bundesamt 04.09.2024, 75; Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 8).
Spätestens im Jahr 2013 verließ der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Familie seinen Herkunftsort und reiste über die Türkei, Griechenland, Serbien und über andere unbekannte Länder schließlich unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein. In der Türkei hielt er sich etwa zehn Jahre auf. Die Reise erfolgte schlepperunterstützt und wurde vom Beschwerdeführer selbst organisiert (vgl. etwa Erstbefragung 29.08.2023, AS 16 f; Niederschrift Bundesamt 04.09.2024, 73).
Die Stadt Aleppo, der Herkunftsort des Beschwerdeführers, stand zum Zeitpunkt seiner Ausreise unter der Kontrolle des syrischen Regimes. Zum Entscheidungszeitpunkt wird der Herkunftsort des Beschwerdeführers inzwischen aber durch die syrische Übergangsregierung kontrolliert. In Teilen der Stadt Aleppo – in den Stadtteilen Sheikh Maqsood, Ashrafieh und Al-Resafa – sind weiters kurdische Einheiten präsent, welche jedoch keine faktische Hoheitsgewalt ausüben (vgl. https://cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html, Zugriff am 29.09.2025; https://syria.liveuamap.com/, Zugriff am 29.09.2025).
Die Eltern des Beschwerdeführers, seine drei Brüder sowie drei seiner Schwestern sind in der Türkei ansässig. Der Beschwerdeführer hat mit seinen in der Türkei lebenden Angehörigen regelmäßig Kontakt (vgl. etwa Erstbefragung 29.08.2023, AS 15; Niederschrift Bundesamt 04.09.2024, AS 73 f; Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 9).
In Österreich lebt eine weitere Schwester des Beschwerdeführers (vgl. etwa Erstbefragung 29.08.2023, AS 15; Niederschrift Bundesamt 04.09.2024, AS 73 f; Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 9).
Der Beschwerdeführer ist gesund und benötigt keine Medikamente (vgl. etwa Erstbefragung 29.08.2023, AS 16; Niederschrift Bundesamt 04.09.2024, AS 70; Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 6).
Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten, subsidiär schutzberechtigt und wurde ihm eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (vgl. Auszüge aus dem Strafregister vom 14.07.2025 und dem Fremdenregister vom 08.01.2025; angefochtener Bescheid vom 13.11.2024, AS 203 ff).
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer verließ Syrien aufgrund der Sicherheitslage und Bürgerkriegssituation.
Das Regime unter Bashar al-Assad wurde im Dezember 2024 gestürzt. Dem ehemaligen Assad-Regime kommt keine Herrschaftsgewalt im Herkunftsgebiet bzw. im syrischen Territorium mehr zu. Aufgrund der Machtübernahme der neuen syrischen Übergangsregierung unter der Führung von Ahmed al-Sharaa ist der Militärdienst in der syrischen Armee unter dem vormaligen Regime nicht mehr existent. Somit droht dem Beschwerdeführer keine Verfolgungsgefahr durch das syrische Assad-Regime.
Der Heimatort des Beschwerdeführers steht aktuell unter der Kontrolle der Kräfte der neuen syrischen Übergangsregierung unter der Führung von Ahmed al-Sharaa als Übergangspräsident.
Der Beschwerdeführer weist keine oppositionelle, gegnerische Haltung der neuen syrischen Regierung gegenüber auf. Er hat in Syrien keine Straftaten begangen, war dort nicht politisch aktiv, hat sich in Österreich nicht exilpolitisch betätigt, opponierte nicht gegen die lokalen Machthaber in seinem Herkunftsgebiet und ist auch sonst nicht in das Blickfeld der neuen oder alten syrischen Regierung, der HTS oder anderer Gruppierungen gerückt. Er wird weder von der syrischen Übergangsregierung noch von anderen Gruppierungen in Syrien als (politischer) Gegner wahrgenommen.
Aufgrund der Demonstrationsteilnahmen seines Vaters bzw. dessen regimekritischer Haltung ist der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat nicht der Gefahr von Eingriffen in seine physische und psychische Integrität ausgesetzt. Keiner der Akteure in Syrien sieht ihn dadurch als oppositionell an oder unterstellen ihm eine bestimmte politische Haltung.
Der Beschwerdeführer kann über den zivilen Luftweg über Damaskus oder über eine der offenen Landgrenzen im aktuellen Herrschaftsgebiet der neuen Übergangsregierung nach Syrien einreisen und – ohne ein Gebiet außerhalb deren Herrschaftsgebiet durchqueren zu müssen – an seinen Herkunftsort gelangen.
Zusammengefasst besteht für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsort keine Gefahr einer individuellen und konkreten Verfolgung. Insbesondere besteht für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine reale Gefahr einer individuellen und konkreten Verfolgung durch die HTS bzw. die aktuelle syrische Regierung, welche seinen Herkunftsort kontrolliert.
Gründe, die eine Verfolgung oder sonstige Gefährdung des Beschwerdeführers im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Syrien wegen seiner ethnischen Zugehörigkeit, Religion, seiner Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen, wurden vom Beschwerdeführern nicht glaubhaft gemacht und sind auch sonst nicht im Verfahren hervorgekommen.
1.3. Zur für den gegenständlichen Fall maßgeblichen Situation in Syrien:
1.3.1. Auszug aus den Länderinformationen der Staatendokumentation zum Stand 08.05.2025:
„[…]
Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Letzte Änderung 2025-05-08 22:36
[Die Transformation der syrischen Politik ist noch nicht abgeschlossen und es wurden bereits Änderungen für März 2025 angekündigt. Im Folgenden wird der aktuelle Stand dargelegt, wie er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Teilweise werden Falschinformationen, insbesondere auf Social-Media-Kanälen verbreitet, die in weiterer Folge auch Eingang in andere Berichte finden. Die Vorgehensweise der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Länderinformation entspricht den in der Methodologie der Staatendokumentation festgeschriebenen Standards. Weder wird ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der vorliegenden Informationen erhoben. Weitere Informationen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.]
Am 8.12.2024 erklärten die Oppositionskräfte in Syrien die 24-jährige Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad für beendet. Zuvor waren Kämpfer in die Hauptstadt eingedrungen, nachdem Oppositionsgruppierungen am 27.11.2024 eine Offensive gegen das Regime gestartet und innerhalb weniger Tage die Städte Aleppo, Hama und große Teile des Südens eingenommen hatten. Al-Assad war aus Damaskus geflohen (AJ 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl in Russland gewährt (VB Moskau 10.12.2024). Er hatte das Land seit 2000 regiert, nachdem er die Macht von seinem Vater Hafez al-Assad übernommen hatte, der zuvor 29 Jahre regiert hatte (BBC 8.12.2024a). Er kam mit der Baath-Partei an die Macht, die in Syrien seit den 1960er-Jahren Regierungspartei war (NTV 9.12.2024). Bashar al-Assad hatte friedliche Proteste gegen sein Regime im Jahr 2011 gewaltsam unterdrückt, was zu einem Bürgerkrieg führte. Mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet, sechs Millionen weitere wurden zu Flüchtlingen (BBC 8.12.2024a). Die Offensive gegen al-Assad wurde von der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) angeführt (BBC 9.12.2024). [Details zur Offensive bzw. zur Hay'at Tahrir ash-Sham finden sich im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (8.12.2024) Anm.] Die HTS wurde ursprünglich 2012 unter dem Namen Jabhat an-Nusra (an-Nusra Front) gegründet, änderte ihren Namen aber 2016 nach dem Abbruch der Verbindungen zur al-Qaida in Hay'at Tahrir ash-Sham. Sie festigte ihre Macht in den Provinzen Idlib und Aleppo, wo sie ihre Rivalen, darunter Zellen von al-Qaida und des Islamischen Staates (IS), zerschlug. Sie setzte die sogenannte Syrische Heilsregierung (Syrian Salvation Government - SSG) ein, um das Gebiet nach islamischem Recht zu verwalten (BBC 9.12.2024). Die HTS wurde durch die von der Türkei unterstützte Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA), lokale Kämpfer im Süden und andere Gruppierungen unterstützt (Al-Monitor 8.12.2024). Auch andere Rebellengruppierungen erhoben sich (BBC 8.12.2024b), etwa solche im Norden, Kurdenmilizen im Nordosten, sowie Zellen der Terrormiliz IS (Tagesschau 8.12.2024). Im Süden trugen verschiedene bewaffnete Gruppierungen dazu bei, die Regierungstruppen aus dem Gebiet zu vertreiben. Lokale Milizen nahmen den größten Teil der Provinz Dara'a sowie die überwiegend drusische Provinz Suweida ein (Al-Monitor 8.12.2024). Die Abteilung für Militärische Operationen (Department for Military Operations - DMO) dem auch die HTS angehört, kontrollierte mit Stand 11.12.2024 70 % des syrischen Territoriums (Arabiya 11.12.2024).
Die Karte zeigt die Aufteilung Syriens unter den bewaffneten Gruppierungen Ende Februar 2025:

Quelle: TWI 28.2.2025
In der ersten Woche nach der Flucht al-Assads aus dem Land gelang es Syrien, ein vollständiges Chaos, zivile Gewalt und den Zusammenbruch des Staates abzuwenden (MEI 19.12.2024). Ehemalige Regimeoffiziere sollen viele Regierungsgebäude niedergebrannt haben, um Beweise für ihre Verbrechen zu verstecken, nachdem sie nach dem Sturz des Regimes von Präsident Bashar al-Assad aus dem Innenministerium geflohen waren (Araby 16.12.2024). Die neuen de-facto-Führer Syriens bemühten sich um Sicherheit, Stabilität und Kontinuität. Obwohl es Berichte über Plünderungen in der Zentralbank und über Menschen gab, die den persönlichen Wohnsitz al-Assads und die Botschaft des Iran, seines Hauptunterstützers, durchwühlten, standen am 9.12.2024 Rebellenkämpfer vor Regierungsgebäuden in der gesamten Hauptstadt Wache. Die neuen Behörden verbreiteten auch Bilder von Sicherheitspersonal, das durch die Straßen von Damaskus patrouillierte, in den sozialen Medien (NYT 12.12.2024).
Der HTS-Anführer Mohammed al-Joulani, der mittlerweile anstelle seines Kampfnamens seinen bürgerlichen Namen Ahmad ash-Shara' verwendet (Nashra 8.12.2024), traf sich am 9.12.2024 mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Vizepräsidenten von al-Assad, um die Modalitäten für eine Machtübergabe zu besprechen (DW 10.12.2024). Bis zu ihrer Übergabe blieben die staatlichen Einrichtungen Syriens unter seiner Aufsicht (REU 8.12.2024). Die Macht des Assad-Regimes wurde auf ein Übergangsgremium übertragen, das vom Premierminister der SSG, Mohammed al-Bashir, geleitet wurde (MEI 9.12.2024). Al-Bashir kündigte am ersten Tag seiner Ernennung an, dass die Prioritäten seiner Regierung folgende seien: Gewährleistung von Sicherheit, Bereitstellung von Dienstleistungen und Aufrechterhaltung der staatlichen Institutionen. (AJ 27.1.2025a). Am 29.1.2025 wurde de-facto-Herrscher Ahmed ash-Shara' zum Übergangspräsidenten ernannt (Standard 29.1.2025).
Die Übergangsregierung ließ laut Medienberichten die Verwaltungsbeamten auf ihren Posten (LTO 9.12.2024). Eine diplomatische Quelle eines europäischen Staates wiederum berichtet von einer Beurlaubung aller Staatsbeamten: Durch die Beurlaubung aller Staatsbeamter gibt es in Syrien zwar nun (interimistische) Minister, aber kaum Beamte, soll heißen, keine funktionierende Verwaltung. Mit ganz wenigen Ausnahmen stehen die Ministerien leer. Die einzigen Ordnungskräfte sind diejenigen Gruppen, die aus Idlib mitgekommen sind und die sich – personell überlastet – um ein Minimum an Ordnung in den Städten bemühen. Die kommunale Versorgung ist nicht vorhanden bzw. derzeit auf Privatinitiativen reduziert (SYRDiplQ1 5.2.2025). In Damaskus und anderen Orten kam es häufig zu Gewaltausbrüchen, weil Polizei und Armee nicht über genügend Personal verfügen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Straßen sind oft mit Müll übersät, und anstelle der Polizei leiten Teenager den Verkehr (FT 25.3.2025). Syrienexperte Daniel Gerlach sagte, dass die leitende Beamtenebene im Land fehlt, die zwischen politischen Entscheidungsträgern und der Verwaltung – die ihre Arbeit wieder aufgenommen hat – steht. Es fehlen diejenigen, die mit den Verwaltungsträgern in Kontakt sind und die Politik umsetzen. Diejenigen, die in Syrien politische Entscheidungen träfen, seien ungefähr 15 bis 16 Personen, schätzt Gerlach (AC 23.1.2025). Alle Minister der Übergangsregierung waren aus dem 7. Kabinett der SSG, das im Februar 2024 ernannt worden war (AlMon 11.12.2024). Ash-Shara' und der Interims-Premierminister haben Loyalisten zu Gouverneuren in mehreren Provinzen und zu Ministern in der Übergangsregierung ernannt (ISW 19.12.2024). Al-Bashir hat gegenüber Al Jazeera erklärt, dass die Minister der SSG vorerst die nationalen Ministerämter übernehmen werden (AJ 15.12.2024a). Ash-Shara', sagte, dass in den ersten 100 Tagen keine internen und externen Parteien berücksichtigt werden. Er hat allen seinen Kameraden, die der HTS oder anderen Gruppierungen angehören, sehr deutlich gemacht, dass er diese Phase nur Leuten anvertraut, die sein persönliches Vertrauen haben. Er hat seine Partner und Freunde gebeten, ihm in dieser Phase beizustehen und sich darauf vorzubereiten, die Form einer neuen Regierung zu diskutieren (Akhbar 31.12.2024). Die HTS, die in der neuen Regierung erheblichen Einfluss hat, verfügt einem Bericht des Atlantic Council zufolge nicht über ausreichende technokratische Fachkenntnisse, um eine so komplexe Nation wie Syrien zu verwalten (AC 23.1.2025).
Die Regierung hat keinen Zeitplan für die Durchführung von Wahlen festgelegt. Ash-Shara' stellte am 16.12.2024 fest, dass Syrien nicht bereit für Wahlen sei. Die Amtszeit der Übergangsregierung wurde bis März 2025 festgesetzt (ISW 16.12.2024). Am 29.3.2025 ernannte der Präsident die neue syrische Regierung. Diese besteht aus Technokraten, ethnischen Minderheiten und mehreren engen Vertrauten ash-Shara's. Fast die Hälfte der Ernannten steht in keiner Verbindung zur HTS. Unter den Ernannten ist eine Frau, ein Angehöriger der drusischen Minderheit, ein Kurde und ein Alawit (FT 30.3.2025). Das einzige weibliche Kabinettsmitglied ist katholische Christin (VN 1.4.2025). Keiner davon erhielt ein wichtiges Ressort. Syrien-Experte Fabrice Balanche erklärte, dass wichtige Ressorts an „ehemalige Mitstreiter vergeben wurden, die bereits Teil der Syrischen Heilsregierung in der Provinz Idlib“ im Nordwesten Syriens waren (AlMon 30.3.2025). Der Verteidigungsminister und der Außenminister der Übergangsregierung behielten ihre Ämter. Innenminister Khattab war zuvor Leiter des Geheimdienstes (Independent 29.3.2025). Auch Außenminister ash-Shaibani behielt sein Amt (AlMon 30.3.2025). Mehrere der neuen Minister waren unter dem Assad-Regime tätig. Zu den ehemaligen Assad-Beamten gehören Yarab Badr, der neue Verkehrsminister, und Nidal ash-Sha'r, der zum Wirtschaftsminister ernannt wurde (NYT 30.3.2025). Die Mitglieder sind für fünf Jahre bestellt (FT 30.3.2025). Das Kabinett hat keinen Premierminister, da gemäß der vorläufigen Verfassung die Regierung einen Generalsekretär haben wird (Independent 29.3.2025). Ein neues Gremium, das Ende März per Dekret bekannt gegeben wurde, das Generalsekretariat für politische Angelegenheiten, gewährte ash-Shara's Stellvertreter, Außenminister ash-Shaibani, weitreichende Befugnisse über die Führung von Ministerien und Regierungsbehörden – ähnlich der Rolle eines Premierministers (FT 30.3.2025).
Die Kurden im Nordosten Syriens stellen sich gegen die neu vorgestellte syrische Regierung. Das Kabinett spiegele nicht die Vielfalt des Landes wider, teilte die Demokratische Autonome Verwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) mit. Man sehe sich daher nicht an die Entscheidungen der neuen Regierung gebunden (Zeit Online 30.3.2025; vgl. Standard 30.3.2025; K24 30.3.2025). Obwohl der neuen Regierung mit Bildungsminister Mohammad Turko ein Kurde angehört, sind keine Vertreter der DAANES ins neue Kabinett berufen worden (MEE 30.3.2025). Einige Kritiker weisen auf die Diskrepanz zwischen ash-Shara's Rhetorik bei Treffen mit internationalen Vertretern und dem vermeintlichen Fehlen eines integrativen Diskurses mit einheimischen Akteuren hin (Etana 10.1.2025). In den ersten fünfzig Tagen der neuen Regierung wurden in den Regierungsinstitutionen eine Reihe von Ernennungen vorgenommen, darunter neben den Ministern auch die meisten Gouverneure und Direktoren der wichtigsten Regierungsbehörden und Abteilungen, die eine hoheitliche Dimension haben, wie der Geheimdienst, die Zentralbank und der Kassationshof (AJ 27.1.2025a). Die Problematik besteht darin, dass der Kreis der Entscheidungsträger – zumindest derzeit - ein besonders kleiner, ausschließlich aus engsten Vertrauten aus Idlib bestehender ist, d. h. ein in sich geschlossener Kreis. Hinzu kommen bereits interne Unstimmigkeiten: So mancher militärischen Gruppierung und manchem Weggefährten aus Idlib geht der moderate Zugang der Übergangsbehörden bereits zu weit. War man in den ersten euphorischen Wochen nach der Machtübernahme noch zuversichtlich-optimistisch bzw. vielmehr überzeugt, die Erfahrungen aus dem Modell Idlib auf das ganze Land übertragen zu können (die Argumentation dabei: Idlib als erfolgreicher Mikrokosmos Gesamtsyriens, da ja bewaffnete Gruppen aus dem ganzen Land nach Idlib transferiert worden waren), so hat 50 Tage nach dem Fall des Regimes Assad die Realität die neuen Machthaber eingeholt. Das katastrophale administrative Erbe, die schlechte Wirtschaftslage, die schiere Größe und Vielfalt des Landes, sowie der Mangel an allem, auch an eigenem Fachwissen und Erfahrung. Die Verwaltung eines Stadtstaates (Idlib) hat eine ganz andere Dimension als die eines komlpexen, zerstörten Landes (SYRDiplQ1 5.2.2025).
Die Übergangsregierung kündigte an, dass eine umfassende nationale Dialogkonferenz, eine vorläufige Verfassungserklärung abgeben, einen Ausschuss zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung bilden und eine Übergangsregierung bestätigen wird, die die Macht von al-Bashirs Regierung übernehmen wird (AJ 27.1.2025a). Am 12.2.2025 bestätigten Quellen gegenüber Al Jazeera, dass die syrische Präsidentschaft das Vorbereitungskomitee für die Nationale Konferenz gebildet hat bestehend aus fünf Männern und zwei Frauen (AJ 12.2.2025; vgl. Sky News 12.2.2025). Zur Vorbereitung der Konferenz hat das siebenköpfige Vorbereitungskomitee Anhörungen in den Gouvernements organisiert und manchmal mehrere zweistündige Sitzungen pro Tag abgehalten, um die 14 Provinzen Syriens in einer Woche abzudecken. Fünf Mitglieder des Komitees gehörten der HTS an oder stehen ihr nahe. Vertreter der Drusen oder Alawiten, zwei der großen Minderheiten in Syrien, waren nicht dabei (BBC 25.2.2025). Mit 12.2.2025 nahm dieses Komitee seine Arbeit auf, um die nationale Konferenz vorzubereiten und die Einladungen an die Teilnehmer zu verschicken (AJ 12.2.2025). Die sieben Mitglieder des Vorbereitungskomitees haben etwa 4.000 Menschen in ganz Syrien konsultiert, um Meinungen einzuholen, die bei der Ausarbeitung einer Verfassungserklärung, eines neuen Wirtschaftsrahmens und eines Plans für institutionelle Reformen helfen sollen, teilte das Komitee am 23.2.2025 Reportern mit (REU 23.2.2025; vgl. AlHurra 23.2.2025). Am 25.2.2025 fand die Konferenz zum Nationalen Dialog in Damaskus statt. Hunderte von Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen waren anwesend, aber viele andere Persönlichkeiten und Gruppierungen waren nicht anwesend (AlHurra 25.2.2025). Ca. 400 Vertreter der Zivilgesellschaft, der Glaubensgemeinschaften, der Opposition und der Künstler nahmen teil (AlHurra 25.2.2025). Laut BBC waren es sogar 600 Teilnehmer (BBC 25.2.2025). Die Kurdische Autonomieverwaltung (Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien - DAANES) und ihr militärischer Arm, die SDF, haben keine Einladung zur Teilnahme an der Konferenz erhalten. Die Organisatoren hatten zuvor mitgeteilt, dass keine militärischen Einheiten oder Formationen, die noch ihre Waffen behalten, eingeladen wurden (AlHurra 25.2.2025). Nach der Eröffnung der Konferenz wurden die Teilnehmer in sechs Workshops eingeteilt, die sich mit zentralen Themen befassten, darunter „persönliche Freiheiten“, „Verfassungsaufbau“ und „Übergangsjustiz“. In der Abschlusserklärung der Konferenz wurde die rasche Bildung des provisorischen Legislativrats gefordert, der die Aufgaben der Legislative nach „Kriterien der Kompetenz und der gerechten Vertretung“ übernehmen soll (BBC 25.2.2025). Das Komitee der Dialogkonferenz gibt Empfehlungen heraus und erlässt keine Entscheidungen (AJ 21.2.2025). Diese Empfehlungen sollen in die Verfassungserklärung und den Plan für institutionelle Reformen einfließen, versichert der Sprecher des Komitees (AlHurra 23.2.2025; vgl. BBC 23.2.2025). Auf der Konferenz wurden mehrere Erklärungen abgegeben, darunter die Bildung eines Legislativrats, ein Bekenntnis zur Übergangsjustiz, zu den Menschenrechten und zur Gewährleistung der Meinungsfreiheit. Eine am Ende der eintägigen Konferenz veröffentlichte Erklärung – die nur wenige Tage zuvor angekündigt wurde und vielen potenziellen Teilnehmern nur wenig Vorbereitungszeit ließ – ebnete den Weg für die Bildung eines siebenköpfigen Ausschusses, der mit der Ausarbeitung einer Übergangserklärung zur Verfassung beauftragt wurde (TNA 3.3.2025). Am 2.3.2025 gab die neue Regierung die Bildung dieses siebenköpfigen Ausschusses bekannt. Der Ausschuss besteht aus einem Expertenkomitee, dem auch zwei Frauen angehören und dessen Aufgabe es ist, die Verfassungserklärung, die die Übergangsphase regelt, in Syrien zu entwerfen. Das Komitee werde „seine Vorschläge dem Präsidenten vorlegen“, hieß es in einer Erklärung, ohne einen Zeitrahmen anzugeben (FR24 2.3.2025; vgl. BBC 3.3.2025). Weniger als zwei Stunden nach dieser Entscheidung wurden die Texte der Artikel, die in diese Erklärung aufgenommen werden sollen, bekannt, was bei den Syrern sowohl Bestürzung als auch Spott hervorrief, zumal die Informationen von arabischen Satellitenkanälen und nicht von lokalen Sendern stammten (Nahar 4.3.2025). Der Ausschuss stellte fest, dass die Verfassungserklärung die allgemeinen Grundlagen des Regierungssystems festlegen wird, um Flexibilität und Effizienz bei der Verwaltung des Staates in dieser sensiblen Zeit zu gewährleisten, um die politische und soziale Einheit und die territoriale Integrität des Landes zu bewahren. Die Ideen aus den nationalen Dialogen und Diskussionen, die in den Workshops zur Verfassungsgebung während der Nationalen Dialogkonferenz stattgefunden haben, sollen vom Ausschuss berücksichtigt werden (SANA 3.3.2025).
Am 13.3.2025 unterzeichnete ash-Shara' die angekündigte Verfassungserklärung (NYT 14.3.2025). Das vorläufige Dokument besteht aus vier Kapiteln und 53 Artikeln (AlHurra 14.3.2025). Es sieht eine fünfjährige Übergangsphase vor (BBC 14.3.2025). Nach dieser Übergangsphase soll eine dauerhafte Verfassung verabschiedet und Wahlen für den Präsidenten abgehalten werden (NYT 14.3.2025). Die Erklärung legt fest, dass der syrische Präsident Muslim sein muss, wie es schon in der vorherigen Verfassung geschrieben stand. Anders als in der Verfassung von 2012, schreibt diese Verfassungserklärung die islamische Rechtslegung als wichtigste Quelle der Gesetzgebung fest. Daneben werden die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz verankert sowie die Rechte der Frauen garantiert (BBC 14.3.2025). Der Präsident ist jedoch allein für die Ernennung der Richter des neuen Verfassungsgerichts Syriens verantwortlich. Die Richter müssen unparteiisch sein (NYT 14.3.2025). Für die Rechenschaftspflicht des Präsidenten wird in der Verfassung keine Möglichkeit eingeräumt. Der Erklärung zufolge wird ash-Shara' neben dem Präsidenten der Republik die folgenden Ämter bekleiden: Premierminister, Oberbefehlshaber der Armee und der Streitkräfte und Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates. In Artikel 41 räumt die Verfassungserklärung dem Präsidenten die Möglichkeit ein, mit Zustimmung des Nationalen Sicherheitsrates, dessen Mitglieder er selbst auswählt, den Ausnahmezustand auszurufen (AlHurra 14.3.2025). Der neu gebildete Nationale Sicherheitsrat setzt sich aus Shara'-Getreuen zusammen, darunter Verteidigungsminister Murhaf Abu Qasra, Innenminister Ali Keddah, Außenminister As'ad ash-Shaibani und Geheimdienstchef Anas Khattab (ISW 13.3.2025). Der Meinung des Syrienexperten Fabrice Balanche nach ist der Nationale Sicherheitsrat „die eigentliche Regierung“ (AlMon 30.3.2025). Die Erklärung garantiert Meinungs-, Ausdrucks-, Informations-, Veröffentlichungs- und Pressefreiheit. Allerdings können alle Rechte, einschließlich der Religionsfreiheit, eingeschränkt werden, wenn sie unter anderem als Verstoß gegen die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung angesehen werden. Die Verpflichtung zur Gewährleistung der Meinungs-, Ausdrucks-, Informations-, Veröffentlichungs- und Pressefreiheit ist mit einigen Ausnahmen verbunden, darunter die Verherrlichung des Assad-Regimes (NYT 14.3.2025). Auch die Symbole des Assad-Regimes sind unter Strafe gestellt sowie seine Verbrechen zu leugnen, zu loben, zu rechtfertigen oder zu verharmlosen (AlHurra 14.3.2025). Die Verfassungserklärung garantiert Frauen das Recht auf Bildung und Arbeit und fügt hinzu, dass sie volle soziale, wirtschaftliche und politische Rechte haben werden (NYT 14.3.2025). Aussagen eines Mitglieds des Ausschusses für die Verfassungserklärung zufolge werde eine neue Volksversammlung die volle Verantwortung für die Gesetzgebung tragen. Zwei Drittel ihrer Mitglieder würden von einem vom Präsidenten ausgewählten Ausschuss ernannt, ein Drittel vom Präsidenten selbst. Außerdem werde ein Ausschuss gebildet, der eine neue dauerhafte Verfassung ausarbeiten solle (BBC 14.3.2025). Diese temporäre Verfassung konzentriert viel Macht in den Händen des Präsidenten. So werden dem Präsidenten die Exekutivgewalt und die Befugnis, den Ausnahmezustand zu erklären, gewährt (NYT 14.3.2025). Das Parlament ist nicht befugt, den Präsidenten anzuklagen, Minister zu ernennen oder zu entlassen oder die Exekutive zu kontrollieren (HRW 25.3.2025). Immerhin spricht die Verfassungserklärung dem Präsidenten die Befugnis ab, allgemeine Amnestiegesetze zu erlassen, die al-Assad zuvor für sich monopolisiert hatte (AlHurra 14.3.2025). In der Verfassung ist Syrien als „arabische“ Republik definiert mit Arabisch als einziger Amtssprache (LSE 28.3.2025). Sie löste innerhalb Syriens viele Diskussionen aus. Umstritten sind insbesondere jene Passagen, die dem Präsidenten ein Machtmonopol einräumen (AlHurra 14.3.2025). Der Syrische Demokratische Rat, der politische Arm der kurdisch geführten Kräfte, die den Nordosten Syriens kontrollieren, erklärte, das neue Dokument sei „eine neue Form des Autoritarismus“ und kritisierte die seiner Meinung nach unkontrollierten Exekutivbefugnisse (NYT 14.3.2025). Das International Centre for Dialogue Initiatives schreibt, dass diese Reformen einseitig von einem ebenfalls vom Präsidenten ernannten Verfassungsausschuss ausgearbeitet wurden, der dann behauptete, ihre Legitimität stamme aus einem Dialogprozess. Die sogenannte Nationale Dialogkonferenz wurde so zu einem politischen Deckmantel für vorab festgelegte Verfassungsänderungen, die unter dem Deckmantel der Reform die autoritäre Herrschaft festigten (ICDI 4.4.2025). Trotz der weitverbreiteten Kritik an der aktuellen Verfassung ist keine kurzfristige Überarbeitung vorgesehen. Die vorliegende Fassung ist das Ergebnis eines beschleunigten Verfahrens, das unmittelbar nach der Nationalen Dialogkonferenz im Februar 2025 in Gang gesetzt wurde. Ein siebenköpfiges Gremium erarbeitete die Verfassung in kürzester Zeit und wird in ihrer aktuellen Form noch nicht ihren Ansprüchen für einen pluralistischen, freien und gerechten Staat gerecht (AdRev 3.4.2025).
