Spruch
W237 2310135-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin WERNER als Vorsitzenden sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Armin KLAUSER und die fachkundige Laienrichterin Mag.a Elke DE BUCK-LAINER als Beisitzer:innen über die Beschwerde der XXXX geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Neunkirchen vom 13.02.2025 betreffend den Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe im Ausmaß von 56 Bezugstagen ab 06.02.2025 ohne Gewährung von Nachsicht, nach Beschwerdevorentscheidung vom 11.03.2025, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 AlVG als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 13.02.2025 sprach das Arbeitsmarktservice Neunkirchen (im Folgenden: AMS) gegenüber der Beschwerdeführerin einen Verlust ihres Anspruchs auf Notstandshilfe im Ausmaß von 56 Bezugstagen ab 06.02.2025 ohne Gewährung von Nachsicht aus. Begründend führte das AMS aus, dass die Beschwerdeführerin das Zustandekommen einer ihr zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung als Kassa- und Regalbetreuerin bei der Firma „ XXXX “ ohne triftigen Grund durch ihr Bewerbungsverhalten vereitelt habe. Gründe für die Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.
2. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und brachte darin inhaltlich vor, dass sie sich ausschreibungsgemäß über das AMS für eine Vorauswahl beworben hätte. Sie sei von der Arbeitgeberin nicht kontaktiert worden. Sie hätte nichts vereitelt und alles gemacht, was von ihr verlangt worden sei.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.03.2025 wies das AMS die Beschwerde ab. Begründend führte es im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin seit 18.05.2021 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehe. Am 21.01.2025 sei der Beschwerdeführerin eine Beschäftigung als Kassa- und Regalbetreuerin beim XXXX angeboten worden. Laut Inserat sei die Bewerbung an das AMS im Rahmen einer Vorauswahl zu richten gewesen. Am 06.02.2025 habe die potentielle Dienstgeberin dem AMS zurückgemeldet, dass sie vergeblich versucht habe, die Beschwerdeführerin telefonisch unter der von ihr angegebenen Telefonnummer zu erreichen. Da die Beschwerdeführerin sich nicht telefonisch erreichbar gehalten und auch nicht zurückgerufen habe, sei keine Arbeitswilligkeit in Bezug auf die angebotene – zumutbare – Stelle vorgelegen. Die Beschwerdeführerin habe durch ihr Verhalten billigend in Kauf genommen, die Stelle nicht zu erhalten. In den vergangenen zwei Jahren seien ihr bereits zwei Mal Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gemäß § 10 AlVG gesperrt worden, weshalb die vorliegende Ausschlussfrist für 8 Wochen zu verhängen sei.
4. Am 20.03.2025 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerdeführerin brachte darin ergänzend vor, dass es sein möge, dass sie von der Firma kontaktiert worden sei. Da sie die Nummer jedoch nicht gekannt habe und keine Nachricht auf der Sprachbox hinterlassen worden sei, könne man ihr keine Vereitelung vorwerfen. Sie stehe derzeit mit mehreren Firmen hinsichtlich einer Heimhilfeausbildung in Kontakt, welche sie im April 2025 beginnen würde.
Das AMS legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsakts am 01.04.2025 vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin bezieht seit 18.05.2021 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und seit 15.02.2022 Notstandshilfe. Ihr wurde diese von 15.05.2023 bis 25.06.2023 sowie vom 05.01.2024 bis 29.02.2024 als Sanktion gemäß § 10 AlVG wegen Vereitelungshandlungen gesperrt.
Im Betreuungsplan vom 07.02.2025 vereinbarte die Beschwerdeführerin mit dem AMS, dass dieses sie bei der Suche nach einer Stelle als Reinigungskraft oder Einzelhandelskauffrau bzw. jeder sonst zumutbaren Stelle im Voll- oder Teilzeitausmaß im Raum Neunkirchen, Wiener Neustadt und Baden unterstützen werde. Die Beschwerdeführerin verpflichtete sich im Gegenzug, sich selbstständig auf offene Stellen mittels Anwendung von Suchmaschinen zu bewerben, regelmäßig zu Informationstagen und Jobbörsen des AMS zu gehen und sich sofort auf ihr vom AMS übermittelte Stellenangebote zu bewerben.
