JudikaturBVwG

I413 2311884-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
26. September 2025

Spruch

I413 2311884-1/3E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom 26.08.2024, Zl. XXXX , den Beschluss:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs 1 VwGVG mangels Vorliegens eines rechtskräftigen Bescheides als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit oa "Bescheid" vom 26.08.2024 schrieb die belangte Behörde dem Beschwerdeführer für den Zeitraum 01.01.2024 bis 30.06.2024 den ORF-Beitrag mit EUR 91,80 vor, stellte fest, dass der Beitrag seit 24.01.2024 fällig ist und binnen 4 Wochen auf das näher bezeichnete Konto der belangten Behörde unter Angabe der Beitragsnummer zur Einzahlung zu bringen sei.

Gegen diese Erledigung richtet sich dei Beschwerde vom 25.09.2024.

Am 30.04.2025 legte die belangte Behörde die Beschwerde und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Mit Beschluss vom 02.05.2025 setzte das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes in der Rechtssache GZ E 4624/2024 aus.

Am Mit VfGH 24.06.2025, E 4624/2024, beantwortete der Verfassungsgerichtshof die in BGBl II Nr 49/2025 gemäß § 86a VfGG kundgemachten Rechtsfragen und wies die Beschwerde ab.

Am 07.07.2025 wurden die Rechtssätze dieses Erkenntnisses in BGBl II Nr 153/2025 kundgemacht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG wird das Verfahren aufgrund des Erkenntnisses VfGH 24.06.2025, E 4624/2024, mit der der Verfassungsgerichtshof die in BGBl II Nr 49/2025 gemäß § 86a VfGG kundgemachten Rechtsfragen beantwortete, und der am 07.07.2025 erfolgten Kundmachung der Rechtssätze dieses Erkenntnisses in BGBl II Nr 153/2025, wieder fortgesetzt.

1. Feststellungen:

Das im Akt befindliche, als "Bescheid" bezeichnete Dokument weist als Unterfertiger "OBS-Beitrags-Service GmbH MMag XXXX " aus, ohne dass die Erledigung dessen Unterschrift oder elektronische Signatur aufweisen würde. Es sind dem vorgelegten Akt keine Hinweise zu entnehmen, dass ein Verfahren zum Nachweis der Identität iSd § 2 Z 1 E-GovG, des Genehmigenden und der Authentizität iSd § 2 Z 5 E-GovG an die Stelle der Unterschrift getreten wären. Der angefochtene Bescheid wurde nie genehmigt.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte und spruchtragende Sachverhalt ergibt sich aus der vorliegenden Aktenlage. Es ist davon auszugehen, dass die Behörde den Akt in vollem Umfang vorgelegt hat, folglich bestehen keine Zweifel an einer fehlenden Genehmigung der als "Bescheid" bezeichneten Erledigung der belangten Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

Obwohl im Rahmen der Beschwerde das Nichtvorliegen eines Bescheides nicht moniert wurde, ist diese Frage amtswegig zu prüfen, da das Rechtsschutzsystem der österreichischen Verfassung typengebunden ist.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) geht im Zusammenhang mit dem verfassungsrechtlichen Bescheidbegriff davon aus, dass auch ein automationsunterstützt erzeugter Bescheid tatsächlich von der Verwaltungsbehörde veranlasst worden sein muss.

Eine verfassungsrechtlich nicht tolerierbare Einschränkung des Rechtsschutzes läge dann vor, wenn die Behörde, in deren Namen ein Bescheid erlassen wird, diesen gar nicht veranlasst hätte. Die Behörde, welcher der Bescheid rechtlich zuzurechnen ist und die ihn daher zu verantworten hat, muss auch tatsächlich in der Lage sein, auf den automationsunterstützt ablaufenden Vorgang der Bescheidausfertigung Einfluss zu nehmen.

