JudikaturBVwG

W243 2310898-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
16. September 2025

Spruch

W243 2310898-1/3E

W243 2310901-1/3E

W243 2310903-1/3E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Marianne WEBER als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) mj. XXXX , geb. XXXX , und 3.) mj. XXXX , geb. XXXX , alle StA. Bangladesch, 2.-3. gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX , alle vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen – BBU GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2025, Zlen. 1.) 1408259610-241262536, 2.) 1408258003-241262463 und 3.) 1408257910-24126245:

A)

In Erledigung der Beschwerden werden die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheiten gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG (jeweils) nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin XXXX ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers XXXX und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin XXXX . Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige von Bangladesch.

Die Beschwerdeführer stellten am 20.08.2024 gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz. Im Rahmen ihrer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab die Erstbeschwerdeführerin zu Protokoll, sie habe im Jänner 2024 den Entschluss zur Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat gefasst und habe Bangladesch am 07.06.2024 gemeinsam mit ihren beiden Kindern sowie unter Verwendung ihres Reisepasses verlassen. Ihre Muttersprache sei Bengali; diese beherrsche sie in Wort und Schrift. Sie bekenne sich zum sunnitischen Islam und gehöre der Volksgruppe der Bengalen an.

Zu ihren Fluchtgründen führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass die Eltern und der Bruder ihres Ehemannes sie nicht akzeptiert hätten und sie deswegen mit ihrem Ehemann nicht habe zusammenleben können. Sie habe bei ihren Eltern gewohnt. Ihre Schwiegereltern hätten sie und ihre Kinder mit dem Tode bedroht, damit ihr Ehemann wieder zu ihnen – den Schwiegereltern – zurückkäme. Anfang des Jahres sei ihre Tochter von den Cousins ihres Ehemannes entführt worden, die Polizei habe ihre Tochter aber befreien können. Aus Angst vor weiteren Problemen hätten sie ihr Land verlassen. Bei einer Rückkehr habe die Erstbeschwerdeführerin Angst um ihr Leben und um das Leben ihrer Kinder. Sie stelle auch für ihre Kinder Asylanträge.

2. Am 20.02.2025 wurde die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Auf Fragen nach ihren Lebensumständen im Herkunftsstaat führte die Erstbeschwerdeführerin aus, sie habe am 21.06.2013 geheiratet. Die Familienmitglieder ihres Ehemannes habe sie noch nie getroffen. Sie habe auf dem Handy ihres Ehemannes bloß ein Foto seiner Familie gesehen. Die Erstbeschwerdeführerin habe in ihrem Herkunftsstaat sieben Jahre die Grundschule besucht. Danach sei sie „nur“ Hausfrau gewesen und habe keine Berufsausbildung genossen. Ihr Ehemann habe ihren Lebensunterhalt mit seiner Tätigkeit als Betreiber eines Lebensmittelgeschäfts bestritten.

Zu ihren Fluchtgründen befragt legte die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen dar, sie sei nach ihrer Eheschließung von den Eltern (ihres Ehemannes) angerufen und bedroht worden. Sie sei auch vom „Groß-Groß-Cousin in Dubai“ angerufen und bedroht worden. Ihre Schwiegereltern hätten sie nicht akzeptiert und hätten gewollt, dass ihr Ehemann und sie sich scheiden ließen. Sie wisse nicht, warum ihre Schwiegereltern dies gewollt hätten. Am 02.01.2024 habe der Cousin und die Mutter ihres Ehemannes ihre Kinder von der Schule sowie vom Kindergarten abgeholt und mitgenommen. Am 04.01.2024 sei ihr Ehemann mit der Polizei zu seinem Elternhaus gefahren und habe die Kinder zurückgeholt. Im Falle einer Rückkehr befürchte die Erstbeschwerdeführerin, dass sie wieder Probleme mit den Schwiegereltern bekommen könnte.

3. Mit Bescheiden vom 06.03.2025 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Bangladesch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Aufenthaltsberechtigungen besonderer Schutz wurden den Beschwerdeführern gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurden gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebungen der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Bangladesch zulässig seien (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen gewährt (Spruchpunkt VI.).

