Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde von XXXX in XXXX gegen den Bescheid der ORF-Beitrags Service GmbH vom XXXX .2024, Beitragsnummer XXXX , GZ: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrags auf Befreiung von der Entrichtung des ORF-Beitrags zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Mit der mit XXXX .2024 datierten und am XXXX .2024 bei der ORF-Beitrags Service GmbH (OBS GmbH) eingebrachten Eingabe beantragte der Beschwerdeführer (BF), der in XXXX Hauptwohnsitz gemeldet ist, ohne Verwendung des dafür vorgesehenen Formulars die Befreiung vom ORF-Beitrag mit der Begründung, dass er kein Interesse an den angebotenen Leistungen habe. Er sei langfristig arbeitsunfähig und beziehe Leistungen nach dem AlVG. Gleichzeitig legte er eine Mitteilung über seinen Leistungsanspruch vom XXXX .2023 vor.
Mit Schreiben vom XXXX 2024 forderte die OBS GmbH den BF auf, binnen zwei Wochen sämtliche zur Ermittlung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Unterlagen, insbesondere das aktuelle Einkommen von XXXX , sowie eine detaillierte Mietzinsaufschlüsselung vorzulegen.
Mit Schreiben vom XXXX .2024 teilte der BF der OBS GmbH zusammengefasst mit, dass zwischen ihm und XXXX kein Vertrag bestehe, wonach sie ihm ihr Einkommen oder ob sie überhaupt eines habe, mitteilen müsse. Die Weitergabe solcher Informationen verstoße gegen das DSG, sodass er sich dadurch strafbar machen würde. Es existiere auch kein Mietvertrag oder eine detaillierte Mietzinsaufschlüsselung zwischen ihm und XXXX , weil solche Unterverträge durch den Eigentümer nicht erlaubt seien. Er erhalte finanzielle Unterstützung gemäß dem „Arbeitslosengesetz“ [sic]. XXXX helfe ihm, indem sie für ihn koche, wasche, einkaufe und die Wohnung aufräume. Daher bitte er, seiner Bitte um Befreiung vom ORF-Beitrag nachzukommen. Die geforderten Unterlagen legte der BF nicht vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die OBS GmbH den Befreiungsantrag des BF ab und forderte ihn zur fristgerechten Zahlung des ORF-Beitrags auf. Dies wurde damit begründet, dass für eine Befreiung das Einkommen aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt zusammenleben, zusammengerechnet werde. Abzugsfähige Abgaben seien z.B. „eine detaillierte Mietzinsaufschlüsselung“ (gemeint offenbar: Hauptmietzins und Betriebskosten). Der BF habe jedoch den geforderten Einkommensnachweis von XXXX und die Mietzinsaufschlüsselung nicht wie aufgetragen nachgereicht.
Dagegen richtet sich die mit XXXX .2024 datierte und am XXXX .2024 bei der OBS GmbH eingelangte Beschwerde des BF.