1.2. Am 21.01.2025 wurde der Beschwerdeführerin vom AMS ein Stellenvorschlag für eine Beschäftigung als Mitarbeiterin für die Kassa- und Regalbetreuung im „ XXXX als Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 20-35 Wochenstunden mit einem näher angeführten Mindestentgelt zugewiesen. Für die Stelle war eine Vorauswahl durch das AMS vorgesehen; die Bewerbung samt Lebenslauf sollte daher via E-Mail auf eine näher angeführte Adresse des AMS erfolgen.
1.3. Die Beschwerdeführerin bewarb sich am 29.01.2025 bei der Vorauswahl des Services für Unternehmen (SfU) des AMS. Dieses leitete die Bewerbungsunterlagen der Beschwerdeführerin an die potentielle Dienstgeberin weiter. Die Beschwerdeführerin selbst nahm mit der potentiellen Dienstgeberin nicht Kontakt auf.
Am 03.04.2025 versuchte die Inhaberin des genannten Markts, die Beschwerdeführerin um 10:14 Uhr telefonisch zu kontaktieren. Die Beschwerdeführerin hob nicht ab und rief – in Unkenntnis der auf ihrem Handy aufscheinenden Telefonnummer – auch nicht zurück.
Das Dienstverhältnis kam in der Folge nicht zustande.
1.4. Die Beschwerdeführerin ist seit 10.06.2025 in einer näher genannten Fleischerei als Arbeiterin beschäftigt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Leistungsbezug der Beschwerdeführerin, den bisherigen Sperren von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und dem Inhalt des Betreuungsplans ergeben sich unzweifelhaft aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Unstrittig und aus dem Verwaltungsakt ersichtlich ist auch, dass der Stellenvorschlag mit dem festgestellten Inhalt der Beschwerdeführerin zuging und sie sich via E-Mail für die Vorauswahl beim AMS bewarb. Dass sie die telefonische Kontaktaufnahme durch die Dienstgeberin nicht beantwortete, ist aus dem im Verwaltungsakt enthaltenen Anrufprotokoll der potentiellen Dienstgeberin ersichtlich und wurde von der Beschwerdeführerin im Verfahren auch nicht substantiiert bestritten; die Beschwerdeführerin räumte im Vorlageantrag sogar selbst ein, dass es durchaus sein könne, dass sie von der potentiellen Dienstgeberin telefonisch kontaktiert worden sei. Unbestritten ist ebenso, dass die Beschwerdeführerin einen Rückruf unterließ. Die Feststellung zu ihrer Beschäftigungsaufnahme am 10.06.2025 beruht auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten aktuellen Versicherungsdatenauszug.
3. Rechtliche Beurteilung:
Der angefochtene Bescheid datiert auf den 13.02.2025. Die bei der belangten Behörde am 17.02.2025 eingelangte Beschwerde ist somit gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG rechtzeitig.
Das AMS erließ daraufhin innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von zehn Wochen (§ 56 Abs. 2 AlVG) die Beschwerdevorentscheidung vom 11.03.2025 im Sinne des § 14 Abs. 1 VwGVG im Wege der postalischen Zustellung am 12.03.2025, in der es die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid abwies. Der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin vom 20.03.2025 erfolgte rechtzeitig innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 15 Abs. 1 VwGVG.
