JudikaturBVwG

G310 2314012-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
18. Juni 2025

Spruch

G310 2314012-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde des ungarischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2025, Zahl XXXX , betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde am XXXX .2024 verhaftet und am XXXX .2024 in Untersuchungshaft genommen.

Mit Schreiben vom 07.05.2024 forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den BF auf, sich zur beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu äußern und Fragen zu seinem Aufenthalt in Österreich sowie zu seinem Privat- und Familienleben zu beantworten. Der BF reagierte auf dieses Schreiben nicht.

In weiterer Folge wurde der BF mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2024, XXXX , wegen Einbruchsdiebstahls zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Seiner dagegen erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts XXXX vom XXXX .2024 nicht Folge gegeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erließ das BFA gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte gemäß § 70 Abs 3 FPG keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Der Bescheid wurde im Wesentlichen mit den Straftaten des BF begründet. Auch die strafgerichtlichen Verurteilungen in seiner Heimat und der rasche Rückfall würden für eine tatsächliche und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sprechen. Er habe keine relevanten privaten oder familiären Bindungen im Bundesgebiet.

Mit seiner Beschwerde beantragt der BF neben der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung die ersatzlose Behebung dieses Bescheids, hilfsweise die Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbots. Auch stellte er einen Aufhebungs- und Rückverweisungsantrag. Der BF halte sich seit 2023 mit seiner Lebensgefährtin in Österreich auf und habe über ein Jahr hinweg gearbeitet. In dieser Zeit habe er sich einen Freundeskreis aufgebaut. Zu seiner Familie in Ungarn bestehe kein Kontakt. Es sei bereits ein Gesinnungswandel erfolgt, der BF gehe in der Justizanstalt einer Arbeit nach und möchte nach seiner Entlassung einen ordentlichen Lebenswandel führen.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Antrag vor, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mittels Mail der Justizanstalt Gerasdorf vom 07.06.2025 wurde mitgeteilt, dass der BF voraussichtlich am 15.08.2025 unter Anordnung von Bewährungshilfe bedingt entlassen werden wird.

Feststellungen:

Der BF ist ein am XXXX im XXXX geborener ungarischer Staatsangehöriger. Er besitzt einen bis XXXX gültigen ungarischen Personalausweis. Seine Muttersprache ist Ungarisch. Der BF ist ledig und hat eine in Österreich lebende Freundin. Zu seinen Angehörigen in Ungarn besteht kein Kontakt. Der BF hat keine Sorgepflichten und verfügt über kein Vermögen. Er hat Schulden in der Höhe von EUR 1.200,00 und trifft ihn eine monatliche Rückzahlungsverpflichtung von EUR 143,00.

Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet liegen seit XXXX .2024 vor, wobei der BF seit XXXX .2024 in Österreichs Justizanstalten angehalten wird und es sich dabei lediglich um eine Nebenwohnsitzmeldung handelte. Eine Anmeldebescheinigung wurde ihm nicht ausgestellt; er hat dies auch nie beantragt. Er ist gesund und arbeitsfähig. Arbeitszeiten im Bundesgebiet liegen für die Zeiträume von XXXX .2023 bis XXXX .2024 und von XXXX .2024 bis XXXX .2024 vor, wobei der BF bereits am 17.04.2024 festgenommen wurde. Weitere Integrationsmomente konnten nicht festgestellt werden.

Der BF weist in Ungarn vier Vorstrafen auf, wobei es sich bei zwei der Verurteilungen nach österreichischem Recht um Zusatzstrafen (§§ 31, 40 StGB) handeln würde. Unter anderem wurde er mit Urteil des XXXX vom XXXX .2015, rechtskräftig seit diesem Tag, zu XXXX wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, welche bis XXXX .2015 vollzogen wurde. Mit Urteil des XXXX vom XXXX .2019, rechtskräftig seit diesem Tag, zu XXXX wurde der BF wegen von XXXX .2018 bis XXXX .2019 begangenen Tathandlungen wegen Diebstahls und anderen strafbaren Handlungen gegen fremdes Vermögen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt, welche bis 25.06.2021 vollzogen wurde. Weiters wurde der BF mit Urteil des XXXX vom XXXX .2019, rechtskräftig seit diesem Tag, zu XXXX , wobei nach österreichischem Recht auf das Urteil zu XXXX Bedacht zu nehmen gewesen wäre, wegen einer strafbaren Handlung gegen fremdes Vermögen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die bis XXXX .2023 vollzogen wurde.

Am XXXX .2023 setzte der BF sein straffälliges Verhalten in Österreich fort, was schlussendlich zu seiner Festnahme und seiner Verurteilung in Österreich führte. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2024, XXXX , wurde er wegen des Vergehens des Diebstahls teils durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei die Voraussetzungen der Strafverschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 StGB vorlagen, weswegen sich die Obergrenze des Strafrahmens auf bis zu viereinhalb Jahre Freiheitsstrafe erhöhte.