Festgestellt wurde im Wesentlichen, dass die Erstbeschwerdeführerin ihre Eltern und Geschwister im Heimatland zurückgelassen habe. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer in Bangladesch einer Verfolgung durch staatliche Organe oder Privatpersonen unterlägen. Die Erstbeschwerdeführerin verfüge über Schulbildung. Sie sei in ihrem Heimatland selbsterhaltungsfähig (gewesen) und habe zahlreiche Verwandte im Heimatland, die der gleichen Religion und Volksgruppe wie sie angehörten.

In der Beweiswürdigung führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaats zunächst aus, dass die von der Erstbeschwerdeführerin vorgetragenen Probleme im Heimatland zur Gänze als unglaubhaft zu werten seien. Die Beschwerdeführer hätten ihren Antrag auf internationalen Schutz zusammengefasst damit begründet, dass die Erstbeschwerdeführerin „ohne Zustimmung der Brauteltern ihre Frau geheiratet“ habe und nunmehr „von Angehörigen der Familie der Braut“ telefonisch mit dem Umbringen bedroht worden sei. Nach der (bloßen) Wiedergabe von Aussagen der Erstbeschwerdeführerin in der Einvernahme führte die belangte Behörde aus, dass der vorgebrachte Sachverhalt, sie würde von den Schwiegereltern bedroht werden, unglaubhaft sei. „Dessen ungeachtet“ stehe der geschilderte Sachverhalt mit keinem der Konventionsgründe im Zusammenhang. Festgehalten werde, dass die Erstbeschwerdeführerin „keine glaubhafte nachvollziehbare Bedrohung“ vorgebracht habe. Es habe somit festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer in Bangladesch einer [sic!] Verfolgung durch staatliche Organe oder Privatpersonen unterlägen.

Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr nach Bangladesch in eine die Existenz bedrohende Notlage gerieten. Die Rückkehr zu einem Leben in Bangladesch werde für sie nicht mit unzumutbaren Härten verbunden sein, zumal es sich bei ihnen um Persönlichkeiten mit einer gewissen Lern- und Anpassungsfähigkeit handle. Des Weiteren gebe es in Bangladesch zahlreiche NGOs, die uneingeschränkt agieren könnten. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Erstbeschwerdeführerin als arbeitsfähige Frau in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geriete. Ihr Ehemann sei Geschäftsmann und betreibe zwei Geschäfte in Bangladesch. Aus ihren Schilderungen, dass der Lebensunterhalt der Familie sichergestellt sei, sei zu schließen, dass es ihrer Familie ökonomisch gut gehe.

Innerhalb der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass dem Vorbringen der Beschwerdeführer – „wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert“ – insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden könne. Die belangte Behörde erachte die Angaben der Beschwerdeführer als gänzlich unwahr, sodass die von ihnen behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden könnten und auch „deren Eignung“ zur Glaubhaftmachung einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen sei. Aus ihrem Vorbringen habe sich auch keine wie immer geartete Rückkehrgefährdung ergeben, wie in der Beweiswürdigung ausgeführt worden sei.

4. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer im Wege ihrer ausgewiesenen Rechtsvertretung am 09.04.2025 binnen offener Frist die vorliegenden Beschwerden. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschwerdeführer ihren Herkunftsstaat verlassen hätten, weil ihnen eine landesweite Verfolgung durch die Schwiegerfamilie der Erstbeschwerdeführerin drohe. Der belangten Behörde sei in erster Linie vorzuwerfen, dass sich ihre Beweiswürdigung bezüglich des Fluchtvorbringens der Beschwerdeführer auf die abstrakte Annahme beschränke, dass die Angaben der Beschwerdeführer unglaubhaft seien. Der angefochtene Bescheid enthalte jedoch keine nähere Begründung der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen und setze sich zu weiten Teilen aus inhaltsleeren Textbausteinen zusammen. Die belangte Behörde habe sich mit den Länderberichten nicht auseinandergesetzt und habe nicht die aktuelle Version verwendet. Den aktuellen Länderberichten könne entnommen werden, dass Frauen kaum Rechtsschutz zur Verfügung stehe und (häusliche) Gewalt gegenüber Frauen und Kindern weit verbreitet sei. Weil die Schwiegerfamilie der Erstbeschwerdeführerin der „BNP“ nahestehe, habe sich die Erstbeschwerdeführerin nicht an die Polizei wenden können. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in Dhaka, wo der Ehemann der Erstbeschwerdeführerin arbeite, wäre „nutzlos“ gewesen, weil die Familie ihres Ehemannes wisse, wo dieser arbeite und wohne.