Durch den Vorlageantrag trat die Beschwerdevorentscheidung nicht außer Kraft. Das Rechtsmittel, über welches nunmehr zu entscheiden ist, bleibt aber die Beschwerde (der Vorlageantrag richtet sich nämlich nur darauf, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorgelegt wird, mag er auch eine [zusätzliche] Begründung enthalten). Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet – und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss –, bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann aber – außer im (hier nicht vorliegenden) Fall einer Zurückweisung der Beschwerde – nur die an die Stelle des Ausgangsbescheids getretene Beschwerdevorentscheidung (vgl. VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Zu A)
3.1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungs-gesetzes 1977 (AlVG) lauten:
„Arbeitswilligkeit
§ 9. (1) Arbeitswillig ist, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 des Arbeitsmarktförderungsgesetzes (AMFG), BGBl. Nr. 31/1969, durchführenden Dienstleister vermittelte zumutbare Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis als Dienstnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG anzunehmen, sich zum Zwecke beruflicher Ausbildung nach- oder umschulen zu lassen, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen, von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und von sich aus alle gebotenen Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung zu unternehmen, soweit dies entsprechend den persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
(2) Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar.
(3) – (6) […]
(7) Als Beschäftigung gilt, unbeschadet der erforderlichen Beurteilung der Zumutbarkeit im Einzelfall, auch ein der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt dienendes Arbeitsverhältnis im Rahmen eines Sozialökonomischen Betriebes (SÖB) oder eines Gemeinnützigen Beschäftigungsprojektes (GBP), soweit dieses den arbeitsrechtlichen Vorschriften und den in den Richtlinien des Verwaltungsrates geregelten Qualitätsstandards entspricht. Im Rahmen dieser Qualitätsstandards ist jedenfalls die gegebenenfalls erforderliche sozialpädagogische Betreuung, die Zielsetzung der mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen theoretischen und praktischen Ausbildung sowie im Falle der Arbeitskräfteüberlassung das zulässige Ausmaß überlassungsfreier Zeiten und die Verwendung überlassungsfreier Zeiten zu Ausbildungs- und Betreuungszwecken festzulegen.
(8) […]
§ 10. (1) Wenn die arbeitslose Person
1. sich weigert, eine ihr von der regionalen Geschäftsstelle oder einen vom Arbeitsmarktservice beauftragten, die Arbeitsvermittlung im Einklang mit den Vorschriften der §§ 2 bis 7 AMFG durchführenden Dienstleister zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, oder
2. sich ohne wichtigen Grund weigert, einem Auftrag zur Nach(Um)schulung zu entsprechen oder durch ihr Verschulden den Erfolg der Nach(Um)schulung vereitelt, oder
3. ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, oder
4. auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung nachzuweisen,
so verliert sie für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft. Die Zeiten des Anspruchsverlustes verlängern sich um die in ihnen liegenden Zeiträume, während derer Krankengeld bezogen wurde.
(2) Hat sich die arbeitslose Person auf einen durch unwahre Angaben über Umfang und Ausmaß von Teilzeitbeschäftigungen begründeten besonderen Entgeltschutz nach Teilzeitbeschäftigungen berufen, so erhöht sich die Mindestdauer des Anspruchsverlustes nach Abs. 1 um weitere zwei Wochen.
(3) Der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 ist in berücksichtigungswürdigen Fällen wie zB bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.
(4) Wer, ohne dadurch den Erfolg der Schulungsmaßnahme zu gefährden, tageweise nicht an einer Schulungsmaßnahme teilnimmt, verliert den Anspruch auf Arbeitslosengeld für Tage des Fernbleibens, außer wenn dieses durch zwingende Gründe gerechtfertigt ist.
[…]
Allgemeine Bestimmungen
§ 38. Soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.“
3.2. Zum Vorliegen einer Vereitelungshandlung:
3.2.1. Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. VwGH 23.02.2005, 2003/08/0039).
Um sich in den Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handels des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen – abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen – somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach der allgemeinen Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. VwGH 26.10.2010, 2008/08/0017 und 2008/08/0244; 29.01.2014, 2013/08/0265).