Der Verurteilung in Österreich lag zugrunde, dass er am XXXX .2023 in XXXX mehrere (Einbruchs)Diebstähle beging mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern indem er

1.) MD EUR 5,00 Bargeld, einen Bluetooth-Adapter im Wert von EUR 17,99, ein KFZ-Starterkabel, einen USB-Stick im Wert von EUR 10,00 und eine Kappe im Wert von EUR 4,00 durch Eindringen in dessen PKW, indem er durch mittels Manipulation der Sperrvorrichtung zustande gebrachtes Entriegeln einer Türe in das Fahrzeug eindrang und die Gegenstände an sich nahm;

2.) AB eine Akku-Motorsäge im Wert von EUR 400,00, indem er diese an sich nahm;

3.) AB eine Taschenlampe durch Eindringen in dessen PKW, indem er durch mittels Manipulation der Sperrvorrichtung zustande gebrachtes Entriegeln einer Türe in das Fahrzeug eindrang, dieses nach ihm geeignet erscheinendem Diebesgut durchwühlte und die Taschenlampe an sich nahm.

Den Entscheidungsgründen ist zu entnehmen, dass die Freundin des BF als Zeugin aussagte, wobei sie ihn nicht zu entlasten vermochte. Gleiches wurde auch im Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX .2024, XXXX , über die Verhängung der Untersuchungshaft festgehalten, wonach an dem von ihr gegebenen Alibi erhebliche Zweifel bestanden.

Bei der Strafbemessung wurde kein Umstand als mildernd berücksichtigt; erschwerend wirkten sich die einschlägigen Vorstrafen und die Mehrzahl an Diebstahlsfakten aus. Schulderhöhend zu berücksichtigen war auch der Rasche Rückfall des BF, welcher nicht einmal neun Monate nach seiner letzten Haftentlassung neuerlich gegen fremdes Vermögen delinquierte.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungswesentliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Akten des Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahrens, insbesondere aus dem Straf- und Berufungsurteil, dem Vorbringen des BF in der Beschwerde, sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR).

Die Daten des BF gehen aus seinem ungarischen Personalausweis hervor, welcher im ZMR protokolliert ist. Die Sprachkenntnisse des BF ergeben sich aus dem Strafurteil, zumal der Hauptverhandlung eine Dolmetscherin für Ungarisch beigezogen wurde.

Die privaten und familiären Verhältnisse des BF ergeben sich ebenfalls aus dem Strafurteil, in welchem die Lebensgefährtin des BF ebenfalls erwähnt wird, und den Ausführungen in der Beschwerde. Anhand von Abfragen im Zentralen Melderegister konnte in Erfahrung gebracht werden, dass die Lebensgefährtin nicht (mehr) an der letzten Wohnadresse des BF im Inland gemeldet ist.

Die Feststellungen zur Arbeitsfähigkeit und zum Gesundheitszustand des BF sind darauf zurückzuführen, dass er in einem erwerbsfähigen Alter ist und vor seiner Verurteilung in Österreich Beschäftigungen nachging. Hinweise auf gesundheitliche Probleme oder Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit liegen nicht vor.

Eine weitergehende soziale Integration des BF in Österreich wird in der Beschwerde nicht behauptet und lässt sich auch den Verwaltungsakten nicht entnehmen. Es gibt keine aktenkundigen Hinweise auf die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung oder auf eine entsprechende Antragstellung, zumal dies nicht im IZR dokumentiert ist. Im Sozialversicherungsdatenauszug sind die Beschäftigungszeiten des BF in Österreich gespeichert.

Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen in Ungarn und in Österreich sowie zu den Strafbemessungsgründen der Verurteilung in Österreich basieren auf dem Strafregister und dem Urteil des Landesgerichts XXXX . Der Beschluss über die bedingte Entlassung liegt im Gerichtsakt auf.

Rechtliche Beurteilung:

Die Vorgangsweise des BFA, den BF nicht persönlich zu den Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu vernehmen, sondern ihn aufzufordern, sich schriftlich zu äußern und konkrete, entscheidungswesentliche Fragen zu beantworten, ist hier nicht zu beanstanden. Parteiengehör kann von der Behörde grundsätzlich auch in schriftlicher Form gewährt werden. Außerdem hatte der BF die Möglichkeit, in der Beschwerde zulässiges Neuvorbringen zu erstatten.

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen den BF als EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG zulässig, wenn auf Grund seines persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden, so z.B. bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren (§ 67 Abs 3 Z 1 FPG).

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Art 8 Abs 2 EMRK legt fest, dass der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft ist, soweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Gemäß § 9 BFA-VG ist (ua) die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 67 FPG, durch das in das Privat- und Familienleben eines Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Der BF hielt sich seit weniger als zehn Jahren kontinuierlich im Bundesgebiet auf und hatte mangels eines fünfjährigen rechtmäßigen und kontinuierlichen Inlandsaufenthalts auch noch nicht das unionsrechtliche Recht auf Daueraufenthalt erworben, zumal er sich erst seit 2023 berufsbedingt in Österreich aufhielt und wenige Monate später straffällig wurde. Für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist daher der in § 67 Abs 1 Satz 2 bis 4 FPG normierte Gefährdungsmaßstab („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) maßgeblich.

