JudikaturBVwG

W224 2308117-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
03. März 2025

Spruch

W224 2308117-1/2E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr. Martina WEINHANDL-HAIDER über die Beschwerde von XXXX (Erstbeschwerdeführerin) als gesetzliche Vertreterin von mj. XXXX (Zweitbeschwerdeführer), geb. XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Salzburg vom 29.11.2024, Zl. SA301094/0004-BR/2024, den Beschluss:

A)

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG wird der bekämpfte Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bildungsdirektion für Salzburg zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der mj. Zweitbeschwerdeführer nahm im Schuljahr 2023/24 an häuslichem Unterricht teil. Am 05.06.2024 legte er vor der zuständigen Externistenprüfungskommission an der Volksschule XXXX die Externistenprüfung über die 1. Schulstufe der Volksschule ab. Diese wurde im Prüfungsgebiet „Deutsch“ mit „Nicht genügend“ beurteilt. Die Gesamtbeurteilung durch die Prüfungskommission lautete auf „nicht bestanden“ und die schriftliche Ausfertigung dieser Entscheidung wurde den Erziehungsberechtigten am 07.06.2024 persönlich übergeben.

2. Der Erstbeschwerdeführer brachte gegen diese Entscheidung fristgerecht Widerspruch ein. Die Schulleitung der Volksschule XXXX legte der Bildungsdirektion Salzburg (im Folgenden: belangte Behörde) das Prüfungsprotokoll über die am 05.06.2024 durchgeführte Prüfung, den Prüfungsbogen, die schriftliche Entscheidung der Prüfungskommission, die Stellungnahme der Vorsitzenden zum Widerspruch, das Externistenprüfungszeugnis vom 05.06.2024 sowie die Prüfungsunterlagen für „Deutsch“ vor.

3. Mit Verfügung vom 24.07.2024 unterbracht die belangte Behörde das Widerspruchsverfahren und beraumte die Durchführung einer kommissionellen Prüfung gemäß § 71 Abs. 4 und 5 SchUG an, weil die vorliegenden Unterlagen im Fach „Deutsch“ nicht ausreichten, um festzustellen, ob die Beurteilung mit „Nicht Genügend“ richtig oder unrichtig war. Der mj. Zweitbeschwerdeführer sagte sein Antreten zu der am 02.09.2024 anberaumten Prüfung per E-Mail am 30.08.2024 unter Beilegung eines Schreibens eines Arztes aus gesundheitlichen Gründen ab. Der mj. Zweitbeschwerdeführer sagte sein Antreten zu der am 08.11.2024 anberaumten Prüfung per E-Mail am 06.11.2024 unter Beilegung eines Schreibens eines Arztes aus gesundheitlichen Gründen ab.

4. Mit Bescheid vom 29.11.2024, Zl. SA301094/0003-BR/2024, wies die belangte Behörde den Widerspruch des Erstbeschwerdeführers ab und stellte fest, dass die Beurteilung im Prüfungsgebiet „Deutsch“ mit „Nicht Genügend“ aufrecht bleibt. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der mj. Zweitbeschwerdeführer die Externistenprüfung über die 1. Schulstufe der Schulart „Volksschule“ nicht bestanden habe (Spruchpunkt 1.). In Spruchpunkt 2. sprach die belangte Behörde aus, dass die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen werde.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen frist- und formgerechten Beschwerde behob das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom heutigen Tag, Geschäftszahl W224 2308049-1, den Bescheid der belangten Behörde vom 29.11.2024, Zl. SA301094/0003-BR/2024, und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück. Begründend führte das erkennende Gericht im Wesentlichen die fehlenden Sachverhaltsfeststellungen ins Treffen.

5. Mit Bescheid vom 29.11.2024, GZ. SA301094/0004-BR/2024, erließ die belangte Behörde den verfahrensgegenständlich angefochtenen Bescheid. In diesem Bescheid ordnete die Behörde an, dass für den mj. Zweitbeschwerdeführer im Schuljahr 2024/25 die Teilnahme an häuslichem Unterricht untersagt werde und dass der m. Zweitbeschwerdeführer die allgemeine Schulpflicht im Schuljahr 2024/25 an einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule im Sinne des § 5 SchPflG zu erfüllen habe (Spruchpunkt 1.). Weiters wurde normiert, dass die Anmeldebestätigung der besuchten Schule vorzulegen sei (Spruchpunkt 2.). In Spruchpunkt 3. sprach die belangte Behörde aus, dass die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen werde.

Begründend stützte sich die belangte Behörde im Wesentlichen darauf, dass gegen die Entscheidung der Externistenprüfungskommission, wonach die Externistenprüfung auf der 1. Schulstufe nach dem Lehrplan der Volksschule nicht bestanden worden sei, Widerspruch erhoben und der Widerspruch mit Bescheid vom 29.11.2024, GZ. SA301094/0003-BR/2024, abgewiesen worden sei. Der mj. Zweitbeschwerdeführer habe die Externistenprüfung auf der 1. Schulstufe nach dem Lehrplan der Volksschule für das Schuljahr 2023/24 nicht bestanden.

