JudikaturBVwG

I422 2305749-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
24. Februar 2025

Spruch

I422 2305749-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX (alias XXXX alias XXXX ), StA. Sudan, vertreten durch die "BBU GmbH", Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.12.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.02.2025 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Ein sudanesischer Staatsangehöriger (im Folgenden: Beschwerdeführer) reiste spätestens am 13.09.2023 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. In der Einvernahme durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.09.2023 begründete er diesen im Wesentlichen damit, dass er Soldat einer Spezialeinheit der Regierung gewesen sei und deshalb von den oppositionellen Kräften verfolgt werde. Im Falle seiner Rückkehr habe er sowohl Angst vor den oppositionellen Kräften als auch vor den Regierungskräften, da er seinen Dienst verweigert habe.

Am 22.02.2024 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) einvernommen. Hierbei gab er hinsichtlich seiner Fluchtgründe im Wesentlichen an, dass er gegen den Krieg sei. Dies habe er während seines Militärdienstes auch gegenüber seinem Vorgesetzten geäußert. Der Beschwerdeführer sei daraufhin entlassen worden und habe er danach eine Ladung vom Militär für eine Befragung erhalten. Ein paar Tage später sei ihm zudem ein Schreiben zugestellt worden, wonach der Beschwerdeführer die Möglichkeit habe, seine Aussage zurückziehen oder zum Dienst zurückzukehren, ansonsten werde ein Verfahren vor dem Militärgericht eröffnet. Weil er der Ladung nicht gefolgt sei, sei über ihn ein Verfahren eim Militärgericht eröffnet worden. Deshalb habe der Beschwerdeführer beschlossen, sein Heimatland zu verlassen.

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid der belangten Behörde vom 09.12.2024 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.)

Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides richtet sich die fristgerecht mit Schriftsatz vom 07.01.2025 erhobene Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und wurde hierbei die inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften moniert.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 14.01.2025 vorgelegt und langten am 15.01.2025 in der Gerichtsabteilung des erkennenden Richters ein.

Am 18.02.2025 wurde durch das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung abgehalten und hierbei die gegenständliche Beschwerdesache erörtert.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Sudan, Angehöriger der sudanesischen Volksgruppe Dar Hamid und bekennt sich zum sunnitisch-moslemischen Glauben. Er ist ledig und hat keine Sorgepflichten, zudem ist er gesund und erwerbsfähig. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Hauptstadt Khartoum, dem Stadtteil XXXX , dass im Distrikt XXXX , gelegen ist, wo er zwölf Jahre lang die Grundschule besuchte und die Matura absolvierte. Anschließend besuchte der Beschwerdeführer die Universität von Khartoum und absolvierte eine Ausbildung als Elektrotechniker.

Im Mai 2023 trat der Beschwerdeführer die Ausreise nach Libyen an und gelangte schließlich über Italien und Ungarn nach Österreich, wo er am 13.09.2023 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Die Eltern und fünf Schwestern des Beschwerdeführers haben den Sudan verlassen und sind derzeit in Ägypten aufhältig. Eine Schwester des Beschwerdeführers lebt nach wie vor im Sudan. Ein Bruder ist in Saudi-Arabien wohnhaft, ein weiterer Bruder von ihm ist unbekannten Aufenthalts und ein Bruder ist bereits verstorben.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hat im Sudan seinen verpflichtenden Militärdienst abgeleistet. Entgegen seinem Vorbringen war der Beschwerdeführer kein Berufssoldat und ist er nicht vom Militärdienst desertiert. Dem Beschwerdeführer droht im Sudan weder eine Verfolgung oder Bedrohung durch das sudanesische Militär noch durch oppositionelle Kräfte.

1.3. Zur Lage im Sudan:

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Gesamtaktualisierung am 02.02.2024) wiedergegeben:

Politische Lage

Nach monatelangen Volksaufständen in allen Bundesstaaten endete im Sudan 2019 das autoritär- islamistische Regime, das 30 Jahre die Geschicke des Landes lenkte. Die Aufstände, die zunächst aufgrund eines dramatischen Anstiegs der Lebensmittelpreise ausbrachen, spitzten sich schnell zu und forderten den Sturz von Präsident Omar al-Baschir (BS 23.2.2022; vgl. AA 1.6.2022). Die Lage dieser bis dahin friedlichen Proteste für wirtschaftliche sowie politische Reformen eskalierte bei der gewaltsamen Auflösung einer Sitzblockade vor dem Armee-Hauptquartier am 3.6.2019 - Berichten zufolge starben dabei über Hundert Demonstrierende. Die anschließende Revolution führte in der Folge zur Entmachtung des Langzeit-Diktators al-Baschir im April 2019 (AA 1.6.2022). Nach dem Umsturz übernahm für kurze Zeit der sog. militärischer Übergangsrat (Transitional Military Council -TMC) die Macht (UKHO 6.2023), Verhandlungen zwischen dem TMC und dem Oppositionsbündnis „Kräfte für Freiheit und Wandel“ (Forces for Freedom and Change - FFC) führten aber dennoch zu einer zivil-geführten Übergangsregierung (AA 1.6.2022; vgl. BS 23.2.2022, UKHO 6.2023).

Zwei Abkommen - die „Political Declaration“ und die „Constitutional Declaration“ - dienen als Basis für die Übergangsphase und den Machttransfer auf die zivil-geführte Regierung (AA 1.6.2022). Die „Constitutional Declaration“ erschuf Institutionen der Exekutive, Legislative und Judikative, die den Sudan in der Übergangszeit regieren sollen (BS 23.2.2022). An der Spitze dieser Organe steht der Souveränitätsrat (Sovereignty Council - SC), bestehend aus fünf Militärs und sechs Zivilisten (BS 23.2.2022; vgl. AA 1.6.2022). Der TMC-Vorsitzende, General Abdel Fattah Burhan, übernahm als Vorsitzender des SC das Amt des Staatsoberhaupts. Zum Premierminister wurde Abdalla Hamdok ernannt, der mitsamt einer technokratischen Übergangsregierung die Regierungsgeschäfte Anfang September 2019 übernahm (AA 1.6.2022). Deklariertes Ziel der Übergangsregierung, die maximal drei Jahre im Amt bleiben sollte, war eine Wende des Sudan durch am Ende der Übergangsphase angesetzte Wahlen zur Demokratie (BS 23.2.2022).

Unter al-Baschir waren Präsidentschaftswahlen wie auch die zur Nationalversammlung alle fünf Jahre vorgesehen. Im Rahmen der 2019 unterzeichneten Abkommen waren Wahlen für 2022 vorgesehen, aber durch die Unterzeichnung des Friedensabkommens von Juba (Dschuba) im Oktober 2020 und eine Änderung des Verfassungsrahmens wurden sie um 39 Monate ab Unterzeichnung verschoben, wodurch sich die geplanten Wahlen auf Anfang 2024 verschoben (USDOS 20.3.2023). Das Friedensabkommen von Juba wurde von der sudanesischen Übergangsregierung mit drei bewaffneten Darfur-Gruppen, vertreten durch die sog. Revolutionäre Front (Revolutionary Front - RF), geschlossen, um den seit Jahren schwelenden Konflikt in Darfur zu beenden. Das Abkommen garantiert den Anführern der Gruppen einen Sitz im SC und den Bundesstaaten Südkordofan und Blue Nile Autonomie. Überdies soll die RF in die nationale Armee integriert werden. Zwei größere bewaffnete Gruppierungen - das Sudan Liberation Movement/Army (SLM/A) sowie die Sudan People's Liberation Army (SPLA-North) sind dem Abkommen allerdings nicht beigetreten (BS 23.2.2022).

Im Herbst 2021 eskalierten die politischen Spannungen; die Wirtschafts- und Versorgungskrise verschärfte sich, befeuert durch u. a. die Blockade des Seehafens in Port Sudan durch Angehörige der Beja. Am 25.10.2021 putschte das Militär um General Burhan und dessen Stellvertreter General Mohamed Hamdan Dagalo alias Hemeti, unterstützt durch weitere Verbündete, die Übergangsregierung (AA 1.6.2022). Nicht nur Premierminister Hamdok wurde seines Amtes enthoben und unter Arrest gestellt, sondern auch mehrere hochrangige Beamte verhaftet, das Kabinett entlassen und der Ausnahmezustand verhängt (USDOS 20.3.2023). Kurz darauf wurde der SC aufgelöst und durch einen neuen Rat ersetzt, dessen Mitglieder ausschließlich aus den Reihen der sudanesischen Streitkräfte (Sudanese Armed Forces - SAF) bzw. der paramilitärischen „Rapid Support Forces“ (RSF) stammten. Der Rat wandelte sich von einer Einheitsregierung zu einer Militärjunta (HBS 17.7.2023).