3.2.2. Im Vorliegenden Fall bewarb sich die Beschwerdeführerin zwar zeit- und modalitätengerecht auf die ihr zugewiesene Stelle als Kassa- und Regalbetreuerin beim genannten Unternehmen für eine entsprechende Vorauswahl durch das AMS. Den folgenden Anruf durch die potentielle Dienstgeberin auf ihrem Handy nahm sie allerdings nicht entgegen; sie rief auch nicht zurück oder kontaktierte die potentielle Dienstgeberin von sich aus auf anderem Weg.
3.2.2.1. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht für die Annahme der Kausalität aus, dass durch das Verhalten des Arbeitslosen die Chancen für das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses verringert wurden (vgl. VwGH 13.11.2013, 2013/08/0020). Diese Kausalität ist im konkreten Fall durch die Nichtentgegennahme des Anrufs der potentiellen Dienstgeberin und den unterlassenen Rückruf durch die Beschwerdeführerin unzweifelhaft gegeben.
3.2.2.2. Ist die Kausalität im Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung dieses Tatbestandes hingegen nicht hin (vgl. u.v. VwGH 11.09.2008, 2007/08/0111, mwN).
Von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung beziehenden Personen ist zu erwarten, unter der von ihnen angegebenen Telefonnummer grundsätzlich erreichbar zu sein oder eine Änderung ihrer Kontaktdaten umgehend bekannt zu geben. Insbesondere gilt dies in Beziehung zu potentiellen Dienstgebern, denen eine Kontaktaufnahme mit den Bewerber:innen unter den von diesen selbst angegebenen Modalitäten möglich sein muss; dies schließt die Verpflichtung ein, sich im Falle einer verpassten Kontaktaufnahme umgehend zurückzumelden.
In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführerin ein Verhalten vorzuwerfen, das jedenfalls über die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt im Sinne fahrlässigen Handelns hinausgeht: So stand die Beschwerdeführerin bereits mehrmals über längere Zeit in Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe und ist daher mit unterschiedlichen Bewerbungsprocedere und Stellenanbahnungen vertraut. Insbesondere musste ihr in den Tagen nach ihrer an das AMS geschickten Bewerbung klar sein, dass sie bei erfolgreicher Vorauswahl durch die potentielle Dienstgeberin telefonisch kontaktiert werden und es sich dabei um eine ihr nicht bekannte Nummer handeln würde. Soweit die Beschwerdeführerin in ihrem Vorlageantrag also geltend macht, sie „kenne die Nummer ja nicht“, ist für sie daraus nichts zu gewinnen. Dass – wie sie weiters moniert – die potentielle Dienstgeberin eine Nachricht auf ihrer Sprachbox hinterlassen hätte können, entließ die Beschwerdeführerin nicht aus ihrer Verpflichtung, den Kontakt zur potentiellen Dienstgeberin durch einen einfachen Rückruf selbst herzustellen. Da deren Nummer auf dem Handy der Beschwerdeführerin aufschien, hätte sie ohne Weiteres einen Rückruf tätigen können und auf diesem Weg die anrufende Person identifizieren können (auf sonstige Möglichkeiten der Identifizierung, zB durch eine Recherche der Nummer im Internet, kommt es dabei gar nicht mehr an). Indem die Beschwerdeführerin auf den verpassten Anruf nicht durch Rückruf reagierte und auch sonst von sich aus keine Schritte zur Kontaktaufnahme mit der potentiellen Dienstgeberin setzte, nahm sie offenkundig in Kauf, dass kein Beschäftigungsverhältnis zustande kommt.
3.2.3. Dass die zugewiesene Beschäftigung unzumutbar im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG gewesen wäre, wurde weder von der Beschwerdeführerin behauptet noch liegen dafür im Verwaltungsakt irgendwelche Anhaltspunkte vor.