Hiezu verweist der VfGH auf sein Erkenntnis VfSlg 8844/1980, worin er zum Ausdruck brachte, es sei nur wesentlich, dass die nach außen in Erscheinung tretende Erledigung in jedem Einzelfall auf den Willen des durch (Verfassungs-) Gesetz zur Entscheidung berufenen Organes zurückführbar ist. Dies lasse sich ohne weiteres entweder dadurch bewirken, dass die von der Datenverarbeitungsanlage erstellten Ausdrucke dem kompetenten (damals Gemeinde-)Organ zur Genehmigung vorgelegt werden oder das für den EDV-Einsatz benötigte Programm vom gesetzlichen Entscheidungsträger gebilligt und derart gestaltet wird, dass dem die Datenverarbeitungsanlage bedienenden Personal kein Entscheidungsspielraum überlassen wird.

Holzinger führte dazu aus, dass eine behördliche Entscheidung, die zur Gänze "automationsunterstützt, also maschinell und programmgesteuert" erfolgt, dann (verfassungs-)rechtlich zulässig ist, wenn die Eingabe der entscheidungsrelevanten Daten (also sämtliche Sachverhalts- und Tatbestandselemente) und die Programmsteuerung (also der Subsumptionsvorgang) durch die zuständige Behörde oder einen von ihr Beauftragten (Dienstleister) erfolgt.

Weder die Urschrift noch die sonstige Erkennbarkeit eines den Bescheid genehmigenden Organwalters, nicht einmal die tatsächliche Rückführbarkeit des als individuelle Norm zu betrachtenden Bescheides auf die faktisch im psychischen Bereiche sich abspielende Willensbildung einer bestimmten Person sind demnach verfassungsrechtlich notwendige Voraussetzungen oder Bestandteile eines Bescheides. Diese Bestandteile bilden lediglich einfachgesetzlich in unterschiedlichen Ausformungen verankerte Voraussetzungen oder Kriterien eines Bescheides.

Für den verfassungsrechtlich garantierten Rechtsschutz ist es nach Meinung des VfGH wesentlich, dass einerseits die Form des automationsunterstützt erzeugten Bescheides keinen Zweifel an seiner rechtsverbindlichen Erlassung zulassen. Andererseits ist es notwendig, dass der Bescheid mit hinreichender Deutlichkeit in seinem Wortlaut den Bezug zur Behörde herstellt, gegen deren Verfahren Rechtsschutz gewährt werden soll. Darüber hinaus ist es, wie bereits dargelegt, notwendig, dass der Bescheid tatsächlich von der in ihm angegebenen Verwaltungsbehörde veranlasst wurde.

§ 18 AVG regelt auf einfachgesetzlicher Ebene die behördliche Erledigung, dh den Akt, mit dem die Behörde eine - durch ein Anbringen an sie herangetragene oder von Amts wegen zu behandelnde - Aufgabe "erledigt". Die Erledigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit zum einen der "verwaltungsinternen" Genehmigung (vgl § 18 Abs 3 AVG) und zum anderen der außenwirksamen Bekanntgabe (vgl § 18 Abs 4 AVG - insb Verkündung oder Zustellung) an die Rechtsunterworfenen.

Unabhängig von der Form der Erledigung kommt diese rechtswirksam nur dann zu Stande, wenn sie auf einem der Behörde zurechenbaren Willensakt einer oder mehrerer Personen beruht, der sog Genehmigung der Erledigung. Gemäß § 18 Abs 3 AVG müssen schriftliche Erledigungen vom Genehmigenden entweder eigenhändig unterschrieben oder aber elektronisch genehmigt werden. Schon die "interne" Urschrift einer schriftlichen Erledigung muss somit, bevor sie "nach außen" bekanntgegeben wird, erkennen lassen, wer die Erledigung getroffen und daher auch zu verantworten hat. Ist eine solche Erkennbarkeit nicht gegeben, ist der Akt absolut nichtig.

Mit dem Merkmal des Namens des Genehmigenden der Ausfertigung bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass für die Parteien eines Verwaltungsverfahrens die Identität des Genehmigenden jedenfalls erkennbar sein muss. Daraus folgt, dass (zumindest) der (Nach-)Name des Genehmigenden leserlich, also zB durch Beifügung in Maschinschrift, mittels Stampiglie oder aber durch leserliche Unterschrift aus der Ausfertigung der Erledigung (insb. der Fertigungsklausel) hervorgehen muss. Andernfalls ist die Erledigung im Allgemeinen absolut nichtig.