Der für viele Beobachter und Bürger überraschende Staatsstreich löste über Monate Großdemonstrationen in allen Teilen des Landes aus (AA 6.1.2022; vgl. EUAA 11.8.2023, USDOS 20.3.2023). Die neuen Machthaber reagierten mit der wochenlangen Abschaltung der Internet- und Telefonverbindungen, und Polizei wie Sicherheitskräfte gingen mit Härte gegen die Protestierenden vor (AA 6.1.2022; vgl. FH 2023). Im Oktober 2022 unterzeichneten mehr als 50 sudanesische pro-demokratische Widerstandskomitees einen Verfassungsentwurf, welcher eine dezentrale Zivilregierung, den Rücktritt der Militärregierung, die Abschaffung der Verfassungserklärung („Constitutional Declaration“) von 2019 und die Einsetzung einer neuen Übergangsverfassung wie eines Parlaments fordert. Im Dezember 2022 unterzeichnete das Militär ein Rahmenabkommen, um eine Zusammenarbeit mit zivilen Gruppen bei der Bildung einer Übergangsregierung zu ermöglichen (FH 2023). Nichtsdestotrotz wird der Sudan seit dem Putsch von einem Generalrat unter der Leitung von General Burhan, Oberkommandant der SAF und De- facto-Präsident, und General Dagalo (Hemeti), Chef der RSF, regiert (EUAA 11.8.2023).

Die interne Spaltung, in Verbindung mit erheblichem internationalem Druck, führte schließlich dazu, dass sich die beiden Führer auf einen Übergang zu einer zivil-geführten Regierung Anfang April 2023 einigten. Aufgrund erneuter Spannungen zwischen den zwei militärischen Fraktionen verzögerte sich die Umsetzung ebenjener Vereinbarung. Eine wesentliche Meinungsverschiedenheit ergab sich aus dem Vorstoß der SAF-Führung, die RSF in die nationale Armee zu integrieren, was die Kontrolle der RSF über profitable Aktivitäten wie den Goldabbau bedrohen würde. Mitte April eskalierte die Situation und weitete sich zu einem umfassenden militärischen Konflikt bzw. Bürgerkrieg aus (HBS 17.7.2023).

Sicherheitslage

Die Sicherheit ist nicht gewährleistet (EDA 19.12.2023). Seit dem 15.4.2023 kommt es landesweit zu schweren Kampfhandlungen zwischen der Sudanese Armed Forces (SAF) und den paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) (EDA 19.12.2023; vgl. AA 14.9.2023, BMEIA 3.5.2023). Zahlreiche weitere bewaffnete Gruppierungen sind involviert und unterstützen die eine oder andere Partei. Die Kämpfe fordern zahlreiche zivile Todesopfer und Verletzte (EDA 19.12.2023). Die Lage ist volatil, unübersichtlich und kann sich schnell ändern. Es kommt vermehrt zu Überfällen (AA 14.9.2023; vgl. BMEIA 3.5.2023) und die Entwicklung ist ungewiss (EDA 19.12.2023).

Der Flughafen Khartum ist gesperrt und ist von den bewaffneten Auseinandersetzungen betroffen; der Flugbetrieb von und nach Khartum ist ausgesetzt (AA 14.9.2023; vgl. BMEIA 3.5.2023), der Flughafen in Port Sudan operiert und fliegt zahlreiche Destinationen in der Region an. Vereinbarte Waffenruhen werden immer wieder verletzt (AA 14.9.2023).

Strom sowie Internet- und Telefonverbindungen können zeitweise ausfallen (BMEIA 3.5.2023). Es kommt verbreitet zu Plünderungen, Vergewaltigungen und Hausbesetzungen. Auch Minen werden eingesetzt (EDA 19.12.2023).

Es wird von schwerem Beschuss und Luftangriffen berichtet. Mehrere von beiden Seiten vereinbarte Waffenstillstände wurden gebrochen. Die Armee schloss Verhandlungen mit der RSF aus und gab an, nur deren Kapitulation zu akzeptieren. Vorherige Vermittlungsversuche durch die Präsidenten Kenias, Dschibutis und Südsudans sind gescheitert (BAMF 24.4.2023). Um eine Einigung für eine Waffenruhe zu erreichen, wurden am 14.5.2023 die Gespräche in Jeddah aufgenommen. Nichtsdestotrotz intensivierten sich die Kämpfe zwischen den Konfliktparteien. Da die Polizei aufgrund der anhaltenden Kämpfe ihren Aufgaben nicht mehr nachkomme, sei vielerorts ein Vakuum in der Sicherheitslage entstanden (BAMF 15.5.2023).

Medienberichten zufolge wurde am Abend des 20.5.2023 eine siebentägige Waffenruhe vereinbart, die ab dem 22.5.2023 um 21:45 Uhr Ortszeit beginnen sollte. Anders als bei vorherigen Waffenruhen haben beide Parteien, die sudanesische Armee (SAF) und die Rapid Support Forces (RSF), das Abkommen unterzeichnet (BAMF 22.5.2023).

Die BBC berichtete, dass die Kämpfe in dicht besiedelten Gebieten stattfanden und Khartum zu einem Kriegsgebiet wurde. Die Kämpfe breiteten sich schnell auf angrenzende Städte und Provinzen aus. Laut einem Bericht der International Crisis Group vom Juni 2023 steuert der Sudan auf ein Staatsversagen hin und die Kämpfe erstrecken sich auf verschiedene Teile des Landes. Im Juli 2023 setzten sich die Kämpfe in Khartum sowie in den Bundesstaaten Darfur, Kordofan und Blue Nile fort. Zu diesem Zeitpunkt war Khartum weitgehend unter Kontrolle der RSF (EUAA 11.8.2023).

Im Juli 2023 kontrolliert die Sudanesische Armee die Außenbezirke der Hauptstadt sowie den größten Teil von Omdurman und den östlichen und nördlichen Teil des Landes. Laut dem UNHCR gibt es neben den bewaffneten Kämpfen auch eine Zunahme der Kriminalität und einen allgemeinen Zusammenbruch von Recht und Ordnung im Land. Insbesondere Khartum ist stark von Gewalt betroffen. Die Kämpfe zwischen der Armee und der Sudan People's Liberation Movement North (SPLM-N) haben sich auch auf die Bundesstaaten Süd-Kordofan und Blue Nile ausgeweitet. In Khartum kommt es weiterhin zu Plünderungen, Angriffen auf öffentliche Einrichtungen und der Besetzung von Privathäusern. Die heftigsten Kämpfe fanden in Omdurman statt, wo die Sudanesische Armee massive Luftangriffe und Beschuss einsetzte, um die Rapid Support Forces (RSF) aus Teilen der Stadt zu vertreiben (EUAA 11.8.2023). Laut Amnesty International sind in den letzten 6 Monaten mindestens 5.000 Zivilisten getötet, mehr als 12.000 verletzt und über 5,7 Millionen Menschen vertrieben worden (AI 15.10.2023).

Am 7.12.2023 teilte das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UNOCHA) mit, dass seit Ausbruch der Kämpfe Mitte April 2023 mehr als 12.190 Menschen getötet und mehr als 6,6 Mio. Menschen vertrieben wurden (BAMF 11.12.2023).

Am 10.12.2023 wurden ein Evakuierungskonvoi des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (ICRC) angegriffen. Dabei starben zwei Menschen, sieben wurden verletzt. Nach Absprache mit der SAF und der RSF sollte der Konvoi in einem sicheren Korridor über 100 Zivilpersonen aus Khartum evakuieren. Die Evakuierungsmission wurde sofort gestoppt und wird ohne weitere Absprachen zunächst nicht wieder aufgenommen (BAMF 11.12.2023; vgl. RW 13.12.2023).

Ferner kam es in Kosti (Kusti), Hauptstadt des Bundesstaat White Nile zu tagelangen Kämpfen der Volksgruppen Hausa uns Nuba. Demnach seien am 6.5.2023 die Kämpfe ausgebrochen und bis zu 25 Menschen getötet und ca. 50 verletzt worden. Am 10.5.2023 hätten sich die Führer der jeweiligen Volksgruppen auf einen Waffenstillstand geeinigt (BAMF 15.5.2023).

Zudem ist ein Wiederaufflammen von Spannungen und Gewalt zwischen den Gemeinschaften zu verzeichnen. Im Juni 2023 waren die Auswirkungen der interkommunalen Gewalt in West-Darfur deutlich zu spüren. Mehrere Berichte wiesen auf eine Kampagne gezielter Angriffe gegen Zivilisten aufgrund ihrer Stammeszugehörigkeit hin, welche u. a. von einigen bewaffneten Männern in RSF-Uniformen durchgeführt wurden. Am 12.9.2023 kam es in der Nähe des Dorfes Anjemei südöstlich der Stadt El Geneina zu einem tödlichen Angriff mit 5 getöteten Männern (darunter drei Kinder) und einen Verletzten. Da die Täter in den Tschad flohen, kam die Befürchtung auf, dass der Vorfall eine Eskalation der Spannungen zwischen den Stämmen auslösen, bzw. zu einem Übergreifen des Konflikts führen könnte (UNHCR 10.10.2023a).