Als Reaktion auf die neue Verfassung gründeten 34 verschiedene syrische Parteien und Organisationen am 22.3.2025 eine Allianz, die Allianz für gleiche Staatsbürgerschaft in Syrien (Syrian Equal Citizenship Alliance bzw. Tamasuk). Zu den Organisationen der Allianz gehört der Syrische Demokratische Rat (ISW 24.3.2025), die Partei des Volkswillens, die Demokratische Ba'ath-Partei und die Kommunistische Arbeiterpartei (TNA 23.3.2025) sowie andere kurdische, christliche und drusische Gruppierungen (ISW 24.3.2025). Das Bündnis bezeichnet sich selbst nicht als Opposition und verlangt eine dezentrale Machtverteilung (TNA 23.3.2025).
Die Verfassung und das Parlament wurden während der dreimonatigen Übergangszeit ausgesetzt, so die interimistischen Behörden (Almodon 8.1.2025). Laut Leaks wird der Übergangspräsident die Volksversammlung innerhalb von 60 Tagen nach der Veröffentlichung der Verfassungserklärung ernennen. Die Volksversammlung wird 100 Mitglieder umfassen, wobei eine gerechte Vertretung der Komponenten und Kompetenzen berücksichtigt wird, und wird vom Präsidenten der Republik durch ein republikanisches Dekret für eine Amtszeit von zwei Jahren ernannt (AlHurra 3.3.2025). Am 29.12.2024 sagte ash-Shara' in einem Interview, dass die Durchführung legitimer Wahlen eine umfassende Volkszählung benötige (Arabiya 29.12.2024). In einem Interview gab er an, dass es damit in Syrien freie, faire und integre Wahlen abgehalten werden können, einer Volkszählung, der Rückkehr der im Ausland lebenden Menschen, der Öffnung der Botschaften und der Wiederherstellung des legalen Kontakts mit der Bevölkerung bedarf. Darüber hinaus sind viele der Menschen, die innerhalb des Landes vertrieben wurden oder in Lagern in den Nachbarländern leben, nicht bei den Flüchtlingskommissionen registriert usw. (Economist 3.2.2025). Abgesehen von der wiederholten Aussage, dass Ausschüsse gebildet und Fachleute hinzugezogen würden, gab al-Shara nicht viel Aufschluss darüber, wie der Wahlprozess aussehen würde (NYT 30.12.2024). Ash-Shara' hatte angemerkt, dass die Einrichtung dieser Ausschüsse in naher Zukunft unwahrscheinlich sei. Er teilte der BBC am 18.12.2024 mit, dass ein syrisches Komitee von Rechtsexperten zusammentreten werde, um eine Verfassung zu verfassen und über eine Reihe nicht näher bezeichneter rechtlicher Fragen, darunter den Alkoholkonsum, zu entscheiden. Es ist unklar, auf welche Rechtsexperten sich ash-Shara' bezieht und ob diese Experten repräsentativ für die multiethnische, sektiererische und religiöse Bevölkerung Syriens sind oder ob es sich um HTS-nahe sunnitische Gelehrte handelt (ISW 19.12.2024).
Am 29.1.2025 versammelten sich die Führer der militärischen Gruppierungen, die an der militärischen Kampagne zum Sturz Assads beteiligt waren, zu einer Zeremonie im Präsidentenpalast, um den Sieg zu erklären. In der Siegeserklärung kündigten sie neun Schritte an, die in drei Hauptthemen unterteilt sind, wie beispielsweise: 1. Füllen des Machtvakuums durch die Annullierung der Verfassung von 2012, die Aussetzung aller Ausnahmegesetze, die Auflösung der während der Zeit des vorherigen Regimes gebildeten Volksversammlung und aller aus ihr hervorgegangenen Komitees und die Ernennung des Befehlshabers des militärischen Operationskommandos, Ahmed ash-Shara', zum Präsidenten des Landes während der Übergangszeit. Bei der Zeremonie wurde die Auflösung von vier Institutionen, welche die Säulen der Herrschaft und Kontrolle des früheren Regimes darstellten und die Schaffung eines neuen Regimes behindern, angekündigt, nämlich: die Armee, die Sicherheitsdienste mit ihren verschiedenen Zweigen und alle damit verbundenen Milizen, die Arabische Sozialistische Ba'ath-Partei, die Parteien der Nationalen Progressiven Front und die ihnen angeschlossenen Organisationen, Institutionen und Komitees und das Verbot ihrer Wiedererrichtung auch unter einem anderen Namen und Rückgabe ihrer Vermögenswerte an den syrischen Staat (AJ 31.1.2025a). Die Ba'ath-Partei des gestürzten syrischen Machthabers Bashar al-Assad stellte nach eigenen Angaben mit 12.12.2024 sämtliche Aktivitäten ein. Dies gelte bis auf Weiteres, hieß es in einer auf der Website der Parteizeitung veröffentlichten Erklärung. Die Vermögenswerte und die Gelder der Partei würden unter die Aufsicht des Finanzministeriums gestellt, Fahrzeuge und Waffen sollen nach Parteiangaben an das Innenministerium übergeben werden. Die Ba'ath-Partei war seit 1963 in Syrien an der Macht (Tagesschau 12.12.2024). Viele Mitglieder der Parteiführung sind untergetaucht und einige aus dem Land geflohen. In einem symbolischen Akt haben die neuen Machthaber Syriens das ehemalige Hauptquartier der Partei in Damaskus in ein Zentrum umgewandelt, in dem ehemalige Mitglieder der Armee und der Sicherheitskräfte Schlange stehen, um sich registrieren zu lassen und ihre Waffen abzugeben (AP 30.12.2024). Am 11.2.2025 gab das Präsidialamt bekannt, dass die wichtigsten Oppositionsgremien Syriens, die im Exil tätig waren, Damaskus die von ihnen bearbeiteten Akten übergeben haben, als Teil der Bemühungen, die während des Konflikts gebildeten Institutionen „aufzulösen“. Dieser Schritt kommt der Abschaffung der wichtigsten unbewaffneten Oppositionsgruppen Syriens gleich und erinnert an ash-Shara's Versuch, alle bewaffneten Gruppen aufzulösen und in die Armee zu integrieren (FR24 12.2.2025). Für die in den Kriegsjahren im und aus dem Ausland tätige Opposition hat man nur Geringschätzung (SYRDiplQ1 5.2.2025).
Während ash-Shara' ein gewisses Maß an Pragmatismus gezeigt hat, insbesondere im Umgang mit lokalen Gemeinschaften, sind die Strukturen der Übergangsregierung nach wie vor zentralisiert und hierarchisch, wobei die Macht in einem kleinen Führungskreis konzentriert ist. Dies schränkt die Möglichkeiten für eine integrative Entscheidungsfindung ein und verstärkt die Wahrnehmung der Ausgrenzung von Minderheiten und Frauen (AC 20.12.2024). HTS hat in Idlib einerseits bemerkenswerte Zugeständnisse an die lokale Bevölkerung gemacht. So erlaubte sie beispielsweise Christen, Gottesdienste abzuhalten und Frauen, Universitäten zu besuchen und Autos zu fahren – Maßnahmen, die angesichts der radikalen dschihadistischen Vergangenheit der Gruppe bemerkenswert sind. Darüber hinaus hat HTS Zivilisten in seine Regierungsverwaltung integriert und einen technokratischen Regierungsstil eingeführt, selbst in sensiblen ideologischen Bereichen wie Bildung und Religion, in denen die Gruppe ursprünglich ausschließlich eigenes Personal ernennen wollte. Andererseits ist die mangelnde Bereitschaft, politische Opposition zuzulassen, nach wie vor besorgniserregend. In Idlib hat HTS nach und nach die Macht monopolisiert und agierte praktisch als Einparteienstaat. Politische Opposition und zivilgesellschaftlicher Aktivismus wurden unterdrückt (DIIS 16.12.2024). Zu den ersten Entscheidungen der Übergangsregierung unter al-Bashir gehörten die Entsendung von Polizeikräften in Großstädte und das Verbot von Rauchen und Alkoholkonsum (MAITIC 17.12.2024). Der HTS wurden unter anderem von Human Rights Watch, immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen gegen Oppositionelle, Frauen und religiöse Minderheiten vorgeworfen. Es kam auch zu groß angelegten Protesten gegen die HTS und ihren Anführer, ash-Shara' (Rosa Lux 17.12.2024). Laut Terrorismusexperte Peter Neumann haben die Kämpfer der HTS für ein islamistisches Regime gekämpft. Er hält es für möglich, dass es zu einer Opposition in der eigenen Bewegung kommen könnte (Spiegel 11.12.2024). Auch Terrorismusexperte Hans-Jakob Schindler spricht von Videos von Personen aus dem Umfeld der HTS, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024). Alberto M. Fernandez, Vizepräsident des Middle East Media Research Institutes, wiederum sieht nicht so sehr die Gefahr, dass Syrien nun ein islamischer Staat sein wird, sondern dass es ein gescheiterter Staat sein wird. Die Gefahr besteht eher darin, dass die Anarchie die Oberhand gewinnt und nicht das Scharia-Recht. Dennoch sehen auch sie, al-Shara', seine Organisation die HTS und viele ihrer Verbündeten als Hardcore-Islamisten. Der beste Vergleich sind nicht der Islamische Staat (IS) und al-Qaida, sondern die Taliban und die Hamas, politische Projekte, die sowohl islamistisch als auch nationalistisch sind (MEMRI 9.12.2024). Etwa 70 % der syrischen Bevölkerung sind sunnitische Muslime, darunter auch Kurden, die etwa 10 % der Bevölkerung ausmachen. Die arabischen Sunniten sind sich jedoch in ihren Zielen nicht einig, und viele wünschen sich für die Zukunft Syriens keinen islamischen Staat (SWI 13.2.2025). [Informationen zu ethnischen und religiösen Minderheiten finden sich im Kapitel Ethnische und religiöse Minderheiten - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).]
Trotz der Kritik ergab eine im März 2025 im Auftrag von „The Economist“ durchgeführte Umfrage, an der 1.500 Syrer aus allen Provinzen und konfessionellen Gruppen des Landes teilnahmen, dass 81 % die Herrschaft von ash-Shara' befürworten. Nur 22 % sind der Meinung, dass seine Vergangenheit als al-Qaida-Führer ihn für eine Führungsrolle disqualifiziert. Eine große Zahl der Befragten gibt an, dass sie seine neue Ordnung als sicherer, freier und weniger konfessionell geprägt empfinden als das Regime von al-Assad. Etwa 70 % sind optimistisch, was die allgemeine Richtung des Landes angeht. Die zufriedenste Provinz ist Idlib, ash-Shara's ehemaliges Machtgebiet, wo 99 der 100 Befragten sich optimistisch äußern. Tartus, wo Anfang März 2025 mehrere Massaker an der alawitschen Minderheit stattgefunden haben, ist die pessimistischste Provinz. Selbst dort gaben 49 % an, optimistisch zu sein, während 23 % sich pessimistisch äußerten. (Economist 2.4.2025).
Anfänglich drängten die Vereinten Nationen (VN) auf eine Rückkehr zum lange stagnierenden politischen Übergang auf der Grundlage der Resolution 2254 (National 9.12.2024). Die 2015 verabschiedete Resolution 2254 des Sicherheitsrates, die einen politischen Übergang in Syrien durch Verhandlungen zwischen der Regierung des gestürzten Regimes und der Opposition forderte, ist inzwischen gegenstandslos geworden, da das Regime, mit dem verhandelt werden sollte, gestürzt ist (AJ 28.12.2024a). Ash-Shara' sieht keine Notwendigkeit mehr für den Arbeitsmechanismus der Vereinten Nationen in Syrien und macht keinen Hehl aus seiner mangelnden Bewunderung für den UN-Gesandten Geir Pedersen. Die neue Regierung hat kein Interesse mehr an der Resolution 2254 und ihren Bestimmungen. Ash-Shara' sagte, dass die vergangenen Jahre die Ineffektivität der VN gezeigt hätten, weshalb er die Resolution mit dem Sturz des Regimes als hinfällig betrachte (Akhbar 31.12.2024).
Syrien steht auf der US-amerikanischen Liste der Länder, die den Terrorismus unterstützen und HTS wird von der Europäischen Union, der Türkei und den USA als ausländische terroristische Organisation eingestuft (AJ 15.12.2024a). HTS wurde im Mai 2014 auf die Terrorliste der UN gesetzt, als der Sicherheitsausschuss zu dem Schluss kam, dass es sich um eine terroristische Organisation mit Verbindungen zur al-Qaida handelt. Sie unterliegen drei Sanktionsmaßnahmen: Einfrieren von Vermögenswerten, Reiseverbot und Waffenembargo. Das bedeutet, dass international von allen Mitgliedstaaten erwartet wird, dass sie diese Maßnahmen einhalten. Um HTS nicht mehr als Terrororganisation zu listen, müsste ein Mitgliedstaat die Streichung von der Liste vorschlagen, und dieser Vorschlag würde dann an den zuständigen Ausschuss des Sicherheitsrats weitergeleitet. Der Ausschuss, der sich aus Vertretern aller 15 Länder zusammensetzt, die den Sicherheitsrat bilden, müsste dann einstimmig beschließen, den Vorschlag zu genehmigen (UN News 12.12.2024). Die internationale Gemeinschaft akzeptierte in bilateralen und multilateralen Formaten, dass HTS, trotz ihrer Einstufung als terroristische Vereinigung, einen Platz am Verhandlungstisch benötigt (MEI 9.12.2024).
Das Präsidium der syrischen Übergangsregierung hat einen Beschluss zur Einrichtung einer Allgemeinen Behörde für Land- und Seehäfen gefasst, die verwaltungstechnisch und finanziell unabhängig und direkt mit dem Premierminister verbunden ist. Die Behörde für Land- und Seehäfen wird die Generalgesellschaft des Hafens von Tartus, die Generalgesellschaft des Hafens von Latakia, die Generaldirektion der Häfen und andere umfassen, erklärte das Präsidium in einer separaten Entscheidung und ernannte Qutaiba Ahmad Badawi zum Leiter der Behörde. Die neue Behörde wird die Ein- und Ausfahrt von Passagieren und Fracht und alles, was diese Aufgabe erleichtert, überwachen und organisieren, sagte sie. Die Behörde wird auch die Seeschifffahrt, die kommerziellen maritimen Angelegenheiten, die Häfen und den Seeverkehr beaufsichtigen und die für ihre Arbeit notwendigen kommerziellen Schiffe und Immobilien besitzen und leasen (LBCI 1.1.2025).
Ash-Shara's Regierung kontrolliert begrenzte Teile Syriens, darunter die meisten westlichen Städte und Teile des ländlichen Raums (TWI 28.2.2025). Nordostsyrien wird von einer Kombination aus den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (Syrian Democratic Focres - SDF) und arabischen Stammeskräften regiert (MEI 19.12.2024). Die SDF führen Gespräche mit ash-Shara', bleiben aber vorsichtig, was seine Absichten angeht (TWI 28.2.2025). Nord-Aleppo wird von der von der Türkei unterstützten Syrischen Übergangsregierung kontrolliert (MEI 19.12.2024). Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen innerhalb der SNA kontrollieren Teile Nordsyriens nahe der türkischen Grenze, darunter 'Afrin, Suluk und Ra's al-'Ain. Diese Gebiete hat die SNA 2018 und 2019 von den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (Syrian Democratic Forces - SDF) erobert (Al-Monitor 8.12.2024). Am 29.1.2025 zwang die Türkei den Anführer dieser Gruppe, Sayf Abu Bakr, nach Damaskus zu reisen und dem neuen Präsidenten persönlich zu gratulieren, aber dies ist das einzige Zugeständnis, das er ash-Shara' bisher gemacht hat. Die beiden Anführer haben eine lange Geschichte gegenseitiger Feindseligkeit, insbesondere da viele Kämpfer der Syrischen Nationalarmee Veteranen des blutigen Krieges sind, den HTS 2017–2020 um die Kontrolle über die Provinz Idlib führte (TWI 28.2.2025). Südsyrien wird von einer halbunabhängigen Struktur in Suweida zusammen mit ehemaligen Oppositionsgruppen in Dara'a kontrolliert (MEI 19.12.2024). Im Euphrat-Tal ist die Loyalität der sunnitischen Stämme gegenüber HTS weniger sicher, während in Dara'a die vom ehemaligen Rebellen Ahmad al-'Awda und anderen südlichen Fraktionen kontrollierten Truppen sich der Integration in die neue syrische Armee widersetzen (TWI 28.2.2025). Anfang Jänner 2025 hinderten lokale Gruppierungen, die in der Provinz Suweida operieren, einen Militärkonvoi der DMO an der Einfahrt in die südsyrische Provinz. Quellen erklärten gegenüber Al Jazeera, dass die Entscheidung auf Anweisung des geistlichen Oberhaupts der monotheistischen Gemeinschaft der Drusen, Hikmat al-Hijri, getroffen wurde, der betonte, dass keine militärische Präsenz von außerhalb der Provinz erlaubt sei. Die Quellen erklärten, dass der Militärkonvoi in die mehrheitlich drusische Provinz Suweida kam, ohne sich vorher mit den lokalen Gruppierungen in der Provinz abzustimmen (AJ 1.1.2025a). Etana zufolge soll die HTS zunehmend versucht haben, ihre Macht und militärische Reichweite in der gesamten Provinz Dara'a und im weiteren Süden Syriens auszunutzen, was zu Spannungen mit Ahmad al-'Awda führte. In intensiven Verhandlungen im Gebäude des Gouvernements Dara'a wurde die Auflösung sowohl des 5. Korps als auch der Gruppen von Ahmad al-'Awda (die einst die 8. Brigade des 5. Korps bildeten) sowie anderer ehemaliger Oppositionsgruppen aus der Stadt Dara'a und at-Tafas angestrebt. Während HTS die Integration aller ehemaligen Oppositionsgruppen unter einem neuen Verteidigungsministerium nach al-Assad anstrebt, wuchs der Druck auf al-'Awda, der sich unter den bisherigen Bedingungen gegen die Auflösung gewehrt hatte (Etana 17.1.2025). Am 13.4.2025 gab die Gruppierung dem politischen und militärischen Druck schließlich nach und ihre Auflösung bekannt. Die Waffen werden an die Regierung übergeben (National 14.4.2025), schwere Waffen wurden von den Sicherheitskräften der Regierung beschlagnahmt (Etana 16.4.2025). [Weitere Informationen zu den Gruppierungen in Südsyrien sowie zu ihrer Entwaffnung finden sich in den Kapiteln Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).] Ash-Shara's politisches Projekt eines zentralisierten Syriens steht im Widerspruch zur aktuellen Realität vor Ort. Er glaubt, dass der Föderalismus die „Nation“ spalten könnte – eine Auffassung, die zum Teil auf der antiisraelischen Stimmung in der syrischen Bevölkerung beruht (TWI 28.2.2025).
Ahmed ash-Shara' wurde 1982 (Rosa Lux 17.12.2024) als Ahmed Hussein ash-Shara' in Saudi-Arabien als Kind syrischer Expatriates geboren. Ende der 1980er-Jahre zog seine Familie zurück nach Syrien (NYT 12.12.2024). Als junger Mann radikalisierte er sich während der blutigen zweiten Intifada, als die israelische Regierung auf palästinensische Selbstmordattentate mit brutaler Gewalt antwortete. Auch der 11.9.2001 prägte ihn (Rosa Lux 17.12.2024). Er ging 2003 in den Irak, um sich al-Qaida anzuschließen und gegen die US-Besatzung zu kämpfen. Arabischen Medienberichten und US-Beamten zufolge verbrachte er mehrere Jahre in einem amerikanischen Gefängnis im Irak. Zu Beginn des Bürgerkriegs tauchte er in Syrien auf und gründete die Jabhat an-Nusra, aus der sich schließlich Hay'at Tahrir ash-Sham entstand (NYT 12.12.2024). 2003 nahm er den Kriegsnamen Abu Mohammad al-Jolani an (Rosa Lux 17.12.2024). In einem vor einigen Jahren mit dem US-amerikanischen Sender PBS geführten Interview gab ash-Shara' zu, dass er bei seiner Rückkehr nach Syrien finanzielle Unterstützung durch den sogenannten Islamischen Staat (IS) erhielt, der zu diesem Zeitpunkt weite Teile des Iraks und Syriens besetzt hielt (DW 18.12.2024). Im Januar 2017 gründete er mit der HTS ein neues Bündnis verschiedener islamistischer Milizen, das sich dezidiert von der dschihadistischen al-Qaida und ihrem Ziel eines globalen Dschihads gegen den Westen lossagte (Rosa Lux 17.12.2024). Seit dem Bruch mit al-Qaida haben er und seine Gruppierung versucht, internationale Legitimität zu erlangen, indem sie globale dschihadistische Ambitionen ablehnten und sich auf eine organisierte Regierungsführung in Syrien konzentrierten (NYT 12.12.2024). 2013 setzten die USA ihn auf ihre Terrorliste und lobten später sogar ein Kopfgeld in Höhe von zehn Millionen für Hinweise zu seiner Ergreifung aus. 2018 wurde dann auch die HTS von den Vereinigten Staaten als terroristische Vereinigung eingestuft, die Vereinten Nationen folgten (Rosa Lux 17.12.2024).
Als Teil des Übergangs von der Revolution zum Staatsaufbau arbeitet die neue syrische Regierung daran, diesen Aufbau zu stärken und zu konsolidieren, indem sie eine nationale Armee aufbaut, die alle militärischen Formationen und Gruppierungen umfasst, die sich aufgrund bestimmter Umstände und Fakten während der syrischen Revolution gebildet haben (AJ 29.1.2025). [Details zum Aufbau dieser Armee finden sich in den Kapiteln Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).]
Quellen
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Außenpolitische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Letzte Änderung 2025-05-06 17:32
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Dem Assad-Regime war die Unterstützung aus dem Ausland weggebrochen: Die libanesische Hizbullah wurde im Krieg mit Israel stark dezimiert. Iran musste ebenfalls schwere Schläge gegen seine Militärführung in Syrien durch Israel einstecken. Und Russland ist mit Truppen und Gerät im Krieg gegen die Ukraine gebunden (NZZ 8.12.2024). Nach der Wende in Syrien durch den Sturz Assads hat sich die syrische Außenpolitik grundlegend verändert. Die Außenpolitik ist fragmentiert und strategisch unberechenbar. Während einige Fraktionen weiterhin Verbindungen zum Iran halten, haben andere begonnen, sich enger an die Türkei oder sunnitische Staaten zu binden. Israel intensiviert seine Luftangriffe auf iranische Stellungen, während die Türkei und die Golfstaaten versuchen, ihren Einfluss zu vergrößern. Die Region bleibt geopolitisch instabil, und die zukünftige Entwicklung der syrischen Außenpolitik hängt maßgeblich von den internen Machtkämpfen innerhalb der neuen islamistischen Regierung ab (VB Amman 9.2.2025). Durch das Ausschalten des Iran und Russlands sind noch drei Großmächte militärisch in die syrischen Angelegenheiten involviert – die Türkei, Israel und die USA (Soufan 16.12.2024). In den ersten Tagen der neuen Regierung entsandten Großbritannien, Frankreich, Deutschland, die USA, die Türkei, Saudi-Arabien, Katar und Jordanien hochrangige Delegationen nach Damaskus, gefolgt von Delegationen auf Außenministerebene aus einer Reihe von europäischen und arabischen Ländern. Saudi-Arabien, Katar und die Türkei stehen an der Spitze der arabischen und internationalen Bemühungen, sich den neuen Machthabern in Damaskus zu öffnen, und zwar in Verbindung mit einer von Europa und den USA angestrebten Lockerung der Sanktionen [Details zu Lockerungen der Sanktionen sind dem Kapitel Grundversorgung und Wirtschaft zu entnehmen.] (AJ 27.1.2025a). Der ehemalige Dschihadist, ash-Shara’ strebt nach internationaler Legitimität und distanziert sich von seiner al-Qaida-Vergangenheit. Sein Stil hat sich allmählich von dschihadistischer Tarnkleidung zu staatsmännischen Anzügen gewandelt, während er sich in der internationalen Diplomatie engagiert (CNN 30.12.2024).
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Sicherheitslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Letzte Änderung 2025-05-08 22:36
[Im Folgenden wird der aktuelle Stand dargelegt, wie er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Teilweise werden Falschinformationen, insbesondere auf Social-Media Kanälen verbreitet, die in weiterer Folge auch Eingang in andere Berichte finden. Die Vorgehensweise der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Länderinformation entspricht den in der Methodologie der Staatendokumentation festgeschriebenen Standards. Weder wird ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der vorliegenden Informationen erhoben. Weitere Informationen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.]
Trotz des Sturzes der 54-jährigen Diktatur der Familie al-Assad ist der Bürgerkrieg noch lange nicht vorbei (Leb24 13.2.2025). Trotz der Bemühungen der neuen syrischen Regierung bleibt die Sicherheitslage fragil, und die Zukunft Syriens ist von zahlreichen Unsicherheiten geprägt (VB Amman 9.2.2025). Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Grandi, beschreibt die Lage vor Ort als "fluid". Sie könne sich nach derzeitigem Stand in alle Richtungen entwickeln (ÖB Amman 6.2.2025). Die neue syrische Übergangsregierung ist nicht in der Lage, das gesamte syrische Staatsgebiet zu kontrollieren (AlHurra 6.2.2025a). Seit Jahresbeginn 2025 hat sich die Sicherheitslage in Syrien nach dem Sturz von Bashar al-Assad weiterhin als instabil erwiesen. Die neuen Machthaber, dominiert von islamistischen Gruppierungen, bemühen sich um die Etablierung von Ordnung und Sicherheit, stoßen jedoch auf erhebliche Herausforderungen (VB Amman 9.2.2025). Außenminister ash-Shaybani gibt Sicherheitsprobleme in Teilen Syriens zu, bezeichnete sie aber als Einzelvorfälle: Offenbar hat die Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS), die offiziell aufgelöst wurde, Schwierigkeiten, ihre teils sehr radikalen islamistischen Untergruppen in den Griff zu bekommen. Zwischen Verfolgung von Regimestraftätern und Racheakten vor allem gegen die Volksgruppe der Alawiten, aus der die al-Assads stammen, ist nicht immer leicht zu unterscheiden (Standard 23.1.2025). Die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung sind bei ihrem Versuch, das Land zu stabilisieren, mit zunehmenden Bedrohungen konfrontiert, darunter gewalttätige Überreste des Regimes, sektiererische Gewalt und Entführungen. Im Nordosten sind die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) gezielten Angriffen von Zellen des Islamischen Staates (IS) und anhaltenden Feindseligkeiten mit der von der Türkei unterstützten Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army - SNA) ausgesetzt (Etana 22.2.2025). Die fragile Sicherheitslage bedroht weiterhin den politischen Fortschritt, warnte der Sondergesandte des Generalsekretärs der Vereinten Nationen für Syrien, Geir Pedersen, und verwies auf die anhaltenden Feindseligkeiten im Nordosten, einschließlich täglicher Zusammenstöße, Artilleriebeschuss und Luftangriffe, die Zivilisten und die Infrastruktur treffen (UN News 12.2.2025).
