IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Vorsitzenden, sowie die Richterin Mag. Beatrix LEHNER und die fachkundige Laienrichterin Maria HIERZER als Beisitzerinnen, über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten vom 13.12.2024, OB: XXXX , betreffend der Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen, zu Recht erkannt:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid vom 13.12.2024 wird behoben.
II. Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass ab Antragstellung (05.09.2024) befristet bis 31.12.2030 vorliegen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am einlangend am 05.09.2024 im Wege der zentralen Poststelle beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ein. Dazu brachte sie verschiedene medizinische Beweismittel (Befunde etc.) in Vorlage.
2. Die belangte Behörde holte im Ermittlungsverfahren ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin – basierend auf der persönlichen Untersuchung der BF - ein.
3. Der BF wurde das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme abzugeben. Die BF brachte am 26.11.2024 eine Stellungnahme ein.
4. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.12.2024 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen und diese Entscheidung im Wesentlichen auf das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten gestützt.
5. Mit Schreiben vom 30.12.2024 erhob die BF binnen offener Frist Beschwerde gegen den Bescheid.
6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) durch die belangte Behörde einlangend mit 17.01.2025 vorgelegt.
7. Das Bundesverwaltungsgericht veranlasste die Begutachtung der BF durch einen Amtssachverständigen (Facharzt für Innere Medizin). Die Begutachtung der BF erfolgte am 01.04.2025, das Sachverständigengutachten ist mit 07.04.2025 datiert.
8. Das Ergebnis der Beweisaufnahme in Form des Sachverständigengutachtens vom 07.04.2025 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichtes im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG mit Schreiben vom 13.05.2025 zur Kenntnis gebracht und den Parteien die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
9. Die BF brachte eine Stellungnahme ein. Sie ersuche um eine Behindertenplakette für das Auto und verwies auf ihre Wirbelsäulenprobleme und Morbus Crohn.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 70 (siebzig) von Hundert und den Zusatzeintragungen „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“, „Die Inhaberin des Passes ist Trägerin von Osteosynthesematerial“ und „Die Inhaberin des Passes kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen“.
Sie leidet an folgenden Gesundheitsstörungen:
- Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Spinalkanalstenose C5-C7, Zustand nach Dekompression C3-C7, Cage-Implantation und Plattenosteosynthese, gleichzeitig Bandscheibenschäden LWS mit Cage-Implantation
- Morbus Crohn mit Magenbeteiligung bei Zustand nach lapraskopischer Magenresektion
- Fibromyalgie mit reaktiver Depression
- Essentieller Tremor
- Zustand nach Hysterektomie
Die BF leidet an einer schweren Erkrankung des Verdauungstraktes. In akuten Schüben sind Stuhlfrequenzen von bis zu 20 pro Tag gegeben, wobei teilweise Stuhlinkontinenz vorliegt.
Erhebliche Einschränkungen der unteren Extremitäten sind nicht gegeben, es bestehen auch keine erheblichen Einschränkungen in der körperlichen Belastbarkeit. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist möglich.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar“ in den Behindertenpass liegen ab dem Tag der Antragstellung (05.09.2024) vor. Da Veränderungen im Gesundheitszustand der BF möglich sind, war die Zusatzeintragung bis zum 31.12.2030 zu befristen.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt den vorgelegten Verwaltungsakten und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Das vom BVwG eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, vom 07.04.2025 ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen sowie zu deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen basieren auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befund.
Aus dem Sachverständigengutachten ergibt sich, dass aufgrund der anhaltend schweren Darmerkrankung bei akuten Schüben Stuhlfrequenzen von bis zu 20 pro Tag und teilweise Stuhlinkontinenz vorliegend ist und daher der BF die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar erscheint.
Da seit Antragstellung keine neuen Befunde hinzugekommen sind und das Beschwerdebild des Morbus Crohn schon damals vorliegend war, ist das Bestehen der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ab Antragstellung anzunehmen. Da eine Änderung des Gesundheitszustandes möglich ist, war eine Befristung der Zusatzeintragung auszusprechen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die im § 10 Abs. 1 Z 6 BBG genannte Vereinigung entsendet die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs. 2 BBG anzuwenden. Für die Vertreterin oder den Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt wird, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.04.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.06.1993).
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt und ist durch seine „technische“ Natur – also medizinisches Fachwissen – gekennzeichnet. Da der Sachverhalt auch aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zu Mal auch keine Verfahrenspartei eine Verhandlung beantragte.
3.2. Zu Spruchteil A) - Stattgebung der Beschwerde:
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit gemäß § 42 Abs. 1 BBG zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderungen in den Voraussetzungen zu erwarten sind. Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 1 Abs. 4 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078 ua.).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche sowie bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, Zl. 2007/11/0080).
Gemäß § 29b Abs. 1 StVO (Straßenverkehrsordnung 1960) ist Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, die über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ verfügen, als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen.
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich bereits wiederholt mit der Frage zu beschäftigen, ob die Stuhlinkontinenz zur Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führt und eine entsprechende Zusatzeintragung in den Behindertenpass rechtfertigt (vgl. VwGH 17.06.2013, ZI. 2010/11/0021, VwGH 23.02.2011, ZI. 2007/11/0142). Die konkrete Auswirkung dieses Aspekts von Erkrankungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei insbesondere betreffend eine gewisse Häufigkeit, Unvorhersehbarkeit und Unabwendbarkeit der behaupteten Zustände zu beachten (vgl. VwGH 17.06.2013, ZI. 2010/11/0021).
In seinem Erkenntnis vom 21.04.2016, ZI. Ra 2016/11/0018, hielt der Verwaltungsgerichtshof zum Fall einer Betroffenen, die an einer Durchfallerkrankung mit häufigem und imperativem Stuhlgang (mindestens 20 Mal pro Tag) leidet, fest, dass es „geradezu offenkundig" sei und „keiner weiteren Erörterung" bedürfe, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bei diesem Krankheitsbild unzumutbar sei. Daran würden angesichts der schweren Ausprägung der Erkrankung die im Handel erhältlichen Inkontinenzprodukte (saugfähige Einmalhosen) nichts ändern.
Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel liegt daher insbesondere bei anhaltend schwerer Darmerkrankung vor, wenn die Erkrankung eindeutig diagnostiziert ist, alle therapeutischen Optionen ausgeschöpft sind, und häufiger, imperativer und unvorhersehbarer, mitunter flüssiger Stuhlgang gegeben ist. In diesem Fall ist die Verwendung von marktüblichen Inkontinenzprodukten nicht mehr ausreichend.
Das bei der BF vorliegende Beschwerdebild erfüllt die in den VwGH-Erkenntnissen abgebildeten Erfordernisse. Bei der BF ist bei akuten Schüben eine Stuhlfrequenz von bis zu 20 pro Tag und zusätzlich eine Stuhlinkontinenz gegeben, sodass hier die Verwendung von handelsüblichen Inkontinenzprodukten nicht mehr ausreicht. Die bei der BF bestehende Symptomatik erreicht damit die in der oben zitierten Judikatur normierten Schwelle, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar ist.
Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass liegen vor.
Da sich die Befundlage seit Antragstellung nicht geändert hat, sind die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung ab Antragstellung (05.09.2024) als gegeben anzunehmen. Dem Umstand Folge tragend, dass eine Änderung des Gesundheitszustandes bei der BF möglich und damit Änderungen in den Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses samt Zusatzeintragungen zu erwarten sind, war eine Befristung der Zusatzeintragung bis zum 31.12.2030 auszusprechen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Zulassung der Revision war gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zudem zu verneinen, weil die gegenständliche Entscheidung in Wesentlichen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
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