IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Gabriele STRAßEGGER und den fachkundigen Laienrichter Peter STATTMANN als Beisitzende über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Teicht Jöchl Rechtsanwälte KG in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Schönbrunner Straße vom 03.02.2025 betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 06.01.2025, nach Beschwerdevorentscheidung vom 14.04.2025, WF 2025-0566-9-006726, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 03.02.2025 sprach das Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde, AMS) aus, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 17 iVm §§ 44 und 46 AlVG das Arbeitslosengeld ab 06.01.2025 gebühre. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe seinen Antrag auf Arbeitslosengeld erst am genannten Tag via eAMS-Konto erfolgreich geltend gemacht.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, worin er im Wesentlichen vorbrachte, er habe sich bereits am 02.01.2025 über das eAMS-Konto arbeitslos gemeldet, sei dabei jedoch nicht vom Erfordernis einer gesonderten Beantragung von Geldleistungen in Kenntnis gesetzt worden.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 14.04.2025 wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab und begründete dies mit Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst damit, dass selbst im Falle fehlenden Verschuldens keine Möglichkeit bestehe, die Folgen einer verspäteten Antragstellung zu „reparieren“. Es liege auch kein Amtshaftungsansprüche begründender Fehler der Regionalen Geschäftsstelle vor.
4. Aufgrund des fristgerecht eingebrachten Vorlageantrags des Beschwerdeführers legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Akt am 02.06.2025 einlangend dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
5. Am 17.06.2025 langte die Vollmachtsbekanntgabe der rechtsanwaltlichen Vertretung des Beschwerdeführers ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Das letzte vollversicherte Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers endete am 31.12.2024.
Am 02.01.2025 meldete der Beschwerdeführer sich elektronisch arbeitslos, unterließ jedoch irrtümlich die Übermittlung des gesonderten Formulars zur Beantragung von Geldleistungen.
Erst am 06.01.2025 übermittelte der Beschwerdeführer einen elektronischen Antrag auf Arbeitslosengeld, nachdem er seitens des AMS mittels Nachricht an sein eAMS-Konto auf das Erfordernis einer gesonderten Beantragung von Geldleistungen hingewiesen wurde.
In der Folge wurde dem Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld ab dem 06.01.2025 gewährt, worüber er mittels Leistungsmitteilung vom 21.01.2025 informiert wurde. Aufgrund des Antrags auf bescheidmäßige Feststellung des Leistungsanspruchs ab 01.01.2025 erließ die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Bescheid.
2. Beweiswürdigung:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.
Insbesondere räumte der Beschwerdeführer selbst ein, erst am 06.01.2025 einen Antrag auf Arbeitslosengeld übermittelt zu haben und führte diesbezüglich in seiner Beschwerde aus, er habe im Zuge der elektronischen Arbeitslosmeldung keinen Hinweis auf dieses Erfordernis erhalten. In diesem Sinne brachte der Beschwerdeführer bereits anlässlich seines Bescheidantrages vom 31.01.2025 vor, dass er die Antragstellung irrtümlich übersehen, jedoch nach Bemerken des Fehlers am 06.01.2025 unverzüglich nachgeholt habe.
Mit seinem Begehren einer rückwirkenden Zuerkennung der Leistung ab 01.01.2025 wendet der Beschwerdeführer sich sohin lediglich gegen die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung.
3. Rechtliche Beurteilung:
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat zu entscheiden hat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören. Gegenständlich liegt daher Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.
Zu A) Abweisung der Beschwerde und Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung
Bei der Beurteilung des Vorliegens der ordnungsgemäßen Geltendmachung iSd § 17 Abs. 1 iVm § 46 Abs. 1 AlVG ist nicht auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde erster Instanz Bedacht zu nehmen, sondern auf jenen der Antragstellung (vgl. VwGH 04.09.2015, Ra 2015/08/0035).
Da die Antragstellung gegenständlich vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 66/2024 erfolgte (§ 79 Abs. 184 AlVG), gelangen die folgenden maßgeblichen Bestimmungen des AlVG in der jeweils genannten Fassung zur Anwendung:
Gemäß § 17 Abs. 1 AlVG idF BGBl. I Nr. 63/2010 gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit, wenn sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt sind und der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16 ruht. Der Anspruch gilt (u.a.) dann rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit, wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat (Z 2 leg. cit.).
Gemäß § 46 Abs. 1 AlVG idF BGBl. I Nr. 100/2018 ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.
§ 17 AlVG regelt den Beginn des Bezuges einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Diese wird nur auf Antrag des Versicherten gewährt (Antragsprinzip). Da gemäß § 46 Abs. 4 letzter Satz AlVG die Leistungsgewährung erst dann zu erfolgen hat, wenn die belangte Behörde der arbeitslosen Person keine zumutbare Arbeit vermitteln kann, muss zum Vorliegen der materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen (z.B. Arbeitslosigkeit) die formale Leistungsbeantragung iSd § 46 AlVG (Geltendmachung) hinzutreten. Unter Geltendmachung des Anspruches ist idR die Abgabe des bundeseinheitlich aufgelegten Antragsformulars im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle zu verstehen (vgl. Sdoutz/Zechner, AlVG: Praxiskommentar, § 17 AlVG Rz 408).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, stellt die Bestimmung des § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder verspäteter Antragstellungen dar. Die abschließende Normierung lässt es nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterbliebenen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst eine arbeitslose Person, die auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist (vgl. etwa VwGH 11.11.2015, Ro 2014/08/0053, mwN).
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Den Feststellungen folgend meldete der Beschwerdeführer sich am 02.01.2025 zwar durch elektronische Übermittlung des entsprechenden Formulars arbeitslos, unterließ es aber in der Folge (irrtümlich), auch einen Antrag auf Geldleistungen zu stellen.
Da die Arbeitslosmeldung nach Ende des letzten vollversicherten Dienstverhältnisses erfolgte, liegt kein Anwendungsfall des § 17 Abs. 1 Z 2 AlVG vor.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vorbringt, dass das Gesetz keine Frist für den Antrag auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung vorsehe, wenn bereits eine Arbeitslosmeldung vorliegt, verkennt er das sich aus dem Gesetz deutlich ergebende Antragsprinzip, demzufolge die Zuerkennung der Geldleistung an den Zeitpunkt der Antragstellung geknüpft ist.
Auch aus dem ins Treffen geführten Unterschied zur Aushändigung eines Antrags im Rahmen einer persönlichen Vorsprache samt Fristsetzung für die Rückgabe ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Überdies wäre dieser Weg auch dem Beschwerdeführer offen gestanden.
Es kommt gegenständlich gar nicht darauf an, aus welchem Grund der Beschwerdeführer die rechtzeitige Beantragung des Arbeitslosengeldes übersehen hat, da die formalisierte Antragstellung iSd § 46 AlVG selbst eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung ausschließt.
Ist der Beschwerdeführer der Ansicht, dass sein Irrtum auf einem Verschulden des AMS beruht – wofür sich aus der Aktenlage keine Anhaltspunkte ergeben – ist er auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen.
Die Antragstellung und Geltendmachung des Antrags auf Arbeitslosengeld erfolgte somit erst am 06.01.2025.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht Arbeitslosengeld (erst) ab diesem Tag zuerkannt.
Zum Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer zwar beantragt, doch erscheint diese im gegenständlichen Fall nicht geboten, da sich der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt und – soweit fallgegenständlich relevant – vom Beschwerdeführer gar nicht bestritten wurde.
Im vorliegenden Fall war lediglich eine Rechtsfrage zu klären, die sich vor dem Hintergrund der eindeutigen Rechtslage sowie Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als komplex erwies.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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