In den Gouvernements Syriens kam es weiterhin zu einer Zunahme von Entführungen. Die Civil Peace Group dokumentierte seit dem Sturz des Regimes 64 Entführungsfälle – 19 Opfer wurden später hingerichtet aufgefunden, nur drei führten zu Lösegeldforderungen. Auch Vorfälle sektiererischer Gewalt, die sich hauptsächlich gegen schiitische und alawitische Gemeinschaften richten, sind weit verbreitet (Etana 22.2.2025). Das Middle East Institute berichtet auch von eindeutig sektiererischen Verstößen, wie die Zerstörung eines Schreins im ländlichen Hama durch zwei sunnitische Zivilisten und Fälle von Schikanen an Kontrollpunkten, konstatiert aber, dass die meisten Verstöße, die von Sicherheitskräften in ganz Syrien begangen wurden, sich gegen bestimmte Anhänger des ehemaligen Regimes zu richten scheinen. Eines der drängendsten Probleme sind nicht sektiererisch motivierte Angriffe, sondern vielmehr der undurchsichtige Prozess der gezielten Verfolgung von Männern, die in den Streitkräften des Regimes gedient haben (von denen die meisten aufgrund der Natur des Regimes Alawiten sind) (MEI 21.1.2025). [Weiterführende Informationen zu Gewalt gegen religiöse Minderheiten finden sich in den Kapiteln Allgemeine Menschenrechtslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad Regimes (seit 8.12.2024) und Ethnische und religiöse Minderheiten - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).] Die Kriminalität ist dramatisch gestiegen, nicht zuletzt auch aufgrund der Freilassung nicht nur politischer Gefangener aus den Gefängnissen (SYRDiplQ1 5.2.2025). Kriminelle Banden und Einzelpersonen suchen weiterhin nach Sicherheits- und Autoritätslücken, die sie in dieser neuen Ära ausnutzen können. Die schwereren Verbrechen ereignen sich in der Regel auf dem Land, wo die Sicherheitspräsenz geringer ist und sich eine höhere Konzentration von Ex-Shabiha [Shabiha sind die irregulären, bewaffneten pro-Assad-Gruppierungen Anm.] befindet (MEI 21.1.2025).
Seit islamistische Rebellen im Dezember den langjährigen repressiven Machthaber Bashar al-Assad stürzten, kam es in mehreren Gebieten zu Zusammenstößen und Schießereien, wobei Sicherheitsbeamte bewaffnete Anhänger der vorherigen Regierung beschuldigten (FR24 1.3.2025). In mehreren Gebieten in Syrien kommt es weiterhin zu Zwischenfällen mit verirrten Kugeln. Im Februar sind bei solchen Vorfällen 18 Menschen, darunter drei Frauen und vier Kinder, getötet und vier weitere, darunter zwei Kinder, verwundet worden. Die Opfer verteilen sich auf die von der Regierung in Damaskus, der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) und der Syrischen Nationalen Armee (SNA) kontrollierten Gebiete. Diese Zwischenfälle werden durch die Verbreitung von Waffen unter der Zivilbevölkerung verschärft (SOHR 24.2.2025b). Sicherheitskräfte sind immer noch dabei, Überbleibsel des Regimes im ganzen Land auszuheben, die häufig Mitglieder der Allgemeinen Sicherheit und Checkpoints ins Visier genommen haben. ETANA verzeichnete Angriffe von Pro-Regime-Gruppen auf Mitglieder der Allgemeinen Sicherheit in Rif Dimashq, Ost-Dara'a und West-Homs. Auch in Hama und Jableh, in der Nähe der Hmeimim-Basis, kam es zu Zusammenstößen. Sicherheitskräfte haben in ehemaligen Regimegebieten von Deir ez-Zour mehrere Operationen durchgeführt (Etana 22.2.2025). Während Zehntausende auf die Initiative der Versöhnungsprozesse eingingen, lehnten bewaffnete Gruppierungen von Regimeüberbleibseln sie ab, vor allem an der syrischen Küste, wo hohe Offiziere des Assad-Regimes stationiert waren. Im Laufe der Zeit flohen diese Gruppierungen in die Bergregionen und begannen, Spannungen zu schüren, die Lage zu destabilisieren und sporadische Angriffe auf die Regierungstruppen zu verüben (AJ 10.3.2025c). Bis Anfang März 2025 beschränkten sich solche Übergriffe auf kleine Ausbrüche von willkürlicher Selbstjustiz und waren nicht Teil von groß angelegter, organisierter Gewalt. Am 6.3.2025 jedoch überfielen Aufständische des Assad-Regimes die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung in der westlichen Küstenstadt Jableh im Gouvernement Latakia und töteten 30 von ihnen (viele wurden später verbrannt oder in flachen Massengräbern aufgefunden) (TWI 10.3.2025). Die Anhänger des gestürzten Assad-Regimes riefen zu einem Aufstand auf. Ungefähr zur Zeit der ersten Angriffe gab eine Gruppierung, die sich selbst als "Militärrat für die Befreiung Syriens" bezeichnet, eine Erklärung ab, in der sie schwor, die Regierung zu stürzen (FT 10.3.2025). Unmittelbar nach dem Hinterhalt riefen die syrischen Sicherheitskräfte zu einer allgemeinen Mobilisierung über die bereits in der Küstenregion stationierten Einheiten hinaus auf und zur Ausrottung ehemaliger Regimegegner (TWI 10.3.2025). Sicherheitskräfte, die durch Verstärkung unterstützt wurden, begannen, gegen die Loyalisten des Assad-Regimes zu kämpfen und sie aus den Dörfern an der Küste Syriens zurückzudrängen. Die Loyalisten zogen sich aufs Land zurück, wobei sie Staatseigentum niederbrannten und mordeten. Als syrische Regierungstruppen und bewaffnete Zivilisten begannen, in alawitische Dörfer im Nordwesten Syriens einzudringen, tauchten Videos von Misshandlungen auf. Zivilisten berichteten von Massenmorden durch Sicherheitskräfte, was von Menschenrechtsgruppen bestätigt wurde (Guardian 10.3.2025). Laut dem Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (Syrian Observatory for Human Rights - SOHR) war es ein Fehler, dass die Regierung in Damaskus in den Moschen zur Mobilisierung aufgerufen hatte. Dies habe zu einem Zustrom von Kämpfern von außerhalb der Region geführt, um Alawiten zu massakrieren (Sky News 9.3.2025a). Laut einem Freiwilligen der Nichtregierungsorganisation Weißhelme kamen Menschen aus allen Städten Syriens, um Rache zu üben (C4 9.3.2025). Die überwiegende Mehrheit der rechtswidrigen Tötungen von Zivilisten und Gefangenen durch syrische Sicherheitskräfte wurde laut dem Syrian Network for Human Rights (SNHR) von zwei bestimmten Fraktionen sowie von Personen begangen, die sich Militärkonvois angeschlossen hatten. Konkret waren die beiden Fraktionen, die für die meisten Tötungen von Zivilisten verantwortlich sind, die Suleiman Shah Division [auch: Abu Amsha-Division oder Amsha-Division] und die Hamza-Division. Beide Fraktionen und ihre Anführer stehen wegen mutmaßlicher schwerer Menschenrechtsverletzungen, darunter Vergewaltigung und Folter, unter US-Sanktionen (Guardian 10.3.2025). Laut Washington Institute for Near Eeast Policiy umfasste die Mobilisierung drei von den USA sanktionierte Milizen der von der Türkei unterstützten SNA: Jaysh ash-Sharqiya, Sultan Suleiman Shah Division und die Hamza-Division. Sie wurden zuvor wegen Menschenrechtsverletzungen an Kurden im Nordwesten Syriens angeklagt. An den Kämpfen waren auch ausländische Dschihad-Kämpfer der von den USA gelisteten Gruppierung Ansar at-Tawhid und lokale syrische Zivilisten beteiligt, die die Kriegsverbrechen des Regimes rächen wollten (TWI 10.3.2025). Die Gruppierungen stehen nominell unter der Schirmherrschaft des neuen Staates, wobei Abu Amsha zum Leiter der Militärbrigade der Provinz Hama ernannt wurde. In Wirklichkeit übt der Staat jedoch nur begrenzte Kontrolle über sie aus. [Weitere Informationen über Rebellengruppierungen finden sich im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) Anm.] Die Bewaffneten, die die Massaker verübten, seien keine Bewohner der syrischen Küste, sondern stammten aus anderen Gouvernements und seien teilweise ausländischer Herkunft wie Usbeken, Tschetschenen und zentralasiatische Kämpfer (Sky News 9.3.2025a). Am 9.3.2025 gab eine syrische Sicherheitsquelle an, dass sich die Kämpfe in der Umgebung der Städte Latakia, Jabla und Baniyas etwas beruhigt hätten, während die Streitkräfte die umliegenden Berggebiete durchsuchten, in denen sich schätzungsweise 5.000 pro-Assad-Aufständische versteckt hielten (Sky News 9.3.2025b). Der Sprecher des Verteidigungsministeriums gab am 10.3.2025 das Ende der Militäroperation gegen die Überreste des Regimes in den Küstengebieten bekannt. Er betonte, dass die öffentlichen Einrichtungen ihre Arbeit wieder aufnehmen können, um die Rückkehr zum normalen Leben vorzubereiten, und dass die Sicherheitskräfte weiter daran arbeiten werden, die Stabilität und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten (SANA 10.3.2025a). Der Gouverneur von Tartus betonte am 9.3.2025, dass die Provinz nach dem Sieg über die Überreste des untergegangenen Regimes eine allmähliche Rückkehr ins öffentliche Leben erlebt (SANA 9.3.2025a). In den meisten Vierteln der Stadt Latakia hat am 10.3.2025 das normale Leben wieder begonnen, nachdem die Angriffe der Überreste des ehemaligen Regimes vereitelt und die Sicherheit in der Stadt wiederhergestellt wurde (SANA 10.3.2025b). Nach der Ankündigung der Regierung in Damaskus über den Abschluss der Sicherheitskampagne an der syrischen Küste stürmten Gruppen von bewaffneten Männern, die dem Verteidigungsministerium angehören, die Stadt Harison in der Umgebung von Baniyas, wo sie Häuser und Eigentum von Zivilisten plünderten und in Brand setzten (SOHR 10.3.2025c). Die Lage in den Städten mag stabiler sein, aber in ländlicheren Gegenden finden abseits der Medien eklatante Rechtsverletzungen statt. Die Zwangsumsiedlungen gehen weiter (Sky News 9.3.2025a).
Die Zahl der Todesopfer der Kämpfe variierte stark (Guardian 9.3.2025). Laut dem Syrian Network for Human Rights (SNHR), das umfassende Dokumentationsstandards anwendet und als unabhängig gilt, haben Anhänger des Assad-Regimes 383 Menschen getötet, darunter 211 Zivilisten und 172 syrische Sicherheitskräfte, während syrische Sicherheitskräfte 396 Menschen getötet haben, darunter Zivilisten und entwaffnete Kämpfer (Guardian 10.3.2025). Syrische Sicherheitsquellen gaben an, dass mehr als 300 ihrer Mitglieder bei Zusammenstößen mit Angehörigen der ehemaligen Syrischen Arabischen Armee, bei koordinierten Angriffen und Hinterhalten auf ihre Streitkräfte getötet wurden (Sky News 9.3.2025b). Es wurden Massengräber mit Dutzenden von toten Mitgliedern gefunden (AJ 9.3.2025). Die syrischen Sicherheitskräfte töteten 700 ehemalige Soldaten und bewaffnete Männer, die dem ehemaligen Präsidenten Bashar al-Assad treu ergeben waren, oder sogenannte Regimeüberreste (Arabiya 9.3.2025). Dem Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge wurden 745 alawitische Zivilisten aus konfessionellen Gründen getötet, wobei er betonte, dass sie nicht an den Kämpfen beteiligt waren oder mit dem Regime in Verbindung standen (Sky News 9.3.2025a). Darüber hinaus wurden 125 Mitglieder der Sicherheitskräfte und 150 alawitische Kämpfer getötet (Sky News 9.3.2025a). Die meisten der von Regierungstruppen getöteten Zivilisten waren Alawiten, aber auch einige Christen wurden als tot bestätigt. Unter den getöteten Aufständischen des ehemaligen Regimes befanden sich Sunniten, Alawiten und Christen (TWI 10.3.2025). Laut der Vereinten Nationen kam es zu Tötungen ganzer Familien (UN News 9.3.2025). Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) zog am 11.3.2025 Bilanz und verzeichnete eine Gesamtzahl von 1.093 Todesopfern vom Eintreffen bewaffneter Männer zur Unterstützung der Sicherheitskräfte bis zum 11.3.2025. Insgesamt wurden 44 Massaker verübt (SOHR 11.3.2025). Eine nicht näher genannte Beobachtungsgruppe verzeichnete der BBC zufolge mehr als 1.500 Todesopfer, darunter 1.068 Zivilisten (BBC 10.3.2025). Laut Aussage des Leiters von SOHR wurden Zehntausende Häuser geplündert und niedergebrannt (Sky News 9.3.2025a). Ein Freiwilliger der syrischen NGO Weißhelme (White Helmets) berichtete, dass seine Organisation am 5.3.2025 auf mehr als 40 Brände im Küstengebiet reagieren musste, bevor in der darauffolgenden Nacht die Schießerei begonnen hatte. Es wurde auch einer der Krankenwagen der Weißhelme angegriffen, ebenso das Krankenhaus und Kontrollpunkte (C4 9.3.2025). [Weitere Informationen zu den Vorfällen finden sich im Kapitel Allgemeine Menschenrechtslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad Regimes (seit 8.12.2024). Informationen zu den Tätergruppierungen finden sich im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).]
Diese Eskalation war nicht auf Latakia im Westen Syriens beschränkt, denn auch in anderen Gebieten am Rande der Hauptstadt Damaskus und in Dara'a kam es zu bewaffneten Zusammenstößen (AlHurra 8.3.2025). Unbekannte bewaffnete Männer in einem Auto warfen am 10.3.2025 Granaten und eröffneten das Feuer mit Maschinengewehren auf das Hauptquartier der allgemeinen Sicherheitskräfte im Stadtteil al-Mezzeh in Damaskus. Es kam zu Zusammenstößen zwischen den Angreifern und den Sicherheitskräften (SOHR 10.3.2025d).
Übergangspräsident ash-Shara' richtete einen dreißigtägigen Untersuchungsausschuss, der die tatsächlichen Geschehnisse untersuchen soll, ein. Im Gegensatz zu den früheren Ernennungen der Übergangsregierung für Ausschüsse, Ministerien und Provinzämter sind die sieben Mitglieder dieses neuen Ausschusses nicht mit HTS oder ihrer Verbündeten in Verbindung gebracht worden (TWI 10.3.2025). Der Ausschuss soll seinen Bericht dem Chef der syrischen Übergangsregierung, Ahmad ash-Shara', spätestens 30 Tage nach der Entscheidung zur Bildung des Ausschusses vorlegen (BBC 9.3.2025a). Er hat zur Aufgabe, die Ursachen, Umstände und Bedingungen aufzudecken, die zu diesen Ereignissen geführt haben, die Verletzungen zu untersuchen, denen die Zivilbevölkerung ausgesetzt war, die Verantwortlichen zu identifizieren, die Angriffe auf öffentliche Einrichtungen und Mitarbeiter der Sicherheitskräfte und der Armee zu untersuchen, die Verantwortlichen zu identifizieren und diejenigen, die nachweislich an den Verbrechen und Verletzungen beteiligt waren, an die Justiz zu verweisen (SANA 9.3.2025b). Am 9.3.2025 begannen die Behörden, gegen diejenigen vorzugehen, die Gewalttaten gegen Zivilisten begangen hatten. Die syrische Übergangsregierung verhaftete sogenannte undisziplinierte Gruppen, die in den letzten Tagen während der Säuberungsaktionen Sabotageakte begangen hatten. Sie sollen strafrechtlich verfolgt werden, weil sie die Anweisungen des Kommandos missachteten (Arabiya 9.3.2025).
Viele Beobachter sind sich einig, dass trotz der starken Präsenz interner Faktoren auch der externe regionale Faktor bei den Unruhen in der syrischen Küstenregion eine wichtige Rolle spielte. Syrische Sicherheitsquellen weisen darauf hin, dass Iran in die Ereignisse in der Region verwickelt war und dass er die Überreste des Regimes von Bashar al-Assad finanzierte und bewaffnete, die zwischen der Küste und der Provinz Homs unterwegs waren und aufgrund der instabilen Sicherheitslage in den Osten Syriens vordringen konnten (BBC 9.3.2025b). Israel drang nach dem Sturz des Assad-Regimes in Grenzdörfer in Syrien ein und bezeichnete dies als vorübergehende Maßnahme zum Schutz seiner eigenen Sicherheit. Während israelische Politiker seit Monaten deutlich machen, dass sie beabsichtigen, ihre Truppen in den Grenzregionen zu belassen, die eigentlich eine von internationalen Friedenstruppen überwachte Pufferzone sein sollte, stellen ihre Erklärungen über ein entmilitarisiertes Südsyrien eine Eskalation dar, die die Spannungen innerhalb Syriens verschärft hat (NYT 25.2.2025). Israel hatte die Pufferzone auf dem syrischen Golan umgangen und das Rückzugsabkommen von 1974 verletzt, indem es in Quneitra und Dara'a eindrang und weiteres syrisches Gebiet besetzte, bis es den Berg Hermon erreichte (BBC 9.3.2025b). Israelische Streitkräfte führen weiterhin Angriffe in und jenseits des entmilitarisierten Grenzstreifens von 1974 zwischen den von Israel besetzten Golanhöhen und Quneitra durch. Versuche Israels, die Herzen und Köpfe der Menschen in Quneitra zu gewinnen, wurden wiederholt abgewiesen und fanden gleichzeitig mit Razzien, Schießereien und anderen Verstößen statt (Etana 22.2.2025). Israel führte seit dem Sturz von al-Assad Hunderte von Luftangriffen in ganz Syrien durch, bei denen Luftwaffenstützpunkte, Munitionsdepots, militärische Ausrüstung und Stellungen von Kräften, die der neuen Regierung treu ergeben sind, angegriffen wurden (SCR 30.1.2025). Am 1.3.2025 drohte der israelische Ministerpräsident Netanyahu und der Verteidigungsminister Katz der syrischen Übergangsregierung, in Syrien einzugreifen, um die Drusen zu beschützen (Enab 1.3.2025; vgl. TIS 1.3.2025). Berichten aus Syrien zufolge kam es zuvor im Rahmen einer Sicherheitskampagne in Jaramana, einem Vorort von Damaskus, zu Zusammenstößen zwischen den Behörden der neuen syrischen Regierung und örtlichen drusischen Kämpfern (TIS 1.3.2025). [Weitere Informationen zur politischen Intervention Israels finden sich im Kapitel Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Außenpolitische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und zur militärischen Intervention im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Ausländische Unterstützung bzw. Einmischung - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).] Kräfte von außen, die gemeinsam mit Assad die Macht verloren haben – Iran und seine Vasallen wie die libanesische Hisbollah –, haben Interesse daran, dass das neue Syrien scheitert (Standard 9.3.2025).
Nach dem Sturz des Assad-Regimes hat Russland begonnen, seine Streitkräfte aus der strategisch wichtigen Marinebasis Tartus abzuziehen. Dieser Rückzug könnte das Machtgleichgewicht in der Region beeinflussen und Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Syrien haben (VB Amman 9.2.2025). [Weitere Informationen zu den politischen Beziehungen zwischen Syrien und Russland finden sich im Kapitel Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Außenpolitische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024). Informationen zur militärischen Präsenz Russlands sind dem Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Ausländische Unterstützung bzw. Einmischung - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) zu entnehmen.]
Ende Dezember wurde, einer syrischen Sicherheitsquelle von Al Jazeera zufolge, durch die Abteilung für militärische Operationen eine landesweite Sicherheitsoperation gestartet, um Überreste des untergegangenen Regimes zu jagen und militärische Kontrollpunkte an der Straße zum russischen Militärstützpunkt Hmeimim in Tartus einzurichten (AJ 28.12.2024b).[Weitere Informationen zu Sicherheitsoperationen finden sich in den Kapiteln Rechtsschutz / Justizwesen - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024), Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Allgemeine Menschenrechtslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad Regimes (seit 8.12.2024).]
Die Internationale Koalition hat zwölf Sicherheitsoperationen gegen Zellen des Islamischen Staates (IS) durchgeführt, einige mit Beteiligung der SDF in verschiedenen Gebieten Syriens, wo diese Operationen zur Tötung von 14 Mitgliedern des IS führten, darunter zwei Anführer, sowie die Verhaftung von neun Personen, die beschuldigt werden, dem IS anzugehören und mit ihm zu kooperieren, darunter ein Ölinvestor (SOHR 23.2.2025). Die von den USA geführten internationalen Koalitionstruppen haben in Zusammenarbeit mit den SDF ein intensives militärisches Training mit schweren Waffen auf der Basis des Ölfeldes al-'Omar im Osten der Provinz Deir ez-Zour im Osten Syriens durchgeführt. Die Übungen sind Teil einer Reihe von Militärmanövern, die die Koalitionstruppen auf ihren Militärstützpunkten in den Provinzen Deir ez-Zour und al-Hasaka im Nordosten des Landes durchführen, um die Kampfbereitschaft und die operative Koordination mit den lokalen Partnern zu verbessern (TNA 27.2.2025). [Weitere Informationen zur Intervention der Internationalen Koalition bzw. der USA sind den Kapiteln Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Außenpolitische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Ausländische Unterstützung bzw. Einmischung - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) zu entnehmen.]
Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Grandi, sieht den Schlüssel, um die Voraussetzungen für ausreichende Lebensbedingungen und eine stabile Sicherheitslage zu schaffen, in der Elektrizität. Ohne diese gäbe es nicht nur extreme Unsicherheit. Die Lebensbedingungen, wie Kochen, Heizen, Transport usw. sind an Strom gekoppelt. Auch der Betrieb von Krankenhäusern und Schulen bedingt eine funktionierende Energieversorgung. Dauere der Zustand an, in dem nachts ganze Gegenden in völliger Dunkelheit lägen, sei ein "collapse of law and order" praktisch unvermeidlich. Die radikalen militanten Gruppierungen würden nur darauf warten, das Vakuum zu füllen (ÖB Amman 6.2.2025). [Weitere Informationen zur humanitären Lage, Stromversorgung etc. finde sich im Kapitel Grundversorgung und Wirtschaft.]
