JudikaturBVwG

I413 2308940-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
09. Mai 2025

Spruch

I413 2308940-1/10Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR als Vorsitzender und den Richter Dr. Philipp RAFFL sowie die fachkundige Laienrichterin Dr Heike MORODER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom 26.02.2025, Zl. XXXX beschlossen:

A)

Gegen XXXX , geb. XXXX , XXXX , wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 34 Abs 2 und Abs 2 AVG eine Ordnungsstrafe in Höhe von EUR 500,00 (in Worten Euro fünfhundert) verhängt, weil sich dieser in der Eingabe vom 31.03.2025 mehrfach einer beleidigenden Schreibweise bedient hat.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang: XXXX erhob gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice Landesstelle Tirol vom 26.02.2025, OB: XXXX , Beschwerde.

Nach Beschwerdevorlage am 10.03.2025 zog das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 26.03.2025 den amtlichen Sachverständigen XXXX dem Verfahren bei und beauftragte diesen, ein Gutachten zu erstatten.

Mit Ladung vom 28.03.2025 wurde XXXX zur persönlichen Untersuchung durch den Amtssachverständigen geladen.

Am 31.03.2025 langte eine Stellungnahme von XXXX ein, in der dieser den Amtssachverständigen ua der Manipulation zieh und Freunderlwirtschaft und nicht sachliches Gutachten unterstellte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen: XXXX hat in seiner am 29.03.2025, 17:05:10 Uhr eingebrachten und beim Bundesverwaltungsgericht am 31.03.2025 eingelangten Eingabe vorgebracht: „Sehr geehrtes Gericht, ich habe heute die Ladung für ein Schaverständigen Gutachten, bei Herrn Dr. XXXX erhlalten! Dr. XXXX hat mich bereits im Vorangegangenen Verfahren, Fachärztlich Untersucht. Dabei kam es zu mehreren Manipulationen beim Ablauf der Untersuchung, sodass ich nach der Untersuchung, mehrere Wochen starke Schmerzmittel zu mir nehmen musste! Weiters habe ich bei geöffneter Türe eines Untersuchungszimmers, folgenden Wortlaut mitbekommen….. "Jo Seppele des passt iz schun so, de mieasn tian wos i sog und nit der Richter!" Für mich kling das sehr nach "Freunderlwirtschaft! Und nicht einen Sachlichen Gutachten! Soll sich aber das Gericht, selbst eine Meinung bilden! Aus verständlicher Angst vor wiederkehrenden Manipulationen, die meiner angegriffenen Gesundheit sehr schaden und mich Psychisch sehr belasten! Aus diesen Gunden und der nun wahrscheinlichen Befangenheit von Herrn Dr. XXXX , die Beschwerde über Dr. XXXX wurde bereits im Vorangegangenen Verfahren Aktenkundig, lehne ich im als Gutachter ab!“

2. Beweiswürdigung:

Der feststellte Sachverhalt ergibt sich wörtlich aus der am 31.03.2025 eingelangten Eingabe. Die sprachlichen, orthographischen und grammatikalischen Mängel der Eingabe wurden wörtlich aus der Eingabe übernommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Nach § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 34 Abs 2 AVG sind Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zu ermahnen; bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorausgegangener Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und ihnen die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden. Gemäß § 34 Abs 3 AVG können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde – gemäß § 17 VwGVG vom Verwaltungsgericht – gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Für die Strafbarkeit nach § 34 Abs 3 AVG reicht es aus, dass die in der schriftlichen Eingabe verwendete Ausdrucksweise den Mindestanforderungen des Anstands nicht gerecht wird und damit objektiv beleidigenden Charakter hat; auf das Vorliegen einer Beleidigungsabsicht kommt es hingegen nicht an. Bei der Lösung der Rechtsfrage, ob eine schriftliche Äußerung den Anstand verletzt, ist auch zu berücksichtigen, dass die Behörden in einer demokratischen Gesellschaft Äußerungen der Kritik, des Unmutes und des Vorwurfs ohne übertriebene Empfindlichkeit hinnehmen müssen (vgl VwGH 15.10.2009, 2008/09/0344); mit der Pönalisierung der beleidigenden Schreibweise in § 34 Abs 3 AVG soll nicht die Möglichkeit einer Person beschnitten werden, sachlich Kritik am Vorgehen oder Verhalten eines Behördenorgans zu äußern. Diese Bestimmung soll erreichen, dass sich die Kritik an einer Behörde oder an einem ihrer Organe auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind.

Die Bestrafung nach dieser Gesetzesstelle wendet sich also nicht gegen den Inhalt des Vorbringens, sondern gegen die Form, in der dieses erfolgt. Niemand ist daran gehindert, einen Missstand, der nach seiner Meinung bei einer Behörde oder einem Gericht besteht, der Oberbehörde oder dem Dienstvorgesetzten zur Kenntnis zu bringen, damit diese Abhilfe schaffen. Er muss jedoch auch eine durchaus erforderliche und berechtigte Kritik sachlich und innerhalb der Grenzen des Anstands vorbringen. Ob eine Schreibweise beleidigend ist, ist nach objektiven Kriterien und nach dem Gesamtinhalt der Eingabe zu beurteilen, der Zweck, der mit der Eingabe verfolgt wird, ist irrelevant.