Seit Beginn der Regenzeit im Juli 2023 sind laut dem Sudan Floods Dashboard 2023 rund 89.000 Menschen in 22 Orten in neun Bundesstaaten von schweren Regenfällen und Überschwemmungen betroffen. Berichten zufolge sind mindestens 8.227 Häuser zerstört und 7.540 beschädigt worden. Im Jahr 2022 waren in 16 der 18 Bundesstaaten des Sudan 349.000 Menschen von schweren Regenfällen und Überschwemmungen betroffen. Mindestens 24.860 Häuser wurden zerstört und 48.250 weitere beschädigt (RW 9.2023a).

Rechtsschutz / Justizwesen

In der Verfassungserklärung und den einschlägigen Gesetzen ist eine unabhängige Justiz vorgesehen (USDOS 20.3.2023). Sie ist formal unabhängig und nicht weisungsgebunden, aber der Sudan ist kein Rechtsstaat. Der institutionell schwachen Verwaltung fehlt es häufig an Kompetenz und Mitteln, aber auch am Willen, Zuständigkeiten, Gesetze und Verordnungen transparent auszulegen und anzuwenden. Es gibt weiterhin keine funktionierende Gewaltenteilung. Die Rechtsprechung ist zwar formell nicht an politische Vorgaben gebunden, aber die Besetzung der Richterstellen unterliegt politischem Einfluss (AA 1.6.2022).

Die Übergangsverfassung von 2019 gewährt allen Sudanesen die grundlegenden Menschenrechte, darüber hinaus hat Sudan eine Reihe von internationalen Konventionen ratifiziert. Die praktische Umsetzung lief jedoch schleppend und wird angesichts des Militärputsches und dem seither verhängten Ausnahmezustand noch stärker infrage gestellt (AA 1.6.2022).

Die Interimsverfassung beabsichtigte die politisch beeinflusste Justiz der Ära al-Baschir durch eine unabhängige Richterschaft zu ersetzen. Im Mai 2021 setzte der Souveränitätsrat (SC) den Obersten Richter Nemat Abdullah Khair ab und akzeptierte den Rücktritt von Generalstaatsanwalt Taj al-Ser Ali al-Hebr, der sich über die mangelnde Unabhängigkeit beklagt hatte. Im selben Monat wurden zudem mehr als 20 Staatsanwälte aus ihrem Amt entlassen. Nach dem Coup vom Oktober 2021 ersetzte General Burhan den amtierenden Generalstaatsanwalt wie den Obersten Richter durch ehemalige Funktionäre der Nationalen Kongresspartei (National Congress Party – NCP) [die Partei al-Baschirs, Anm.]. Der neue Oberste Richter, Abdulaziz Fath al-Rahman Abdeen, ordnete im Dezember 2021 die Wiedereinsetzung aller zuvor entlassenen Richter an (FH 2023), wodurch die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz untergraben wurde, so das US-amerikanische Außenministerium (USDOS 20.3.2023).

Sicherheitsbehörden

Bis Oktober 2021 trug das Innenministerium die Hauptverantwortung für die innere Sicherheit. Das Innenministerium hatte die Aufsicht über die Polizeibehörden, das Verteidigungsministerium und den Allgemeinen Nachrichtendienst. Zu diesen Polizeibehörden gehören die Sicherheitspolizei, die Polizeispezialeinheiten, die Verkehrspolizei und die kampferprobte sog. Zentrale Reservepolizei. Verschiedene Kräfte dieser Polizeieinheiten waren im ganzen Land präsent. Das Verteidigungsministerium beaufsichtigt alle Sicherheitsdienste, einschließlich der SAF, der RSF, des Grenzschutzes und der Verteidigungs- und militärischen Nachrichtendienste. Sie sind auch für den Schutz kritischer Infrastruktur zuständig (USDOS 20.3.2023).

Die Polizei zeichnet sich durch einen Mangel an Personal, Fachkenntnissen und Ausstattung aus. Ein häufiger Wechsel auf Leitungspositionen beeinträchtigt außerdem die Formulierung und Umsetzung strategischer Ziele. Aufgrund geringer Gehälter sind viele Polizisten auf Nebeneinkünfte angewiesen, wodurch sich die Korruptionsgefahr erhöht. Menschenrechtsaktivisten kritisieren die Polizei immer wieder wegen exzessiver Gewaltanwendung. Auf Demonstrationen erleiden Protestierende nicht selten Verletzungen durch Polizisten, in einigen Fällen wurde auch von Vergewaltigungen und Todesfällen berichtet. Angesichts der Vielfalt an Sicherheitskräften kann allerdings nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob Täter zur Polizei gehören. Grundsätzlich genießt die sudanesische Polizei kein großes Vertrauen oder hohes Ansehen in der Bevölkerung, weshalb oft keine Strafanzeigen gestellt werden (AA 1.6.2022).

Die SAF sind das Militär des Sudan. Sie bestehen aus Armee, Marine, Luftwaffe und den Grenzschutztruppen. Seit der Unabhängigkeit 1956 ist das sudanesische Militär ein dominanter Akteur im Land. Darüber hinaus spielen die SAF, wie die Sicherheitskräfte im Allgemeinen, eine wichtige Rolle in der sudanesischen Volkswirtschaft, da sie Berichten zufolge mehr als 200 Handelsunternehmen kontrollieren, darunter solche, die im Goldabbau, der Kautschukproduktion, der Landwirtschaft oder dem Fleischexport tätig sind (UKHO 6.2023; vgl. CIA 23.10.2023). Die Armee und pro-demokratische Gruppen haben die Integration der RSF in die regulären Streitkräfte gefordert, allerdings hat sich die RSF der Integration in die Armee widersetzt, um ihre Macht nicht zu verlieren(AJ 16.4.2023) Die SAF konzentrieren sich in erster Linie auf die innere Sicherheit, Grenzfragen und potenzielle Bedrohungen von außen durch die Nachbarländer (CIA 23.10.2023). Da es nicht gelingt, den Schutz der Zivilbevölkerung in der Peripherie, insbesondere in Darfur, sicherzustellen, geraten die Sicherheitskräfte häufig in Kritik. Auch der Aufbau der im Friedensabkommen von Juba vereinbarten integrierten Sicherheitskräfte für Darfur („joint forces“) verläuft schleppend (AA 1.6.2022).

Die RSF sind eine halbautonome paramilitärische Truppe, die 2013 gegründet wurde, um bewaffnete Rebellengruppen im Sudan zu bekämpfen. Ihr Befehlshaber ist der als Hemeti bekannte General Dagalo. Die RSF waren zunächst dem Nationalen Nachrichten- und Sicherheitsdienst unterstellt, kamen dann aber unter das direkte Kommando des damaligen Präsidenten al-Baschir, der sie als seine persönliche Leibgarde aufbaute (CIA 23.10.2023; vgl. AA 1.6.2022), wobei Hemeti mit al-Baschir bei dessen Sturz brach. Die RSF gingen aus den sog. Janjaweed-Milizen hervor, die für einen Großteil der Menschenrechtsverletzungen in Darfur (2005-2008) verantwortlich gemacht werden. Sie werden des Weiteren als an der gewaltsamen Auflösung der Proteste vom 3.6.2019 beteiligt angesehen (AA 1.6.2022). Die RSF rekrutiert aus allen Teilen des Sudan, nicht nur wie ursprünglich aus arabischen Darfuri-Gruppen. In der Vergangenheit kämpfte diese paramilitärische Miliz sowohl im Jemen als auch gegen Aufständische in Darfur sowie den Bundesstaaten Südkordofan und Blue Nile (CIA 23.10.2023). Überdies schützte sie die Grenze zu Libyen (AA 1.6.2022; vgl. CIA 23.10.2023) und war an der zur Zentralafrikanischen Republik aktiv. Ökonomisch gesehen sind die RSF Berichten zufolge an einigen Wirtschaftsunternehmen beteiligt, vornehmlich am Goldabbau,(CIA 23.10.2023). Hemeti ist seit der Revolution jedenfalls ein Machtfaktor im Sudan (AA 1.6.2022). Seit der Entmachtung al-Baschirs waren die RSF in mehr als 155 Vorfälle verwickelt, die auf Zivilisten abzielten und über 300 zivile Todesopfer forderten. Ferner wurde ihr vorgeworfen, Zivilisten willkürlich festzunehmen (ACLED 14.4.2023; vgl. UKHO 6.2022).

