Spruch
Teilerkenntnis
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina MUCKENHUBER über die Beschwerde von XXXX , StA. Slowakei, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2025, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, zu Recht:
A)Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 30.01.2025 wurde gegen den slowakischen Staatsangehörigen XXXX (im Folgenden: BF) gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein für die Dauer von 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Zu Spruchpunkt III. führte die belangte Behörde aus, dass das Verhalten des BF eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle und die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes daher im Interesse der Bevölkerung geboten sei. Der BF sei zehnmal im In- und Ausland wegen Strafdelikten zu bedingten und unbedingten Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt worden und gehe vom BF nach wie vor eine gegenwärtige Gefahr aus.
Der BF erhob durch seine Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde und führte unter anderem aus, dass er seit 2021 in Österreich lebe und bis September 2024 berufstätig gewesen sei. Im Bundesgebiet würden sein volljähriger Sohn und seine Enkelkinder leben und wäre es dem BF wichtig, nach Entlassung aus der Strafhaft erneut persönlichen Kontakt zu diesen zu pflegen. Der BF habe die Straftaten aufgrund seiner damaligen Drogensucht begangen und sei mittlerweile von den Drogen entwöhnt. Der BF bereue seine Taten und wolle ein straffreies Leben beginnen.
Die gegenständliche Beschwerde wurde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt am 24.02.2025 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist slowakischer Staatsangehöriger und hält sich seit Dezember 2021 im Bundesgebiet auf.
Er ging im Bundesgebiet von Dezember 2021 bis September 2024 Beschäftigungen mit teilweise saisonbedingten Unterbrechungen im Gastgewerbe nach.
1.2. Der BF wurde am 23.09.2024 aufgrund des Verdachts der Begehung einer strafbaren Handlung im Bundesgebiet festgenommen und in Untersuchungshaft genommen.
Am 09.12.2024 wurde der BF von einem Landesgericht wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels nach §§ 28a Abs. 1, 2., 3. und 5. Fall, Abs. 2 Z 3 SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift nach § 27 Abs. 1 Z 1, 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
Dem Urteil lag zugrunde, dass der BF gemeinsam mit zwei Mittätern im Bundesgebiet in einer jedenfalls das 15-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge Metamphetamin und Cannabiskraut als Eisenbahnpassagiere aus der Slowakei aus- und nach Österreich im Zeitraum von Anfang 2024 bis zu seiner Festnahme im September 2024 einführte und von Anfang 2023 bis zu seiner Festnahme in einer mehrfach die Grenzmenge übersteigenden Menge durch den nahezu ausschließlich gewinnbringenden Verkauf von Metamphetamin und Cannabiskraut anderen überließ. Zudem erwarb und besaß der BF Metamphetamin zum Eigengebrauch.
Bei der Strafbemessung wurden das Zusammentreffen zweier Verbrechen und mehrerer Vergehen, der lange Deliktszeitraum, die einschlägigen Vorstrafen und die mehrfache Überschreitung beim Überlassen als erschwerend sowie das Geständnis und die teilweise Sicherstellung der suchtmittelhältigen Substanzen als mildernd gewertet.
Zudem wird gegen den BF im Bundesgebiet ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Diebstahls und Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Organisation sowie wegen Diebstahls durch Einbruch mit Waffen geführt.
1.3. Der BF wurde zuvor auch in der Slowakei, in Tschechien und in Großbritannien insgesamt neunmal strafgerichtlich verurteilt.
1) Am 06.12.1994 wurde er in Tschechien wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt.
2) Am 14.12.2006 wurde er in der Slowakei zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt.
3) Am 21.02.2007 erfolgte eine weitere Verurteilung in Tschechien.
4) Am 16.07.2007 wurde der BF in Tschechien wegen falscher Zeugenaussage zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt.
5) Am 03.09.2008 wurde der BF in Tschechien wegen falscher Zeugenaussage, Diebstahls, unbefugten Eindringens in Privatbesitz, vorsätzlicher Beschädigung einer Sache und Fälschung von Zahlungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
6) Am 11.02.2009 wurde er erneut in Tschechien verurteilt.
7) Am 15.08.2014 wurde der BF in der Slowakei wegen Diebstahls verurteilt, wobei die zunächst bedingt ausgesprochene Freiheitsstrafe von 10 Monaten mit Beginn am 21.07.2017 vollzogen wurde.
8) Am 09.02.2016 wurde er in Großbritannien wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt.
9) Am 18.10.2017 wurde er in der Slowakei wegen Diebstahls und unbefugten Eindringens in Privatbesitz zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.
1.4. Der BF ist ledig und führt keine Beziehung. Er hat einen volljährigen Sohn, der mit seiner Familie im Bundesgebiet lebt. Der BF lebte von der Kindesmutter und dem Sohn getrennt.
Der BF wird von seinem Sohn in der Haftanstalt nicht besucht. Der Sohn weiß über die Inhaftierung des BF auch nicht Bescheid.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Identität des BF steht unstrittig fest.