Der VwGH hat die rechtliche Wirksamkeit einer Ausfertigung bejaht, in welcher der Name des Genehmigenden am Ende des Dokuments falsch wiedergegeben wurde, jedoch der Name der betreffenden Person aus dem Gesamtzusammenhang (insb. aus dem Spruch) eindeutig erkennbar war, es sich also lediglich um eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit des Bescheides iSd. § 62 Abs 4 AVG handelte.

"Genehmigender" iSd § 18 Abs 4 AVG ist bei monokratisch organisierten Behörden stets derjenige Organwalter, der die Entscheidung durch Genehmigung der internen Erledigung (§ 18 Abs 2 AVG) getroffen hat. In Ausfertigungen solcher Behörden ist daher - bei sonstiger absoluter Nichtigkeit - entweder der Name des Behördenleiters oder, wenn die Willensbildung durch einen Approbationsbefugten erfolgte, der Name des, vom Behördenleiter ermächtigten, Organwalters anzuführen.

In VwGH 15.12.2010, 2009/12/0195 führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass aus dem Grunde des § 18 Abs 4 erster Satz AVG jede schriftliche Ausfertigung, also auch solche eines durch eigenhändige Unterschrift genehmigten Originals (jedenfalls) die Bezeichnung der Behörde, das Datum der Genehmigung und den Namen des Genehmigenden zu enthalten habe. Im vorliegenden Fall sei der Name des Genehmigenden auch nicht aus einer der Ausfertigung beigefügten leserlichen Unterschrift desselben zu erkennen, zumal die Ausfertigung überhaupt nicht unterfertigt sei. Dieses Erfordernis werde auch nicht durch die Benennung von Organwaltern erfüllt, die (in einer Angelegenheit) Auskünfte erteilen könnten. Das Fehlen des Namens des Genehmigenden führe zur absoluten Nichtigkeit der Erledigung (vgl hiezu die bei Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, erster Teilband § 18 AVG Rz 19 wiedergegebene Judikatur).

Sondervorschriften, analog jener im § 96 BAO in Form einer unwiderleglichen Vermutung der Genehmigung durch den Leiter der Behörde im Gesetzesrang, wenn die Unterschrift oder Beglaubigung auf dem Bescheid fehlt, wie sie der Entscheidung VwGH 14.12.2006, 2005/14/0014, zugrunde lagen, gibt es im RGG nicht.

Aus den EB zur RV 294 dB XXIII. GP, 14 (BGBl I 2008/5; aktuelle Fassung des § 18 Abs 4 AVG) ergibt sich, dass Ausdrucke von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten privilegiert behandelt werden: sie bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung. Ist bereits die Genehmigung der Erledigung (Abs 3) unter Verwendung einer Amtssignatur erfolgt, so hat dies automatisch zur Folge, dass jede elektronische Ausfertigung diese Amtssignatur enthält und auch keine Papierausfertigung des elektronischen Dokuments mehr unterschrieben oder beglaubigt zu werden braucht. Eine Amtssignatur könnte daher nach dem zuvor dargestellten allenfalls die Unterschrift bzw die Beglaubigung ersetzen, jedoch fehlt diese im vorliegenden Fall auch, sodass iSd Rsp im vorliegenden Fall ist der Name des Genehmigenden auch nicht aus einer der Ausfertigung beigefügten leserlichen Unterschrift desselben zu erkennen ist, zumal die Ausfertigung überhaupt nicht unterfertigt ist. Dieses Erfordernis wird auch nicht durch die Benennung von Organwaltern erfüllt, die (in einer Angelegenheit) Auskünfte erteilen können. Das Fehlen des Namens des Genehmigenden führt zur absoluten Nichtigkeit der Erledigung (VwGH 15.12.2010, 2009/12/0195).

Damit richtet sich die Beschwerde gegen einen "Nichtbescheid" und war mangels Vorliegens eines rechtskräftigen Bescheides als unzulässig zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In seiner ständigen Judikatur führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat, die Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion inne hat oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein muss (VwGH 28.06. 2011, 2010/17/0176, 29.11.2011, 2010/10/0252). Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor (vgl VwGH 03.05.2013, 2009/02/0371, 22.10.2012, 2010/03/0024).