Die Beschwerde wird vom BF zusammengefasst damit begründet, dass er die OBS GmbH bereits darüber informiert habe, dass er keine persönlichen und sensiblen Daten weitergeben könne und dass kein Mietvertrag zwischen ihm und XXXX bestehe, somit auch keine detaillierte Mietzinsaufschlüsselung. Die OBS GmbH sei nicht zur Erlassung von Bescheiden berechtigt, sondern nur zur Ausstellung von Rückstandsausweisen legitimiert. Das in § 7 ORF-Beitrags-Gesetz und § 31 ORF-G zwingend vorgesehene Verfahren zur Festsetzung der Höhe des ORF-Beitrags sei nicht eingehalten worden, sodass der angefochtene Bescheid „mangelbehaftet und nichtig“ sei. § 31 Abs 19 ORF-G lege lediglich einen Höchstbeitrag fest und sei keine ausreichende Basis für eine Vorschreibung des ORF-Beitrags. Da dieser an die (verpflichtende) Hauptwohnsitzmeldung anknüpfe, liege eine unzulässige Besteuerung der Hauptwohnsitzmeldung vor. Eine Vorratsdatenspeicherung aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) widerspreche dem Grundrecht auf Datenschutz und sei nicht verhältnismäßig; eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung sei unzulässig und unverhältnismäßig. Laut Unionsrecht dürften öffentliche Rundfunkanstalten von den Mitgliedstaaten nur finanziert werden, wenn diese ihren öffentlich-rechtlichen Auftrag zur objektiven und unabhängigen Berichterstattung erfüllen würden und die gewählte Finanzierung den Wettbewerb nicht beeinträchtige. Da der ORF von der Politik nicht unabhängig sei, seinen Auftrag nicht erfülle und andere (private) Rundfunkanstalten eingeschränkt und behindert würden, liege ein Verstoß gegen das Unionsrecht vor. Die Finanzierung über eine mit Verwaltungsstrafen (auch Ersatzfreiheitsstrafen) sanktionierte Zwangsabgabe sichere dem ORF, der bereits eine monopolartige Stellung einnehme, nachdem er am Medienmarkt eine Übermacht habe und mit 45,6 % an der Austria Presse Agentur beteiligt sei, einen Wettbewerbsvorteil. Der BF nutze das „Medium ORF“ nicht, was Voraussetzung für die Verpflichtung zur Zahlung des ORF-Beitrags sei. Ohne Gegenleistung greife dies in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums ein, ohne dass die Voraussetzungen für einen solchen Eingriff erfüllt seien. Mangels einer sachlichen Rechtfertigung sei auch der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Für Menschen, die ORF-Mediendienste nicht nutzen würden, stelle die Zwangsabgabe eine sogenannte „Erdrosselungssteuer“ dar, die auf ein unerwünschtes Verhalten erhoben werde, sodass ein Missbrauch von Lenkungssteuern vorliege. Er habe auch keinen Vertrag mit der OBS GmbH abgeschlossen.
Die OBS GmbH legte die Beschwerde samt den Akten des Verwaltungsverfahrens mit Schreiben vom XXXX .2025 dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor.
Feststellungen:
Die BF ist volljährig und laut dem Zentralen Melderegister seit XXXX mit Hauptwohnsitz an der Adresse XXXX , eingetragen. An dieser Adresse ist seit mehreren Jahren auch XXXX (geboren XXXX ) mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Der BF bezog von XXXX .2023 bis XXXX .2023 sowie von XXXX .2023 bis XXXX 2024 Notstandshilfe von EUR 32,85 pro Tag.
Das Haushalts-Nettoeinkommen der im Haushalt des BF lebenden Personen ist nicht bekannt, weil er dem Auftrag der OBS GmbH zur Bekanntgabe des Einkommens von Keli XXXX nicht nachgekommen ist, sondern dies ausdrücklich abgelehnt hat.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus den vorgelegten Verwaltungsakten.
Der gemeinsame Haushalt des BF mit XXXX ergibt sich aus den übereinstimmenden Hauptwohnsitzmeldungen laut ZMR. Der BF bestreitet einen gemeinsamen Haushalt im Übrigen nicht, zumal XXXX ihn laut seiner Darstellung bei der Haushaltsführung unterstützt.
Der BF legte mit dem Befreiungsantrag eine Mitteilung über den Leistungsanspruch des AMS XXXX vom XXXX vor, aus dem sich der festgestellte Bezug von Notstandhilfe im Zeitraum XXXX bis XXXX (mit einer kurzen Unterbrechung) ergibt. Einkommensunterlagen von XXXX oder eine detaillierte Mietzinsaufschlüsselung brachte er trotz einer entsprechenden Aufforderung durch die OBS-GmbH nicht zur Vorlage, sondern lehnte dies ausdrücklich ab. Die Höhe des Haushalts-Nettoeinkommens ist daher nicht bekannt, sodass dazu auch keine (positive) Feststellung getroffen werden kann.