Die Aufenthaltsdauer des BF beruht auf seinen Angaben in der behördlichen Einvernahme am 20.01.2025 und deckt sich mit den Eintragungen im Zentralen Melderegister und den Zeiten seiner angemeldeten Beschäftigungen im Bundesgebiet.
Die Beschäftigungen im Bundesgebiet ergeben sich aus einem Auszug der Sozialversicherungsdaten des BF.
2.2. Die Festnahme und die Anhaltung in Untersuchungshaft beruhen auf der aktenkundigen Vollzugsinformation der Justiz.
Die strafgerichtliche Verurteilung im Bundesgebiet und die genauen Tatumstände sowie Strafbemessungsgründe ergeben sich aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 09.12.2024, GZ: XXXX .
Das laufende Ermittlungsverfahren beruht auf einem Abschluss-Bericht der LPD XXXX vom 05.02.2025, GZ: XXXX .
2.3. Die strafgerichtlichen Verurteilungen im Ausland ergeben sich aus dem aktenkundigen Auszug des Europäischen Strafregister-Informationssystem (ECRIS)
2.4. Die Feststellungen zu den familiären Verhältnissen des BF beruhen auf seinen Angaben in der behördlichen Einvernahme und der Beschwerdeschrift.
Dass der BF von seinem Sohn nicht besucht wird, beruht auf seinen Angaben in der behördlichen Einvernahme und der Besucherliste der Justizanstalt XXXX vom 27.01.2025.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Vorweg ist festzuhalten, dass Gegenstand der vorliegenden Entscheidung nur jener – trennbare – Spruchteil des mit der Beschwerde angefochtenen Bescheides ist, mit dem gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt wurde, weshalb sich die Prüfung auf jene Teile des Beschwerdevorbringens beschränkt, die sich gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides) richten.
Die Entscheidung in der Hauptsache (dh. konkret gegen die Spruchpunkte I.-II. des angefochtenen Bescheides) ergeht zu einem späteren Zeitpunkt gesondert.
3.2. Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
Zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden genügt es nicht, dafür auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren. Die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise als gesetzliche Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung betreffend die Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung erfordert also das Vorliegen besonderer Umstände, die mit den Voraussetzungen für die Aufenthaltsbeendigung als solche nicht gleichzusetzen sind (VwGH vom 27.08.2020, Ra 2020/21/0172).
Der BF wurde zuletzt am 09.12.2024 wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgift zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Davor wurde er im Zeitraum von 1995 bis 2017 insgesamt neunmal strafgerichtlich in Tschechien, Großbritannien und in der Slowakei zu teils empfindlichen Haftstrafen (bis zu 6 Jahren) verurteilt.
Wie die belangte Behörde zutreffend ausführte, steht der weitere Aufenthalt des BF dem öffentlichen Interesse an Ruhe und Ordnung und der Verhinderung von Strafdelikten entgegen. Aufgrund des vom BF gezeigten Verhaltens, nämlich der wiederholten Rückfälligkeit trotz des immer wieder verspürten Haftübels besteht auch akute Wiederholungsgefahr, sodass die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Auch im Zusammenhang mit § 70 Abs. 1 FPG, wonach der Eintritt der Durchsetzbarkeit für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben ist, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde, ist in Hinblick auf das errechnete Strafende auch zum Zeitpunkt der Entlassung des BF aus der Strafhaft (vgl. VwGH 10.11.2022, Ra 2022/21/0113) im September 2028 davon auszugehen, dass seine sofortige Ausreise erforderlich sein wird, zumal der BF seit 30 Jahren in regelmäßigen Abständen straffällig wurde. Dies gilt umso mehr für die Termine der allenfalls bedingten Entlassung. Im Übrigen ist anzumerken, dass der Zeitpunkt der Durchsetzbarkeit auch früher stattfinden könnte, zumal eine Vollstreckung der Freiheitsstrafe gemäß § 42 EU-JZG auch in einem anderen Mitgliedstaat der EU möglich ist.
Die belangte Behörde stützte die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde somit zu Recht auf § 18 Abs. 3 BFA-VG.
Zu einem möglichen Eingriff einer Verletzung des Artikels 8 EMRK ist anzuführen, dass der BF kein aufrechtes Familienleben im Bundesgebiet geltend machte, zumal der Kontakt zum volljährigen Sohn derzeit nicht aufrecht ist.
Aufgrund dieser Umstände wird es dem BF jedenfalls zumutbar sein, den Ausgang seines Verfahrens außerhalb Österreichs abzuwarten.
Darüber hinaus haben sich auch sonst keine Umstände ergeben, wonach die aufschiebende Wirkung von Amts wegen zuzuerkennen gewesen wäre.
Nach dem Gesagten ist aus derzeitiger Sicht (auf Basis der aktuell vorliegenden Aktenlage) nicht anzunehmen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die Slowakei eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde bzw. gebracht hat. Ein Vorbringen hinsichtlich einer Verletzung von Artikel 2 oder 3 EMRK wurde auch nicht erstattet.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und solche sind auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Im Ergebnis war die Revision daher nicht zuzulassen.