Auch aufgrund des im April 2023 ausgebrochenen Konflikts zwischen SAF und RSF leidet die Zivilbevölkerung in Darfur weiterhin unter dem Versagen der sudanesischen Behörden, für Sicherheit zu sorgen. Amnesty International und andere Nichtregierungsorganisationen haben wiederholt Beweise für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere schwerwiegende Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht durch sudanesische Regierungstruppen dokumentiert, u. a. rechtswidrige Tötungen von Zivilpersonen, rechtswidrige Zerstörungen von zivilem Eigentum, Vergewaltigungen von Frauen und Mädchen, gewaltsame Vertreibungen von Zivilpersonen, ethnische Säuberungen und Einsätze chemischer Waffen (AI 24.4.2023).

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassungserklärung von 2019 verbietet zwar Folter oder unmenschliche Behandlung oder Bestrafung (USDOS 20.3.2023), Übergriffe der Polizei, der Armee oder der Sicherheitsdienste können jedoch Folter, auch mit Todesfolge, einschließen. Daneben gibt es eine verbreitete Praxis von brutalen Übergriffen der Polizei als Ermittlungsinstrument und Einschüchterungsmethode auch unterhalb der Folterschwelle (AA 1.6.2022). Auch gibt es zahlreiche Berichte über gewaltsame Übergriffe auf friedliche Demonstranten unter der Militärjunta (USDOS 20.3.2023). Die Sicherheitskräfte haben auch Kinder misshandelt, bzw. menschenunwürdiger Behandlung ausgesetzt (HRW 12.1.2023).

Die Übergangsregierung hatte Schritte zur Stärkung einiger Rechte unternommen. Durch Änderungen des Strafgesetzes sind Auspeitschen und andere Formen der Körperstrafe seit 13. Juli 2020 verboten (AA 1.6.2022; vgl. FH 2023, USDOS 20.3.2023). Verfehlungen der Sicherheitskräfte können nach dem Gesetz zwar grundsätzlich mit Disziplinarverfahren, Entlassung aus dem Dienst und Haft geahndet werden. Angehörige der Sicherheitskräfte, die foltern, wurden bislang jedoch kaum zur Verantwortung gezogen (AA 1.6.2022). Außerdem wird häufig mit Gewalt gegen Aktivisten, politische Gefangene und Journalisten vorgegangen. Diese werden ohne Zugang zu einem Rechtsanwalt in Isolationshaft gehalten und waren häufig Opfer von Folter und unmenschlicher Behandlung (FH 2023). Auch in Gefängnissen sind außergerichtliche Tötung und tödliche Folter verbreitete Praktiken (BS 2022; vgl. OMCT 30.8.2021, USDOS 20.3.2023).

UN-Experten äußerten sich im August 2023 alarmiert über Berichte über brutale und weitverbreitete Vergewaltigungen und andere Formen sexueller Gewalt durch die Streitkräfte RSF. Dazu gehören Berichte über das gewaltsame Verschwindenlassen von Frauen und Mädchen und Handlungen wie Zwangsarbeit und sexuelle Ausbeutung. Berichten zufolge wurden Hunderte von Frauen durch die RSF inhaftiert und unter unmenschlichen oder erniedrigenden Bedingungen festgehalten, sexuellen Übergriffen ausgesetzt und sind von sexueller Sklaverei bedroht (OHCHR 17.8.2023). Am 6.12.2023 erklärten die USA offiziell, dass man bestätigen könne, dass die Rapid Support Forces (RSF) und verbündete Milizen Kriegsverbrechen begangen haben. Dazu zählten Verbrechen gegen die Menschlichkeit und ethnische Säuberungen, insbesondere in West-Darfur. Zudem wird die Misshandlung von Inhaftierten in Haftanstalten der sudanesischen Armee (SAF) und der RSF angemahnt. Unmittelbare Konsequenzen für die Kriegsparteien haben diese Feststellungen allerdings nicht (BAMF 11.12.2023).

Von den in der Scharia, die im Sudan als Rechtsquelle Gültigkeit besitzt, festgelegten Köperstrafen ist vor allem die Prügelstrafe weit verbreitet. Es kommt außerdem vor, dass Frauen wegen „unschicklicher Kleidung“ mit Stockhieben bestraft werden. Das einschlägige Gesetz (Public Order Law) wurde Ende November 2019 abgeschafft. Amputationen und Steinigungen haben in den letzten Jahren nicht mehr stattgefunden. In bestimmten Fällen können Körperstrafen durch Zahlung von „Blutgeld“ abgewendet werden. Insgesamt ist eine Lockerung der strengen Regeln zu beobachten (AA 1.6.2022).

Korruption

2022 wurde der Sudan als eines der korruptesten Länder der Welt wahrgenommen, wie es der 162. Platz von 180 untersuchten Ländern im Korruptionswahrnehmungsindex (CPI) belegt (TI 2023 vgl. FH 2023). Im Vergleich zum Vorjahr 2021 stellt dies eine Verbesserung um zwei Ränge dar (TI 2023). Staatsbedienstete sollen zusätzliche Zahlungen für Dienstleistungen verlangen, auf die Einzelpersonen oder Unternehmen Anspruch haben, wodurch ein System entstand, in dem Regierungsbeamte persönliche und indirekte Interessen an verschiedenen Unternehmen verfolgen. Die Korruption behindert zudem Rechtssprechung und Strafverfolgung im Sudan (ACAPS 11.7.2023).

Zwar sieht das Gesetz strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Beamte vor, allerdings wird es nicht wirksam umgesetzt. Korruption ist daher auch in Regierungskreisen weit verbreitet (USDOS 20.3.2023). Die zivil-geführte Übergangsregierung nutzte dieses bestehende Recht und die Verfassungserklärung zur Bekämpfung offizieller Korruption und richtete im Jahr 2021 die „Kommission für Korruptionsbekämpfung und Rückgewinnung öffentlicher Vermögenswerte“ ein (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023). Die Kommission hatte die Aufgabe, korrupte Handlungen zu untersuchen, aufzudecken und zu verhindern. Ein spezieller Antikorruptionsanwalt untersuchte und verfolgte Korruptionsfälle, in die Beamte, ihre Ehepartner oder Kinder verwickelt waren. Zu den Strafen für Beamte bei Verurteilung wegen Unterschlagung zählten Gefängnis bzw. Hinrichtung, obwohl sie fast nie vollstreckt wurden. Nach der Machtübernahme durch das Militär wurde die Antikorruptionskommission jedoch aufgelöst (USDOS 20.3.2023).

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen stand während des al-Baschir-Regimes unter strenger staatlicher Beobachtung. In der Zeit der zivil-geführten Regierung ließ dieser Druck kurzzeitig nach, doch seit dem Militärputsch steigt er wieder an (AA 1.6.2022; vgl. FH 2023). Menschenrechtsgruppen befürchten seitdem Vergeltungsmaßnahmen seitens der Regierung. Unter der Übergangsregierung (arbeiteten inländische wie internationale Menschenrechtsgruppen im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen - sie untersuchten und veröffentlichten ihre Erkenntnisse über Menschenrechtsfälle. Regierungsbeamte waren oft kooperativ und gingen auf ihre Ansichten ein, auch wenn einige Einschränkungen für NGOs bestehen blieben, insbesondere in Konfliktgebieten (USDOS 20.3.2023).

Der Zugang nach Darfur, darunter einige Teile Nord-Darfurs und das östliche Marra-Gebirge, und zu anderen vom Konflikt betroffenen Regionen ist für UN-Organisationen weiter eingeschränkt. Für humanitäre Hilfeleistung sind die Verwaltungsverfahren nach wie vor kompliziert und variieren sowohl zwischen Bundes- und Landesbehörden als auch zwischen den einzelnen Bundesstaaten. Laut manchen Beobachtern versucht die Regierung aktiv den internationalen Zugang zu „sensiblen“ Gebieten einzuschränken, weshalb auch die Zahl ausgestellter Visa für UN-Polizisten wie IStGH-Ankläger gering ausfällt (USDOS 20.3.2023).

Menschenrechtsaktivisten können Beschwerden über mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen bei der staatlichen Nationalen Menschenrechtskommission einreichen. In der Regel leitet sie solche Beschwerden an die beschuldigte Institution weiter. Obwohl die Kommission nicht formell aufgelöst wurde, ist sie seit dem Militärputsch untätig (USDOS 20.3.2023).

Wehrdienst und Rekrutierungen

Laut dem weiterhin gültigen „Gesetz über den Nationalen Dienst“ aus 2013, besteht für Männer eine einjährige Dienstpflicht (AA 1.62022). Betroffen sind alle im Alter von 18 bis 33 Jahren (CIA 1.11.2023). Dieser Nationaldienst kann bei der Polizei, bei den SAF, aber auch als Ersatzdienst bei anderen staatlichen Organisationen abgeleistet werden. Für Universitätsabsolventen bestimmter Fachrichtungen, insbesondere Ärzte und Apotheker, ist diese Ersatzpflicht obligatorisch (AA 1.6.2023). Die gesetzlich bestehende Wehrpflicht für Frauen (CIA 1.11.2023) wird in der Praxis häufig nicht durchgesetzt. Frauen müssen zwar ein einjähriges „soziales Jahr“ absolvieren, wobei dieses de facto auch nur Studentinnen bestimmter Fachrichtungen (z. B. Medizin, Buchhaltung) betrifft (AA 1.6.2022).