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Die Sicherheitslage in den verschiedenen Regionen Syriens variiert (VB Amman 9.2.2025). Im Folgenden wir die Sicherheitslage je nach Region dargestellt:
Zentralsyrien
Nach dem Sturz des Assad-Regimes und der Machtübernahme islamistischer Gruppen bleibt die Sicherheitslage auch in den Küsten- und Zentralregionen Syriens fragil und stark fragmentiert. Während einige Gebiete weitgehend unter der Kontrolle der neuen islamistischen Machthaber stehen, gibt es weiterhin Widerstand durch lokale Milizen, ehemalige Assad-treue Gruppen und ausländische Akteure (VB Amman 9.2.2025). Das syrische Innenministerium hat seine Sicherheitsoperationen in verschiedenen Provinzen intensiviert und dabei Elemente des gestürzten Assad-Regimes ins Visier genommen, die ihre Bewegungen in einigen Gebieten verstärkt haben. In mehreren Gebieten, insbesondere in den ländlichen Gebieten von Damaskus, Homs und Tartus, fanden groß angelegte Sicherheitsoperationen statt, bei denen eine Reihe von bewaffneten Kämpfern festgenommen und andere bei direkten Zusammenstößen neutralisiert wurden. Sicherheitsberichte bestätigen, dass diese Gruppierungen die syrische Armee und die Sicherheitskräfte ins Visier genommen hatten, um die Sicherheit zu schwächen und Chaos zu stiften. Dabei nutzen sie die schwierige geografische Lage einiger Gebiete, um sich zu verstecken und ihre Reihen neu zu formieren (AAA 1.3.2025). Damaskus ist unter der Kontrolle islamistischer Gruppierungen. Während in einigen Vierteln eine gewisse Stabilität herrscht, sind Anschläge, Attentate und gezielte Angriffe rivalisierender Gruppen weiterhin an der Tagesordnung. Israelische Luftangriffe auf mutmaßliche Waffenlager oder Stellungen von pro-iranischen Milizen haben zugenommen, während in den Außenbezirken einzelne Widerstandszellen gegen die neuen Machthaber operieren. IS-Zellen und lokale Widerstandsgruppen greifen regelmäßig Kontrollpunkte an, was zu einer angespannten Lage führt (VB Amman 9.2.2025). Bei Zusammenstößen zwischen den Streitkräften der neuen Machthaber Syriens und bewaffneten Männern der Minderheit der Drusen in der Nähe von Damaskus am 1.3.2025 wurde eine Person getötet und neun weitere verletzt, wie ein syrischer Menschenrechtsbeobachter berichtet (FR24 1.3.2025). Interne Sicherheitskräfte haben in Begleitung lokaler bewaffneter Gruppen eine Sicherheitskampagne gegen die Wohnhäuser von Offizieren in der Stadt Qatana im Hinterland von Damaskus durchgeführt, bei der Dutzende von Bewohnern der Gegend verhaftet und eine Ausgangssperre verhängt wurden. Es kam wiederholt zu Hausdurchsuchungen, begleitet von Vandalismus, Plünderungen und Verhaftungen einer Reihe von Bewohnern, darunter Männer und Frauen (SOHR 28.2.2025a). Im Umland von Damaskus kam es am 27.2.2025 zu Zusammenstößen zwischen syrischen Sicherheitskräften und bewaffneten Männern, bei denen es Verletzte gab (Shafaq 27.2.2025). Die Zunahme von Gewalt und Kriminalität in den Minderheitengebieten Syriens bleibt die größte Herausforderung für die neuen Behörden seit dem Sturz des alten Regimes im Dezember 2024. Das Land hat einen Anstieg der Angriffe erlebt, sowohl von Überbleibseln des Regimes, deren Interessen nach dem Sturz al-Assads leiden und die versuchen, das Land zu destabilisieren, als auch von allgemeinen Straftätern (AAA 1.3.2025). Die ehemals von der Assad-Regierung gehaltenen Küstenregionen Latakia und Tartus, die als Hochburgen der alawitischen Gemeinschaft galten, sind mittlerweile unter der Kontrolle islamistischer Gruppen gefallen. Der Übergang verlief jedoch nicht ohne Widerstand, da lokale alawitische Milizen, Überreste regierungstreuer Einheiten und vereinzelt russische Kräfte um ihre Einflusszonen kämpften. Während die Küste früher als sicher galt, könnten neue Konflikte zwischen islamistischen Gruppen, Assad-treuen Einheiten und möglicherweise verbleibenden russischen Kräften in den kommenden Monaten entstehen (VB Amman 9.2.2025). In der Küstenregion ist die Sicherheitslage instabil und durch wiederholte Angriffe an Kontrollpunkten und kriminelle Aktivitäten wie Plünderungen, Raubüberfälle und Entführungen, insbesondere in ländlichen Gebieten, gekennzeichnet (UNOCHA 12.2.2025). Die Region Latakia ist strategisch wichtig und beherbergt wichtige militärische Einrichtungen, die von der Assad-Regierung genutzt wurden. Russland hat hier noch Interessen, insbesondere im Hinblick auf den ehemaligen Militärflughafen Hmeimim. Vereinzelt wurden Kämpfe zwischen islamistischen Gruppen und zurückgebliebenen pro-Assad-Milizen gemeldet (VB Amman 9.2.2025). In den vergangenen zwei Monaten haben ehemalige Regimegruppierungen vier Operationen im Nordwesten des Landes durchgeführt, bei denen Angehörige der Abteilung für Militäreinsätze getötet und verletzt wurden (AAA 1.3.2025). In Tartus wurde die frühere russische Marinebasis Berichten zufolge von russischen Truppen teilweise geräumt, wobei unklar ist, ob sie vollständig aufgegeben wurde. Islamistische Gruppen haben die Kontrolle über die Stadt übernommen, aber die Präsenz von Untergrundzellen ehemaliger Assad-Anhänger könnte zu weiteren Spannungen führen (VB Amman 9.2.2025). Aufrufe zur Gewalt unter ehemaligen Assad-Anhängern haben viele Alawiten dazu veranlasst, in den syrischen Küstengouvernements Tartus und Latakia sowie in Homs zu den Waffen gegen die von HTS geführten Truppen zu greifen (LWJ 29.1.2025). Bewaffnete Männer auf zwei Motorrädern haben eine Polizeistation in der Stadt Savita in der Provinz Tartus angegriffen und Handgranaten geworfen, was zu einem bewaffneten Zusammenstoß zwischen den Angreifern und dem Personal der Station führte, bei dem einer der Mitarbeiter der Station verletzt wurde. Unterdessen wurde ein junger Zivilist aus dem Hinterland von Tartus durch verirrte Kugeln getötet, als er in einem Auto unterwegs war, berichtet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR 28.2.2025b). In Homs, Hama und Nordwestsyrien herrscht unterdessen relative Stabilität, abgesehen von einigen Unruhen im ländlichen Homs (UNOCHA 12.2.2025). Die zentrale Region Syriens, bestehend aus Homs und Hama, bleibt nach dem Sturz des Regimes eine Zone mit unklaren Machtverhältnissen. Die Stadt Homs, die einst ein zentrales Schlachtfeld im syrischen Bürgerkrieg war, ist nun ein Gebiet mit sporadischen Kämpfen zwischen islamistischen Gruppen und Widerstandsbewegungen, darunter ehemalige regierungstreue Milizen und lokale Stämme. Während die islamistischen Machthaber Kontrolle über die Stadt beanspruchen, gibt es Berichte über vereinzelte Scharmützel und Anschläge (VB Amman 9.2.2025). Kämpfer der Gruppierung Islamischer Staat (IS) haben am 10.12.2024 in der syrischen Region Homs mindestens 54 Menschen getötet, die alle ehemalige Mitglieder der Regierung von Bashar al-Assad gewesen sein sollen und nach deren Zusammenbruch versucht haben sollen zu fliehen (MEE 10.12.2024). Ähnlich wie Homs ist auch Hama von sozialen Spannungen und wirtschaftlicher Unsicherheit geprägt. Einige ländliche Gebiete außerhalb der Stadt stehen noch unter Einfluss lokaler Gruppierungen oder einzelner Widerstandszellen, die sich der neuen Ordnung widersetzen. Die humanitäre Lage in beiden Städten bleibt kritisch, da die Infrastruktur stark beschädigt ist und viele der ehemaligen staatlichen Versorgungsstrukturen nicht mehr funktionieren. Ar-Raqqa, die ehemalige Hauptstadt des IS, bleibt ein Brennpunkt der Unsicherheit. Teile der Region sind nach wie vor von lokalen kurdischen Einheiten der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) kontrolliert, was die Spannungen zusätzlich erhöht. Nach der Übernahme islamistischer Gruppierungen in anderen Teilen des Landes ist die Lage in ar-Raqqa weiterhin angespannt, da sich verschiedene Gruppen um die Kontrolle streiten. IS-Schläferzellen sind weiterhin aktiv und haben in den letzten Monaten gezielte Anschläge auf islamistische Sicherheitskräfte und Verwaltungsstrukturen verübt. Letztlich bleibt auch die Sicherheitslage in Deir ez-Zour hochgradig instabil. Die Region war bereits zuvor ein zentrales Schlachtfeld gegen den IS, und obwohl sich die Machtdynamik geändert hat, sind Guerilla-Taktiken, Anschläge und bewaffnete Konflikte weiterhin an der Tagesordnung. Die Kontrolle über Deir ez-Zour ist stark fragmentiert, da verschiedene islamistische Gruppierungen, die SDF sowie lokale Stammesmilizen um Einfluss kämpfen. Die neuen islamistischen Machthaber Syriens haben keine einheitliche Kontrolle über die Region, da verschiedene Gruppen um Territorium ringen. HTS und andere Fraktionen versuchen, ihre Positionen zu stärken, was zu Zusammenstößen mit lokalen Stämmen und ehemaligen regierungstreuen Milizen führt. Die SDF hält weiterhin einige Gebiete, insbesondere im nördlichen und östlichen Teil der Provinz, was die Spannungen mit islamistischen Gruppen und türkisch unterstützten Milizen weiter verschärft. Der IS ist weiterhin aktiv und nutzt das Machtvakuum, um Schläferzellen zu reaktivieren. In ländlichen Gebieten verübt der IS regelmäßig Anschläge auf Sicherheitskräfte, Checkpoints und lokale Stammesführer, die mit den neuen Machthabern kooperieren. Die sich verschlechternde Sicherheitslage ermöglicht es dem IS, erneut Rekruten anzuwerben, insbesondere unter den wirtschaftlich benachteiligten Stämmen. Deir ez-Zour war schon vor dem Sturz al-Assads ein Zentrum für Schmuggel und illegalen Ölhandel, eine Situation, die sich nun weiter verschärft hat. Kriminelle Netzwerke, bewaffnete Stämme und ehemalige regierungstreue Gruppen kontrollieren Teile der Ölfelder und Routen für Schmuggelware, was zu bewaffneten Auseinandersetzungen um wirtschaftliche Ressourcen führt. Die wirtschaftliche Lage ist katastrophal, da Versorgungslinien unterbrochen wurden und viele Menschen ohne Einkommen oder humanitäre Hilfe auskommen müssen (VB Amman 9.2.2025).
Südsyrien
Nach dem Sturz der Assad-Regierung und der Machtübernahme islamistischer Gruppierungen bleibt die Sicherheitslage im Süden Syriens fragil und unvorhersehbar. Die neuen Machthaber versuchen, die Kontrolle über das Land zu festigen, stehen aber vor internen Machtkämpfen, Widerstand lokaler Milizen und anhaltenden ausländischen Interventionen (VB Amman 9.2.2025). Israel griff Syrien bereits vor dem Sturz al-Assads an und gibt an, damit den Zustrom von Waffen und Geld aus Iran an die militante Hizbollah-Gruppe im Libanon eindämmen zu wollen. Seit 8.12.2024 hat Israel Gebiete nahe der gemeinsamen Grenze besetzt und militärische Einrichtungen angegriffen (NYT 25.2.2025). Seit dem 8.12.2024 hat Israel seine Militäroperationen in Syrien intensiviert, die Pufferzone besetzt und die Kontrolle über den Berg Hermon vervollständigt sowie seine Operationen in Quneitra und Rif Dimashq ausgeweitet (AJ 8.2.2025). Die israelische Armee gab bekannt, dass Bewaffnete am 31.1.2025 das Feuer auf ihre Streitkräfte in der Gegend von Quneitra auf der syrischen Seite des besetzten Golan eröffnet haben, zum ersten Mal seit ihrem Einmarsch in Syrien und ihrer Besetzung der Pufferzone nach dem Sturz des Regimes von Bashar al-Assad (AJ 1.2.2025). Seit 25.2.2025 fliegt Israel Luftangriffe im Süden Syriens, die Aussagen des israelischen Verteidigungsministers Katz zufolge Teil einer „neuen Politik“ seien, die darauf abziele, einen „entmilitarisierten Süden Syriens“ zu gewährleisten. Er fügte hinzu, dass jeder Versuch syrischer Streitkräfte oder militanter Gruppierungen, in dem von Israel als „Sicherheitszone“ bezeichneten Gebiet in der Region Fuß zu fassen, „mit Feuer beantwortet“ werde. Diese Politik wurde am 23.2.2025 vom israelischen Premierminister Netanjahu in einer Rede angekündigt, in der er die „vollständige Entmilitarisierung“ des südlichen Syrien forderte. Israel werde keine syrischen Streitkräfte in Quneitra, Dara'a und Suweida dulden (NYT 25.2.2025). [Weitere Informationen zum israelischen Vorgehen in Syrien finden sich in den Kapiteln Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Außenpolitische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Ausländische Unterstützung bzw. Einmischung - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).] Quneitra, das an den von Israel besetzten Golanhöhen grenzt, hat sich zu einem besonders sensiblen Sicherheitsgebiet entwickelt. Die islamistischen Machthaber versuchen, ihre Position entlang der Grenze zu Israel zu festigen, was wiederholt zu israelischen Luft- und Raketenangriffen auf ihre Stellungen geführt hat. Gleichzeitig sind pro-iranische Gruppen und schiitische Milizen aktiv, die gegen den neuen islamistischen Machtblock kämpfen. Die Präsenz internationaler Akteure macht Quneitra zu einem Brennpunkt mit anhaltenden Scharmützeln zwischen verschiedenen Fraktionen (VB Amman 9.2.2025). Am 2.2.2025 bestätigten die Behörden, dass sich die israelischen Verteidigungskräfte (Israel Defense Forces - IDF) aus den Gebäuden der Provinzverwaltung und des Gerichts in der Friedensstadt, Provinz Quneitra, zurückgezogen hatten und dabei massive Zerstörungen an der Infrastruktur und an zivilen Dokumenten hinterlassen hatten (UNOCHA 12.2.2025). Dara'a, die einstige Wiege des syrischen Aufstands, bleibt eine der instabilsten Regionen im Süden. Trotz der Machtübernahme islamistischer Gruppen gibt es anhaltenden Widerstand durch lokale Milizen und ehemalige regierungsnahe Kräfte, die mit der neuen Führung nicht kooperieren. Attentate, Entführungen und gezielte Angriffe auf Funktionäre der neuen Machthaber sind häufig. Zudem kommt es regelmäßig zu israelischen Luftangriffen auf mutmaßliche pro-iranische Milizen, die sich aus früheren Assad-treuen Gruppen rekrutieren (VB Amman 9.2.2025). Am 5.1.2025 kam es in der Stadt as-Sanamayn im ländlichen Dara'a zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen mehreren Parteien, die zu einem Ausnahmezustand führten. Es wurden die Streitkräfte der Übergangsregierung mobilisiert. Nach dem Eingreifen der Streitkräfte wurde vereinbart, die Zusammenstöße zwischen allen Parteien sofort zu beenden, alle Regierungsgebäude zu übernehmen und öffentliche Einrichtungen zu schützen sowie die schweren und mittleren Waffen der lokalen Gruppen abzuziehen (Sky News 5.1.2025). Die mehrheitlich von Drusen bewohnte Provinz Suweida nimmt weiterhin eine Sonderrolle ein. Während des Bürgerkriegs hatte die Region eine gewisse Autonomie bewahrt und sich weitgehend aus den Kämpfen herausgehalten. Nach der Machtübernahme islamistischer Gruppen bleibt die Region misstrauisch gegenüber der neuen Herrschaft und ist nur lose in die neue Ordnung integriert. In den letzten Monaten gab es Zusammenstöße zwischen drusischen Milizen und islamistischen Einheiten, die ihre Autorität durchsetzen wollen. Auch in Suweida sind Entführungen und lokale Machtkämpfe weiterhin ein Problem (VB Amman 9.2.2025). In den südsyrischen Provinzen Dara'a und Quneitra kam es am Anfang Februar zu israelischen Luftangriffen. Der israelische Armeesprecher gab bekannt, dass Kampfflugzeuge einen Angriff auf ein Waffendepot in der Gegend von Deir 'Ali im Süden Syriens durchgeführt haben und behauptete, das Depot gehöre der Islamischen Widerstandsbewegung (Hamas). Der Angriff erfolgt inmitten der eskalierenden Spannungen an der Grenze zwischen Syrien und Israel, da die israelischen Streitkräfte ihren Einmarsch in die Provinz Quneitra weiter ausweiten (AJ 8.2.2025).
Die Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hizbollah-Miliz wurde bis zum 18.2.2025 verlängert. Diese Entwicklung beeinflusst besonders die Sicherheitslage im Süden Syriens, insbesondere in Grenzgebieten zum Libanon (VB Amman 9.2.2025). Die Lage an der libanesisch-syrischen Grenze ist seit dem Sturz des ehemaligen syrischen Präsidenten Bashar al-Assad am 8.12.2024 von sporadischen Zusammenstößen und bürokratischen Hürden geprägt. In den ersten Wochen nach al-Assads Sturz kämpften bewaffnete syrische Kämpfer an mehreren Stellen der durchlässigen Grenze zwischen den beiden Ländern mit der libanesischen Armee (MEE 10.2.2025). Am 21.2.2025 gab das israelische Militär bekannt, dass es Grenzübergänge zwischen Syrien und dem Libanon bombardiert hat, die angeblich von der Hizbollah genutzt werden. Der israelische Beschuss richtete sich gegen die illegalen Grenzübergänge zwischen Syrien und dem Libanon in Wadi Khaled und im westlichen Umland von Homs und führte zu einer Reihe von Verletzten. Zehn Tage zuvor hatte das israelische Militär nach eigenen Angaben einen Luftangriff auf einen Tunnel an der syrisch-libanesischen Grenze geflogen, der angeblich von der von Iran unterstützten Hizbollah für den Waffenschmuggel genutzt wurde (Sky News 21.2.2025). Ein libanesischer Militärexperte sagt, dass die Grenzgebiete praktisch in den Händen der Hizbollah sind. In der Vergangenheit gab es eine Art Synergie zwischen der Hizbollah und den Stämmen beim Aufbau einer Parallelwirtschaft, die auf dem Schmuggel von Captagon basierte. Diese Synergie besteht auch heute noch (AlHurra 7.2.2025). Die syrische Übergangsregierung startete Anfang Februar 2025 eine umfangreiche Kampagne an der syrisch-libanesischen Grenze, bei der sie nach eigenen Angaben gegen Waffen- und Drogenschmuggel vorgehen. Schiitische Clans lieferten sich dabei schwere Gefechte mit den syrischen Streitkräften und kündigten schließlich ihren Rückzug aus Syrien in den Libanon an (MEE 10.2.2025). Die libanesische Armee gab bekannt, dass der Einsatz von Militäreinheiten an der nördlichen und östlichen Grenze angeordnet wurde, um auf die von syrischem Gebiet ausgehenden Feuerquellen zu reagieren (MEE 10.2.2025). Erklärungen der neuen Regierung in Damaskus deuten darauf hin, dass sie die Sicherheitskampagnen entlang der Grenze fortsetzen wird, um gegen Schmugglerbanden vorzugehen (AlHurra 7.2.2025). [Weiterführende Informationen zum Grenzgebiet Libanon-Syrien sind dem Kapitel Bewegungsfreiheit - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) zu entnehmen.]
Nordsyrien
Die Sicherheitslage in Nordsyrien ist nach wie vor instabil, da verschiedene Fraktionen um Kontrolle und Einfluss konkurrieren (SCR 30.1.2025). Nach al-Assads Sturz und der Machtübernahme islamistischer Gruppierungen bleibt der Nordwesten Syriens eine der unruhigsten und komplexesten Regionen des Landes. Die neuen Machthaber bestehen aus einem Bündnis verschiedener islamistischer Fraktionen, wobei insbesondere Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) in Idlib und Teilen Aleppos eine führende Rolle einnehmen. Trotz der formellen Übernahme der Macht kommt es in der Region weiterhin zu Machtkämpfen zwischen rivalisierenden islamistischen Gruppen, Widerstandszellen Assad-treuer Kräfte und externen Bedrohungen durch Luftangriffe und Grenzkonflikte (VB Amman 9.2.2025). Teile des Nordostens Syriens, insbesondere Ost-Aleppo, ar-Raqqa und al-Hasaka, sind von Feindseligkeiten, Zusammenstößen und Angriffen mit improvisierten Sprengkörpern (Improvised Explosive Devices - IED) betroffen (UNOCHA 12.2.2025). Idlib ist nun das Zentrum der islamistischen Verwaltung in Syrien, bleibt aber eine hochgradig instabile Region. Während HTS als dominierende Kraft die Kontrolle beansprucht, gibt es weiterhin Konflikte mit anderen Fraktionen sowie Widerstand durch kleinere Gruppierungen, die nicht vollständig in die neue Ordnung integriert wurden. Trotz des Sturzes al-Assads bleiben die syrischen Lufträume gefährdet durch israelische Angriffe auf iranische oder mit Iran verbundene Gruppierungen, während Russland gelegentlich gezielte Angriffe auf dschihadistische Gruppierungen in der Region durchführt. Spannungen zwischen HTS, anderen islamistischen Gruppierungen und lokalen Milizen sorgen für eine fragile Sicherheitslage mit regelmäßigen Attentaten und bewaffneten Auseinandersetzungen. Die anhaltende Instabilität, fehlende Grundversorgung und wirtschaftliche Notlage haben die humanitäre Situation in Idlib weiter verschärft. Aleppo bleibt eine der strategisch wichtigsten Städte Syriens, ist jedoch weiterhin zwischen verschiedenen Akteuren umkämpft. Während islamistische Gruppierungen Teile der Stadt kontrollieren, gibt es in anderen Bezirken noch Präsenz ehemaliger regierungstreuer Milizen oder autonomer kurdischer Einheiten. In nördlichen Teilen Aleppos gibt es weiterhin Spannungen zwischen türkisch unterstützten Milizen und kurdischen Einheiten der SDF. In Teilen Aleppos kommt es weiterhin zu gezielten Attentaten, Entführungen und Sprengstoffanschlägen gegen islamistische Führungspersonen, was auf eine aktive Widerstandsbewegung hindeutet. Die Stadt bleibt schwer beschädigt, und der Wiederaufbau schreitet nur schleppend voran, da sich die neuen islamistischen Machthaber auf militärische Kontrolle und weniger auf infrastrukturelle Erholung konzentrieren (VB Amman 9.2.2025). Das syrische Verteidigungsministerium gab bekannt, dass es einen Angriff der SDF an der Ashrafiya-Front Anfang März 2025 in Aleppo-Stadt zurückgeschlagen hat. Das syrische Verteidigungsministerium hat aus mehreren Gebieten militärische Verstärkung an die Kampffronten gegen die SDF in Aleppo geschickt (AJ 10.3.2025c). Die syrische Armee hat nach eigenen Angaben Mitglieder der kurdisch geführten SDF festgenommen, als diese aus dem Viertel al-Ashrafiya nach Aleppo eindrangen (BBC 9.3.2025a).
Quellen
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Rechtsschutz / Justizwesen - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Letzte Änderung 2025-05-07 07:55
Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
[Derzeit liegen keine ausreichenden Informationen über das Justizwesen der aktuellen Regierung vor bzw. befindet sich das Justizwesen in Syrien derzeit im Umbruch. Im Folgenden wird der aktuelle Stand dargelegt, wie er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Teilweise werden Falschinformationen, insbesondere auf Social Media Kanälen verbreitet, die in weiterer Folge Eingang in andere Berichte finden. Die Vorgehensweise der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Länderinformation entspricht den in der Methodologie der Staatendokumentation festgeschriebenen Standards. Weder wird ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der vorliegenden Informationen erhoben. Weitere Informationen über die vorliegenden Länderinformationen finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen]
Die aktuelle Verfassung von 2012 wurde ausgesetzt. Ahmad ash-Shara' setzte für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung drei Jahre an. Die neue syrische Regierung kündigte an, dass ein Verfassungskomitee aus den besten Juristen und Rechtsgelehrten gebildet werden würde, das daran arbeiten wird, die bisherige Verfassung zu überprüfen und Änderungen vorzunehmen (AJ 13.1.2025). Am 29.1.2025 wurde zudem beschlossen, alle Ausnahmegesetze, die während der Ära des abgesetzten Präsidenten al-Assad erlassen wurden, zu widerrufen (Sky News 31.1.2025). In einem Interview gab ash-Shara' am 3.2.2025 an, dass der hohe Justizrat noch besteht und nicht alle bisherigen Gesetze auf einmal aufgehoben worden sind. Es gibt über 150.000 offene Fälle vor Gericht, die erst behandelt werden können, wenn ein neues Gesetz erlassen wurde. Durch Experten und Fachausschüsse für Justizgesetze werden neue Gesetze vorgeschlagen und alte Gesetze, die nicht mit der Situation in Syrien übereinstimmen, ersetzt. Jedes Gesetz, das erlassen werden soll, wird einer vorläufigen parlamentarischen Versammlung vorgelegt, die darüber abstimmt, ob es verabschiedet werden soll oder nicht. Darüber hinaus gibt es den Hohen Justizrat und das Oberste Verfassungsgericht, sodass es ein rechtliches Verfahren für die Verabschiedung jedes Gesetzes im Land gibt. Das Verfahren unterliegt laut Aussagen von ash-Shara' den allgemeinen Gesetzen, die auf den in der Verfassungserklärung festgelegten Rahmenrichtlinien basieren. Des Weiteren wird es eine Verfassungserklärung geben. Ob es Scharia-Gesetze gibt oder nicht, werden ash-Shara' zufolge Experten entscheiden (Economist 3.2.2025). Gemäß einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung wird derzeit nicht mit Gesetzen, sondern mit Dekreten regiert. Die regierenden Milizen können anordnen, was sie wollen (NZZ 24.1.2025). Die derzeitige Regierung ist als Übergangsregierung gesetzlich darauf beschränkt, öffentliche Dienstleistungen und Betriebe aufrechtzuerhalten. Sie kann zwar Gesetze oder Rechtsvorschriften aussetzen, die Verstöße beinhalten, ist jedoch nicht befugt, Gesetze zu erlassen oder zu ändern, was eine gesetzgebende Körperschaft erfordern würde (HLP Syria 14.1.2025b). Alle Entscheidungen der derzeitigen Regierung werden auf der Grundlage der revolutionären Legitimation getroffen, die sie an die Spitze des Landes gebracht hat, da es sich um eine geschäftsführende Regierung handelt. Daher sind die getroffenen Entscheidungen vorübergehend, bis die verfassungsmäßigen Grundsätze oder die Verfassungserklärung vereinbart sind, so ein Forscher am Syrischen Dialogzentrum (Almodon 8.1.2025). Am 2.3.2025 kündigten die syrischen Behörden die Bildung eines Ausschusses an, der eine Verfassungserklärung für den Übergang des Landes nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Bashar al-Assad ausarbeiten soll (FR24 2.3.2025).
Ash-Shara' hat Prediger als Richter eingesetzt (National 19.12.2024). Offiziell hat das syrische Übergangskabinett keine formellen Anweisungen zur Entlassung von Richterinnen herausgegeben, doch Quellen aus dem Justizpalast des Gouvernements Homs berichten, dass sie mündliche Anweisungen erhalten haben, Frauen aus Justizpositionen zu entfernen (TNA 2.1.2025a).
Nach dem Sturz des Regimes al-Assads und der Präsenz vieler bewaffneter Parteien herrschen in verschiedenen Regionen Syriens Chaos und Gesetzlosigkeit, was zu Verbrechen geführt hat, die möglicherweise durch persönliche Ziele motiviert sind. Notwendig sind klare Anweisungen an das Sicherheitspersonal, die besagen, dass es verboten ist, ohne richterlichen Beschluss der Staatsanwaltschaft, der den Eigentümern der zu durchsuchenden Häuser vorgelegt wird, in Häuser einzudringen (SOHR 2.2.2025). Besonders im Norden mehren sich die Anzeichen für eine Eskalation von Gesetzlosigkeit und Gewalt in einem geografischen Gebiet, das sich zwischen Homs, Latakia an der Küste und Aleppo weiter östlich erstreckt (Etana 3.2.2025). Anfang März 2023 kam es in der syrischen Küstenregion zu sektiererischen und regionalen Liquidierungsoperationen, bei denen Hunderte von Bürgern, darunter Frauen und Kinder, getötet wurden. Die Sicherheitskräfte, Mitglieder des Verteidigungsministeriums und die sie unterstützenden Kräfte haben Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen begangen, ohne dass sie rechtliche Konsequenzen fürchten müssen (SOHR 11.3.2025). Der syrische islamistische Übergangspräsident will die Verantwortlichen für das Massaker an Zivilisten zur Rechenschaft ziehen, und betonte, dass Syrien ein Rechtsstaat sei (ORF 10.3.2025). Zur Untersuchung der Morde kündigte ash-Shara' die Etablierung eines unabhängigen Ausschusses an (BBC 10.3.2025). [Details über Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen sind den Kapiteln Allgemeine Menschenrechtslage und Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (8.12.2024) zu entnehmen. Weiter Informationen zu Gewalt gegen Zivilisten finden sich im Kapitel Sicherheitslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024). Anm.]
Mitte Dezember kam es zu einem Treffen zwischen einer Delegation der Abteilung für militärische Operationen, Richtern und Anwälten im Justizpalast in Homs. Dort soll es zum Versuch gekommen sein, die Regierungskonzepte in Idlib auf die gesamte syrische Gesellschaft und ihre staatlichen Institutionen zu projizieren, anders als es in offiziellen Statements ash-Shara's kommuniziert wird. Der Leiter der Delegation soll in einer seltsamen Logik gesprochen haben und Scharia- und islamische (Rechts)Begriffe verwendet haben, die in der Realität der syrischen Gerichte nicht existieren, wie z. B. den Begriff „Scharia-Gericht in Homs“, womit er nicht das Gericht für Eheschließungen und Scheidungen, sondern den gesamten Justizpalast meinte, und er verwendete den Begriff „Sunna“ anstelle von Gesetz [auf Arabisch Qanoun - قانون Anm.] (Nahar 14.12.2024). Der Justizminister der Interimsregierung gab in einem Interview am 1.1.2025 an, dass 90 % der syrischen Bevölkerung Muslime sind und eine neue Regierung den Willen des Volkes berücksichtigen werde, was bedeute, dass die Implementierung der Scharia eine große Rolle spielen wird, wenn dies der Wille der Bevölkerung sei (MEMRI 1.1.2025). Der Rosa Luxemburg Stiftung zufolge gilt die Scharia in Syrien längst wichtigste Rechtsquelle – genauso wie in vielen anderen Staaten der Region. Die zentrale Frage ist aber, wie diese ausgelegt wird und inwiefern Islamisten wie ash-Shara' und seine Mitstreiter bereit sind, Kompromisse einzugehen (Rosa Lux 17.12.2024).
Der von der HTS in der Interimsregierung designierte Justizminister, al-Waysi, soll in einem Video, das in verschiedenen Social-Media Kanälen kursiert, zu sehen sein, wie er im Jahr 2015 eine Frau hinrichtet, als er damals als Richter für die Jabhat an-Nusra fungiert hatte (MEMRI 5.1.2025; vgl. AW 9.1.2025). Die Echtheit der Videos wurden von France 24 verifiziert (FR24 8.1.2025).
Die neuen Machthaber in Syrien nutzen islamische Lehren, um eine junge Polizeitruppe auszubilden. Nach Angaben von Polizeibeamten soll dies dazu dienen, ein moralisches Bewusstsein zu schaffen, während sie gleichzeitig versuchen, das Sicherheitsvakuum zu füllen, das durch die Zerschlagung der berüchtigten, korrupten und brutalen Sicherheitskräfte des gestürzten Präsidenten Bashar al-Assad entstanden ist. Polizisten, die sie aus ihrer ehemaligen Rebellenhochburg in der nordwestlichen Region Idlib nach Damaskus gebracht haben, befragen Bewerber nach ihrem Glauben und konzentrieren sich in der kurzen Ausbildung, die sie den Rekruten anbieten, auf das islamische Scharia-Recht, wie fünf hochrangige Beamte und Bewerbungsformulare belegen (REU 23.1.2025). [Details zur Ausbildung eines neuen Polizeikaders finden sich im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (8.12.2024)].