6. Gegen diesen Bescheid erhob die Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin des mj. Zweitbeschwerdeführers fristgerecht Beschwerde und machte dabei im Wesentlichen geltend, dass die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde zu GZ. SA301094/0004-BR/2024 noch nicht entschieden sei und aus diesem Grund das „Ergebnis“ des nunmehr angefochtenen Bescheides „rechtlich infrage gestellt“ werde und „entsprechend zurückgestellt“ werden sollte.

7. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 21.02.2025, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 24.02.2025, wurde die Beschwerde samt Verfahrensakt vorgelegt. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde seitens der belangten Behörde nicht erlassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Bescheid der Bildungsdirektion für Salzburg vom 29.11.2024, Zl. SA301094/0003-BR/2024, mit dem der Widerspruch gegen die Entscheidung der Vorsitzenden der Externistenprüfungskommission an der XXXX vom 06.06.2024 abgewiesen wurde (Spruchpunkt 1.) und mit dem die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausgeschlossen wurde (Spruchpunkt 2.), wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom heutigen Tag, Geschäftszahl W224 2308049-1, behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Aufhebung und Zurückverweisung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. etwa VwGH 30.8.2023, Ra 2023/04/0076, Rn. 12, mwN; VwGH 13.6.2024, Ra 2023/04/0259).

Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit (ausnahmsweise) als nicht gegeben annimmt. Es hat daher darzulegen, dass und aus welchen Gründen die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung nach § 28 Abs. 2 VwGVG nicht erfüllt sind, insbesondere in welcher Weise der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht feststeht (vgl. zum Ganzen etwa auch VwGH 26.1.2023, Ra 2022/01/0284, mwN).

Gemäß § 71 Abs. 2 lit. f SchUG ist gegen die Entscheidung, dass eine Externistenprüfung nicht bestanden worden ist, ist ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Gemäß Abs. 4 dieser Bestimmung hat die zuständige Schulbehörde in den Fällen des Abs. 2, insoweit sich der Widerspruch auf behauptete unrichtige Beurteilungen mit „Nicht genügend“ stützt, diese zu überprüfen. Wenn die Unterlagen nicht zur Feststellung, dass eine auf „Nicht genügend“ lautende Beurteilung unrichtig oder richtig war, ausreichen, ist das Verfahren zu unterbrechen und der Widerspruchswerber zu einer kommissionellen Prüfung (Abs. 5) zuzulassen. Die Überprüfung der Beurteilungen bzw. die Zulassung zur kommissionellen Prüfung hat auch dann zu erfolgen, wenn deren Ergebnis keine Grundlage für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung gibt.

Gemäß Abs. 6 dieser Bestimmung ist der dem Widerspruch stattgebenden oder diesen abweisenden Entscheidung die Beurteilung zugrunde zu legen, die die Behörde nach der Überprüfung bzw. die Prüfungskommission nach der Durchführung der Prüfung für richtig hält. Sofern diese Beurteilung nicht auf „Nicht genügend“ lautet, ist ein Zeugnis auszustellen, das diese Beurteilung enthält.

Im vorliegenden Beschwerdeverfahren sind die Voraussetzungen für eine Sachentscheidung nach § 28 Abs. 2 VwGVG nicht erfüllt, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht feststeht:

Die belangte Behörde hat im fortgesetzten Verfahren betreffend den Bescheid vom 29.11.2024, Zl. SA301094/0003-BR/2024, welcher mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde, die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts zu veranlassen, um so ein Prüfungsergebnis und damit schließlich eine Beurteilung des mj. Zweitbeschwerdeführers im Pflichtgegenstand „Deutsch“ auf der 1. Schulstufe der Volksschule zu erreichen.

In weiterer Folge wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren betreffend den Bescheid vom 29.11.2024, Zl. SA301094/0004-BR/2024, welcher mit gegenständlichem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts behobenen wurde und insofern die Angelegenheit ebenfalls zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bildungsdirektion für Salzburg zurückverwiesen wurde, anhand der Ergebnisse des zurückverwiesenen Verfahrens zu Zl. SA301094/0003-BR/2024 Feststellungen zu treffen haben, ob die Teilnahme des mj. Zweitbeschwerdeführers an häuslichem Unterricht zu untersagen ist oder nicht.

Der Sachverhalt ist somit in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben. Es kann auch nicht gesagt werden, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch die Durchführung der kommissionellen Prüfung durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Somit ist das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die Bildungsdirektion für Salzburg zurückzuverweisen.

Ein gesonderter Abspruch über die aufschiebende Wirkung erübrigt sich angesichts der erfolgten Sachentscheidung.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen. Außerdem ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (siehe VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127; 27.03.2019, Ra 2019/10/0017, jeweils m.w.N.).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommt, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, entspricht der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.