Die Kritik an einer Behörde kann noch als erlaubt angesehen werden, wenn

• sich diese auf die Sache beschränkt,

• in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht wird und

• die Möglichkeit besteht, die Behauptungen zu beweisen.

Bereits dadurch, dass in einem Vorbringen eine dieser drei Voraussetzungen fehlt, wird der Tatbestand des § 34 Abs 3 AVG erfüllt (VwGH 16.02.1999, 98/02/0271).

Eine Kritik ist nur dann sachbeschränkt, wenn die Notwendigkeit dieses Vorbringens zum Zweck einer entsprechenden Rechtsverfolgung angenommen werden kann. Eine beleidigende Schreibweise liegt dann vor, wenn die Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält und in einer Art gehalten ist, die ein unziemliches Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Für die Erfüllung des Tatbestandes ist eine beleidigende Absicht nicht erforderlich. Auch die Meinung, Kritik sei durch ein vermeintliches oder tatsächlich rechtswidriges Handeln der Behörde berechtigt oder die Behörde habe die mit der die Ordnungsstrafe zu ahndende Äußerung veranlasst oder gar provoziert, rechtfertigt ebenso wenig eine beleidigende Schreibweise, wie die Überzeugung, die Kritik sei aus sonstigen Gründen berechtigt.

Die Einhaltung der Mindestanforderungen des Anstandes ist auch von einem rechtlich nicht geschulten Einschreiter zu verlangen, weil es für die Einhaltung dieser Mindestanforderung keiner rechtlichen Kenntnis bedarf.

Das Vorbringen des XXXX , in dem der Amtssachverständge der Manipuliation beim Ablauf der letzten Untersuchung geziehen wurde und die Qualifizierung der Begutachtung durch diesen Amtssachverständgen als „Freunderlwirtschaft“ und nicht sachlichem Gutachten sowie der Angst vor weiterern Manipulationen haben nichts mit der gegenständlichen Rechtssache zu tun. Vielmehr beschuldigt XXXX den Amtssachverständigen, der auch allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger ist, grundlos eines standeswidrigen Verhaltens. Das Vorbringen ist geeignet, den Sachverständigen in seiner Ehre zu verletzen und hat nichts mit einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zu tun. Es wird nicht verkannt, dass der Amtssachverständige im Vorverfahren zum nunmehr anhängigen Verfahren ein Gutachten erstattet hat, mit dem der XXXX nicht einverstanden war, weil es seinem Ansinnen, die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zuwiderlief. Der bloße Umstand, dass der Amtssachverständige im Verwaltungsverfahren bereits ein - für die Partei allenfalls ungünstiges - Gutachten erstattet hat, vermag eine Befangenheit nicht zu begründen (VwGH 15.11.2019, Ra 2019/02/0170). Dass es XXXX mit diesem Schreiben nur darum geht, eine Befangenheit beim Amtssachverständigen zu provozieren, ergibt sich aus der Eingabe zweifelsfrei. Es geht ihm letztlich darum durch böswillige Unterstellungen und beleidigendes Vorbringen im Sachverständigen eine gegen XXXX negative Einstellung zu provozieren, damit dieser wegen Befangenheit als Sachverständiger ausscheidet. Dies ist ein unredliches und unzulässiges Vorgehen des XXXX .

Insgesamt beschränken sich die Ausführungen des XXXX daher nicht auf die Sache und werden nicht in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht.

Daher ist eine Ordnungsstrafe zu verhängen.

Für die Höhe der verhängten Ordnungsstrafe ist die Überlegung maßgebend, welche Strafhöhe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens eine Änderung des Fehlverhaltens der Person, die sich einer beleidigenden Schreibweise bedient, erwarten lässt. Im vorliegenden Fall richtet sich das beleidigende Vorbringen gegen den beigezogenen Amtssachverständigen, um eine Begutachtung durch diesen zu verhindern. Die Behauptung der Manipulation und das Lächerlichmachen des Sachverständigen indem ihm die Aussage „Jo Seppele des passt iz schun so, de mieasn tian wos i sog und nit der Richter“ unterstellte, sind geeignet den Sachverständigen in seinem Ruf und Ansehen bei Gericht zu schädigen und sind auch ehrenrührig. Damit ist, um Michael Josef SCHAUER in Hinkunft von der Begehung gleicher oder ähnlicher Handlungen abzuhalten, eine Ordnungsstrafe im oberen Rahmen, mit EUR 500, anzusetzen, die schuld- und tatangemessen erscheint.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war bezüglich der Ordnungsstrafe gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG nicht durchzuführen, in der Hauptsache wird eine solche durchgeführt werden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.