Spruch
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.10.2024, Zl. 2024-0.530.280-7-A, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Mit Schreiben vom 14.05.2024 wurde in dem am Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur Zl. I407 2281139-1 geführten Verfahren für den 27.06.2024, 13:00 Uhr, „voraussichtliche Dauer bis 17:00 Uhr“, eine mündliche Verhandlung an der Außenstelle des BVwG in Innsbruck anberaumt, zu welcher der nunmehrige Beschwerdeführer (BF) als beschwerdeführende Partei geladen wurde. Die Ladung wurde dem BF am 15.05.2024 zu Handen der Beschwerdevertreterin als seiner Rechtsvertreterin zugestellt.
2. Bei Aufruf der Sache am 27.06.2024 um 13:00 Uhr erschien der BF nicht. Eine Mitarbeiterin der Beschwerdevertreterin, die zur Rechtsvertretung des BF erschienen war, teilte mit, dass der BF sie angerufen habe und „am Mitterweg“ sei. Daraufhin wurde mit dem Beginn der Verhandlung zugewartet. Doch auch beim neuerlichen Aufruf der Sache um 13:35 Uhr war der BF nicht anwesend. Die genannte Mitarbeiterin der Beschwerdevertreterin teilte dann mit, dass der BF noch auf sein Taxi warte und ersuchte darum, mit dem Beginn der Verhandlung zu warten bzw. die Verhandlung zu vertagen. In der Folge wurde die Verhandlung eröffnet und in deren Anschluss die Entscheidung mündlich verkündet. Als Ende wurde 14:00 Uhr festgehalten.
3. Am 04.07.2024 stellte der BF zwei Anträge auf Beteiligtengebühren gemäß § 26 VwGVG betreffend die am 27.06.2024 abgehaltene Verhandlung und beantragte darin zum einen den Ersatz der Reisekosten von seinem Wohnort XXXX zum Gericht und zurück iHv insgesamt EUR 128,30 und zum anderen den Ersatz von Aufenthaltskosten einschließlich Nächtigung iHv insgesamt EUR 79,--. Dabei wurde festgehalten, der BF sei am Tag der Verhandlung in Innsbruck gewesen, sei auf dem Weg zum Gericht aber in den falschen Bus gestiegen und sei erst im 14 Uhr und somit eine Stunde nach Verhandlungsbeginn und zum Ende der Verhandlung im Verhandlungssaal eingetroffen. Der BF habe es daher nur aufgrund eines Fehlers nicht rechtzeitig zum Gericht geschafft. 4. Mit Schreiben vom 23.07.2024 teilte die belangte Behörde dem BF mit, dass er zur Verhandlung am 27.06.2024 nicht erschienen sei und seine Anträge auf Beteiligtengebühren daher abzuweisen seien.
5. Mit Schriftsatz vom 23.07.2024 führte der BF im Wesentlichen Folgendes aus: Zu Beginn der Verhandlung habe er sich zwar nicht in der Nähe des Gerichts, aber am Mitterweg in Innsbruck aufgehalten. Er habe versucht, so schnell wie möglich zu Gericht zu kommen, zuerst mit dem Bus und dann mit dem Taxi. Aufgrund der sprachlichen Barriere und der unbekannten Stadt sei er erst um 14:00 Uhr eingetroffen. Weiters sei die Verhandlung gemäß Ladung von 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr anberaumt gewesen und hätte in den drei verbleibenden Stunden nach seinem verspäteten Eintreffen um 14:00 Uhr noch ein Teil der Verhandlung stattfinden können. Stattdessen habe die Verhandlung um 13.35 Uhr in seiner Abwesenheit begonnen und sei die Entscheidung mündlich verkündet worden. Zusammenfassend sei auszuführen, dass den BF am Unterbleiben der Verhandlung lediglich ein geringfügiges Verschulden treffe und es ihm jedenfalls möglich gewesen wäre, innerhalb der anberaumten Verhandlungsdauer bei Gericht zu erscheinen.
6. Mit Beschluss vom 27.06.2024, Zl. I407 2281139-2/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht den vom BF gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Verhandlung am 27.06.2024 ab. Begründend hielt es im Wesentlichen fest, dass sich der BF nach seinen Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag zwar am Vortag der Verhandlung mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut gemacht habe, jedoch nicht genügend Zeit eingeplant habe, um rechtzeitig zur Verhandlung zu erscheinen. Es handle sich daher nicht bloß um leichte Fahrlässigkeit.7. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Gebührenanträge des BF gemäß § 26 Abs. 1 und Abs. 5 VwGVG iVm § 4 Abs. 1 GebAG zurück.
Begründend hielt die Behörde (unter Hinweis auf Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte² [2017] § 26 VwGVG Rz 6) fest, dass nach § 4 Abs. 1 GebAG die Frage, ob die Vernehmung einer Person als Zeuge (hier: Beteiligter) ohne Verschulden unterblieben sei, nur dann von Bedeutung sei, wenn sie tatsächlich zu dem Datum, der Zeit und an dem Ort erschienen ist, der in der Ladung genannt ist. Dies sei gegenständlich nicht der Fall gewesen.