Als die Aufständischen der 50-jährigen Herrschaft der al-Assad-Familie ein Ende setzten, brachen sie in Gefängnisse und Sicherheitseinrichtungen ein, um politische Gefangene und viele der Zehntausenden von Menschen zu befreien, die seit Beginn des Konflikts im Jahr 2011 verschwunden waren (AP 10.12.2024). Der neue Justizminister al-Waysi entschied Anfang Jänner, wegen Straftaten Verurteilte wieder ins Gefängnis zu bringen. In einem Rundschreiben rief al-Waysi alle Gerichte, Ermittlungs- und Überweisungsabteilungen und die Staatsanwaltschaft auf, die Namen der Gefangenen oder der wegen gewöhnlicher Straftaten Verurteilten zu zählen, die aufgrund ursprünglicher richterlicher Haftbefehle verhaftet wurden und während der Befreiungsoperation aus ihren Haftanstalten entkommen waren. Der Minister ordnete an, auf der Grundlage der gerichtlichen Akten polizeiliche Anordnungen gegen sie zu erlassen, um ihre Verhaftung und Rückkehr in die Haftanstalten vorzubereiten, ihren Prozess in den noch anhängigen Gerichtsverfahren zu verfolgen und die rechtskräftigen Gerichtsurteile gegen die Verurteilten umzusetzen, um die Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen gegen sie zu gewährleisten, Gerechtigkeit und Stabilität zu erreichen und die persönlichen Rechte der Betroffenen zu wahren (Almodon 9.1.2025). Die Kriminalität ist dramatisch gestiegen, nicht zuletzt auch aufgrund der Freilassung nicht nur politischer Gefangener aus den Gefängnissen (SYRDiplQ1 5.2.2025).
Während das offizielle Rechtssystem theoretisch eine einheitliche Struktur bietet, ist die Realität vor Ort weitaus komplexer, da verschiedene Rechtssysteme Einfluss und Autorität z. B. in Familienangelegenheiten geltend machen (LSE 15.1.2025). Das syrische Justizsystem ist Just Security zufolge ein einziges Chaos. Jahrzehntelang diente es der Familie al-Assad als Instrument der Unterdrückung (JS 14.1.2025). Seit 2012 wurden einige Gerichte in Oppositionsgebieten eingerichtet und als „Scharia-Gerichte“ bezeichnet, da ihre Urteile auf islamischem Recht und islamischer Rechtsprechung basierten. Andere behielten ihren zivilrechtlichen Charakter bei, indem sie das 1996 von der Arabischen Liga entworfene Arab Unified Law zur Vereinheitlichung der Gesetze in den arabischen Staaten übernahmen. Dieses Gesetz enthält in hohem Maße Grundsätze des islamischen Rechts. Im Jahr 2017 übernahmen Gerichte unter der oppositionellen Syrischen Übergangsregierung (Syrian Interim Government - SIG) in Nordsyrien das syrische arabische Recht unter Bezugnahme auf die Verfassung von 1950, wobei Änderungen vorgenommen wurden, um den aktuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. In den von HTS kontrollierten Gebieten wird das Scharia-Recht neben einigen Gesetzen angewendet, die von der Syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Government - SSG) der Gruppe erlassen wurden (HLP Syria 14.1.2025b).
Aufarbeitung von Kriegsverbrechen etc. unter dem gestürzten Assad-Regime
Übergangspräsident ash-Shara' verkündete bereits wenige Tage nach dem Sturz des Regimes, dass er die Sicherheitskräfte des ehemaligen Regimes auflösen werde und Personen, die an der Folterung oder Tötung von Gefangenen beteiligt waren, zur Strecke gebracht würden und Begnadigungen nicht infrage kämen. Er kündigte an, andere Länder aufzufordern, die Geflohenen auszuliefern (REU 11.12.2024a). Die Verbrechen des Assad-Regimes will die Übergangsregierung aufarbeiten. Auf dem Messenger-Dienst Telegram auf Arabisch gaben sie bekannt, dass sie die Kriminellen, Mörder, Sicherheitsbeamten und Soldaten, die an der Folterung des syrischen Volkes beteiligt waren, zur Rechenschaft ziehen werden. Auch werde man Kriegsverbrecher verfolgen und ihre Auslieferung fordern, sollten sie in andere Staaten geflohen sein (DW 19.1.2025). Seit Ende Dezember 2024 führten die Sicherheitskräfte der neuen syrischen Regierung in verschiedenen Provinzen des Landes Durchkämmungsaktionen durch, bei denen es auch zu Zusammenstößen mit Überresten und Milizen des abgesetzten Regimes kam. Eine Quelle im syrischen Innenministerium erklärte gegenüber Al Jazeera, dass die Abteilung für öffentliche Sicherheit in Tartus, Latakia, Homs, Hama, Aleppo und Damaskus eine große Zahl ehemaliger Regimeangehöriger und Randalierer festgenommen habe (AJ 2.1.2025). [Details zu Sicherheitsoperationen, Verhaftungen und Menschenrechtsverletzungen finden sich in den Kapiteln Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (8.12.2024) und Allgemeine Menschenrechtslage - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad Regimes (seit 8.12.2024)]
Der Aufbau des neuen Syriens ist zwangsläufig mit einer Aufarbeitung der Vergangenheit verbunden, d. h. mit mehr als fünfzig Jahren eines von der al-Assad-Familie dominierten Regimes. Die Eröffnung von „Versöhnungszentren“ in den wichtigsten Städten in Gebieten, die unter der Kontrolle der syrischen Übergangsregierung stehen, ist eines der Instrumente zu diesem Zweck. Sie sind Teil eines umfassenderen Prozesses der Abrüstung und Versöhnung, um Syrer, die mit und für das Regime gearbeitet haben, hauptsächlich ehemalige Militäroffiziere, wieder in die syrische Gesellschaft zu integrieren. Die Versöhnungszentren laden ehemalige Soldaten, Offiziere und Mitglieder regimetreuer Milizen ein, ihre Waffen abzugeben und ihre persönlichen Daten zu registrieren. Im Gegenzug erhalten diese Personen befristete Ausweise, die oft drei Monate gültig sind und ihnen die sichere Durchreise und den Schutz vor sofortiger Strafverfolgung gewähren. Der Prozess zielt auch darauf ab, ehemalige Anhänger des Regimes zu ermutigen, sich von ihren früheren Loyalitäten zu distanzieren und sich in den neuen gesellschaftlichen Rahmen zu integrieren. Trotz ihres beabsichtigten Zwecks sind die Kriterien für die Zulassung in diesen Zentren weder öffentlich zugänglich noch werden sie systematisch angewendet, was zu Bedenken hinsichtlich einer willkürlichen Entscheidungsfindung führt. Quellen vor Ort in Syrien berichten, dass Personen, die eine Aussöhnung anstreben, oft mit komplexen bürokratischen Hürden konfrontiert sind, wobei die Entscheidungen eher von Sicherheitsbehörden als von einem unabhängigen und unparteiischen Gerichtsverfahren beeinflusst werden. Darüber hinaus betrifft der Prozess überproportional gefährdete Bevölkerungsgruppen, von denen viele trotz des Versprechens einer rechtlichen Absolution Vergeltungsmaßnahmen befürchten (ISPI 7.2.2025). [Weitere Informationen zu diesen "Versöhnungszentren" finden sich auch in den Kapiteln Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (8.12.2024) und Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)].
Offizielle Listen von Kriegsverbrechern und Personen, die Verstöße gegen die Zivilbevölkerung vorgenommen haben, gibt es nicht. Die Untersuchungskommission der UN, die seit 2011 Kriegsverbrechen und andere Verstöße gegen die internationalen Menschenrechtsnormen untersucht, hat 4.000 Personen auf eine Liste gesetzt, die im Verdacht stehen schwere Verbrechen begangen zu haben. Die Organisation „For Justice“, die 2019 in Washington von syrischen Amerikanern gegründet wurde, hat bereits Jahre vor dem Sturz des Regimes eine schwarze Liste mit den Namen von 100 hochrangigen ehemaligen Regimevertretern veröffentlicht, die beschuldigt werden, seit 2011 Kriegsverbrechen in Syrien begangen zu haben. Daneben kursieren seit dem Sturz des Regimes Dutzende von inoffiziellen Listen mit den Namen und Fotos von Dutzenden gesuchter Personen, insbesondere eine Liste mit etwa 161 Namen von hochrangigen Offizieren und Kommandeuren des ehemaligen Regimes. Auch in sozialen Medien kursieren willkürliche Listen. Seit 8.12.2024 wurde eine Reihe von Personen verhaftet, denen Verbrechen vorgeworfen werden, die allerdings nicht auf den Listen stehen (AAA 12.1.2025c).
Der Prozess der gezielten Verfolgung von Männern, die in den Streitkräften des Regimes gedient haben, ist undurchsichtig und die HTS weigert sich, einem transparenten Rechtsverfahren zu folgen, das Opfer eindeutig identifiziert und Täter vor Gericht stellt (MEI 21.1.2025). Die Einsatzleitung und die Sicherheitskräfte des neuen Regimes verhafteten ehemalige Mitglieder des Assad-Regimes, darunter auch diejenigen, die ihren Status nicht legalisiert hatten, und diejenigen, die der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verdächtigt wurden. Die Verhaftungen fanden in Homs, im Umland von Damaskus, in Tartus und Latakia statt, hauptsächlich in Stadtvierteln mit schiitischer und alawitischer Bevölkerung (MAITIC 9.1.2025). Die Zahl der Festgenommenen betrug mit 3.1.2025 110 Militärangehörige des ehemaligen Regimes, darunter auch Personen, die sich bei der Abteilung für militärische Operationen versöhnt hatten. Außerdem wurden 18 Zivilisten wegen Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften verhaftet, wobei Letztere versprachen, sie in den kommenden Stunden freizulassen, nachdem sie der Justiz übergeben worden waren (SOHR 4.1.2025). Am 10.1.2025 soll es zu einer öffentlichen Hinrichtung gekommen sein, bei der die neuen Sicherheitskräfte einen Unterstützer al-Assads erschossen (Arabiya 10.1.2025; vgl. AlHurra 10.1.2025a). Nach der Verhaftungskampagne wurden einige Gefangene in Homs wieder freigelassen, nachdem sie ihre Waffen abgegeben hatten und zugesichert hatten, nichts gegen die neue syrische Regierung zu unternehmen (AAA 12.1.2025a). Es sei festgestellt worden, dass sie doch nicht an Verbrechen gegen Syrer beteiligt gewesen waren (Arabiya 12.1.2025a). Im Allgemeinen richten sich die Übergriffe der Sicherheitskräfte gegen Männer, von denen angenommen wird, dass sie Verbrechen begangen haben (unabhängig davon, ob dies bewiesen ist oder nicht) (MEI 21.1.2025). Die Übergangsregierung von Syrien – angeführt von der islamistischen Gruppe Hayat Tahrir ash-Sham (HTS), die den Sturz von Assad herbeigeführt hat – hat sich neutral zu den Vorwürfen gegen verschiedene bewaffnete Gruppen im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Aktivisten geäußert. HTS hat sich auch mit Aktivisten zusammengetan, um Wahrheit und Gerechtigkeit zu suchen (VOA 2.1.2025). [Details zu den Verhaftungskampagnen finden sich in den Kapiteln Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (8.12.2024), Allgemeine Menschenrechtslage - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad Regimes (seit 8.12.2024) und Ethnische und religiöse Minderheiten - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (seit 8.12.2024). Informationen zu Haftbedingungen im Kapitel Folter und unmenschliche Behandlung, Haftbedinungen, willkürliche Verhaftungen, Verschwinden Lassen, etc. - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)]
Seit dem Sturz der Assad-Regierung im Dezember kam es im ganzen Land zu Protesten, bei denen die Herausgabe von Informationen über jene Tausenden gefordert wurden, die unter al-Assads Herrschaft gewaltsam verschwunden sind (VOA 2.1.2025).
Anfang Dezember flohen ca. 2.000 Soldaten der syrischen Armee in den Irak über den Grenzübergang al-Qa'im. Darunter waren Verwundete, die in irakische Krankenhäuser gebracht wurden (Arabiya 7.12.2024). Der irakische Regierungssprecher bestätigte, dass 2.000 Soldaten der syrischen Armee mit Genehmigung der Regierung irakisches Gebiet betreten hatten (Rudaw 15.12.2024). Libanesische Behörden haben syrische Offiziere und Soldaten, die in der Armee des gestürzten Regimes gedient hatten, in ihre Heimat zurückgeführt, nachdem diese illegal in den Libanon eingereist waren (NYT 28.12.2024). 70 Syrer, darunter ehemalige Armeeoffiziere wurden von einer libanesischen Sicherheitsdelegation an die Sicherheitskräfte der neuen syrischen Regierung übergeben, die von der ehemaligen Rebellengruppierung HTS angeführt wird. Drei libanesische Justizbeamte bestätigten den Bericht unter der Bedingung, anonym zu bleiben (AP 28.12.2024).
Das Justizministerium hat am 12.2.2025 die Entscheidung erlassen, 87 Richter, die laut SANA seit der Einrichtung der Terrorismusgerichte bis zum 12.2.2025 noch in verschiedenen Funktionen in diesem Gericht tätig waren, an die Justizinspektion zu überweisen, um ihr Verhalten während ihrer Tätigkeit in dem oben genannten Gericht zu untersuchen. Die Justizinspektion wird dem Hohen Justizrat einen Abschlussbericht über die nachgewiesenen disziplinarischen und rechtlichen Verstöße der oben genannten Richter vorlegen, wie aus der vom Ministerium auf seinem Telegram-Kanal veröffentlichten Entscheidung hervorgeht (SANA 13.2.2025). In der Entscheidung heißt es, dass alle Richter, die Positionen in der Staatsanwaltschaft, der Ermittlungsbehörde, dem Strafgericht oder dem Kassationsgericht innehatten, auf mögliche Verfehlungen oder Verstöße in ihren Urteilen überprüft werden. Unter den 87 Richtern sind laut North Press Agency sowohl pensionierte als auch amtierende Richter. Das 2012 eingerichtete syrische Terrorismusgericht wurde von Menschenrechtsorganisationen vielfach dafür kritisiert, unfaire Prozesse durchzuführen und harte Urteile gegen politische Dissidenten, Aktivisten und Oppositionelle zu verhängen. Im Laufe der Jahre dokumentierten Berichte von Organisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch Vorwürfe über erzwungene Geständnisse, fehlende ordnungsgemäße Verfahren und politisch motivierte Urteile (NPA 12.2.2025).
Besitz, Eigentum
Seit dem Aufstand von 2011 bis zum Sturz von Bashar al-Assad am 8.12.2024 hat das Assad-Regime die Eigentums- und Wohnrechte durch zahlreiche Gesetze, die auf die Beschlagnahme des Vermögens politischer Gegner abzielen, stark eingeschränkt. Zu den bemerkenswertesten Gesetzen gehörte das Anti-Terror-Gesetz Nr. 19 von 2012, das keine klare Definition oder Kriterien für Terrorismus enthielt. Dadurch konnten politische Gegner des Terrorismus beschuldigt, mit Höchststrafen belegt und ihr bewegliches und unbewegliches Vermögen beschlagnahmt werden. Der Weg zur Rückgabe beschlagnahmter Immobilien umfasst Gesetzesänderungen, Verfassungsklagen oder die Einrichtung eines Rückgabeprogramms. Jeder Ansatz hat seine Komplexitäten, doch alle zielen darauf ab, Gerechtigkeit wiederherzustellen, Eigentumsrechte zu wahren und die Betroffenen für die jahrelangen systematischen Beschlagnahmungen unter ungerechten Gesetzen zu entschädigen (HLP Syria 7.1.2025). Seit dem 8.12.2024 haben einige Eigentümer Immobilien zurückgefordert, die einer Zwangsverlängerung des Mietverhältnisses unterlagen. Dies verstößt gegen die geltenden gesetzlichen Bestimmungen, die besagen, dass Gerichte keine Räumungsanordnung erlassen können, ohne dass der Vermieter die gesetzlich vorgeschriebene Entschädigung in Höhe von 40 % zahlt. Das Gesetz ist in dieser Angelegenheit eindeutig: Jede Räumungsanordnung, die diese Bedingung nicht erfüllt, verstößt gegen das Gesetz. Nach dem Rechtsgrundsatz „Eine Auslegung ist nicht zulässig, wenn der Text klar ist“ sind solche Räumungen rechtswidrig. Um das Problem der Zwangsverlängerung zu lösen, bedarf es einer neuen Gesetzgebung, die die entsprechenden Bestimmungen abschafft oder ändert und einen fairen Rahmen schafft, der die Rechte beider Parteien schützt. Wenn eine Räumung von nicht-gerichtlichen Stellen durchgeführt wird, ist sie illegal. Mieter, die auf diese Weise vertrieben werden, können auf der Grundlage ihrer Rechte auf Zwangsverlängerung Klage erheben, um den rechtmäßigen Besitz zurückzufordern, es sei denn, der Vermieter erklärt sich bereit, 40 % des Immobilienwerts zu zahlen. Solche Räumungen sind auch strafbar, da sie eine Selbstjustiz darstellen, die gegen das syrische Strafgesetzbuch verstößt (HLP Syria 14.1.2025b).
Die syrische Zentralbank hat beschlossen, alle Bankkonten von Unternehmen und Einzelpersonen einzufrieren, die dem früheren Regime angehörten oder mit ihm in Verbindung standen. Die Bankinstitute im Land wurden angewiesen, ihr innerhalb von drei Arbeitstagen eine Liste der eingefrorenen Konten und deren Einzelheiten zu übermitteln, wie aus einem Rundschreiben der Bank hervorgeht (Sharq Bu 23.1.2025). Zwei prominente Geschäftsleute und ein Regierungsbeamter sagten, dass viele wohlhabende Syrer aufgrund des schnellen Sturzes von al-Assad und seiner Flucht nach Russland am 8.12.2024 keine Zeit hatten, ihr lokales Vermögen zu veräußern oder zu verlagern, was der neuen syrischen Regierung die Möglichkeit gab, aggressiv mit ihnen umzugehen. Ihr Vermögen ist seitdem eingefroren. Aber die mangelnde Transparenz der HTS-Behörden gegenüber den Tycoons und ihren Unternehmen riskiert eine Gegenreaktion. Nach der Machtübernahme im Dezember verpflichtete sich die HTS, das Land nach 13 Jahren brutalen Bürgerkriegs wiederaufzubauen und ein stark zentralisiertes und korruptes Wirtschaftssystem aufzugeben, in dem al-Assads Kumpane das Sagen hatten. Zu diesem Zweck hat die Exekutive unter der Leitung des neuen Präsidenten ash-Shara' ein Komitee eingerichtet, das die weitreichenden Unternehmensinteressen hochrangiger mit al-Assad verbundener Tycoons wie Samer Foz und Mohammad Hamsho aufschlüsseln soll, wie drei Quellen gegenüber Reuters mitteilten. Über die Einrichtung des Ausschusses, dessen Mitglieder nicht öffentlich sind, und die Gespräche zwischen der neuen syrischen Regierung und zwei der engsten Geschäftsmagnaten der Assad-Regierung, die große Teile der syrischen Wirtschaft kontrollieren, wurde bisher nicht berichtet. Gewöhnliche Geschäftsleute, die gezwungen waren, Bestechungsgelder zu zahlen oder mit dem Regime zusammenzuarbeiten, stehen nicht im Visier der neuen Regierung, anders sieht es bei einigen wenigen aus, die mit al-Assad zusammenarbeiten und auf Kosten des Staates ein Vermögen gemacht haben und in illegale Aktivitäten verwickelt sind, sagte der Leiter der syrischen Investitionskommission (REU 13.2.2025).
Die Generaldirektion für Katasterangelegenheiten in Syrien hat eine Richtlinie erlassen, die die Dokumentation aller Transaktionen, die zur Übertragung oder Änderung von Eigentumsrechten an Immobilien führen, aussetzt. Diese Aussetzung wurde ohne einen festgelegten Zeitrahmen für die Wiederaufnahme dieser Verfahren verhängt. In dieser heiklen Übergangsphase wirft die Entscheidung Fragen nach den Motiven und rechtlichen Auswirkungen der Maßnahme auf, insbesondere angesichts der auch den Gerichten auferlegten Beschränkungen. Am 21.1.2025 erließ die Generaldirektion für Katasterangelegenheiten das Rundschreiben Nr. 1, in dem sie ihre Direktionen auf Gouverneursebene anwies, keine Verträge zu dokumentieren, die zur Schaffung, Übertragung oder Änderung von Immobilienrechten im Grundbuch führen. In der Praxis hat diese Richtlinie bis auf Weiteres alle Transaktionen im Zusammenhang mit Immobilienbesitz effektiv gestoppt. Das Rundschreiben Nr. 1 des Justizministeriums, das am 9.1.2025 von der Übergangsregierung herausgegeben wurde, beschränkte die Aufgaben der Gerichte auf die Bearbeitung laufender Fälle und dringender Angelegenheiten. Im Rundschreiben des Katasteramtes heißt es, dass die Aussetzung so lange in Kraft bleibt, bis die Abstimmung mit den „zuständigen Behörden“ über neue Verfahren abgeschlossen ist. Ein mögliches Ziel besteht darin, Personen, die unter dem vorherigen Regime betrügerisch Eigentum erworben haben, daran zu hindern, das Eigentum zu verkaufen oder zu übertragen, was den Prozess der Rückgabe dieser Immobilien an ihre rechtmäßigen Eigentümer, von denen viele außerhalb Syriens vertrieben wurden, weiter erschweren würde. Die Maßnahme könnte auch dazu dienen, diejenigen, die unter dem vorherigen Regime an Verbrechen beteiligt waren, daran zu hindern, ihr Vermögen zu veräußern, um einer möglichen Beschlagnahme zu entgehen (HLP Syria 3.2.2025b). [Weiterführende Informationen zu Wohnungseigentum etc. finden sich auch im Kapitel Grundversorgung und Wirtschaft / Wohnsituation und Infrastruktur.]
Quellen
[…]
Gebiete unter der Kontrolle der Oppositionsgruppierungen (Stand August 2024)
Letzte Änderung 2025-05-08 14:12
In den Gebieten außerhalb der Kontrolle des syrischen Regimes war die Lage von Justiz und Verwaltung von Region zu Region und je nach den örtlichen Herrschaftsverhältnissen unterschiedlich (AA 2.2.2024).
In den von der Opposition gehaltenen Gebieten wurden zum Teil Sharia-Gerichte eingerichtet, die nun die staatliche Gerichtsbarkeit ersetzen. Die Praxis und der Charakter dieser Gerichte variieren ebenso stark, wie die Art des angewandten Rechts, je nachdem welche bewaffnete islamistische Gruppierung das Terrain hält. Auch die Härte des angewandten islamischen Rechts unterschied sich, sodass keine allgemeinen Aussagen getroffen werden konnten (ÖB Damaskus 2023). Extremistische Gruppen hatten in ihren Gebieten religiöse Gerichte eingerichtet, die für angebliche religiöse Vergehen von Zivilisten harte Strafen verhängten. Der allgemeine Zusammenbruch staatlicher Autorität und die Ausbreitung von Milizen in weiten Teilen des Landes führten zu willkürlichen Verhaftungen, Schnelljustiz und außergerichtlichen Strafen auf allen Seiten des Bürgerkriegst (FH 2024). Nicht staatliche Akteure hielten sich oft nicht an die Garantien für faire Verfahren. In den von der Opposition kontrollierten Gebieten variierten die Rechtsverfahren der rechtlichen Rechenschaftspflicht je nach Ort und der nicht staatlichen bewaffneten Gruppe, die die Kontrolle ausübte, wenn lokale Regierungsstrukturen diese Verantwortung übernahmen. Nichtregierungsorganisationen berichteten, dass Zivilisten diese Prozesse durchführten und sich dabei in manchen Fällen an die gewohnten Scharia-Gesetzte hielten und in anderen an die nationalen Gesetze. Manche Verurteilungen durch oppositionelle Scharia-Gerichte endeten in öffentlichen Hinrichtungen ohne Berufungsprozess (USDOS 22.4.2024).
Gebiete unter der Kontrolle der Ha'yat Tahrir ash-Sham (HTS)
In Idlib übernahmen quasi-staatliche Strukturen der sogenannten Heilsregierung (Syrische Heilsregierung - Syrian Salvation Government - SSG) der Terrororganisation Ha'yat Tahrir ash-Sham (HTS) Verwaltungsaufgaben (AA 2.2.2024). Die SSG hatte ein Justizministerium eingerichtet, das aus sechs Hauptabteilungen bestand. Die zivile bzw. allgemeine Justiz, die Verwaltungsjustiz und die Militärjustiz waren dem Justizministerium angegliedert. Die Sicherheitsjustiz, die Justiz von Organisationen und Verbänden und die Interne Justiz waren nicht beim Justizministerium angegliedert. In diesem Justizsystem gab es viele Behörden, die fast vollständig voneinander getrennt waren Die Zivile bzw. allgemeine Justiz befasste sich mit Fällen des Personen- und Zivilstandsrechts und mit Straftaten, die von Zivilisten begangen wurden. Es gab fünf Gerichte der allgemeinen Justiz. Richter waren in der Regel Geistliche oder Scheichs. Die Verfahren in diesen Gerichten waren nicht kostenlos (SNHR 31.1.2022). Es gab viele örtliche Gerichte, die über das gesamte Gebiet verteilt waren, und diese stellten den häufigsten Kontaktpunkt der Zivilbevölkerung mit dem Justizsystem dar. Offiziell unterstanden diese Gerichte dem Justizministerium, das in bestimmten Fällen eingreifen konnte. Laut örtlichen Quellen schienen diese Gerichte ihre Arbeit jedoch regelmäßig an Stammesnetzwerke auszulagern (OFPRA 27.4.2023). Die Verwaltungsjustiz war auf Streitigkeiten zwischen den Ministerien der SSG oder in Streitfällen mit einer Verwaltungsbehörde spezialisiert. Es gab dafür nur ein einziges Gericht in Idlib. Die Militärjustiz fokussierte auf militärische Angelegenheiten, wie Schlachten und Gefechte und überschnitt sich mit der Sicherheitsjustiz bei der Verfolgung von Mitgliedern der Oppositionsfraktionen. Die Nichtregierungsorganisation Syrian Network for Human Rights (SNHR) dokumentierte zwei Militärgerichte. Die Sicherheitsjustiz galt als die einflussreichste und autoritärste der Justizbehörden von HTS und unterstand dem Sicherheitsapparat. Die Sicherheitsjustiz umfasste keine erkennbaren Gerichte, sondern Sicherheitszentren mit sowohl geheimen als auch nicht-geheimen Haftzentren. Die Arbeit der Sicherheitszentren war in Kategorien unterteilt, die sich beispielsweise auf die Verfolgung von Agenten des Syrischen Regimes, auf organisierte Kriminalität, auf Personen, die mit der US-Koalition in Verbindung standen oder auf Angehörige des Islamischen Staates spezialisierten. Die Gesamtanzahl der Sicherheitszentren wurde auf 112 geschätzt. Die Justizbehörde für Organisationen und Vereine war auf die Verfolgung von Mitgliedern zivilgesellschaftlicher Organisationen spezialisiert und hatte ihren Sitz in der Nähe des Grenzübergangs Bab al-Hawa. Die Interne Justiz war eine Sondereinrichtung, die sich mit der Lösung von HTS-internen Konflikten befasste. Sie wurde direkt von HTS-Anführer Abu Mohammad al-Joulani geleitet. Diese Einrichtung verfügte über geheime Gefängnisse (SNHR 31.1.2022). Die Sicherheitstribunale, die nicht in den Zuständigkeitsbereich des Justizministeriums fielen, schienen die eigentliche Justizmacht von HTS zu sein. Diese Tribunale befanden sich in etwa hundert „Sicherheitszentren“, die als Haftanstalten dienten und dem „Allgemeinen Sicherheitsapparat“ unterstellt waren, der Polizeieinheit, die von HTS kontrolliert wurde. Die verschiedenen Abteilungen dieser Institution waren für die Bearbeitung von Fällen Organisierter Kriminalität und von Fällen zuständig, in denen Personen beschuldigt wurden, das Regime oder rivalisierende Oppositionsgruppen, den Islamischen Staat oder die Vereinigten Staaten zu unterstützen (OFPRA 27.4.2023).