Das Gesetz verbietet die Rekrutierung von Kindern und sieht strafrechtliche Sanktionen für die Täter vor. Nach wie vor bestehen jedoch Behauptungen, dass bewaffnete Oppositionsbewegungen Kindersoldaten rekrutieren und in ihren Reihen unterhalten (USDOS 20.3.2023). Seit 2015 haben die UN keine Fälle dokumentiert, in denen die SAF Kindersoldaten rekrutiert oder eingesetzt hat (AA 1.6.2022), UN-Experten sind jedoch weiterhin über solche Rekrutierungen besorgt (OHCHR 16.10.2023). Die SAF wurde 2018 von der UN-Liste, die Staaten und Akteure anführt, die Kindersoldaten rekrutieren, gestrichen. Immer wieder hört man, dass die RSF auch Minderjährige rekrutieren (AA 1.6.2022; vgl. FH 2023).

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Übergangsverfassung von 2019 verpflichtet die Übergangsregierung die Menschenrechte aller Bürger ohne Diskriminierung zu wahren und ihre Gleichbehandlung vor dem Gesetz zu gewährleisten. In der Verfassung wird ferner die Rechenschaftspflicht für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere schwere Menschenrechtsverletzungen eingefordert (FH 2023 vgl. AA 1.6.2022). Der Ausnahmezustand, der kurz nach dem Militärputsch verhängt wurde, schränkt jedoch einige bürgerliche Freiheiten ein (AA 1.6.2022).

Im Jahr 2022 gehörten zu den großen Menschenrechtsproblemen rechtswidrige Tötungen, unmenschliche Haftbedingungen, Einschränkungen der Meinungsäußerung und der Medienfreiheit sowie Korruption in der Regierung. Weitere Probleme sind geschlechtsspezifische Gewalt, Diskriminierung sexueller Minderheiten und Kinderarbeit (USDOS 20.3.2023).

Sicherheitskräfte gehen weiterhin mit exzessiver Gewalt gegen Proteste vor, töten Demonstrierende und verletzen Tausende. Protestteilnehmer, darunter auch Minderjährige, werden rechtswidrig inhaftiert und misshandelt (AI 28.3.2023). Zwar hat die Militärregierung Sonderausschüsse zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen eingerichtet, bislang aber noch keine Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Paramilitärische Kräfte und Rebellengruppen verüben nach wie vor Gewalttaten gegen Zivilisten, vor allem in Darfur, Südkordofan und Blue Nile, während lokale Milizen aufgrund von fehlender Militärpräsenz und Straffreiheit weiterhin erheblichen Einfluss ausüben. Interkommunale Gewalt, die auf Landbesitzstreitigkeiten und Ressourcenknappheit beruht, führt zu Todesfällen (USDOS 20.3.2023).

Die Menschenrechts- und Schutzsituation im Sudan hat sich 2023 weiter dramatisch verschlechtert, insbesondere in Khartum und Darfur. Die Gewalteskalation in dicht besiedelten Gebieten der umkämpften Städte führt zu einer großen Zahl ziviler Opfern und zur weitgehenden Zerstörungen der Infrastruktur. Zwischen 7.5.2023 und 20.8.2023 dokumentierte die UN-Mission im Sudan 655 mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen und -Misshandlungen in Zusammenhang mit interkommunaler Gewalt und bewaffneten Zusammenstößen. Davon waren insgesamt 12.629 Menschen direkt betroffen. Auch in Darfur hat sich die Menschenrechtslage deutlich verschlechtert, dank gezielter Angriffe und massiver Gewalt. In al-Dschunaina flammte im Kontext des Konflikts zwischen den SAF und den RSF ethnisch motivierte Gewalt ebenfalls wieder auf, ebenso außerhalb der größeren Städte Darfurs. Besorgniserregend, so der UN-Sicherheitsrat, sind die gezielten Drohungen und Schikanen gegen Menschenrechtsaktivisten sowie die Morde an prominenten Persönlichkeiten der Masalit. Die anhaltende Unterbrechung der Telekommunikation erschwert in Darfur die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen und Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht (UNSC 31.8.2023).

Meinungs- und Pressefreiheit

Freie Meinungsäußerung und friedlicher Protest waren im Sudan seit der Revolution möglich (AA 1.6.2022). Die Verfassungserklärung von 2019 sieht das uneingeschränkte Recht auf freie Meinungsäußerung und die gesetzlich geregelte Pressefreiheit vor (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 1.6.2022, FH 2023), aber die Militärregierung respektiert diese Rechte nicht (USDOS 20.3.2023). Die Übergangsregierung hat sich des Weiteren verpflichtet, Gesetze zum Schutz von Journalisten zu erarbeiten (FH 2023). Während der Machtübernahme durch das Militär wurde die Pressefreiheit durch Abschaltungen von Internet- und Telefonverbindungen eingeschränkt. Es kam zu Durchsuchungen und Schließungen von Medienhäusern sowie zu kurzzeitigen Festnahmen von Journalisten (AA 1.6.2022). Nach Verhängung des Ausnahmezustands Ende 2021 wurden sowohl Verhaftungen als auch Repressionen mehr wie gewalttätiger (FH 2023). In den ersten neun Monaten 2022 meldeten die UN mindestens 52 Übergriffe auf Journalisten und Medieneinrichtungen (USDOS 20.3.2023).

Die Medien üben Selbstzensur, insbesondere bei der Berichterstattung über Korruption und die Sicherheitsdienste (USDOS 20.3.2023).Das Gesetz zur Bekämpfung von Cyberkriminalität aus dem Jahr 2018, mit dem die Haftstrafen für Straftaten wie die Verbreitung von Falschinformationen erhöht wurden, ist weiterhin in Kraft (FH 2023). Die Regierung schränkt den Zugang zum Internet ein und unterbricht ihn zuweilen, insbesondere während Großdemonstrationen (USDOS 20.3.2023; vgl. AI 28.3.2023).

Im August 2021 veröffentlichte das Ministerium für Kultur und Information den Entwurf eines Medienreformgesetzes zur öffentlichen Konsultation. Er beinhaltet u. a. die Einrichtung einer Kommission zum Schutz des Rechts auf Information und der Unabhängigkeit von Journalisten wie Medienorganisationen, die Einrichtung eines Presserats zum Schutz der Pressefreiheit und zur Qualitätsüberwachung, und die Einrichtung eines Verwaltungsrats der Rundfunk- und Fernsehgesellschaft. Das Gesetz wurde vor dem Staatsstreich im Oktober 2021 nicht verabschiedet und seine Zukunft ist nach wie vor unklar (FH 2023).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

Der SC hat das in der Interimsverfassung verankerte Versammlungsrecht, und 2021 kam es auch regelmäßig zu Demonstrationen (FH 2023). Dennoch wird das Recht auf Versammlungsfreiheit von der Regierung eingeschränkt. Friedliche Proteste werden immer wieder von den Sicherheitskräften gewaltsam unterdrückt (USDOS 20.3.2023).

Nach dem Staatsstreich vom Oktober 2021 nahm die Gewalt der Behörden jedoch zu, als sog. NRCs (Neighbourhood Resistance Committees) begannen, regelmäßig landesweite Demonstrationen gegen den Militärputsch abzuhalten und eine zivile Regierung zu fordern. Wiederholt setzten die Sicherheitskräfte Tränengas, Gummigeschosse und scharfe Munition ein, um diese Demonstrationen aufzulösen. Seit Beginn der Proteste starben über 120 Demonstranten.

Demonstrierende Frauen berichteten überdies, dass sie von Mitgliedern der Sicherheitskräfte vergewaltigt wurden (FH 2023).

Obwohl die Verfassungserklärung von 2019 die Vereinigungsfreiheit vorsieht, enthält das Gesetz zahlreiche Beschränkungen für zivilgesellschaftliche Organisationen und NGOs (USDOS 20.3.2023). Der Militärputsch vom 25.10.2021 markiert eine Zäsur, die direkten Einfluss auf die bürgerlichen Freiheiten hat. Unter dem Deckmantel des Ausnahmezustandes wurden erneut repressive und teils willkürlich erscheinende Maßnahmen gegen politische Aktivisten und die Zivilgesellschaft angewandt (AA 1.6.2022; vgl. HRW 12.1.2023). Der Sudan verfügt auch über kein Gewerkschaftsgesetz (USDOS 20.3.2023).