Soweit der BF aber vorbringe, er hätte der Verhandlung beiwohnen wohnen, wenn diese wie in der Ladung angegeben von 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr gedauert hätte, wird ihm – unter Hinweis auf die Ausführungen in Schneider, Die unvorhergesehene Kollision von Tagsatzung, EF-Z 2016/84, 178f zur vergleichbaren Regelung in der ordentlichen Gerichtsbarkeit – entgegengehalten, dass die Angabe des voraussichtlichen Endes der bloßen Information der Beteiligten diene und den Richter nicht binde. Auch eröffne und leite der Verhandlungsleiter gemäß § 25 Abs. 5 BVwGG die Verhandlung. Der Richter könne insbesondere Änderungen am Verhandlungsprogramm vornehmen und sei dabei an das in der Ladung angegebene voraussichtliche Verhandlungsende nicht gebunden.
Die Gebührenanträge seien daher zurückzuweisen gewesen.
8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende – fristgerecht erhobene – Beschwerde. Darin wird das bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren erstattete Vorbringen wiederholt sowie Folgendes neu ausgeführt: Auch wenn der Verhandlungsleiter der Verhandlungsleiter gemäß § 25 Abs. 5 BVwGG die Verhandlung eröffne sowie leite und dabei Änderungen am Verhandlungsprogramm vornehmen könne, sei dies im gegenständlichen Verfahren jedenfalls der Grund, weshalb der BF nicht einvernommen worden sei. Er sei zwar verspätet am Gericht gewesen, sei aber deshalb nicht einvernommen worden, weil der Richter als Verhandlungsleiter das Verhandlungsprogramm so stark verändert worden sei, dass eine Einvernahme des BF nicht mehr möglich gewesen sei. Die Vernehmung sei daher „ohne Verschulden des BF“ unterblieben.
9. In der Folge legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen stützen sich auf die vorgelegten Verwaltungsunterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1.1.Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.
3.1.2.Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.1.3. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
3.2. Zu Spruchpunkt A):
3.2.1.1 Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
3.2.1.2. Gemäß § 26 Abs. 1 VwGVG haben Zeugen, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu Beweiszwecken vernommen werden, oder deren Vernehmung ohne ihr Verschulden unterbleibt, Anspruch auf Gebühren nach § 2 Abs. 3 und den §§ 3 bis 18 GebAG. Die Gebühr ist gemäß § 19 GebAG binnen 14 Tagen beim Verwaltungsgericht geltend zu machen.
Gemäß § 26 Abs. 5 VwGVG gelten die Abs. 1 bis 4 leg. cit. § 26 VwGVG auch für Beteiligte.
Gemäß § 4 Abs. 1 GebAG steht der Anspruch auf die Gebühr dem Zeugen zu, der aufgrund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist. Er kommt aber auch dem Zeugen zu, der ohne Ladung gekommen und vernommen worden oder der aufgrund einer Ladung gekommen, dessen Vernehmung aber ohne sein Verschulden unterblieben ist.
Das Unterbleiben der Vernehmung ohne Verschulden des Zeugen (hier: Beteiligten) iSd § 26 Abs. 1 VwGVG setzt voraus, dass er tatsächlich zu dem Datum, der Zeit und dem Ort erschienen ist, die in der Ladung genannt sind sowie dass der Grund für das Unterbleiben der Vernehmung im Verfahren liegt, etwa dass die Vernehmung nicht mehr erforderlich ist oder die Verhandlung vertagt wird (vgl. Götzl/Gruber/Reisner/Winkler, Das neue Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte² (2017) § 26 VwGVG Rz 6)
3.2.2. Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes:
Wie die belangte Behörde zutreffend annimmt, ist der BF nicht zu der gegenständlich interessierenden Verhandlung erschienen, sodass ein Unterbleiben der Vernehmung ohne sein Verschulden nicht in Betracht kommt.
Zum einen ist – schon in Hinblick auf die Bezeichnung der Dauer als „voraussichtlich“ – davon auszugehen, dass derartige Hinweise in der Ladung betreffend die Dauer der Verhandlung das Gericht nicht binden.
Zu anderen kann vor diesem Hintergrund nicht gesagt werden, dass im gegenständlichen Fall der Grund für das Unterbleiben der Verhandlung – wie dies nach der zuvor angeführten Literaturmeinung, der sich das BVwG anschließt, erforderlich ist – im Verfahren lag, was etwa dann zuträfe, wenn die Verhandlung vertagt wird oder von einer Vernehmung des Betreffenden abgesehen wird, weil dies nicht mehr erforderlich ist, d.h. in Fällen, in denen die Vernehmung aus Gründen unterbleibt, die außerhalb der Sphäre des zur Verhandlung Geladenen gelegen sind. Im Fall des BF, der angab, aufgrund der sprachlichen Barriere und der unbekannten Stadt erst nach Ende der Verhandlung zu Gericht gekommen zu sein, sind derartige Gründe nicht ersichtlich.
3.2.3. Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.
3.2.4. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Fall wurde keine mündliche Verhandlung beantragt und ist auch der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte daher entfallen.
3.3. Zu Spruchpunkt B):
3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung aus nachstehenden Gründen von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt:
Oben unter Punkt 3.2.2. wurde dargelegt, weshalb das BVwG davon ausgeht, dass das Unterbleiben der Vernehmung ohne Verschulden des Zeugen (hier: Beteiligten) iSd § 26 Abs. 1 VwGVG voraussetzt, dass der Grund für das Unterbleiben der Vernehmung im Verfahren liegt, was etwa dann anzunehmen ist, wenn die Verhandlung vertagt wird. Soweit für das BVwG überblickbar, liegt zu dieser Frage jedoch keine spezifische Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.