5. Mit Schriftsatz vom 15.04.2025 legten die Beschwerdeführer im Wege ihrer Rechtsvertretung Kopien von Unterlagen, die die Probleme mit der Schwiegerfamilie und die Verfolgungshandlungen belegen sollen, vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakte. Ergänzend wurde Einsicht genommen in das Zentrale Melderegister, das Strafregister, das Fremdenregister und das Betreuungsinformationssystem.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückverweisung:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist (§ 28 Abs. 3 dritter Satz VwGVG).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005; 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Gemäß § 18 AsylG 2005 hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigen Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, zwar für sich allein keine Behebung und Zurückverweisung, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung zu vervollständigen sind (vgl. VwGH 14.11.2019, Ra 2018/22/0276, Pkt. 9., mwN). Im vorliegenden Fall enthalten die angefochtenen Bescheide jedoch überhaupt keine – über die bloße Wiedergabe von Aussagen der Erstbeschwerdeführerin hinausgehenden – eigenen beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde. Es kann der Beweiswürdigung nicht entnommen werden, aus welchen Gründen die belangte Behörde das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer als nicht glaubhaft erachtet. Zudem liegen besonders gravierende Ermittlungslücken vor. Die belangte Behörde hat den maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend bzw. bestenfalls ansatzweise ermittelt, weshalb eine Behebung und Zurückverweisung nach § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG zu erfolgen hat. Dies aus folgenden Erwägungen:

Die Erstbeschwerdeführerin gab in ihrer Erstbefragung eine Bedrohung durch die Familie ihres Ehemannes zu Protokoll. Ihre Schwiegereltern hätten sie und ihre Kinder mit dem Tode bedroht. Anfang des Jahres sei ihre Tochter von den Cousins ihres Ehemannes entführt worden, die Polizei habe ihre Tochter aber befreien können. Aus Angst vor weiteren Problemen hätten sie ihr Land verlassen. Bei einer Rückkehr habe die Erstbeschwerdeführerin Angst um ihr Leben und um das Leben ihrer Kinder. Auch in der Einvernahme vor der belangten Behörde begründete die Erstbeschwerdeführerin die Anträge auf internationalen Schutz im Wesentlichen mit einer von der Familie ihres Ehemannes ausgehenden Bedrohung bzw. Verfolgung. Sie brachte vor, dass ihre Schwiegermutter und der Cousin ihres Ehemannes ihre (beiden) Kinder am 02.01.2024 zu sich genommen habe und am 04.01.2024 ihr Ehemann ihre Kinder mit Hilfe der Polizei zurückgeholt habe. Zu diesen beiden Vorfällen wurde die Erstbeschwerdeführerin jedoch nicht näher befragt, obwohl ihr Fluchtvorbringen gerade darauf fußt, dass die Familie ihres Ehemannes sie bedroht und ihre Kinder zu sich genommen habe.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf in den gegenständlichen Bescheiden die (Negativ)Feststellung, es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer in Bangladesch einer Verfolgung durch staatliche Organe oder Privatpersonen unterlägen. In der Beweiswürdigung des Bescheides betreffend die Erstbeschwerdeführerin führte die belangte Behörde aus, dass die von der Erstbeschwerdeführerin vorgetragenen Probleme im Heimatland zur Gänze als unglaubhaft zu werten seien, gab (einige) Aussagen der Erstbeschwerdeführerin wieder und hielt fest, dass der vorgebrachte Sachverhalt, sie würde von den Schwiegereltern bedroht werden, unglaubhaft sei. „Dessen ungeachtet“ stehe der geschilderte Sachverhalt mit keinem der Konventionsgründe im Zusammenhang. Festgehalten werde, dass die Erstbeschwerdeführerin „keine glaubhafte nachvollziehbare Bedrohung“ vorgebracht habe. Es habe somit festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer in Bangladesch „einer“ [sic!] Verfolgung durch staatliche Organe oder Privatpersonen unterlägen. Diese insgesamt bloß abstrakten Ausführungen lassen nicht erkennen, aus welchen Gründen die belangte Behörde das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer als unglaubhaft erachtet. Vielmehr deuten die einzelnen unzusammenhängenden Textbausteine darauf hin, dass sich die belangte Behörde nicht hinreichend mit dem Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer auseinandergesetzt hat und bestenfalls ansatzweise ermittelt hat. Die belangte Behörde führte auch unzutreffend aus, die Beschwerdeführer hätten ihr Fluchtvorbringen damit begründet, dass die Erstbeschwerdeführerin „ohne Zustimmung der Brauteltern ihre Frau geheiratet“ habe und nunmehr „von Angehörigen der Familie der Braut“ telefonisch mit dem Umbringen bedroht worden sei. Daher erweist sich auch die Ausführung innerhalb der rechtliche Beurteilung, wonach in der Beweiswürdigung bereits „ausführlich erörtert“ worden sei, dass dem Vorbringen der Beschwerdeführer insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen gewesen sei, „weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden könne“, als verfehlt.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass auch die Feststellungen zur Person der Erstbeschwerdeführerin teilweise nicht mit ihren Angaben in der Einvernahme vor der belangten Behörde in Einklang zu bringen sind und der die Erstbeschwerdeführerin betreffende Bescheid zudem eine nachvollziehbare Beweiswürdigung in diesem Kontext vermissen lässt. So stellte die belangte Behörde unter anderem fest, dass die Erstbeschwerdeführerin ihre Eltern im Heimatland zurückgelassen habe, im Heimatland selbsterhaltungsfähig gewesen sei und alle ihre Verwandten der gleichen Religion und der gleichen Volksgruppe wie sie angehörten. Die Beschwerdeführerin gab hingegen in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an, dass ihr Vater bereits im Jahr 2019 verstorben sei (AS 24 und 73), sie nach dem Schulabschluss „nur“ Hausfrau gewesen sei und keine Berufsausbildung genossen habe. Für ihren Lebensunterhalt sei (nur) ihr Ehemann aufgekommen (AS 22 und 73). Dass sich alle ihre Verwandten zur selben Religion bekennen würden und derselben Volksgruppe angehörten, gab die Erstbeschwerdeführerin hingegen an keiner Stelle der Einvernahme an.