Rechtliche Beurteilung:
Gegen die gesetzliche Festlegung einer Beitragspflicht für den ORF-Beitrag im privaten Bereich für jede im Inland gelegene Adresse, an der zumindest eine volljährige Person mit Hauptwohnsitz im ZMR eingetragen ist, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. § 3 Abs 1 ORF-Beitrags-Gesetz, der eine solche Beitragspflicht vorsieht, verstößt weder gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums. Auch § 3 Abs 2 ORF-Beitrags-Gesetz, der die an einer Adresse mit Hauptwohnsitz im ZMR eingetragenen volljährigen Personen zu Gesamtschuldnern bestimmt und anordnet, dass von diesen der ORF-Beitrag nur einmal zu entrichten ist, verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Aus § 31 Abs 19 bis 22 ORF-G ergibt sich in Übereinstimmung mit den Anforderungen von Art 18 Abs 1 B-VG, dass der ORF-Beitrag für den Übergangszeitraum von 2024 bis 2026 (bzw. 2029 laut BGBl I Nr. 16/2025) von Gesetzes wegen festgelegt ist, sodass in diesen Jahren das in § 31 Abs 1 bis 10e normierte Verfahren zur Festlegung der Höhe des ORF-Beitrag nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 31 Abs 20 und 22 ORF-G und bei einer entsprechenden Feststellung durch die Prüfungskommission durchgeführt werden muss. Die in § 10 Abs 1 ORF-Beitrags-Gesetz angeordnete Betrauung der OBS GmbH mit der Erhebung des ORF-Beitrags sowie sonstiger damit verbundener Abgaben, der Ermittlung aller Beitragsschuldner sowie der Entscheidung über die Befreiung von der Beitragspflicht entspricht den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art 20 Abs 1 B-VG. Die mit § 31 ORF-G idF BGBl I Nr. 112/2023 und dem ORF-Beitrags-Gesetz erfolgte Neuregelung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bewirkt keinen unzulässigen Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung. § 13 und § 17 Abs 7 und Abs 8 ORF-Beitrags-Gesetz verstoßen nicht gegen das Grundrecht auf Datenschutz (siehe VfGH 24.06.2025, E4624/2024).
Die §§ 47 bis 49 der FMGebO - auf die § 4a ORF-Beitrags-G hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die vom BF beantragte Befreiung vom ORF-Beitrag verweist - regeln, auf welcher Grundlage Bezieher staatlicher Unterstützung von der Entrichtung des ORF-Beitrags befreit werden können und dass diese an der Ermittlung der Anspruchsvoraussetzungen mitzuwirken haben. Der BF ist diesen Mitwirkungspflichten trotz der entsprechenden Aufforderung der OBS-GmbH vom 19.03.2024 nicht nachgekommen.
Der BF kann als Bezieher von Leistungen der Arbeitslosenversicherung gemäß § 47 Abs 1 Z 4 FMGebO grundsätzlich über einen entsprechenden Antrag von der Entrichtung des ORF-Beitrags befreit werden. Die Zuerkennung einer solchen Befreiung ist jedoch gemäß § 48 Abs 1 FMGebO dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12 % übersteigt.
Gemäß § 50 Abs 2 FMGebO hat der BF im Befreiungsantrag Angaben zum Namen, Vornamen und Geburtsdatum von allen in seinem Haushalt lebenden Personen zu machen. Gemäß § 50 Abs 4 FMGebO ist die ORF-Beitrags Service GmbH berechtigt, ihn zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern. Eine solche Aufforderung ist an den BF ergangen; er hat eine entsprechende Bekanntgabe jedoch ausdrücklich abgelehnt.
Da der BF die ihm aufgetragene Mitwirkung an der Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens (und an der Ermittlung möglicher Abzugsposten, insbesondere des Wohnaufwands iSd § 48 Abs 5 Z 1 FMGebO) explizit ausgeschlossen hat, ist die Abweisung seines Befreiungsantrags rechtskonform, sodass die Beschwerde als unbegründet abzuweisen ist.
Eine – von keiner Seite beantragte – Beschwerdeverhandlung unterbleibt gemäß § 24 Abs 4 VwGVG, weil eine mündliche Erörterung angesichts der ausdrücklichen Weigerung des BF, die für die Entscheidung über den Befreiungsantrag benötigten Informationen bekanntzugeben, keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil das BVwG bei dieser Einzelfallentscheidung keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an bestehender VwGH-Rechtsprechung orientieren konnte.