Kurdischen Medienberichten zufolge gab es 25 Gefängnisse in Idlib und Umgebung, die zur HTS gehören. 20 davon wurden von ihrem Sicherheitsapparat geführt. Als Folge von Protesten etablierte die SSG der HTS ein "Zweites Sicherheitsgericht" in Idlib für die Rechtssprechung über Sicherheitsstraftaten (SOHR 30.6.2024; vgl. Enab 30.3.2024), sobald der Oberste Justizrat Regulierungen für die Arbeit dieses Gerichts erlassen hatte (SOHR 30.6.2024).
Entscheidungen der Justizbehörden wurden nicht auf Grundlage spezifischer und bekannter Gerichtsurteile und Vorschriften getroffen, sondern stützten sich hauptsächlich auf ministerielle Rundschreiben, das waren Anweisungen, die als Rechtskodex für die Gerichte gelten. Da es kein formelles Gesetz gab, das die Verfahren für die Arbeit der Gerichte regelte, kam die Prozessordnung einer solchen Gesetzgebung am nächsten, während die Gerichte in zwei Instanzen arbeiteten, wobei einige wenige in drei Instanzen arbeiteten. Für die Allgemeine Justiz waren das islamische Recht, einige syrische Gesetze und Rundschreiben des Justizministeriums die Rechtsgrundlage (SNHR 31.1.2022). Auch eine kurdische Medienorganisation berichteten, dass Aktivisten zufolge die Judikatur der HTS nicht auf Gesetzen basierte (NPA 20.4.2023).
SNHR berichtete, dass es zu wenige Richter und Anwälte für die hohe Menge an zu erledigender Arbeit gab. In vielen Bereichen griff die HTS daher auf loyal zu ihr stehende Studierende der Religions- oder Rechtswissenschaften zurück, wodurch die Unabhängigkeit und Effizienz der Justiz nicht gegeben war (SNHR 31.1.2022). Menschenrechtsgruppierungen und Medienorganisationen berichteten, dass die HTS denen, die sie verhaftet hatte, die Möglichkeit verwehrte, die Rechtsgrundlage oder den ungerechten Charakter ihrer Haft im Scharia-Justizsystem anzufechten. HTS ließ Geständnisse, die unter Folter erhalten wurden, zu und richtete als Oppositionelle wahrgenommene und ihre Familien hin oder lies diese verschwinden (USDOS 22.4.2024).
Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Letzte Änderung 2025-05-08 22:36
[Die Lage bezüglich Sicherheitsbehörden befindet sich derzeit im Umbruch. Teilweise liegen nicht ausreichend Informationen zu bestimmten Aspekten vor (wie z. B. Struktur, Aufbau, Ausrüstung etc.). Im Folgenden wird der aktuelle Stand dargelegt, wie er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Teilweise werden Falschinformationen, insbesondere auf Social Media Kanälen verbreitet, die in weiterer Folge auch Eingang in andere Berichte finden. Die Vorgehensweise der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Länderinformationen entspricht den in der Methodologie der Staatendokumentation festgeschriebenen Standards. Weder wird ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der vorliegenden Informationen erhoben. Weitere Informationen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.]
Seitdem der friedliche Aufstand gegen das Assad-Regime Ende 2011 in den bewaffneten Konflikt überging, bildeten sich bewaffnete Gruppierungen auf fast der gesamten syrischen Landkarte, angefangen bei Offizieren und Soldaten, die vom Regime übergelaufen waren, bis hin zu Gruppierungen, die sich aus lokalen und religiösen Gruppierungen zusammensetzten. Sie standen im Konkurrenzkampf einerseits untereinander und andererseits kämpften sie gegen die Regimekräfte, die ihnen bis 2018 schwere Verluste zufügten. Danach wurden viele Gruppierungen aufgelöst. Andere übersiedelten unter russischer Schirmherrschaft im Rahmen von Abkommen nach Nordsyrien oder blieben auf der Basis von "Versöhnungsabkommen" unter russischer Schirmherrschaft und Garantien bzw. direkten Abmachungen mit dem Assad-Regime weiter bestehen. Im Zuge der Kampfhandlungen im Spätherbst 2024 schienen die Oppositionskämpfer gut organisiert zu sein und arbeiteten in einem Bündnis unter dem Namen Abteilung für militärische Operationen (Department of Military Operations - DMO) zusammen (Asharq 9.12.2024). Für die Großoffensive "Abschreckung der Aggression", die am 17.11.2024 startete und zum Sturz des Präsidenten al-Assad führte, hatten sich die Rebellen monatelang vorbereitet (NYT 1.12.2024). Im Laufe des vergangenen Jahres entwickelten die Kämpfer eine neue Methode, die sich auf die Verwendung von Drohnen stützte (Guardian 8.12.2024). Von den ersten Tagen der Offensive an veröffentlichte die von den Rebellen geführte DMO mehrere Videos von Angriffen auf Militärfahrzeuge und Versammlungen von Soldaten des syrischen Regimes mit sogenannten Shaheen-Drohnen, die eine große Effektivität und Genauigkeit beim Treffen der Ziele zeigten. Für diese Drohnen wurden eigens die Shaheen-Bataillone geschaffen (AJ 10.12.2024). Diese Bataillone sind für ihr hohes Maß an Fachwissen und ihre Präzision bekannt. Sie sollen von Offizieren aus Osteuropa ausgebildet worden sein (IndepAr 5.12.2024). Für die Ausbildung soll die Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) sogar eine eigene Drohnenakademie betrieben haben (LF 13.12.2024). Zum ersten Mal in der Geschichte des Syrienkonflikts war die bewaffnete Opposition nun in der Lage, den Luftraum zu kontrollieren (IndepAr 5.12.2024). Die verschiedenen Drohnentypen trugen dazu bei, eine Art Gleichgewicht im Luftraum zu erreichen, gemeinsam mit der Tatsache, dass die Russen den Großteil ihres Luftarsenals aus Syrien abgezogen hatten, weil sie mit dem Krieg in der Ukraine beschäftigt waren (AJ 10.12.2024). Die Drohnen, die in niedriger Höhe fliegen, greifen Fahrzeuge und gepanzerte Fahrzeuge an, feuern Raketen auf Soldaten ab, oder es sind Selbstmorddrohnen, die sich schnell auf Fahrzeuge und Panzer stürzen und sich sofort mit jedem Objekt, das mit ihnen kollidiert, in die Luft sprengen. Einer Warnung Russlands zufolge soll die HTS über mehr als 250 fortschrittlicher Drohnen verfügt haben. Gerüchten zufolge unterhielt die HTS im Nordwesten Syriens eine Fabrik zur Herstellung von Drohnen mit Düsentriebwerken und Sprengbomben gemeinsam mit ausländischer Unterstützung (IndepAr 5.12.2024), wie beispielsweise durch uigurische Ingenieure der Turkistan Islamic Party (TIP, die aus Dschihadisten besteht, die aus China stammen und sich im ländlichen Latakia und Idlib niedergelassen haben). Sie beaufsichtigen die Herstellung der Drohnen für ein monatliches Gehalt von bis zu 4.000 Dollar (Nahar 29.11.2024). Die Entwicklung dieser Waffen soll in kleinen Werkstätten, untergebracht in Garagen, Häusern, ehemaligen Schulgebäuden, Lagerhäusern und anderen Orten, die schwer zu entdecken sind, passiert sein (LF 13.12.2024). HTS hat eine komplexe Infrastruktur aufgebaut, um den Einsatz von Drohnen zu ermöglichen. Dazu gehört auch der Einsatz von 3-D-Drucktechnologie zur Herstellung von Teilen, die nicht ohne Weiteres aus kommerziellen Quellen bezogen werden können (LF 13.12.2024).
Der Interimsregierung unter der Führung der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) fehlt es an ausreichendem Personal, um das ganze Land zu verwalten und die Posten zu bemannen. Es werden entweder andere Gruppierungen mit an Bord geholt werden müssen, oder möglicherweise auch ehemalige Soldaten (PBS 16.12.2024). Die einzigen Ordnungskräfte sind diejenigen Gruppierungen, die aus Idlib mitgekommen sind und die sich – personell überlastet – um ein Minimum an Ordnung in den Städten bemühen (SYRDiplQ1 5.2.2025). Associated Press berichtete am 16.12.2024, dass Polizeikräfte des Assad-Regimes verschwunden sind und an ihre Stelle Polizeikräfte der Syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Gouvernements - SSG) - der von der HTS geführten Regierung, die bis zum Sturz al-Assads in Idlib regierte - getreten waren. Sie bearbeiten Fälle von kleineren Diebstählen und Straßenkrawalle (AP 15.12.2024b). Die Polizisten der SSG sollen 4.000 Mann stark sein, wobei die Hälfte davon weiterhin in Idlib operiere, während die andere Hälfte in Damaskus und anderen Teilen Syriens für Ordnung sorgen. Obwohl manche von ihnen religiöse Symbole tragen, ließen sie andersgläubige Minderheiten weitgehend in Ruhe (AP 15.12.2024b).[Weiterführende Informationen zur Behandlung von Minderheiten finden sich im Kapitel Ethnische und religiöse Minderheiten - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (seit 8.12.2024) sowie Allgemeine Menschenrechtslage - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad Regimes (seit 8.12.2024).] Die Kräfte, die Syriens neuem Machthaber zur Verfügung stehen, sind unzureichend. Die 30.000 Mann starke HTS ist nun über das ganze Land verteilt (Economist 5.3.2025). In Damaskus ist in den wichtigsten Bereichen nur Militärpersonal der HTS zu sehen, das ein Gefühl der Sicherheit vermittelt und versucht, den Verkehr zu regeln – allerdings mit begrenztem Erfolg. Dies ist nicht nur eine Folge der begrenzten Kapazitäten der HTS, die nun an ihre Grenzen stoßen, da sie ein ganzes Land und nicht nur einen Teil einer Provinz verwalten müssen. Es ist auch ein Symptom für den abrupten Zusammenbruch der traditionellen Sicherheitsstrukturen. In den meisten Städten wurden in den ersten Tagen nach dem Zusammenbruch des Assad-Regimes Polizeistationen und Gerichte geschlossen, und Diebstähle – sowohl von Autos als auch von Häusern – nahmen aufgrund des Mangels an neu ausgebildeten Polizisten zu (AGSIW 4.3.2025). Während des Umsturzes am 8.12.2024 wurden die meisten Polizeistationen in Damaskus von Plünderern verwüstet, wobei Ausrüstung und Unterlagen geplündert oder zerstört wurden. Die Polizei gab an, dass die Hälfte der etwa 20 Polizeistationen inzwischen wiedereröffnet wurde, aber sie jeweils nur mit zehn Beamten besetzt sind, die größtenteils aus Idlib kommen. Zuvor waren es 100 bis 150 Mann (REU 23.1.2025). In Damaskus und anderen Orten kam es häufig zu Gewaltausbrüchen, weil Polizei und Armee nicht über genügend Personal verfügen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Straßen sind oft mit Müll übersät, und anstelle der Polizei regeln Teenager den Verkehr (FT 25.3.2025). HTS hat sich auf ihre eigenen Einheiten und die ihrer engen Verbündeten verlassen, um die vier von Minderheiten dominierten Gouvernements zu sichern. Zu diesen gehören vor allem die Einheiten der Allgemeinen Sicherheit (auch: General Security) des Innenministeriums der ehemaligen syrischen Heilsregierung (Syrian Salvation Government - SSG). Diese Kräfte sind im Wesentlichen schwer bewaffnete Polizisten, die eingesprungen sind, um Unterstützung zu leisten, während neue lokale Polizeikräfte noch aufgebaut werden. Die Abteilung für militärische Operationen hat auch Einheiten im ganzen Land eingesetzt, um die überlastete Allgemeine Sicherheit zu unterstützen und weitere Sicherheitslücken zu schließen. DMO-Einheiten führen gezielte Razzien gegen bewaffnete Zellen durch, halfen anfangs bei der Überwachung von Städten und besetzten zeitweise Kontrollpunkte. Ende Dezember 2024 wurden viele Einheiten aus den Küstenstädten abgezogen und auf Kontrollpunkte und Stützpunkte beschränkt, wo sie durch wachsende lokale Polizeikräfte ersetzt wurden. Am problematischsten waren die ausländischen Kämpfergruppen innerhalb der Eliteeinheit Rote Brigaden [mehr dazu s. unten Anm.] von DMO und HTS, die viele der Razzien der neuen Regierung anführt (MEI 21.1.2025). Die Sicherheitskräfte des alten Regimes wurden aufgelöst. Frühere Versprechen, die Polizei auf ihre Posten zurückzurufen, wurden nicht eingehalten. Die Menschen wurden aufgefordert, sich erneut auf ihre Stellen zu bewerben, aber das Verfahren ist undurchsichtig und soll Alawiten abschrecken. Ash-Shara' hat sich größtenteils an die Sicherheitskräfte seiner Verwaltung in Idlib gewandt, um den Personalmangel auszugleichen. Erfahrene Offiziere des alten Regimes sind jetzt Taxifahrer. In diesem Vakuum stellen die örtlichen Gemeinden ihre eigenen Bürgerwehren zusammen (Economist 5.3.2025).
Ash-Shara' versprach, dass die bewaffneten Gruppierungen und Milizen entwaffnet würden (HB 16.12.2024), und kündigte an, dass die bewaffneten Gruppierungen aufgelöst und die Kämpfer ausgebildet werden, um in die Reihen des Verteidigungsministeriums einzutreten. Sie werden dem Gesetz unterworfen sein (DW 17.12.2024). Seit Jänner 2025 haben die Interimsministerien für Verteidigung und Inneres zügig daran gearbeitet, alle bewaffneten Gruppen unter einer einzigen, mit dem Staat verbundenen Armee und Polizei zu vereinen. Für diesen Prozess wurde der Oberste Ausschuss für die Regulierung der Streitkräfte eingerichtet, der Waffen, Technologie, Militärstützpunkte und Personal überwachen soll. Ein Ausschuss von Offizieren entwirft derzeit die Struktur der neuen syrischen Armee. Die Regierung hat klargestellt, dass alle militärischen Fraktionen aufgelöst und in staatliche Institutionen integriert werden (TNA 3.2.2025). Der Prozess der Bildung einer neuen Armee für Syrien wird auf der Vereinigung mehrerer bewaffneter Gruppierungen beruhen, die über das ganze Land verteilt sind. Einige dieser Gruppierungen waren in Nord- und Westsyrien aktiv, während andere ihren Einfluss auf Südsyrien konzentriert haben, wie die Achte Brigade unter der Führung des ehemaligen Oppositionskommandeurs Ahmad al-'Awda oder andere Formationen, die in der drusischen Mehrheitsprovinz Suweida eingesetzt werden. Diese Formationen, die sich in der nächsten Phase zu einer einzigen Armee vereinigen sollen, sind jedoch über ihre Visionen und Ziele sowie darüber, woher sie Unterstützung erhalten, zerstritten (AlHurra 12.2.2025). Die HTS verhandelte mit Einheiten der aufgelösten Syrischen Arabischen Armee (SAA) über die Zusammenlegung und Integration in eine neue syrische Armee (ISW 16.12.2024). Der neue syrische Verteidigungsminister Murhaf Abu Qasra kündigte am 6.1.2025 den Beginn von Sitzungen mit militärischen Gruppierungen an, um Schritte für deren Integration in das Verteidigungsministerium zu entwickeln. Die zwei größten drusischen Fraktionen aus der südlichen syrischen Provinz Suweida haben daraufhin ihre Bereitschaft erklärt, sich der neuen syrischen Armee anzuschließen (AlHadath 7.1.2025). Die richtungsweisende Entscheidung, die bewaffneten Gruppierungen unter einer einzigen nationalen Armee zusammenzufassen, wurde während eines hochrangigen Treffens in Damaskus formalisiert. Die neu vereinte Truppe wird dem Verteidigungsministerium unterstellt sein und darauf abzielen, die militärische Führung zu zentralisieren und die Ordnung wiederherzustellen. Das Abkommen umfasst nicht alle Fraktionen. Gruppierungen, die in südlichen Regionen wie Dar'aa, Quneitra und Suweida operieren, sowie in at-Tanf stationierte, von den USA ausgebildete Truppen bleiben außerhalb des Geltungsbereichs. Auch die kurdisch dominierten SDF fallen nicht unter das Abkommen. Pläne für eine umfassendere Integration sollen nach dem Ende der Amtszeit der Übergangsregierung im März umgesetzt werden (TR-Today 8.1.2025). Dem syrischen Verteidigungsminister zufolge waren die bewaffneten Gruppen bereit, sich der neuen Militärstruktur anzuschließen. Das syrische Verteidigungsministerium berichtete, dass die neue syrische Regierung mit Vertretern von mehr als 60 bewaffneten Gruppierungen zusammengetroffen sei, die sich bereit erklärt hätten, sich in das neue Verteidigungsministerium zu integrieren. Es wurde ein Ausschuss eingerichtet, um eine einheitliche Datenbank der Streitkräfte zu erstellen, die Informationen über die Humanressourcen (Offiziere, Unteroffiziere, Soldaten und akademisches Personal) und über militärische Vermögenswerte (Hauptquartiere, Technologie und Waffen) enthalten soll. Die Informationen würden der Führung des Verteidigungsministeriums vorgelegt, gefolgt von Treffen mit den bewaffneten Organisationen, um die Struktur der Sicherheitskräfte festzulegen und Kommandeure zu ernennen (MAITIC 23.1.2025). Die Bewegung der syrischen Oppositionsfraktionen gegen Assad war schon immer zersplittert, und es gibt eine lange Geschichte von gescheiterten Vereinigungsprojekten, sowohl im Norden als auch im Süden des Landes. Nach dem Sturz von al-Assad hat sich die Lage geändert, aber die Probleme sind nicht völlig verschwunden (AlHurra 12.2.2025). Der Übergangsregierung ist es gelungen, von bewaffneten Gruppen im ganzen Land (mit Ausnahme von Suweida) vorsichtige Zugeständnisse zu erwirken. Die Bildung einer Süddivision deutet darauf hin, dass sie an einer vorübergehenden Lösung gegenüber dem geschäftsführenden Verteidigungsministerium interessiert ist: Bisher scheinen nicht zu HTS gehörende bewaffnete Gruppen bereit zu sein, mit dem Ministerium zusammenzuarbeiten, ohne jedoch ihre Organisationsstrukturen und geografischen Einflusszonen aufzugeben oder sich entwaffnen zu lassen. Tatsächlich werden die Brigaden der Süddivision die Spaltungen, die den Süden seit Jahren prägen – zwischen dem östlichen und westlichen Dara'a, zwischen Dara'a und Suweida und zwischen konkurrierenden Gruppierungen untereinander – aufrechterhalten (Etana 22.2.2025). Obwohl ash-Shara' Fortschritte bei der Bildung eines Verteidigungsministeriums nach al-Assad unter der Kontrolle der von HTS geführten Behörden in Damaskus signalisiert hat, gibt es über Erklärungen gegenüber den Medien und Diplomatenbesuchen hinaus kaum Anzeichen für praktische Fortschritte. Da es keinen transparenten Plan für die Bildung eines neuen Verteidigungsministeriums gibt, haben ehemalige Oppositionsfraktionen ihre Waffen nicht abgegeben (Etana 10.1.2025). Übergangspräsident ash-Shara' und Verteidigungsminister Abu Qasra haben sich noch nicht mit den Einzelheiten befasst, wie diese Armee von innen aussehen wird und ob das neue syrische Verteidigungsministerium in der Lage ist, eine vollständige Harmonie zwischen den Fraktionen und Kämpfern zu erreichen (AlHurra 12.2.2025). [Informationen zur neuen syrischen Armee finden sich auch im Kapitel Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (seit 8.12.2024). Informationen zur Eingliederung der kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) finden sich im Unterkapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Sicherheitsbehörden in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) Anm.]
Am 29.1.2025 wurde die Auflösung bewaffneter Gruppierungen in Syrien bekannt gegeben, darunter auch die HTS (Sky News 31.1.2025). Einem Journalisten von Sky News zufolge sind viele Gruppierungen, die HTS unterstützten, bereits Teil der Allgemeinen Sicherheit (General Security Force) geworden und tragen alle einheitliche schwarze Uniformen und Kampfanzüge (Sky News 13.2.2025). Die General Security war die wichtigste Polizeitruppe der HTS im Nordwesten Syriens und ist nun zur Gendarmerie der Übergangsregierung in ganz Syrien geworden, um das Sicherheitsvakuum nach dem Sturz des Regimes zu füllen (ISW 16.4.2025). Bereits am 28.1.2025 wurde berichtet, dass sich die der al-Qaida nahestehende Gruppierung Hurras ad-Din aufgelöst hatte. 2018 geriet die Gruppierung mit der HTS in Konflikt, nachdem sich Letztere von der al-Qaida losgesagt und ihren Namen geändert hatte (Araby 28.1.2025). Die verschiedenen Gruppierungen in Südsyrien, darunter die von Russland unterstützte 8. Brigade in Dara'a und drusische Milizen in Suweida, haben bestimmte Bedingungen für den Beitritt zu einer nationalen Armee festgelegt. Dazu gehören die Einrichtung einer wirklich repräsentativen Regierung, eine neue Verfassung und ein nicht konfessionsgebundenes Militär. Diese Forderungen unterstreichen das tief sitzende Misstrauen gegenüber einer zentralisierten Autorität und den Wunsch nach lokaler Autonomie, was die Aufgabe der Armeevereinigung weiter erschwert (DNewsEgy 3.2.2025). Bisher ist es gelungen, die von der Türkei unterstützten Gruppierungen in den nördlichen Teilen Syriens aufzulösen (NLM 25.2.2025). Militärangehörige, darunter hochrangige Offiziere, sagten, dass einige Oppositionsfraktionen weiterhin in den Formationen operieren, die sie vor dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Bashar al-Assad im Dezember genutzt haben, während gleichzeitig eine schrittweise Übergabe an Brigaden unter der Führung von Damaskus stattfindet, um eine neue Armee aufzubauen (National 21.2.2025).
Für das Innenministerium wird ein Kader vorbereitet, der eine spezielle Ausbildung erhalten soll, um seine Aufgaben im Rahmen eines Plans zur Gewährleistung einer sicheren Gesellschaft zu übernehmen (Araby 16.12.2024). Am 10.1.2025 gab das Innenministerium bekannt, dass der Eintritt in die Polizei und die Allgemeine Sicherheit durch die Einschreibung in die Polizeihochschule möglich sei. Die Kurse erstreckten sich auf fast alle syrischen Gouvernements, angeführt von Damaskus und seinem Umland, Homs, Tartus, Idlib, Suweida und Deir ez-Zour. In der Meldung hieß es, dass die Bewerber mindestens 20 sein müssen und höchstens 30 Jahre alt sein dürfen, mindestens einen Highschool-Abschluss oder einen gleichwertigen Abschluss haben müssen. Sie müssen die vorgeschriebenen Kurse bestehen, nicht wegen eines Verbrechens oder einer Straftat verurteilt worden sein, bei guter Gesundheit und körperlicher Fitness und mindestens 168 cm groß sein (Syria TV 21.2.2025). Mehr als 200.000 Menschen haben sich für einen neuen Polizeidienst angemeldet, der derzeit aufgebaut wird, sagte der Kursleiter an der Polizeiakademie in Damaskus. Polizisten, die vor Assads Sturz zu den Rebellen übergelaufen sind, können sich für die neue Truppe bewerben. Diejenigen, die dies nicht getan haben, wurden aufgefordert, einen "Versöhnungsprozess" zu durchlaufen, einschließlich der Unterzeichnung eines Dokuments, in dem sie den Regimewechsel akzeptieren, und der Abgabe ihrer Waffe. Es ist noch nicht klar, ob sie sich der neuen Truppe anschließen dürfen (REU 23.1.2025). [Weitere Informationen zum Versöhnungsprozess finden sich in den Kapitel Rechtsschutz / Justizwesen - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).] Das Innenministerium änderte die Bedingungen für die Aufnahme von Mitgliedern des Sicherheits- und Polizeidienstes. Darunter sind eine Altersgrenze von 30 Jahren anstelle von zuvor 26 Jahren und Lockerungen bei den Anforderungen an die körperliche Gesundheit und Fitness. Die Ausbildung dauert 21 Tage. Unter dem Assad-Regime betrug die Ausbildungszeit neun Monate (Tayyar 31.1.2025). Reuters hingegen berichtet von zehn Tagen Unterricht in Waffenhandhabung und islamischen Recht. Wenn sich die Sicherheitslage verbessert, soll die Ausbildung auf neun Monate verlängert werden, wobei ein von den Rebellen in Idlib eingeführtes System verwendet wird (REU 23.1.2025). Die allgemeine Landschaft des neuen Sicherheitsapparats weist deutliche Veränderungen auf, vor allem in Bezug auf die islamistische Färbung, die mit einigen Details einhergeht, wie die lauten Takbir-Rufe ["Allahu Akbar"-Rufe Anm.] bei den Abschlussfeiern, nachdem die Freiwilligen die Scharia- und Militärtrainingskurse absolviert haben, und die Abschlussreden der Veranstaltung, die sich auf die islamischen Lehren und die Notwendigkeit konzentrieren, „im Einklang mit Gottes Gesetz“ zu handeln (Tayyar 31.1.2025). Reuters zitiert Quellen, wonach die islamische Lehre dazu dienen soll, der neuen syrischen Polizei Moral zu vermitteln. Mitglieder der HTS-Polizeieinheit in Idlib sind nach Damaskus gereist, um Polizeibeamte zu rekrutieren. Die HTS-Polizei hat den Bewerbern eine Reihe von Fragen zu ihrem Glauben gestellt und die Ausbildung der neuen Rekruten konzentriert sich auf das Scharia-Recht (REU 23.1.2025).
Am 16.4.2025 kündigte das Innenministerium an, dass es einen Beamten ernennen werde, der sowohl die Kräfte der Allgemeinen Sicherheit als auch die Polizeikommandos in jeder Provinz beaufsichtigen solle, um so die Kontrolle über beide Kräfte zu zentralisieren (ISW 16.4.2025).
Langfristig werden Syriens Bemühungen zur Reform seines Militärs mit enormen Herausforderungen beim Wiederaufbau seines Waffenarsenals und seiner Infrastruktur konfrontiert sein, insbesondere nach der weitreichenden Zerstörung durch israelische Luftangriffe im Dezember 2024. Diese Angriffe galten über 100 Luftverteidigungsbatterien, Radarsystemen und Geheimdienstbasen, wodurch ein Großteil des syrischen Arsenals unbrauchbar wurde. Berichten zufolge führte Israel in acht Tagen über 600 Angriffe durch und zerstörte dabei etwa 80 % der strategischen Waffen Syriens. Die syrische Luftwaffe, die Berichten zufolge Anfang 2024 über 184 einsatzfähige Flugzeuge verfügte, verfügt nun nur noch über eine Handvoll übergebliebener – wenn auch einsatzfähiger – Flugzeuge. Dasselbe gilt für die Hunderte von Fahrzeugen und Ausrüstungsgegenständen – darunter Kampfpanzer, Schützenpanzer, Langstrecken-Mehrfachraketenwerfer und SAM-Systeme – welche die Rebellen von der sich zurückziehenden Syrischen Arabischen Armee (Syrian Arab Army - SAA) erbeutet haben, deren Schicksal unbekannt ist. Schätzungsweise 15 Marineschiffe wurden bei Angriffen auf Minaa el-Beida und Latakia zerstört, Tartus wurde jedoch verschont, um russische Streitkräfte nicht zu treffen. Der Wiederaufbau des syrischen Militärs – insbesondere der Luftwaffe und der Luftverteidigungsnetze, einschließlich Abfangjäger-Vorräte, Ersatzteile und Ausbildung der Besatzungen – wird Jahre dauern und Milliarden Dollar kosten, und das zu einer Zeit, in der die staatlichen Kassen fast leer sind (TNA 3.2.2025). Ash-Shara' kündigte einen Plan an, für den Import moderner militärischer Fahrzeuge, die für die Sicherheitsdienste in allen Provinzen geeignet sein sollen (Araby 16.12.2024).