Haftbedingungen

Die Bedingungen in sudanesischen Gefängnissen sind nach wie vor hart und teilweise lebensbedrohlich (USDOS 20.3.2023). Es gibt verschiedene Arten von Haftanstalten, von Gefängnissen über Untersuchungshaftanstalten, Haftzellen in Polizeistationen und Hafteinrichtungen des Nachrichtendienstes bzw. der Streitkräfte. Der Zustand der Haftanstalten kann nicht unabhängig geprüft werden. Viele sollen überfüllt sein und menschenunwürdige Zustände aufweisen: Überbelegung von Zellen, mangelhafte sanitäre Einrichtungen, unzureichende medizinische Versorgung und keine Trennung von weiblichen und männlichen respektive minderjährigen und erwachsenen Häftlingen (AA 1.6.2022). Auch Beheizung, Belüftung und Beleuchtung sind in den Gefängnissen oft unzureichend. Einige Gefangene haben keinen Zugang zu Medikamenten oder ärztlichen Untersuchungen, und die meisten haben keine Betten. Familienmitglieder oder Freunde versorgen die Gefangenen mit Lebensmitteln und anderen Dingen (USDOS 20.3.2023). Begüterte Gefangene können sich die Haftbedingungen andererseits erträglicher gestalten (AA 1.6.2022).

Grundsätzlich ist es unklar, welche Unterschiede es zwischen Hafteinrichtungen gibt. Aussagen von Menschenrechtsorganisationen und ehemaligen Häftlingen sind hierzu widersprüchlich (AA 1.6.2022). Die Aufsicht über die Gefängnisse liegt bei der Direktion für Gefängnisse und Reformen, eine Polizeiabteilung, die dem Innenministerium untersteht. Das Innenministerium gibt per se keine Informationen über die physischen Bedingungen in den Gefängnissen heraus (USDOS 20.3.2023). Das im Dezember 2009 durch die Nationalversammlung verabschiedete Gesetz über Gefängnisvorschriften und die Behandlung von Insassen („The Regulation of Prisons and Treatment of Inmates Act“) entspricht nach UN-Angaben nicht ihren Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen (AA 1.6.2022).

Todesstrafe

Der Sudan gehört zur Gruppe derjenigen Länder, die an der Todesstrafe für gewöhnliche Straftaten festhalten (AI 5.2023a; vgl. WCADP 23.5.2023), wobei sie derzeit nicht vollstreckt wird (AA 1.6.2022). Im Jahr 2022 wurde laut Amnesty International (AI) keine Person exekutiert wie nur eine zum Tode verurteilt, sechs weniger als im Vorjahr (AI 5.2023a), in dem zum bisher letzten Mal eine Hinrichtung stattfand (WCADP 23.5.2023). Allerdings widerspricht die sudanesische NGO African Centre for Justice and Peace Studies (ACJPS) dieser Auffassung: gemäß ihrer Angaben wurden im Jahr 2022 zwei Todesurteile und im Jänner 2023 eines vollstreckt (ACJPS 16.3.2023). Konkrete Zahlen zu den Vollstreckungen liegen im Allgemeinen nicht vor, und zivilgesellschaftliche Vertreter vermuten eine hohe Dunkelziffer (AA 1.6.2022). Mit Stand 23.5.2023 sollen sich rund 109 Häftlinge im Todestrakt befinden (WCADP 23.5.2023).

Die Todesstrafe wird für Vergehen wie Landesverrat oder Mord verhängt (AA 1.6.2022), ausgeführt wird sie durch Erhängen oder Steinigung (WCADP 23.5.2023). Am 9.7.2020 billigte der Staatsrat grundlegende Reformen des Justizsystems, darunter die Abschaffung der Todesstrafe für gewisse Straftaten, für Apostasie (WCADP 31.7.2020; vgl. AA 1.6.2022) sowie gleichgeschlechtlichen Sex (WCADP 31.7.2020; vgl. REU 16.7.2020). Begnadigungen oder Umwandlungen von Todesurteilen in mildere Strafen, z. B. in eine Freiheitsstrafe, werden ebenfalls mitunter gewährt (AI 5.2023a).

In der Vergangenheit, zuletzt im Jahr 2015, wurden auch Personen, die zum Zeitpunkt der Straftat minderjährig, d. h. unter 18 Jahre alt waren, hingerichtet (AI 5.2023b). Am 30.5.2019 wurde zum bis dato letzten Mal ein solches Todesurteil für ein Verbrechen verhängt, das der verurteilte Bub mit 15 Jahren begangen hat (UNICEF 30.5.2019; vgl. ACJPS 16.3.2023). Die Übergangsregierung verbot 2020 die Todesstrafe für Angeklagte unter 18 Jahren (FH 2023).

Der Sudan verhängt noch die Todesstrafe auf bestimmte, im Koran festgelegte Hadd-Vergehen wie Diebstahl oder Ehebruch (BBC 27.10.2022). Im Juni 2022 verurteilte ein Gericht in Kusti eine 20- jährige Frau wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung (BBC 27.10.2022; vgl. FH 2023), aber ein Berufungsgericht hob ihre Verurteilung aus verfahrensrechtlichen Gründen auf. Anstelle wurde sie zu sechs Monaten Haft verurteilt (FIDH 16.12.2022; vgl. FH 2023). Ein Regierungsversprechen aus 2015, die Steinigung als Hinrichtungsmethode abzuschaffen, wurde Menschenrechtsgruppen zufolge nicht eingehalten (BBC 27.10.2022).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht Bewegungsfreiheit im Inland, Auslandsreisen und Emigration vor, und obwohl die Regierung diese Rechte weitgehend respektiert (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023), werden diese Rechte in der Praxis immer noch von staatlichen Sicherheitskräften und anderen bewaffneten Gruppen im ganzen Land behindert. Die meisten der mehr als 3,7 Millionen IDPs im Sudan (Stand: Juli 2022) konzentrieren sich auf die langjährigen Konfliktgebiete Darfur, Südkordofan und Blue Nile (FH2023). Die sudanesische Lagerpolitik schränkt die Bewegungsfreiheit von Asylbewerbern und Flüchtlingen ein, indem sie sie verpflichtet, in ausgewiesenen Lagern zu bleiben. Außerhalb der Lager wurden einige Flüchtlinge und Asylbewerber verhaftet, schikaniert oder erpresst (HRW 12.1.2023).

Ferner begann die Regierung die Bewegungsfreiheit von Personen in einigen der von ethnischen Konflikten betroffenen Bundesstaaten einzuschränken. Aus mehreren Berichten geht hervor, dass diese Entscheidung vor allem bereits gefährdete oder marginalisierte Gemeinschaften getroffen hat (FH 2023). Für Menschen außerhalb der Konfliktgebiete war die Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes im Allgemeinen ungehindert (USDOS 20.3.2023). Im Jahr 2020 schaffte die Übergangsregierung die Notwendigkeit von Ausreisegenehmigungen sowie eine Vorschrift ab, nach der Frauen die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen mussten, um mit Kindern ins Ausland zu reisen (FH 2023).

Todesstrafe

Der Sudan gehört zur Gruppe derjenigen Länder, die an der Todesstrafe für gewöhnliche Straftaten festhalten (AI 5.2023a; vgl. WCADP 23.5.2023), wobei sie derzeit nicht vollstreckt wird (AA 1.6.2022). Im Jahr 2022 wurde laut Amnesty International (AI) keine Person exekutiert wie nur eine zum Tode verurteilt, sechs weniger als im Vorjahr (AI 5.2023a), in dem zum bisher letzten Mal eine Hinrichtung stattfand (WCADP 23.5.2023). Allerdings widerspricht die sudanesische NGO African Centre for Justice and Peace Studies (ACJPS) dieser Auffassung: gemäß ihrer Angaben wurden im Jahr 2022 zwei Todesurteile und im Jänner 2023 eines vollstreckt (ACJPS 16.3.2023). Konkrete Zahlen zu den Vollstreckungen liegen im Allgemeinen nicht vor, und zivilgesellschaftliche Vertreter vermuten eine hohe Dunkelziffer (AA 1.6.2022). Mit Stand 23.5.2023 sollen sich rund 109 Häftlinge im Todestrakt befinden (WCADP 23.5.2023).

Die Todesstrafe wird für Vergehen wie Landesverrat oder Mord verhängt (AA 1.6.2022), ausgeführt wird sie durch Erhängen oder Steinigung (WCADP 23.5.2023). Am 9.7.2020 billigte der Staatsrat grundlegende Reformen des Justizsystems, darunter die Abschaffung der Todesstrafe für gewisse Straftaten, für Apostasie (WCADP 31.7.2020; vgl. AA 1.6.2022) sowie gleichgeschlechtlichen Sex (WCADP 31.7.2020; vgl. REU 16.7.2020). Begnadigungen oder Umwandlungen von Todesurteilen in mildere Strafen, z. B. in eine Freiheitsstrafe, werden ebenfalls mitunter gewährt (AI 5.2023a).

