Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN sowie Mag. Christa KOCHER als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice St. Pölten vom 09.10.2024, GZ: XXXX in nicht öffentlicher Sitzung, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice St. Pölten (in der Folge: AMS) vom 24.05.2024,VSNR XXXX , wurde gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum 01.07.2023 bis 30.04.2024 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und wurde XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) gemäß§ 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 2.284,45 verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum 01.07.2023 bis 30.04.2024 zu Unrecht bezogen habe, da sie den Wegfall des Anspruchs auf Familienbeihilfe dem AMS nicht gemeldet habe.
2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14.06.2024 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin führte sie zusammengefasst aus, dass sie dem AMS zeitgerecht mitgeteilt habe, dass die Familienbeihilfe für ihre Tochter ab 01.07.2023 weggefallen sei. 3. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß§ 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 22.08.2024 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Diese Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerdeführerin am 27.08.2024 durch Hinterlegung zugestellt.
4. Mit Schreiben vom 19.09.2024, eingelangt beim AMS am 20.09.2024, stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Vorlage.
5. Das AMS hat mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid vom 09.10.2024 den Vorlageantrag vom 19.09.2024, eingelangt beim AMS am 20.09.2024, gemäß § 15 VwGVG als verspätet eingebracht zurückgewiesen. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 22.08.2024 der Beschwerdeführerin per Hinterlegung am 27.08.2024 ordnungsgemäß zugestellt worden sei. Die zweiwöchige Frist zur Stellung eines Vorlageantrags habe daher am 10.09.2024 geendet. Der Vorlageantrag sei jedoch erst am 20.09.2024 beim AMS eingelangt und erweise sich daher als verspätet.
6. Gegen diesen Bescheid vom 09.10.2024 wurde mit Scheiben der Beschwerdeführerin vom 08.11.2024 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin führte sie aus, dass sie aufgrund der Hochwassersituation zum damaligen Zeitpunkt nicht die Ressourcen gehabt habe, um die Beschwerdevorentscheidung rechtzeitig abzuholen und somit den Vorlageantrag zeitgerecht einzubringen. Sie bitte, diesen Umstand bei der Entscheidung zu berücksichtigen.
7. Die Beschwerdesache wurde am 14.02.2025 gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 22.08.2024 wurde, nach einem erfolglosen Zustellversuch am 26.08.2024, der Beschwerdeführerin am 27.08.2024 durch Hinterlegung zugestellt. Die zweiwöchige Frist zur Stellung eines Vorlageantrags endete daher mit Ablauf des 10.09.2024.
Der mit 19.09.2024 datierte Vorlageantrag der Beschwerdeführerin langte erst am 20.09.2024 beim AMS ein.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage fest. Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde.
Die Feststellungen zur Zustellung der Beschwerdevorentscheidung ergeben sich aus dem im Akt befindlichen Rückschein. Der Angabe im Vorlageantrag, wonach der Beschwerdeführerin die Beschwerdevorentscheidung am 05.09.2024 zugestellt worden sei, kann nicht gefolgt werden, zumal die eindeutigen Angaben im Rückschein, wonach die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung nachweislich am 27.08.2024 erfolgte, der Angabe der Beschwerdeführerin im Vorlageantrag entgegenstehen und sich dieses Vorbringen im Vorlageantrag überdies in der bloßen Behauptung erschöpft. In diesem Zusammenhang ist noch festzuhalten, dass die belangte Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 09.10.2024 festgehalten hat: „Dass die Beschwerdevorentscheidung vom 22.08.2024 am 05.09.20924 (Anmerkung: fehlerhafte Jahreszahl) zugestellt wurde, entspricht nicht der Wahrheit.“ Die Beschwerdeführerin ist in der Beschwerde dieser Feststellung der belangten Behörde nicht entgegengetreten. Es ist daher in einer Gesamtschau von einer ordnungsgemäßen Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am 27.08.2024 – wie sich aus dem Rückschein unzweifelhaft ergibt – auszugehen.
Es ergibt sich aus dem Akteninhalt und wurde nicht bestritten, dass der Vorlageantrag erst am 20.09.2024 beim AMS einlangte. Die Beschwerdeführerin hat in der Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.10.2024 selbst zugestanden, dass sie es nicht geschafft habe, den Vorlageantrag rechtzeitig einzubringen.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie aufgrund der Hochwassersituation zum damaligen Zeitpunkt nicht die Ressourcen gehabt habe, um die Beschwerdevorentscheidung rechtzeitig abzuholen und somit den Vorlageantrag zeitgerecht einzubringen, ist zunächst entgegenzuhalten, dass sich dieses Vorbringen in der bloßen Behauptung erschöpft und zudem völlig unkonkret und unsubstanziiert blieb. Die Beschwerdeführerin konkretisierte nicht, welche „Ressourcen“ gemeint seien und welche Umstände sie konkret von der rechtzeitigen Einbringung des Vorlageantrags abgehalten hätten. Es wird nicht verkannt und ist notorisch, dass es in Niederösterreich im Zeitraum 13.-20.09.2024 ein Hochwasser gegeben hat (vgl: https://www.noe.gv.at/noe/Wasser/Hochwasser_September_2024.html). Allerdings erfolgte die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bereits am 27.08.2024 und ist nicht ersichtlich, warum es der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen sein sollte, diese rechtzeitig abzuholen. Die Frist zur Stellung eines Vorlageantrags endete mit Ablauf des 10.09.2024 und kann daher ein Zusammenhang der verspäteten Einbringung des Vorlageantrags mit der Hochwassersituation, die erst am 13.09.2024 begonnen hat, nicht erkannt werden. Wie bereits ausgeführt, blieb die Beschwerdeführerin hinsichtlich dieses Vorbringens auch völlig vage und legte nicht dar, inwiefern das Hochwasser sie von der rechtzeitigen Einbringung des Vorlageantrags abgehalten habe.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS St. Pölten.
§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages, der gegenständlich vorliegt, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden, sodass dies zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides ausreichte. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 15 Abs. 1 erster Satz VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
Gemäß § 15 Abs. 3 erster Satz VwGVG sind verspätete und unzulässige Vorlageanträge von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen.
Bei der Versäumung der Frist für den Vorlageantrag ist nicht die Beschwerde, sondern nur der Vorlageantrag als verspätet zurückzuweisen (vgl. dazu VwGH 18.05.2021,Ra 2020/08/0196). Damit wird bestätigt, dass die Beschwerdevorentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist, während ein Beschluss betreffend die Zurückweisung der Beschwerde (sei es wegen Verspätung, sei es, weil sie aus einem anderen Grund unzulässig ist) an die Stelle der Beschwerdevorentscheidung tritt (siehe grundlegend VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026).
Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerdeführerin – den oben getroffenen Feststellungen folgend – die Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 22.08.2024 am 27.08.2024 durch Hinterlegung zugestellt.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Die Frist zur Stellung eines Vorlageantrags beträgt - wie auch in der Rechtsmittelbelehrung der Beschwerdevorentscheidung richtig ausgeführt - zwei Wochen. Im gegenständlichen Fall begann die Frist zur Stellung eines Vorlageantrags daher am Dienstag, 27.08.2024, zu laufen und endete in Anwendung von § 32 Abs. 2 AVG am Dienstag, 10.09.2024.
Die Beschwerdeführerin hat erst am 20.09.2024 - und somit außerhalb der zweiwöchigen Frist - einen Vorlageantrag gestellt.
Die belangte Behörde hat daher mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 09.10.2024 zu Recht den Vorlageantrag als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.10.2024 war daher spruchgemäß abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.