Die ehemaligen militärischen Geheimdienste Syriens waren für ihre Unterdrückung berüchtigt. In der neuen Struktur werden Anstrengungen unternommen, um ein Nachrichtensystem von Grund auf neu aufzubauen, das frei von den Altlasten des vorherigen Regimes ist (TR-Today 8.1.2025). Das syrische Generalkommando hat die Ernennung von Anas Hassan Khattab zum Leiter des allgemeinen Nachrichtendienstes bekannt gegeben. Khattab übernahm Anfang 2014 die Position des administrativen Emirs der Jabhat an-Nusra, nachdem er Ende 2013 einer der Anführer der Gruppe und allgemeiner administrativer Emir gewesen war. Nach Angaben des Sicherheitsrats wurde Khattab am 23.9.2014 gemäß den Ziffern 2 und 4 der Resolution 2161 (2014) auf die Sanktionsliste gesetzt, weil er mit al-Qa'ida in Verbindung stand, weil er „an der Finanzierung, Planung, Erleichterung, Vorbereitung, Begehung, Beteiligung oder Unterstützung der Handlungen und Aktivitäten der Jabhat an-Nusra beteiligt war“ und weil er „die Handlungen und Aktivitäten der Jabhat an-Nusra in irgendeiner anderen Form unterstützt hat“ (BBC 26.12.2024). Quellen bestätigten gegenüber Al Jazeera die Ernennung von Generalmajor 'Ali Nour ad-Din an-Na'san zum neuen syrischen Generalstabschef. Lokalen syrischen Plattformen zufolge war an-Na'san ein militärischer Befehlshaber von Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) (AJ 9.1.2025b). Ende Dezember 2024 wurden von der neuen Regierung Kämpfer in Führungspositionen ernannt. Unter den 50 neuen militärischen Ernennungen waren sechs ausländische Kämpfer im Rang eines Brigadegenerals und eines Obersts, darunter zwei Araber. Die Ernennungen sind Teil einer umfassenderen Kampagne von ash-Shara' zur Umstrukturierung der Neuen Syrischen Armee, die Persönlichkeiten mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlicher Nationalität umfasst (Sky News 30.12.2024).
Der Kreml teilte Mitte des Monats Dezember 2024 mit, dass das Schicksal der russischen Militärbasen in Syrien noch immer diskutiert werde und dass die Kontakte mit syrischen Beamten fortgesetzt würden (AJ 28.12.2024b). [Weitere Informationen zum russischen Engagement finden sich im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) / Ausländische Unterstützung bzw. Einmischung (Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (seit 8.12.2024)).]
Die bewaffnete Landschaft Syriens besteht aus einem komplexen Geflecht von über 60 Fraktionen, von denen jede ihre eigene Geschichte, ihre eigenen Loyalitäten und ihre eigene Agenda hat. Mehr als die Hälfte sind der Syrischen Nationalen Armee (Syrian National Army - SNA) angeschlossen. Andere Fraktionen agieren unabhängig oder innerhalb kleinerer Allianzen, mit Ideologien, die von säkular bis islamistisch reichen, und Finanzierungsquellen, die verschiedene regionale und internationale Akteure umfassen. Dieses Flickwerk an Macht stellt ein erhebliches Hindernis für die Schaffung einer einheitlichen nationalen Armee dar (DNewsEgy 3.2.2025). Obwohl die Kämpfer nominell unter der Schirmherrschaft der neuen syrischen Regierung stehen, gibt es nach wie vor Milizen, von denen einige in Menschenrechtsverletzungen verwickelt waren und relativ undiszipliniert sind (Guardian 9.3.2025). Die Kernkräfte der Gruppierung, die die neue Regierung anführt, HTS, sind bekanntermaßen weitaus disziplinierter als andere Akteure, was auf jahrelanger Beobachtung ihrer Aktivitäten in der Provinz Idlib und während des Sturzes von al-Assad beruht. Dennoch waren auch einige HTS-Kräfte an den Massakern im März 2025 in der syrischen Küstenregion beteiligt. Darüber hinaus trägt die neue Regierung weiterhin die Verantwortung für alle Tötungen, die von Gruppen unter ihrem formellen Kommando, einschließlich der SNA, begangen wurden. Ihre Unfähigkeit, diese Verbrechen zu verhindern, verdeutlicht, dass sie über Gebiete und Fraktionen außerhalb ihrer traditionellen Basis nach wie vor nur begrenzt befehligen und kontrollieren kann. Nachdem Berichte über Massaker aufgetaucht waren, gab das Innenministerium eine doppelte Erklärung ab, in der es die Zivilbevölkerung aufforderte, sich nicht einzumischen und die Reaktion der Regierung zu überlassen, und allen regierungsfreundlichen Kräften befahl, sich an die Verfahren zu halten, die während der Offensive zum Sturz des Assad-Regimes angewendet wurden, nämlich keine Zivilisten ins Visier zu nehmen. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch bereits zahlreiche Morde verübt worden, und die Erklärung enthielt keinen Hinweis auf den notwendigen Prozess der Rechenschaftspflicht, der auf solche Vorfälle folgen muss, um weitere Vergeltungsmaßnahmen und Gräueltaten zu verhindern (TWI 10.3.2025). [Details zu den Vorfällen im März 2025 finden sich im Kapitel Sicherheitslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).] In den Reihen der neuen syrischen Armee finden sich auch islamistische Kämpfer aus anderen arabischen Staaten, Zentralasien und dem Kaukasus (Standard 9.3.2025). Es gibt große Probleme bei der Integration der Gruppierungen, die bereits unter dem Verteidigungsministerium zusammengelegt wurden. Zu nennen ist hier der Top-Down-Ansatz, bei dem die Priorität auf Loyalität statt auf Leistung gelegt wird. Es gelingt nicht die ideologischen und klassenbasierten Unterschiede zwischen – und innerhalb – der Gruppierungen, die jetzt unter dem Kommando ash-Shara's stehen, abzumildern (NLM 25.2.2025).
Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS)
Die Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) [zu Deutsch: Komitee zur Befreiung der Levante Anm.] ist die stärkste Gruppierung in Syrien (Asharq 9.12.2024). Ihre Mannstärke wird auf 43.000 geschätzt. Die Hälfte dieser Gruppierungen ist nach der Rückeroberung in ihren ursprünglichen Gebieten geblieben, insbesondere in den Gebieten im Norden von Hama, im Süden von Idlib und im Westen und Süden von Aleppo (Quds 11.1.2025). Sie entstand aus dem Zusammenschluss von fünf Gruppierungen, u. a. der Jabhat Fatah ash-Sham, Liwa' al-Haqq, Jabhat Ansar ad-Din und Jaysh as-Sunna und wurde später von mehreren Bataillonen, Brigaden und Einzelpersonen unterstützt (AJ 3.12.2024). Die HTS versuchte ihren militärischen Flügel durch die Einrichtung eines gemeinsamen Einsatzraums namens „Shahba Community“ in Zusammenarbeit mit bewaffneten Gruppierungen, darunter Ahrar ash-Sham, die Nour ad-Din-Zenki-Bewegung und die „50. Division“ zu stärken (UNSC 22.7.2024). 2019 wurde der Operationsraum Fatah al-Mubin gegründet. Dieser war für die Koordinierung und Abteilung für militärische Operationen in Nordsyrien in Idlib und den ländlichen Gebieten von Aleppo, Latakia und Hama verantwortlich. Mitte 2020 schränkte die Hay'at Tahrir ash-Sham alle militärischen Operationen auf den Operationsraum Fatah al-Mubin ein und untersagte die Bildung jeglicher sonstiger militärischer Gruppierungen oder Operationsräume in den von ihr kontrollierten Gebieten. 2023 verkündete die HTS eine neue Struktur für die militärischen Kräfte in ihren Gebieten an (AJ 3.12.2024). Mitglieder der HTS sind nicht nur Syrer, sondern sie umfasst mehrere Nationen (Asharq 8.12.2024). Sie ist in sechs Brigaden, Spezialeinheiten und Elitetruppen unterteilt, die als Rote Brigaden bekannt sind (Quds 11.1.2025) bzw. als Rote Bänder, und welche Berichten zufolge dank ihrer Fähigkeiten in Bezug auf Ausbildung, Bewaffnung und die Fähigkeit, die Frontlinien zu durchdringen, in der Lage waren, mehrere Kampfhandlungen gegen Assads Streitkräfte zu gewinnen (Asharq 9.12.2024). Die Anzahl der Mitglieder dieser Eliteeinheit ist nicht bekannt, sie soll Berichten zufolge aber aus Hunderten von HTS-Mitgliedern bestehen (Asharq 8.12.2024), die Inghamasiyin genannt werden (AJ 5.12.2024) und von denen einige zu den ideologisch extremsten und kampferfahrendsten Elementen der Rebellenkoalition gehören (Guardian 8.12.2024). Auf ihren Köpfen tragen sie rote Bänder. Die Einheit, die 2018 gegründet wurde, hat einen hohen Ausbildungsstand (AJ 5.12.2024) und verfügt über Spezialwaffen (AlMayadeen 5.12.2024). Daneben gehören auch Gruppen von Scharfschützen zu dieser Eliteeinheit (Asharq 8.12.2024). Auch HTS-Anführer Ahmed ash-Shara' tauchte in einem Video 2020 mit rotem Band am Kopf auf (AlMayadeen 5.12.2024). Die HTS war es, die die Operation "Abschreckung der Aggression" im November und Dezember 2024 anführte (Asharq 9.12.2024).
Ash-Shara' kündigte gegenüber al-'Arabiya und al-Hadath an, dass sich seine Gruppierung bald auflösen wird (Arabiya 6.1.2025b). Am 29.1.2025 wurde die Auflösung der HTS bekannt gegeben (Sky News 31.1.2025).
Andere Gruppierungen
An der Operation "Abschreckung der Aggression" nahmen noch weitere Gruppierungen teil, die teilweise mit der ehemaligen Freien Syrischen Armee (Free Syrian Army - FSA) verbunden sind. Manche dieser Gruppierungen gehörten zur Nationalen Befreiungsfront (National Liberation Front - NLF), wie die Jabhat Tahrir as-Souriya und Jaysh Idlib al-Hurr (AJ 3.12.2024). Einige Gruppierungen werden von der Türkei ausgebildet und unterstützt. Darunter sind die Sultan Murad Division, die Sultan Suleiman Shah Division, die Hamza Division, Jaysh al-Islam und die Jabhat ash-Shamiya (Asharq 9.12.2024). Die NLF ist weitgehend für die Kontrolle in Idlib zuständig, während ein Großteil der militärischen Präsenz in die Schlüsselgebiete Aleppo, Homs, Damaskus, Latakia und Tartus abgezogen wurde. Die NLF koordiniert sich mit den örtlichen Sicherheitskräften. Aufgrund ihrer Mannstärke ist sie stark von verbündeten Gruppierungen abhängig (Etana 17.1.2025). Auch in Dara'a, im Süden Syriens, gibt es viele bewaffnete Gruppierungen, insbesondere Gruppierungen unter dem Banner der ehemaligen FSA (Asharq 9.12.2024).
Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA)
Mehr als die Hälfte der über 60 in Syrien bestehenden bewaffneten Gruppierungen gehört zur von der Türkei unterstützten Syrian National Army. Ihre Stärke beträgt mindestens 80.000 Mann und ihre Hauptaufgabe ist die Bekämpfung der kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) (DNewsEgy 3.2.2025). Die Jabhat ash-Shamiya, die Bewegung Nour ad-Din-Zenki, die islamische Bewegung Ahrar ash-Sham im nördlichen Umland von Aleppo und die Gruppe ash-Shahba beteiligten sich an den Vorbereitungen für die Operation "Abschreckung der Aggression" im Sommer 2024, während die übrigen Fraktionen auf direkte Anweisungen aus Ankara warteten, wie die Nationale Befreiungsfront in Idlib, die Tausende von Kämpfern aus allen Untergruppierungen der Abteilung für militärische Operationen zur Verfügung stellte (Quds 11.1.2025). Sie könnte ca. 50.000 Kämpfer umfassen. Die SNA steht grundsätzlich in Konkurrenz mit der HTS. Ihre Anführer haben erklärt, dass sie schwere Waffen abgeben würde im Gegenzug für hohe Funktionen in der neuen syrischen Armee. Ihre Kleinfeuerwaffen werden sie behalten. Manche Anführer möchten ihr Einkommen, das sie durch Schmuggel über die türkisch-syrische Grenze erhalten, nicht aufgeben (Economist 14.1.2025). Im Widerspruch dazu wird die HTS von der von Ankara unterstützten Nationalen Befreiungsfront (National Liberation Front - NLF) unterstützt, die von Oberst Fadlallah al-Hajji angeführt wird, dem militärischen Befehlshaber der Faylaq ash-Sham und gleichzeitig stellvertretenden Verteidigungsminister in der Übergangsregierung (Quds 11.1.2025). Die NLF schloss sich im Oktober 2019 der SNA an ( MEE 7.12.2024).
Die Suleiman Shah Division (auch: al-Amshat) wird von Mohammad Hussein al-Jassim, bekannt als Abu Amsha, angeführt, einer umstrittenen Figur, die sich schweren Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sieht. Seine Truppen haben ihren Sitz in Sheikh al-Hadid in 'Afrin und erstrecken sich auf Teile des nördlichen Landesteils von Aleppo. Die Hamza-Division (auch: Hamzat) kontrolliert al-Bab, Jarablus und 'Afrin und steht unter dem Kommando von Saif Bolad (Abu Bakr), einem prominenten Führer der von der Türkei unterstützten SNA. Im Jahr 2023 verhängte das US-Finanzministerium direkte Sanktionen gegen die beiden Fraktionen und beschuldigte sie, in den von ihnen kontrollierten Gebieten „Kriegsverbrechen und weitverbreitete Menschenrechtsverletzungen“ zu begehen. Menschenrechtsberichten zufolge waren diese von der Türkei unterstützten Gruppierungen an „systematischen ethnischen Säuberungsaktionen“ und groß angelegten „Massakern“ gegen Zivilisten in Banias, Tartus und Latakia beteiligt, bei denen Hunderte von Menschen, darunter auch Frauen und Kinder, getötet wurden (LebDeb 10.3.2025).
Die syrischen Sicherheitskräfte forderten Anfang März 2025 nach Zusammenstößen mit Anhängern des Assad-Regimes eine allgemeine Mobilisierung über die bereits in der Küstenregion stationierten Einheiten hinaus an. Drei von den USA sanktionierte Milizen der von der Türkei unterstützten SNA folgten diesem Aufruf: Jaish ash-Sharqiya, Sultan Suleiman Shah und die Hamza-Division. Sie wurden zuvor wegen Menschenrechtsverletzungen an Kurden im Nordwesten Syriens angeklagt. An den Kämpfen waren auch ausländische Dschihad-Kämpfer der von den USA benannten Gruppe Ansar al-Tawhid und lokale syrische Zivilisten beteiligt, die die Kriegsverbrechen des Regimes rächen wollten. Die meisten lokalen Berichte deuten darauf hin, dass die überwiegende Zahl der von Regierungstruppen verursachten zivilen Todesfälle Anfang März 2025 in der Küstenregion von einer Mischung aus SNA-Fraktionen, ausländischen Kämpfern und zufälligen Zivilisten begangen wurde (TWI 10.3.2025). [Details zu den Vorfällen Anfang März 2025 in der Küstenregion sind dem Kapitel Sicherheitslage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) zu entnehmen.]
Alle Gruppierungen der Syrischen Nationalen Armee sind an der Operation "Morgenröte der Freiheit" gegen die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) beteiligt (Quds 11.1.2025).
Fahim 'Issa, einer der prominentesten Militärkommandeure in Nordsyrien, sagte, dass die Fraktionen der SNA derzeit nicht bereit sind, sich zusammenzuschließen, weil sie sich in den Kämpfen gegen die SDF mit türkischer Unterstützung engagieren, was im Gegensatz zu ash-Shara's Ansatz steht, die Angelegenheit mit den kurdischen Kämpfern zu regeln (Quds 11.1.2025).
Die Motivationen der Kämpfer in der SNA sind alles andere als einheitlich. In Interviews wurden drei Hauptmotive im gesamten Korps der SNA hervorgehoben: Erstens sind die Kämpfer von Loyalität und Stammesverbundenheit angetrieben und verlassen sich auf verwandtschaftliche Bindungen und das Vertrauen in die lokale Führung. Zweitens werden sie eher durch wirtschaftliche Faktoren motiviert, wobei viele von ihnen im Schmuggel und in der Kontrolle des lokalen Marktes tätig sind. Drittens sind einige Kämpfer, insbesondere an der Levante-Front, ideologisch motiviert und vertreten revolutionäre Ideale und umfassendere Visionen des gesellschaftlichen Wandels (NLM 25.2.2025).
Syrische Freie Arme (Syrian Free Army - SFA)
Die Syrische Freie Armee (Syrian Free Army - SFA) [nicht zu verwechseln mit der mittlerweile aufgelösten Freien Syrischen Armee (Free Syrian Army - FSA) Anm.] ist eine von den USA unterstützte und ausgebildete Einheit von mehreren Hundert Mann, die in Südsyrien an einem Ort namens at-Tanf aktiv ist. Viele Jahre lang war die Einheit vom Großteil Syriens abgeschnitten, da sie nur in einem kleinen Gebiet um die Garnison patrouillieren konnte, in dem sich US-Soldaten aufhielten. Ihr Anführer ist Oberst Salem Turki al-'Antri. Die Syrische Freie Armee entstand aus der erstarkenden Rolle der USA in Syrien, deren Präsenz bis ins Jahr 2015 zurückreicht. Die USA unterstützten die hauptsächlich kurdischen Demokratischen Kräfte Syriens (Syrian Democratic Forces - SDF) im Osten Syriens erheblich. In at-Tanf jedoch, wo die USA einen Stützpunkt in der Nähe einer alten Landwirtschaftsschule errichteten, schlossen sich die USA mit den Maghawir ath-Thawra (MAT) zusammen, die sich aus syrischen Arabern zusammensetzten, die gegen das Assad-Regime waren. Die MAT, aus der später die Syrische Freie Armee hervorging, hatte im Jahr 2018 etwa 300 Mann. Die Rolle der Gruppe sollte darin bestehen, den Islamischen Staat im Rahmen der umfassenderen Anti-IS-Mission der USA in Syrien zu bekämpfen. Im Laufe der Zeit bildeten die USA die Syrische Freie Armee in Schießkunst, Taktik für kleine Einheiten und dem Einsatz leichter Fahrzeuge für Patrouillen aus. Die Truppen der SFA konzentrieren sich weiterhin auf lokale Aufgaben, wie die mobile medizinische Klinik und die Unterstützung der verbliebenen Vertriebenen in Rukban. Sie haben auch Minenräumaktionen durchgeführt. Einige Mitglieder der Syrischen Freien Armee stammen aus Gebieten in der Nähe von Palmyra, etwa 120 Kilometer nördlich von at-Tanf. Nach dem Sturz des Assad-Regimes reisten einige Mitglieder der Einheit, darunter auch al-'Antri, nach Palmyra, um sich mit Einheimischen zu treffen und in dem Sicherheitsvakuum zu agieren, das durch al-Assads rasch verschwindende Armee entstanden war (LWJ 10.2.2025). Die SFA besteht aus syrischen Rebellen, die sich dem syrischen Regime widersetzten. Es handelt sich um arabische Oppositionskräfte, und die Männer stammen hauptsächlich aus der syrischen Provinz Homs und anderen Gebieten in der Nähe von Damaskus und Palmyra (JPOST 2.1.2025). Mitte April 2025 wurde das Training der SFA durch die USA fortgesetzt (LWJ 16.4.2025).
Die Syrische Freie Armee hat sich dem neuen Verteidigungsministerium angeschlossen (TWI 12.2.2025).
Ausländische Kämpfer
Ash-Shara' hat sich an eine Gruppe ausländischer Kämpfer gewandt, die aus dem Norden gekommen sind. Ihre Zahl könnte zwischen 400 und 2.500 liegen (Economist 14.1.2025).
Dschihadistische Gruppierungen
Von den salafistischen Dschihadistengruppierungen, eine nicht unbedeutende Kraft, sind einige in die HTS integriert oder arbeiten unter ihrem Kommando. Darunter fallen Ansar at-Tawhid, Kämpfer der Turkistan Islamic Party (TIP), Jaysh al-Muhajireen wal-Ansar, Sham al-Islam, Ansar al-Islam und die Reste von Hurras ad-Din (Quds 11.1.2025).
Ahrar ash-Sham
Ahrar ash-Sham [zu Deutsch: Freie Männer der Levante Anm.] ist eine religiös ausgerichtete Gruppierung, die sich als eine der ersten bewaffneten Gruppierungen nach Ausbruch des Kriegs in Syrien gebildet hatte (Asharq 9.12.2024). Sie bezeichnet sich selbst als "eine umfassende islamische Reform- und Erneuerungsbewegung und eine der Fraktionen innerhalb der Islamischen Front", sieht ihre Aktivitäten als "militärisch, politisch, sozial und umfassend islamisch" und definiert "den Aufbau eines islamischen Staates" als ihr Ziel (AJ 3.12.2024). 2013 hatten sie die Kontrolle über die Stadt ar-Raqqa übernommen, die sie aber später an den Islamischen Staat (IS) verlor. 2014 wurde eines ihrer unterirdischen Hauptquartiere bei einem Luftangriff getroffen und 40 ihrer Anführer getötet (Asharq 9.12.2024).
Jaysh al-'Izza
Jaysh al-’Izza [zu Deutsch: Armee der Ehre Anm.] ist eine Gruppierung, die insbesondere im Raum Hama aktiv war. Sie wird von Major Jamil as-Salah angeführt (Asharq 9.12.2024). Sie gehört zur Freien Syrischen Armee (Free Syrian Army - FSA) (Arabiya 30.1.2025).
Jaysh al-Islam
Jaysh al-Islam [zu Deutsch: Armee des Islam Anm.]war früher eine der mächtigsten Gruppierungen in Syrien und operierte von Ost-Ghouta, Damaskus, aus. Sie wurden nach Nordsyrien verdrängt. Ihr Anführer war Zahran 'Aloush, der 2015 durch einen Luftangriff getötet wurde. Sein Nachfolger ist 'Isam al-Buwaydani. Diese Gruppierung wird von der Türkei unterstützt (Asharq 9.12.2024).
Jabhat Tahrir as-Souriya
Jabhat Tahrir as-Souriya (JTS) [zu Deutsch: Syrische Befreiungsfront Anm.] wurde Anfang 2018 gegründet und umfasst mehrere Bewegungen, darunter Jaysh al-Ahrar, die in der Region Idlib aktiv waren, Suqour ash-Sham Brigaden, Damaskus Gruppe und die Nour ad-Din-Zenki Brigaden (AJ 3.12.2024).
Nour ad-Din-Zenki Brigaden
Dabei handelt es sich um eine bewaffnete islamistische Gruppierung, die kurz nach dem Ausbruch der syrischen Revolution im Jahr 2011 gegründet wurde. Ihr Hauptgebiet war Aleppo, wo sie bis 2019 militärische und zivile Aktivitäten verband (AJ 3.12.2024).
Ansar at-Tawhid (Unterstützer des Monotheismus)
Das ist eine dschihadistische Gruppierung, die im syrischen Konflikt aktiv war. Sie ist ein Ableger von Jund al-Aqsa (Soldaten der Aqsa-Moschee), die von der bewaffneten Opposition und Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) zerschlagen wurde. Ansar at-Tawhid wurde 2017 von den verbliebenen Mitgliedern der aufgelösten Gruppe Jund al-Aqsa gegründet. Ihre Mitglieder vertreten eine salafistisch-dschihadistische Ideologie unter der Führung von Khaled Khattab. Diese Gruppierung soll seit dem Sturz von al-Assad für Menschenrechtsverletzungen, wie außergerichtlichen Tötungen, Zerstörung von Häusern, Angriffe auf privates und öffentliches Eigentum verantwortlich sein (SNHR 19.12.2024).
Turkistan Islamic Party (TIP) bzw. Eastern Turkistan Islamic Movement (ETIM)
Diese Gruppierung ist hauptsächlich in den Provinzen Idlib, im Nordosten von Latakia, im Norden von Hama und im Westen von Aleppo aktiv. Sie wird von dem regionalen Kommandeur Kaiwusair angeführt, der von Zahid Qari und Scheich Touba unterstützt wird, die beide im März vom in Afghanistan ansässigen Oberbefehlshaber Abdul Haq ernannt wurden. ETIM/TIP arbeitet mit HTS zusammen und griff im März gemeinsam mit dieser Gruppe syrische Militärstellungen in Idlib und Aleppo an. Die Gruppe erhält finanzielle Unterstützung von HTS, betreibt Unternehmen in Ländern der Region, darunter in der Türkei, um Gelder zu generieren, und bildet ausländische Terroristen mit immer ausgefeilteren Methoden aus (UNSC 22.7.2024).
Hurras ad-Din (HAD)
Die Hurras ad-Din (HAD) [zu Deutsch: Wächter der Religion Anm.] operierte hauptsächlich im Südosten von Idlib und im Norden von Latakia und verfügt über eine Stärke von einigen Tausend Kämpfern. Sie reaktiviert sich still und heimlich, wobei die Führung die Kämpfer anweist, außergewöhnliche Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, um nicht entdeckt zu werden. Die Gruppe konzentriert sich weiterhin auf eine lokale Agenda, da sie zu Beginn des Konflikts zwischen dem Gazastreifen und Israel, aufgrund operativer und logistischer Herausforderungen, ihr Ziel, Angriffe von außen durchzuführen, nicht erreichen konnte. Ungeachtet ihrer Differenzen wurde 2024 eine opportunistische Ad-hoc-Zusammenarbeit zwischen der HAD und der HTS beobachtet, wobei die HAD logistische Unterstützung von der HTS erhielt, um gegen die syrischen Regierungstruppen zu kämpfen (UNSC 22.7.2024).
Operationen der südlichen Regionen
Die Gruppierung "Operationen der südlichen Regionen" stand bis 2013 unter der Führung von Oberstleutnant Yasser al-'Aboud (Asharq 9.12.2024) und wird mittlerweile von Ahmad al-'Awda angeführt. Sie kontrolliert die Provinz Dara'a. Diese Gruppierung war es, die am 8.12.2024 als Erstes in Damaskus einmarschiert ist (AAA 7.1.2025). Sie umfasst ca. 15.000 Kämpfer, die ihre Gehälter von ihrem Anführer al-'Awda offenbar mithilfe der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) erhalten (Economist 14.1.2025).
Sie wollte als bewaffnete Gruppierung weiter bestehen und ihre Waffen nicht abgeben, auch wenn sie bereit war, sich dem neuen Verteidigungsministerium zu unterstellen. Eigenen Angaben zufolge verfügte die Gruppierung über Waffen, schweres Gerät und eine vollständige militärische Ausrüstung (AAA 7.1.2025). Nach intensiven Treffen und Beratungen haben die südlichen Fraktionen unter dem Namen Südlicher Operationsraum angekündigt, dass sie an ihren Waffen festhalten werden, aber bereit sind, sich dem Verteidigungsministerium anzuschließen (Quds 11.1.2025). HTS hat zunehmend versucht, ihre Macht und militärische Reichweite in der gesamten Provinz Dara'a und im weiteren Süden Syriens auszunutzen, was zu Spannungen mit Ahmad al-'Awda führte (Etana 17.1.2025). Mitte Februar einigten sich die Anführer der südlichen Fraktionen und das Verteidigungsministerium auf die Bildung einer sogenannten Süddivision innerhalb der neuen syrischen Armee. Um sich in das neue Verteidigungsministerium „integrieren“ zu können, baten die Vertreter der Übergangsregierung die Gruppierungen, Informationen über die Anzahl ihrer Kämpfer, die in ihrem Besitz befindlichen Waffen und die Militärstützpunkte zu übermitteln. Seit dem Treffen deuten mehrere Entwicklungen darauf hin, dass die Bildung der Division im Gange ist, und das Hauptquartier der 5. Division in Izra'a im Osten von Dara'a wurde als Kommandozentrale für die neue Division ausgewählt (Etana 22.2.2025). Nach monatelangen Spannungen zwischen dem Milizkommandanten Ahmad al-'Awda aus Dara'a und dem neuen syrischen Präsidenten Ahmad ash-Shara' – angeheizt durch Frustration über die mangelnde Machtteilung und Inklusivität im laufenden Übergangsprozess und in den Regierungsstrukturen des Landes – war al-'Awda gezwungen, zurückzutreten und die von ihm seit 2014 geführte bewaffnete Gruppe aufzulösen. Ihr Zusammenbruch folgte auf intensiven militärischen Druck der Allgemeinen Sicherheit nach den Gewalttaten der vergangenen Woche mit rivalisierenden, von Damaskus unterstützten Fraktionen (Etana 16.4.2025).