In der Vergangenheit, zuletzt im Jahr 2015, wurden auch Personen, die zum Zeitpunkt der Straftat minderjährig, d. h. unter 18 Jahre alt waren, hingerichtet (AI 5.2023b). Am 30.5.2019 wurde zum bis dato letzten Mal ein solches Todesurteil für ein Verbrechen verhängt, das der verurteilte Bub mit 15 Jahren begangen hat (UNICEF 30.5.2019; vgl. ACJPS 16.3.2023). Die Übergangsregierung verbot 2020 die Todesstrafe für Angeklagte unter 18 Jahren (FH 2023).

Der Sudan verhängt noch die Todesstrafe auf bestimmte, im Koran festgelegte Hadd-Vergehen wie Diebstahl oder Ehebruch (BBC 27.10.2022). Im Juni 2022 verurteilte ein Gericht in Kusti eine 20jährige Frau wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung (BBC 27.10.2022; vgl. FH 2023), aber ein Berufungsgericht hob ihre Verurteilung aus verfahrensrechtlichen Gründen auf. Anstelle wurde sie zu sechs Monaten Haft verurteilt (FIDH 16.12.2022; vgl. FH 2023). Ein Regierungsversprechen aus 2015, die Steinigung als Hinrichtungsmethode abzuschaffen, wurde Menschenrechtsgruppen zufolge nicht eingehalten (BBC 27.10.2022).

Minderheiten

Die Bevölkerung umfasst mehr als 500 ethnische Gruppen, die zahlreiche Sprachen und Dialekte sprechen. Einige dieser ethnischen Gruppen bezeichnen sich selbst als Araber und berufen sich dabei auf ihre Sprache oder andere kulturelle Merkmale. In Konfliktregionen gibt es immer wieder Fälle interethnischer Gewalt. 2022 gab es mehrere Berichte über Hassreden und diskriminierende Äußerungen, die nach der Ernennung ziviler Gouverneure Zunahmen, ebenso interkommunale Spannungen (USDOS 20.3.2023).

Es gibt keine Gesetze, die Frauen oder Angehörige von Minderheiten daran hindern, zu wählen oder anderweitig am politischen Leben teilzunehmen; und sie beteiligen sich auch (USDOS 20.3.2023).

In Blue Nile, der Grenzregion zu Äthiopien, welche von der SPLA/M-North) regiert wird, forderten Zusammenstöße zwischen den ethnischen Gruppen der Hausa und der Birta schon über 100 Menschenleben und führten zu einer massiven Vertreibung in der Region (HRW 12.1.2023). Im Oktober 2022 wurden dort bei Kämpfen zwischen ethnischen Gruppen innerhalb von zwei Tagen mindestens 220 Menschen getötet. Laut UN gab es in diesem Bundesstaat ab Juli immer wieder schwere interethnische Auseinandersetzungen, bei denen mindestens 359 Menschen getötet und 469 verletzt wurden - sowohl Personen, die an den Kämpfen beteiligt waren, als auch unbeteiligte Zivilpersonen. Aufgrund der Kämpfe wurden mehr als 97.000 Zivilpersonen vertrieben. Die Regierung des Bundesstaats Blue Nile verhängte einen 30-tägigen Ausnahmezustand und verbot Versammlungen (AI 28.3.2023).

Rückkehr

Die Regierung arbeitet mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen, zurückkehrenden Flüchtlingen oder Asylbewerbern sowie anderen gefährdeten Personen Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 20.3.2023).2021 kehrten knapp 800 sudanesische Flüchtlinge aus Niger, Ägypten, Libyen, Tunesien, Algerien, Marokko, Somalia und Dschibuti zurück, so die IOM. 2022 registrierte die IOM einen starken Anstieg. Rückkehrende können durch IOM betreut werden, sofern sie dies wünschen (AA 1.6.2022).

Das deutsche Auswärtige Amt (AA) hat keine Kenntnis von einer etwaigen besonderen Behandlung der nach Sudan zurückgeführten sudanesischen Staatsangehörigen. Allein die Stellung eines Asylantrags im Ausland hat nach Erkenntnissen des AA bisher nicht zu staatlichen Repressionen geführt (AA 1.6.2022). Weder längere Auslandsaufenthalte noch Asylanträge im Ausland führten bisher zu einer Gefährdung bei der Rückkehr. Das gilt auch für Deserteure und Wehrdienstverweigerer. Selbst Personen, die im Ausland Asyl erhalten haben, können in den Sudan zurückkehren, wie im Sudan lebende Betroffene berichten. Mit erhöhter Aufmerksamkeit der Behörden, d.h. zusätzlichen Fragen bei der Einreise, müssen Personen, deren politisches Engagement bekannt ist, bisweilen rechnen. Für Personen, die aus Europa zurückkehren und nicht öffentlich gegen die Regierung auftraten, besteht dieses Risiko im Regelfall nicht (AA 1.6.2022).

Der UNHCR fordert in Anbetracht der derzeit instabilen Lage im Sudan Aufnahmestaaten auf, die Ausstellung negativer Entscheidungen über Asylanträge von sudanesischen Staatsangehörigen oder Staatenlosen auszusetzen. Die Aussetzung sollte so lange aufrechterhalten werden, bis sich die Lage im Sudan stabilisiert hat und verlässliche Informationen über die Sicherheits- und Menschenrechtssituation vorliegen, um die Notwendigkeit der Gewährung internationalen Schutzes für einzelne Antragsteller umfassend beurteilen zu können (RW 5.2023).

Dokumente

Das Urkundenwesen in Sudan ist unzulänglich. Gegen Geldzahlung ist fast jede gewünschte Urkunde erhältlich. Seit 2016 werden keine Beglaubigungen mehr vorgenommen, es findet aber weiterhin eine anwaltliche Urkundenüberprüfung statt. Ältere sudanesische Ausweisdokumente sind in der Regel echt, allerdings können sie unwahre Angaben in Bezug auf Fotos, Namensführung und Alter enthalten. Die Gültigkeit aller nicht maschinenlesbaren Pässe endete am 24.11.2015. Seit 2013 werden biometrische und maschinenlesbare Reisepässe ausgestellt, bei denen eine nachträgliche Verfälschung praktisch nicht mehr möglich ist. Im Zweifelsfall kann ein Kooperationsanwalt eine Überprüfung der Angaben vornehmen. In vielen Gebieten existiert ein nur spärliches Urkunden- und Registerwesen. Es ist weiterhin eine Zunahme an durchgeführten Urkundenüberprüfungen von im Rahmen der Visumverfahren vorgelegten Ehe- und Geburtsurkunden aus der Region zu verzeichnen. Die Echtheit von Dokumenten (Personenstandsurkunden, Gerichtsurteile, Anzeigen, usw.) kann ebenfalls durch einen Kooperationsanwalt überprüft werden (AA 1.6.2022).

UNHCR-Position zur Rückkehr in den Sudan

Der „UNHCR Position on Returns to Sudan“ von Mai 2023 ist auszugsweise zu entnehmen:

Non-Return Advisory

As the situation in Sudan is volatile and may remain uncertain for some time to come, UNHCR calls on States to suspend the forcible return of nationals and stateless persons who were habitual residents of Sudan, including those who have already had their asylum claims rejected. The bar on forcible return serves as a minimum standard and needs to remain in place until such time as the security situation in Sudan has significantly improved to permit a safe and dignified return of those determined not to be in need of international protection. […].

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, sowie in die zitierten Länderberichte zum Sudan.

Auskünfte aus dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister und dem zentralen Melderegister wurden ergänzend zum vorgelegten Verwaltungsakt eingeholt.

Überdies wurde Beweis aufgenommen durch die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.02.2025 in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seiner Rechtsvertretung.

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Da der Beschwerdeführer vor den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente im Original in Vorlage brachte, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Konfession, seiner Erwerbstätigkeit und seinem Gesundheitszustand sowie seiner Herkunft, seinen Lebensumständen, seiner Bildung und Berufserfahrung sowie seinen Familienverhältnissen und der Ausreise des Beschwerdeführers nach Europa ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren.

Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gründen auf dem unbestrittenen Akteninhalt in Zusammenschau mit eingeholten Auskünften aus dem zentralen Melderegister und dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister.

2.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer begründet seinen verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen damit, dass er vom sudanesischen Militär sowie den Regimegegnern verfolgt werde und ihm die Todesstrafe drohe.