Darüber hinaus erweisen sich die angefochtenen Bescheide ferner deshalb als mangelhaft, weil die belangte Behörde es unterlassen hat, den Beschwerdeführern die aktuellen Länderinformationen zu Bangladesch (Version 6, Stand 16.08.2024) zur Kenntnis zu bringen, diese mit ihnen zu erörtern und ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. In den gegenständlichen Bescheiden wurden offenbar Kapitel aus der Version 5 der Länderinformationen, Stand 14.06.2023, herangezogen.

In den vorliegenden Fällen wurden daher zu mehreren entscheidungswesentlichen Fragen keine Ermittlungen von der belangten Behörde getätigt. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen, da eine Prüfung des Antrages nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden soll. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht „im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden“ wäre, ist nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit in den gegenständlichen Beschwerdefällen nicht gegeben.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich in den fortgesetzten Verfahren nach einer neuerlichen Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin mit den vorgebrachten Fluchtgründen der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, wonach die Beschwerdeführer landesweit wegen der Verfolgung durch die Schwiegerfamilie, welche der BNP nahestehe und die Erstbeschwerdeführerin als Frau keinen staatlichen Schutz erwarten könne, und mit den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen zu ihrem Fluchtvorbringen auseinanderzusetzen haben, wobei die aktuellen Länderinformationen zu Bangladesch heranzuziehen sein werden.

Die angefochtenen Bescheide sind daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheiten zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

Unterbleiben der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

In den gegenständlichen Fällen ist darauf hinzuweisen, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt – nämlich das Vorliegen von mangelhaften Ermittlungen zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt – durch die vorliegenden Bescheide unter Bedachtnahme auf die Beschwerden feststeht und daher auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet werden kann, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die angefochtenen Bescheide aufzuheben sind. Dem steht angesichts der auf Kassationen der angefochtenen Bescheide zielenden Eventualanträge der Beschwerden auch das Interesse der Beschwerdeführer nicht entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig. Die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und die Zurückverweisung der Angelegenheiten an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Erlassung neuer Bescheide ergeht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).