Das persönliche Verhalten des BF stellt eine solche Gefahr dar, die Grundinteressen der Gesellschaft iSd Art 8 Abs 2 EMRK (an der Verteidigung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer und der Moral) berührt. Der BF hat in Österreich innerhalb kurzer Zeit mehrere Einbruchsdiebstähle begangen. Aufgrund dessen und der massiven Vorstrafenbelastung in seinem Herkunftsstaat wurde er deshalb zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Der kriminelle Werdegang des finanziell angeschlagenen BF, den bislang keine der verhängten strafgerichtlichen Sanktionen von weiteren Straftaten abhielt und der seinen Hang zu Vermögensdelinquenz auch in Österreich weiter auslebte, lässt einen weiteren Rückfall konkret befürchten. Die in der Beschwerde bekundete Reue und den Wunsch nach einem zukünftig ordentlichen Lebenswandel wird er durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit nach der Haftentlassung untermauern müssen, zumal sein Vorleben in Ungarn in Zusammenschau mit der Verurteilung in Österreich derzeit noch ein anderes Bild zeichnen. Vielmehr ist nicht glaubhaft, dass bereits ein Gesinnungswandel vollzogen wurde, zeigt doch die Tatsache, dass der BF sich im Strafverfahren nicht geständig verhielt und versuchte, durch seine Freundin ein Alibi zu erlangen, dass der BF nicht bereit ist, sich mit dem Unrecht seiner Taten auseinanderzusetzen.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit in der Vergangenheit manifestiert hat. Angesichts der in § 44 StVG normierten Arbeitspflicht für Strafgefangene wirkt sich auch die Arbeit während der Haft nicht zu seinen Gunsten aus.

Da sich der BF nach Verhängung mehrerer Freiheitsstrafen in Ungarn nunmehr in Österreich bis voraussichtlich XXXX 2025 in Strafhaft befindet, kommt ein solcher Beobachtungszeitraum im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Daher ist noch nicht von einer Minderung oder gar einem Wegfall der durch seine strafgerichtlichen Verurteilungen indizierten Gefährlichkeit auszugehen. Die erhebliche Wiederholungsgefahr zeigt sich nicht zuletzt daran, dass im Strafverfahren die Bestimmung über die Strafverschärfung beim Rückfall zur Anwendung gekommen ist.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass er trotz bestehender Beziehung zu seiner Freundin straffällig wurde und somit in Kauf nahm, im Zuge seiner Verhaftung bzw. Verurteilung für längere Zeit von ihr getrennt zu sein.

Der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben des BF ist verhältnismäßig, obwohl im Bundesgebiet seine Freundin lebt. Da das Aufenthaltsverbot nur für das österreichische Bundesgebiet gilt, sind regelmäßige Treffen in Grenznähe zu Österreich möglich, sodass der BF auch in diesem Fall den persönlichen Kontakt zu seiner Freundin aufrechterhalten kann. Der BF kann ebenso auf Kommunikationsmittel wie Telefonate, Briefe und elektronische Kommunikationsmittel (Internet, E-Mail, soziale Medien) zurückgreifen, wobei der Kontakt zu seiner Freundin und sonstigen Bezugspersonen schon aufgrund der Haftstrafen in Ungarn und der nunmehrigen Strafhaft eingeschränkt war bzw. ist.

Das Aufenthaltsverbot gegen den BF ist zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Aufgrund des überaus belasteten Vorlebens des BF, der Wirkungslosigkeit der bisherigen Sanktionen und der wiederholten Tathandlungen in Österreich ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots dem Grunde und auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher als unbegründet abzuweisen.

Zu den Spruchpunkten II. und III. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK, Art 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.

Ausgehend von diesen gesetzlichen Grundlagen ist weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu beanstanden. Die sofortige Ausreise des BF nach der Entlassung aus dem Strafvollzug ist zur Verhinderung weiterer Straftaten im Bundesgebiet dringend notwendig, zumal er sich vom bereits verspürten Haftübel und seiner in Österreich aufhältigen Lebensgefährtin nicht davon abhalten ließ, erneut straffällig zu werden. Somit ist die Beschwerde auch in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids unbegründet.

Angesichts seiner massiven Vorstrafenbelastung in Zusammenschau mit dem einschlägigen Rückfall im Bundesgebiet ergibt sich in Anbetracht seiner finanziellen Situation eine erhebliche Wiederholungsgefahr, sodass die Aufenthaltsbeendigung nach der Entlassung aus der Strafhaft aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten ist.

Weder die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs 3 FPG noch die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG sind somit zu beanstanden, sodass die Beschwerde in Bezug auf die Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheids unbegründet ist.

Da der relevante Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt ist und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine Herabsetzung der Dauer oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, zumal aufgrund der Straffälligkeit und des belasteten Vorlebens ein besonders großes öffentliches Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme besteht, unterbleibt die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, zumal von deren Durchführung keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist.

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose, die Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG und die Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (siehe VwGH 14.02.2022, Ra 2019/19/0186). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüberhinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.