Die verschiedenen Gruppierungen in Südsyrien, darunter die von Russland unterstützte 8. Brigade in Dara'a und die drusischen Milizen in Suweida, haben spezifische Bedingungen für den Beitritt zu einer nationalen Armee festgelegt. Dazu gehören die Einrichtung einer wirklich repräsentativen Regierung, eine neue Verfassung und ein nicht konfessionsgebundenes Militär (DNewsEgy 3.2.2025).
In der Provinz Suweida wurde die Bildung eines Militärrats angekündigt, zu dessen Treffen am 24.2.2025 alle Waffenbesitzer eingeladen waren. Die wichtigsten Gruppierungen in der Provinz haben jedoch noch keine Verbindung zu dem Rat bekannt gegeben, und die Gruppierungen, die dahinter stehen, sind unbekannt. Der Gemeinsame Operationsraum in Suweida reagierte auf die Ankündigung mit einer Erklärung, in der es hieß: „Dieser Rat ist illegitim und die Erklärung vertritt nur seine Eigentümer und macht sie für alle Komplikationen verantwortlich, die sich aus diesem Treffen ergeben könnten.“ (TNA 23.2.2025) Eine Gruppe militanter Drusen in Suweida hat die Gründung des Suweida-Militärrats bekannt gegeben, einer Koalition lokaler bewaffneter Gruppen, die sich für den Schutz der Region und die Aufrechterhaltung der Sicherheit einsetzen. Der Rat erklärte, seine Mission sei es, Zivilisten und öffentliches Eigentum vor Gewalt und Zerstörung zu schützen und gleichzeitig die Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsfraktionen zu stärken. Er kündigte außerdem Pläne für regelmäßige Treffen an, um Bedrohungen einzuschätzen und entsprechend zu reagieren (LWJ 24.2.2025).
Rijal al-Karama und Liwa' al-Jabal
Die beiden größten militärischen Fraktionen in Suweida erklärten ihre Bereitschaft, sich zu einer militärischen Einheit zusammenzuschließen, die den Kern einer neuen nationalen Armee bilden wird, und lehnten jegliche Fraktions- oder konfessionelle Armee ab (Quds 11.1.2025).
Die alawitische Armee
Mehr als 400.000 Mitglieder der alawitischen Gemeinschaft wurden entlassen und sind vom Sturz al-Assads betroffen, darunter Angehörige der Armee, der Sicherheitsabteilungen, Beamte in Einrichtungen, die dem Verteidigungsministerium angegliedert sind, sowie Mitarbeiter privater Sicherheitsunternehmen und Milizen. Das bedeutet, dass etwa 85 % der alawitischen Haushalte ohne einen Ernährer dastehen werden und innerhalb weniger Monate eine ganze Gemeinschaft von der Armutsgrenze an die Hungergrenze fallen könnte (Quds 11.1.2025). [Details zur Entlassung der ehemaligen Regime-Soldaten und zum Aufbau einer neuen Armee finden sich auch im Kapitel Wehr- und Reservedienst. Details zur alawitschen Minderheit finden sich im Kapitel Ethnische und religiöse Minderheiten - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und zum Umgang mit der Minderheit bzw. mit (vermeintlichen) Unterstützern von al-Assad finden sich in den Kapiteln Rechtsschutz / Justizwesen - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Allgemeine Menschenrechtslage - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad Regimes (seit 8.12.2024).]
Quellen
[…]
1.3.2. Zudem wird insbesondere auf folgende Kapitel aus dem Bericht der EUAA, Interim Country Guidance: Syria, vom Juni 2025 [abrufbar unter: https://euaa.europa.eu/interim-country-guidance-syria, Zugriff am 29.09.2025], verwiesen (Originalsprache Englisch, durch KI übersetzt und Plausibilität der Übersetzung durch das erkennende Gericht überprüft):
„Sunnitische Araber
[…]
Sunnitische Araber waren durch das Assad-Regime Verfolgung (z. B. Verhaftung, Folter, Hinrichtung) und Diskriminierung durch den Islamischen Staat im Irak und der Levante (ISIL) und Jaysh al-Islam ausgesetzt. Wie bereits erwähnt, ist die Gefahr durch das Assad-Regime verschwunden. ISIL und Jaysh al-Islam sind weiterhin präsent und aktiv und es gibt keine Informationen, die darauf hindeuten, dass sich ihr Umgang mit sunnitischen Arabern, die ihrer Interpretation der Scharia nicht folgen, geändert hat.
Während HTS auch sunnitische Muslime ins Visier nahm, die sich nicht an ihre Interpretation der Scharia hielten, wurden hochrangige Positionen durch die Übergangsverwaltung mit sunnitischen Arabern besetzt und zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts liegen keine konkreten Informationen darüber vor, wie die Übergangsregierung mit sunnitischen Muslimen umgeht, die nicht derselben Auslegung der Scharia folgen. Auch gibt es keine Berichte über gezielte Angriffe irgendwelcher Akteure auf sunnitische Araber allein aufgrund der Tatsache, dass sie Sunniten sind.
Daraus kann Folgendes schlussgefolgert werden:
Allein die Tatsache, ein sunnitischer Araber zu sein, stellt für sich genommen kein Risiko dar, das ausreicht, um eine begründete Furcht vor Verfolgung zu begründen. Sollte ein sunnitischer Araber Ziel von Verfolgung werden, hätte dies mit anderen Umständen zu tun. So haben zum Beispiel ISIL und Jaysh al-Islam (eine mit der SNA verbundene bewaffnete Gruppe) sunnitische Muslime ins Visier genommen, die sich nicht an ihre Interpretation der Scharia halten.
Bei der individuellen Beurteilung sollten risikobeeinflussende Umstände berücksichtigt werden, wie etwa die regionalen Besonderheiten (z. B. das Leben in Gebieten, in denen ISIL und Jaysh al-Islam operativ tätig sind).
Wenn für einen Antragsteller mit diesem Profil eine begründete Furcht vor Verfolgung vorliegt, könnte dies für aus religiösen Gründen der Fall sein.“
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die im Rahmen der Feststellungen jeweils in Klammer angeführten Beweismittel, denen insofern nicht entgegengetreten wurde, und im Übrigen auf die nachfolgenden beweiswürdigenden Erwägungen.
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit sowie zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinem Bildungsweg, den beruflichen Erfahrungen, dem Familienstand, den aktuellen familiären Verhältnissen sowie den Aufenthaltsorten seiner Familienangehörigen ergeben sich aus den dazu vom Beschwerdeführer im Verfahren gemachten, glaubhaften und gleichbleibenden Angaben und den vom ihm diesbezüglich vorgelegten Unterlagen.
Zum Nachweis der Identität des Beschwerdeführers legte er im Verfahren einen syrischen Personalregisterauszug im Original vor, welcher laut kriminaltechnischer Untersuchung als authentisch anzusehen ist. Dennoch wurden im Verfahren keine originalen identitätsbezeugenden Ausweise (Reisepass, Personalausweis) in Vorlage gebracht, weshalb dem Beschwerdeführer nur Verfahrensidentität zukommt.
Das Bundesverwaltungsgericht nahm zudem Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister und die Grundversorgungsdaten des Beschwerdeführers und holte die aktenkundigen Auszüge ein.
Der Herkunftsort bzw. der Geburtsort und die bisherigen Aufenthaltsorte des Beschwerdeführers während seines Lebens in Syrien ergeben sich ebenfalls aus seinen glaubhaften und gleichbleibenden Angaben im Verfahren.
Die im Herkunftsort des Beschwerdeführers früher herrschenden und nunmehr gegebenen Machtverhältnisse ergeben sich insbesondere aus der Zusammenschau der Angaben des Beschwerdeführers mit den vorliegenden Länderberichten und der ergänzenden Einsichtnahme in aktuelle Landkarten, die die Einflussbereiche in Syrien abbilden und deren Abrufmöglichkeiten jeweils in Klammer mit einem Link angegeben sind. Die Einsicht in die tagesaktuelle Karte https://syria.liveuamap.com/ ergab, dass sich der Herkunftsort des Beschwerdeführers im Einflussbereich der syrischen Übergangsregierung befindet. Lediglich der nördliche Stadtteil Sheikh Maqsood sowie die Teile der westlich angrenzenden Bezirke Ashrafieh und Al-Resafa der Stadt Aleppo stehen demnach unter der faktischen Kontrolle der kurdischen Kräfte. Laut dem Bericht der EUAA kooperieren die kurdischen Einheiten der „Asyaish“, den internen Sicherheitskräften der „Syrian Democratic Forces (SDF)“, mit jenen der syrischen Übergangsregierung. Einer dort zitierten Quelle zufolge hätten die kurdischen Kräfte mit der syrischen Übergangsregierung vereinbart, dass die bewaffneten kurdischen Einheiten in den Stadtteilen Ashrafieh und Sheikh Maqsood präsent bleiben sollen. Weitere angeführte Quellen berichten, dass sich die SDF-Kräfte in den Nordosten Syriens zurückziehen bzw. dass diese sich in die lokalen Polizeikräfte Aleppos integriert würden (vgl. EUAA Country Focus: Syria, Juli 2025, S 102 ff [104]). Vor diesem Hintergrund konnte festgestellt werden, dass die Stadt Aleppo unter der Kontrolle der syrischen Übergangsregierung steht und den kurdischen Kräften keine faktische Hoheitsgewalt zuzuschreiben ist.
Zum Gesundheitszustand gab der Beschwerdeführer im Verfahren gleichbleibend an, gesund zu sein und keine Medikamente zu benötigen. Darüber hinaus wurde dazu kein weiteres Vorbringen erstattet und insbesondere auch keine medizinischen Unterlagen vorgelegt, aus welchen irgendwelche gesundheitlichen Beeinträchtigungen, regelmäßige medizinische Behandlungen oder Therapien oder eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit abzuleiten wäre.
Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und weder vom Beschwerdeführer noch dem Bundesamt bestritten wurden.
2.2. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:
2.2.1. Die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers und zu seiner Situation im Fall seiner Rückkehr beruhen auf den jeweiligen Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung, der niederschriftlichen Einvernahmen vor dem Bundesamt, den Ausführungen in der Beschwerde sowie der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
In der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen an, dass er im Alter von fünf oder sechs Jahren mit seiner Familie wegen des Krieges aus Syrien geflüchtet sei. Bis vor zwei Monaten habe er in der Türkei gelebt. Die Türken seien „Faschisten“ und würden Syrer abschieben. In Syrien herrsche Krieg und es gäbe keine Sicherheit. Er fürchte im Falle der Rückkehr den Krieg und den Tod und würde außerdem zum Militär eingezogen werden (vgl. Erstbefragung, AS 18).
Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass sie Syrien aufgrund des Krieges verlassen hätten. Er habe von seiner Familie gehört, dass sein Vater in Syrien wegen der Teilnahme an regimekritischen Protesten Probleme gehabt hätte. Am Anfang sei die Lage in der Türkei nicht schlecht gewesen, sie sei aber immer schlechter geworden. Er habe Angst, für die syrische Armee einrücken und kämpfen zu müssen und wolle das syrische Regime nicht unterstützen (vgl. Niederschrift Bundesamt, AS 77).
In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer neuerlich zu seinen Fluchtgründen befragt vor, dass die Lage in Syrien derzeit noch nicht stabil sei. Außerdem hätten sie in Syrien kein Haus mehr und seine Familie hätte sich in der Türkei eingelebt. Im Falle der Rückkehr wäre er im Herkunftsstaat allein (vgl. Verhandlungsniederschrift, OZ 8, S 11 f).
2.2.2. Das Bundesamt begründet die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und damit das Nichtvorliegen einer relevanten Gefährdung in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine Bedrohung oder Verfolgung seiner Person im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht habe bzw. eine diesbezügliche Bedrohung in seinem Heimatland Syrien nicht glaubhaft machen konnte. Er sei mit seiner gesamten Familie im Jahr 2011 im Alter von fünf Jahren aus Syrien in die Türkei ausgereist. Als Grund für seine Ausreise habe er angegeben, dass seine Familie Syrien aufgrund des ausgebrochenen Bürgerkrieges verlassen habe. Die weiterhin in Syrien vorherrschende schlechte Wirtschafts- und Sicherheitslage stelle jedoch keine individuelle asylrelevante Bedrohung dar, alle syrischen Staatsbürger seien davon gleichermaßen betroffen. Die Heimatregion des Beschwerdeführers befinde sich unter der Kontrolle des syrischen Regimes. Der Beschwerdeführer falle aufgrund seines Alters unter die gesetzlich vorgesehene Wehrpflicht. Eine Gefahr der Rekrutierung durch die kurdischen Streitkräfte bestehe folglich nicht. In der Stellungnahme der gesetzlichen Vertretung des Beschwerdeführers sei auch ausgeführt worden, dass er wegen der oppositionellen Gesinnung seines Vaters und dessen Demonstrationsteilnahmen einer politischen Verfolgung ausgesetzt sein könnte. Es könne hierbei nicht festgestellt werden, wieso ausgerechnet der Beschwerdeführer aufgrund angeblicher Demonstrationen seines Vaters vom syrischen Regime verfolgt wäre. Außerdem habe der Beschwerdeführer in der Einvernahme keine detaillierteren Daten zu den Demonstrationsteilnahmen seines Vaters nennen können. Der Beschwerdeführer habe sich selbst nie politisch engagiert, sei kein Parteimitglied gewesen und habe nie Probleme mit den staatlichen Behörden erfahren. Er habe als Kind seinen Lebensmittelpunkt mit seiner Familie im Jahr 2011 in die Türkei verlegt. Allein aus diesem Grund könne nicht erkannt werden, dass ihm rein aufgrund seiner Ausreise eine regierungsfeindliche, oppositionelle Gesinnung unterstellt werden würde. Auch die in der Stellungnahme angesprochene Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft seines Bruders könne mit dem gegenständlichen Verfahren nicht in Verbindung gebracht werden, nachdem es sich immer um Einzelfallprüfungen handle. Zur verpflichtenden Ableistung der Wehrpflicht wurde weiters angegeben, dass nicht jeder einzelne Wehrpflichtige der syrischen Streitkräfte tatsächlich in Kampfhandlungen und potenziell lebensgefährliche Situationen verwickelt werden könne. Auch bestehe grundsätzlich die Möglichkeit, sich durch eine Befreiungsgebühr vom Wehrdienst freizukaufen. Der Beschwerdeführer hätte die Geldsumme, welche für die schlepperunterstützte Reise nach Österreich aufgewendet worden sei, für den Freikauf vom Wehrdienst bei der syrischen Armee nutzen können (vgl. angefochtener Bescheid, AS 203 ff).
2.2.3. Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers war aus folgenden Gründen nicht geeignet, eine individuelle und konkrete Verfolgung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsort glaubhaft zu machen:
Wie aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung und der niederschriftlichen Einvernahme hervorgeht, verließ er seinen Herkunftsstaat gemeinsam mit seinen Angehörigen primär aufgrund der bürgerkriegsbedingt gravierenden Sicherheits- und Versorgungslage (vgl. etwa Erstbefragung AS 18; Niederschrift Bundesamt 04.09.2024, AS 77, 79). In der mündlichen Verhandlung berief er sich auf die weiterhin instabile Lage in Syrien (vgl. etwa Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S. 11).
Die seinerseits angeführten Befürchtungen vor Verfolgung wegen der regimekritischen Gesinnung seines Vaters sind insoweit nicht mehr beachtlich, als dass die vormalige Regierung laut den einhelligen Länderberichten unter Bashar Al-Assad seit Dezember 2024 nicht mehr im Amt ist. Den ehemaligen syrischen Regimekräften kommt im syrischen Staatsterritorium keine berücksichtigungswürde Hoheitsgewalt mehr zu, wie aus den Länderberichten und dem dort enthaltenen Kartenmaterial abzulesen ist. Insbesondere ergibt sich im Hinblick auf den Herkunftsort des Beschwerdeführers keinerlei Präsenz von früheren Regimekräften. Zudem wurde die syrische Armee unter der Befehlsgewalt von Al-Assad laut der Länderinformation im Zuge seiner Flucht aus Syrien mit Befehl vom 08.12.2024 aufgelöst.
Wegen der behaupteten regimekritischen Betätigung seines Vaters hat der Beschwerdeführer von Seiten der nunmehr amtierenden syrischen Übergangsregierung keine Verfolgung zu erwarten (vgl. etwa Niederschrift Bundesamt 04.09.2024, AS 77; Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 11 f). In der Länderinformation wird angegeben, dass die unter Al-Assad verwendeten Staatssymbole verboten wurden. Die unter dem syrischen Regime begangenen Verbrechen zu leugnen, zu loben, zu rechtfertigen oder zu verharmlosen steht seit der Machtübernahme durch die syrische Übergangsregierung unter Strafe. Vor diesem Hintergrund ist auch die regimekritische Aktivität des Vaters des Beschwerdeführers nicht mehr als Gefährdung für eine (Reflex-)Verfolgung wegen (unterstellter) politischer Gesinnung zu betrachten.
Der Beschwerdeführer reiste im Alter von etwa sechs Jahren aus Syrien aus und konnte sich daher in seinem Herkunftsstaat noch nicht öffentlichkeitswirksam politisch betätigen. Auch im Ausland hat er keine berücksichtigungswürdigen politischen Aktivitäten gesetzt, wie sich aus seinen Angaben in der Einvernahme und Beschwerdeverhandlung schließen lässt (vgl. etwa Niederschrift Bundesamt 04.09.2024 AS 75; Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 8). Aus seinen weiteren Angaben in der Beschwerdeverhandlung ergibt sich überdies, dass er insbesondere gegen die amtierende Übergangsregierung keine ablehnende Haltung einnimmt, aufgrund derer er als oppositionell betrachtet werden würde (vgl. etwa Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 12 f).
Des Weiteren verneinte der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung explizit, jemals an Kampfhandlungen teilgenommen zu haben. Er und seine Familie seien auch nie in Kontakt zu syrischen Behörden oder anderen Gruppierungen gestanden (vgl. etwa Niederschrift Bundesamt 04.09.2024 AS 75, 78; Verhandlungsniederschrift 15.07.2025, OZ 8, S 12).
Aufgrund vorstehender Erwägungen konnte insgesamt festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von keinem der in Syrien präsenten Akteure als oppositionell wahrgenommen wird und folglich keine Repressionen, unter anderem wegen (unterstellter) politischer Gesinnung zu gegenwärtigen hat.
Die Länderinformation gibt außerdem wieder, dass der Flughafen Damaskus sowie jener in Aleppo ihren Betrieb wiederaufgenommen haben und dass die Abwicklung der Reisebewegungen dort gut funktioniert. Darüber hinaus kehrten bereits kurz nach dem Sturz der Regierung unter Al-Assad hunderttausende syrische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland zurück, unter anderem über die Landesgrenzen der Türkei, des Libanon, Jordanien und des Irak.
Aus den Angaben der Länderberichte ist insgesamt nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer als arabisch-stämmiger sunnitischer Muslim wegen seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit Eingriffe in seine physische und psychische Integrität durch bewaffnete Gruppierungen oder durch die syrische Übergangsregierung zu befürchten hat. Die EUAA gibt hierzu an, dass es für arabische, sunnitische Muslime ohne das Hinzutreten weiterer individueller Risikofaktoren keine Grundlage zur Annahme begründeter Furcht vor Verfolgung gibt (vgl. EUAA Interim Country Guidance: Syria, Juni 2025, S 34). Solche Umstände wurden vom Beschwerdeführer im Verfahren nicht ins Treffen geführt und sind auch nicht anderweitig hervorgekommen.
2.2.4. Eine dem Beschwerdeführer drohende Verfolgung aufgrund seiner (illegalen) Ausreise, der Asylantragstellung im Ausland und eine ihm hierdurch allenfalls unterstellte oppositionelle Gesinnung ist in einer Gesamtbetrachtung ebenfalls als nicht hinreichend wahrscheinlich anzusehen.
Die Länderinformation berichtet von Hunderttausenden Rückkehrenden, die ohne Einreisebeschränkungen oder Grenzkontrollen zu unterliegen, in ihre Herkunftsprovinzen ein- bzw. weiterreisen können. Sie sind dabei keiner Gefahr von Repressionen oder gar systematischen Verfolgungshandlungen – insbesondere von Seiten der aktuell herrschenden syrischen Machthaber – ausgesetzt.
Laut UNOCHA sind mit Stand 15.12.2024 – und damit eine Woche nach dem Sturz des Assad-Regimes – bereits 225.000 Menschen nach Syrien zurückgekehrt. Die Zahl der Personen, die in das Gouvernement Aleppo zurückkehren, ist laut einer anderen zitierten Quelle am höchsten, wobei die Rückkehrenden die verbesserte Sicherheitslage und die Abschaffung des Wehrdienstes als Hauptgründe für ihre Rückkehr nannten. Aus dem hierzu erstellten Kartenmaterial der Länderinformation ist weiters abzulesen, dass Vertriebene in alle syrischen Gouvernements zurückgekehrt sind. Das spricht auch gegen das Bestehen umfassender Einschränkungen der Bewegungsfreiheit im syrischen Staatsgebiet.
2.2.5. Zusammengefasst besteht daher aufgrund der angeführten Umstände in Zusammenschau mit den Länderberichten für den Beschwerdeführer, im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsort, keine Gefahr einer individuellen und konkreten Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründen; insbesondere besteht für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine reale Gefahr einer individuellen und konkreten Verfolgung durch die in Syrien präsenten Akteure.
Der allgemeinen Situation in Syrien wurde durch die Zuerkennung subsidiären Schutzes bereits durch die belangte Behörde Rechnung getragen.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Das Bundesverwaltungsgericht brachte für den konkreten Fall maßgebliche und zum Entscheidungszeitpunkt aktuelle Länderberichte bereits zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung sowie in der mündlichen Verhandlung in das gegenständliche Verfahren ein.
Die Richtigkeit dieser Berichte wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die ihn ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der im vorliegenden Fall relevanten Situation in Syrien ergeben.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf eine Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde:
3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).
Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalt seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 14.07.2021, Ra 2021/14/0066, mwN).
Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, die sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine anderen Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage gegenüber den Asylbehörden, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach § 15 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die Feststellung allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat kann die Glaubhaftmachung einer Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Asylwerber gerichteten Verfolgung nicht ersetzen (vgl. VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009; 29.03.2023, Ra 2023/14/0067, jeweils mwN).
Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist also, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht (vgl. VwGH 21.05.2021, Ro 2020/19/0001, mwN).
Die Beurteilung des Begriffs der Glaubhaftmachung ist auf der Grundlage der positiv getroffenen Feststellungen von Seiten des erkennenden Verwaltungsgerichts vorzunehmen, aber im Fall der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers können derartige positive Feststellungen vom Verwaltungsgericht nicht getroffen werden (vgl. VwGH 13.01.2022, Ra 2021/14/0386, mwN).
Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingen erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung („Vorverfolgung“) für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn der Asylwerber daher im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 03.09.2021, Ra 2021/14/0108, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kommt einer von einer Privatperson bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Auch eine auf einem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (vgl. VwGH 10.04.2020, Ra 2019/19/0415, mwN).
Zur Feststellung, ob ein solcher ausreichender Schutz vorliegt – wie ganz allgemein bei der Prüfung des Vorliegens wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung – ist nach der Rechtsprechung des VwGH ein „Wahrscheinlichkeitskalkül“ heranzuziehen (etwa VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).
Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob es dem Asylwerber möglich ist, angesichts des ihn betreffenden Sicherheitsrisikos ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat in Anspruch zu nehmen bzw. ob der Eintritt des zu befürchteten Risikos wahrscheinlich ist.
Zudem hat der VwGH ausgesprochen, dass die Schutzfähigkeit und -willigkeit der staatlichen Behörden grundsätzlich daran zu messen ist, ob im Heimatland wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, vorhanden sind und ob die schutzsuchende Person Zugang zu diesem Schutz hat. Dabei muss auch bei Vorhandensein von Strafnormen und Strafverfolgungsbehörden im Einzelfall geprüft werden, ob die betreffende Person unter Berücksichtigung ihrer besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (vgl. VwGH 14.04.2021, Ra 2020/18/0126, mwN).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.06.2000, 99/20/0597; 01.09.2005, 2005/20/0357). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei vor Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sogenannte „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen musst (vgl. etwa VwGH 08.09.1999, 98/01/0503; 09.11.2004, 2003/01/0534; 17.03.2009, 2007/19/0459; 19.10.2006, 2006/19/0297 mwN; und 08.08.2017, Ra 2017/19/0118).
Bei der Beurteilung des jeweils zugrundeliegenden Sachverhaltes ist laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere den Länderrichtlinien der EUAA und des UNHCR besondere Beachtung zu schenken (vgl. etwa VwGH 26.06.2025, Ra 024/18/0733).
3.2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhalts ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:
Im Fall des Beschwerdeführers ist die Stadt Aleppo im gleichnamigen Gouvernement als seine Herkunftsregion anzusehen, nachdem er bis zu seiner Ausreise in die Türkei im Alter von etwa sechs Jahren gemeinsam mit seiner Familie dort lebte (zur Bestimmung der Herkunftsregion vgl. VwGH 25.08.2022, Ra 2021/19/0442 mwN).
Wie zuvor festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer keine begründete Furcht vor einer individuellen und konkreten Verfolgung glaubhaft machen.
Auch unter Berücksichtigung der aktuell verfügbaren Länderinformation zu Syrien und den Länderberichten der EUAA ist es nicht maßgeblich wahrscheinlich, dass er in seinem Herkunftsstaat Gewalt oder sonstigen Repressionen ausgesetzt wäre.
Keine der in Syrien präsenten Gruppierungen sieht ihn als (politischen) Gegner an, nachdem er sich in keiner Weise an Kriegshandlungen oder als oppositionell angesehenen Aktivitäten in Syrien oder im Ausland beteiligte.
Eine berücksichtigungswürdige Verfolgungsgefahr, die für die arabisch-sunnitische Bevölkerung in Syrien besteht, ist im Verfahren unter Heranziehung aktueller Länderberichte nicht hervorgekommen und wurde vom Beschwerdeführer im Übrigen auch nicht behauptet.
Im gegenständlichen Fall sind somit die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK, nicht gegeben. Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen. Sohin kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.
Zur Abweisung des Asylantrages sei erwähnt, dass auch ein wirtschaftlicher Nachteil unter bestimmten Voraussetzungen als Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu qualifizieren sein kann, im Ergebnis jedoch nur dann, wenn durch den Nachteil die Lebensgrundlage massiv bedroht ist und der Nachteil in einem Kausalzusammenhang mit den Gründen der Flüchtlingskonvention steht. Eine solche Bedrohung der Lebensgrundlage ist den Feststellungen zufolge nicht gegeben und ein derartiger Kausalzusammenhang ist im vorliegenden Fall auch nicht ersichtlich.
Das sonstige allgemein gehaltene Vorbringen des Beschwerdeführers – insbesondere die allgemein schlechte Lage in Syrien aufgrund des Krieges und das damit verbundene Risiko willkürlicher Gewalt – betrifft nicht speziell den Beschwerdeführer, sondern die gesamte syrische Bevölkerung in gleicher Weise, und ist daher nicht asylrelevant. Vielmehr ist aus diesem Grund internationaler Schutz in Form von subsidiärem Schutz zu gewähren, was im Falle des Beschwerdeführers auch geschehen ist. Damit ist auch ein bis zum Ende der aktuellen Situation in Syrien befristetes Aufenthaltsrecht in Österreich verbunden.
Entsprechend den oben getätigten Ausführungen ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, darzutun, dass ihm im Herkunftsstaat Syrien asylrelevante Verfolgung droht, weshalb die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen war.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
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