Ohnehin trifft die Arbeitslose zunächst – so ihr keine Anhaltspunkte für die Unzumutbarkeit der Tätigkeit bekannt sind – die Verpflichtung, sich bei einem potenziellen Dienstgeber vorzustellen. Weigert er sich, den Vorstellungstermin wahrzunehmen und kann sie im Verwaltungsverfahren keine konkreten Gründe für die Unzumutbarkeit der Beschäftigung nennen, ist die belangte Behörde im Fall der Verhängung einer Sperrfrist nicht gehalten, sich mit der Frage der Zumutbarkeit der Tätigkeit näher auseinanderzusetzen (VwGH 04.07.2007, 2006/08/0097; 19.09.2007, 2006/08/0269).
3.3. Zur Rechtsfolge der Vereitelung:
3.3.1. Die in § 10 Abs. 1 AlVG vorgesehene Sanktion besteht in einem Verlust des Arbeitslosengeldes (bzw. der Notstandshilfe) für die Dauer von "mindestens der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen". Die Mindestdauer des Anspruchsverlustes erhöht sich mit jeder weiteren Pflichtverletzung gemäß Z 1 bis 4 um weitere zwei Wochen auf acht Wochen. Die Erhöhung der Mindestdauer des Anspruchsverlustes gilt jeweils bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft.
Die Beschwerdeführerin bezieht seit 18.05.2021 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Bereits in den Zeiträumen von 15.05.2023 bis 25.06.2023 sowie vom 05.01.2024 bis 29.02.2024 wurde ihr die Notstandshilfe als Sanktion gemäß § 10 AlVG wegen Vereitelungshandlungen gesperrt. Da die Beschwerdeführerin seitdem keine neue Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erworben hat, ist der im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Anspruchsverlust für die Dauer von 56 Tagen ab 06.02.2025 prinzipiell gesetzmäßig.
3.3.2. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG liegen nicht vor. Die Beschwerdeführerin hat erst am 10.06.2025 – und damit über zwei Monate nach dem Ende des Sanktionszeitraums – wieder eine neue arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen, was nach Lage des Falles keine Nachsicht begründen kann; dies wurde von der Beschwerdeführerin im Verfahren auch nicht geltend gemacht.
Soweit sie im Vorlageantrag vorbrachte, dass sie für eine Heimhilfeausbildung mit mehreren Firmen in Kontakt stehe, stellt dies keinen Nachsichtsgrund im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG dar, zählt das Bewerben und Wahrnehmen von Vorstellungsgesprächen doch zu den grundlegenden Pflichten, welche die Beschwerdeführerin als Bezieherin einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung treffen, und wird daher alleine dadurch kein Ausgleich der durch die Vereitelung (bzw. Weigerung) entstandenen negativen Konsequenzen für die Versichertengemeinschaft bewirkt (vgl. VwGH 24.02.2016, Ra 2016/08/0001).
3.4. Die Beschwerde ist aus diesen Gründen abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
3.5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG Abstand genommen werden, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt (s. Pkt. II.1) wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten und warf sie mit ihrem Beschwerdevorbringen lediglich rechtliche Fragen auf. Die Beschwerdeführerin gab selbst an, den Anruf der potentiellen Dienstgeberin nicht an- und keinen Rückruf vorgenommen zu haben; dieses Verhalten wird in der vorliegenden Entscheidung rechtlich beurteilt.
Bei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung handelt es sich zwar um "civil rights" iSd Art. 6 EMRK (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0142, mwN). Im vorliegenden Fall liegen jedoch angesichts der obigen Ausführungen keine entscheidungserheblichen widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien verschafft (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171). Auch wurde eine solche Verhandlung von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Im Ergebnis stehen dem Entfall der Verhandlung daher weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu §§ 9 und 10 AlVG bzw. zu Vereitelungshandlungen ist umfangreich vorhanden (unter der Begründung zu Spruchteil A zitiert) und im Lichte des Falles klar und kohärent.