Zum Fluchtvorbringen befragt, führte er hierzu vor der belangten Behörde aus, dass er für sieben Monate die Militärschule besucht habe. Am 27.04.2023 sei es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten gekommen. Der Beschwerdeführer habe sich gegen den Krieg ausgesprochen; das sudanesische Militär und auch die Regimegegner würden die Zivilbevölkerung unmenschlich behandeln. Der Beschwerdeführer habe seine Meinung gegenüber seinem Vorgesetzten geäußert und sei daraufhin aus dessen Büro verwiesen worden. Er sei als Verräter beschuldigt worden und habe ihm der Vorgesetzte gesagt, er dürfe seine persönliche Meinung nicht sagen und sich schon gar nicht gegen das Militär oder die Regierung äußern. Der Beschwerdeführer habe zehn Tage Zeit bekommen, um seine Meinung zu ändern. Er sei sofort entlassen worden und daraufhin nachhause gegangen. Anfang Mai 2023 sei dem Beschwerdeführer persönlichen von Militärbediensteten eine Ladung zu einer Befragung beim Militär zugestellt worden, woraufhin der Beschwerdeführer die Ladung vor den Augen der Militärbediensteten zerrissen habe. Wenige Tage nach dem ersten Besuch habe der Beschwerdeführer ein weiteres Schreiben erhalten, indem stand, dass er die Möglichkeit habe, seine Aussage zurückzuziehen und zum Dienst zurückzukehren, andernfalls werde gegen ihn ein Verfahren vor dem Militärgericht eröffnet. Daraufhin habe sich der Beschwerdeführer dazu entschlossen, sein Heimatland zu verlassen. Während seiner Abwesenheit habe der Beschwerdeführer am 15.05.2023 eine weitere Ladung erhalten. Da der Beschwerdeführer auch dieser Ladung nicht nachgekommen sei, sei ein Verfahren vor dem Militärgericht eröffnet worden. Im Falle seiner Rückkehr fürchte der Beschwerdeführer nunmehr die Todesstrafe sowohl seitens des sudanesischen Militärs als auch seitens der Regimegegner.

Zunächst erweist es sich für das erkennende Gericht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer seinen verpflichtenden Wehrdienst im Sudan abgeleistet hat. Hierfür sprechen einerseits die im Administrativverfahren vorgelegten Fotos und die Kenntnisse des Beschwerdeführers über das sudanesische Militär. Gegenteiliges – nämlich das er seinen verpflichtenden Wehrdienst nicht abgeleistet habe – wurde zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens behauptet. Nähere Feststellungen, insbesondere in welchem Zeitpunkt und in welcher Einheit genau er seinen Wehrdienst absolviert hat, können mangels geeigneter Angaben des Beschwerdeführers nicht getroffen werden.

Dem Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer Berufssoldat gewesen, er zuletzt den militärischen Anordnungen nicht nachgekommen sei und folglich seinen Dienst desertiert habe und er deshalb vom sudanesischen Militär verfolgt werde, wird keine Glaubhaftigkeit beigemessen.

Dies begründet sich zunächst mit den unplausiblen Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seines Alters und der von ihm von ihm angestrebten Offizierskarriere.

Zu seinen Personalien befragt, gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde an, am XXXX geboren worden zu sein. Auf seinen Dokumenten werde jedoch der XXXX als Geburtsdatum angeführt, da der Tag seines Geburtstages nachträglich verändert worden sei, damit der Beschwerdeführer früher zum Militär einrücken könne. Die Angaben des Beschwerdeführers, dass auf Dokumenten der XXXX als Geburtsdatum verwendet werde, konnte vom erkennenden Gericht unter Heranziehung des in Vorlage gebrachten Auszuges aus dem Personenstandsregister bestätigt werden. Beim XXXX handle es sich laut den Angaben des Beschwerdeführers jedoch um seinen tatsächlichen Geburtstag.

Zu seiner Offizierskarriere führte der Beschwerdeführer aus, dass er seit seiner Kindheit wisse, dass er Offizier werden wolle. Ein Offizier könne man ab dem 18. Lebensjahr werden. Habe man die Matura, müsse man dafür fünf Jahre eine Offiziersschule besuchen. Habe man studiert und über 25 Jahre alt, sei man Oberleutnant und somit ranghöher, wenn man die Offiziersschule abschließe.

Vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer an, er habe am 12.09.2022 mit der Militärschule begonnen. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer unter Heranziehung seines „wahren“ Geburtsdatums – den XXXX – XXXX Jahre alt. Die Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, ob es einen Unterschied mache, ob man den Militärdienst mit einer Universitätsausbildung wie der Beschwerdeführer sie habe mit 26, 28 oder 30 beginne, verneinte der Beschwerdeführer: „Nein, wenn man älter als 25 Jahre ist, gibt es keine Unterschiede mehr“ (Verhandlungsprotokoll, S 8). Dem erkennenden Gericht erschließt sich daraus ableitend nicht, warum der Beschwerdeführer sein Geburtsdatum dennoch zwei Jahre nach oben korrigierte, zumal es in Hinblick auf seine Offizierskarriere keinen Unterschied macht, ob er unter Angabe seines tatsächlichen Geburtstages XXXX Jahre oder unter Heranziehung des korrigierten Geburtsdatums XXXX Jahre alt ist.

Zudem wurde der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerdeverhandlung gebeten, vollständig darzulegen, welche Schul- und Berufsausbildung er im Sudan durchlaufen hat. Der Beschwerdeführer gab an, er habe zwölf Jahre die Grundschule besucht und diese mit Matura abgeschlossen. Im Anschluss habe er für vier Jahre die Universität besucht. Der Universitätsabschluss habe ihn für das Militär qualifiziert, weshalb er im Jahr 2022 – unmittelbar nach Abschluss der Universität – zum Militär eingerückt sei. Auf die Frage des erkennenden Richters, mit welchem Alter der Beschwerdeführer mit der Schule begonnen habe, gab dieser an: „Ich war sieben Jahre alt, als ich mit der Grundschule begonnen habe“. Fast ident, schilderte der Beschwerdeführer seine Schul- und Berufslaufbahn auch vor der belangten Behörde. Lediglich hinsichtlich seiner universitären Ausbildung gab der Beschwerdeführer abweichend an, dass er drei – und nicht wie vor dem erkennenden Gericht vier Jahre – studiert habe. Der Beschwerdeführer begann die Schule sohin im Alter von sieben Jahren und dauerte seine schulische und berufliche Ausbildung in Abhängigkeit der abweichend angegebenen Studiendauer insgesamt 15 bzw. 16 Jahre. Dies würde folglich bedeuten, dass er seine Ausbildungen im Alter von 22 bzw. 23 beendet hat. Was in den fünf Jahren bis zu seinem Antritt zum Militärdienst im Jahr 2022 im Alter von XXXX Jahren passiert ist, wurde vom Beschwerdeführer ausgespart.

Die Angaben des Beschwerdeführers weisen wesentliche Lücken auf und stellen sich die Ausführungen hinsichtlich seines Alters und seiner Offizierslaufbahn aus Sicht des erkennenden Gerichts als gänzlich unplausibel dar.

Aber auch die im Laufe des Verfahrens getätigten unterschiedlichen Angaben in Bezug auf den Beginn und das Ende seiner vermeintlichen militärischen Ausbildung sprechen gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens.

So gab der Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde an, er habe die Militärschule mit 12.09.2022 begonnen. Nur siebeneinhalb Monate später, am 27.04.2023, habe sich die fluchtauslösende Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten zugetragen. Der vom Beschwerdeführer in Kopie in Vorlage gebrachte Dienstausweis des Militärs wurde jedoch bereits am 12.10.2020 ausgestellt. Nachdem die belangte Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid auf die fehlende Übereinstimmung der zeitlichen Angaben und dem Ausstellungsdatum des Dienstausweises hinwies, brachte der Beschwerdeführer im Zuge der Beschwerdeschrift erstmals vor, dass es sich um eine duale Ausbildung, bestehend aus Elektrotechnik und militärischer Ausbildung, handle. Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Ausweiskarte habe er sich bereits durch sein Studium in der Militärausbildung befunden. Hinsichtlich dieser zeitlichen Abweichungen befragt, gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, dass ihm seine Studienzeit angerechnet worden sei, weshalb am Ausweis das Datum von 2020 aufscheine. Den Ausweis habe er nach dem Abschluss des Studiums erhalten, dabei seien die Jahre des Studiums schon berücksichtigt worden. Die Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerdeschrift sowie der mündlichen Beschwerdeverhandlung waren jedoch nicht geeignet, um die zeitlichen Unstimmigkeiten aufzuklären. So schilderte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde und dem erkennenden Gericht, dass er drei bzw. vier Jahre für sein Studium gebraucht habe und er das Studium 2022 abgeschlossen habe. Seien dem Beschwerdeführer die Jahre des Studiums tatsächlich angerechnet worden, ergibt sich auch unter Berücksichtigung der drei bzw. vierjährigen Studiendauer nicht das Ausstellungsdatum seines Dienstausweises.

Wenig glaubhaft erwiesen sich auch die Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach er am 27.04.2023 einen Streit mit seinem Vorgesetzten gehabt habe, daraufhin desertiert sei und ihm nach zwei Ladungen nunmehr eine straf- bzw. militärgerichtliche Verfolgung drohe. So verbleibt er in seinem diesbezüglichen Vorbringen im Rahmen des Administrativverfahrens in der Darlegung von Eckpfeilern einer allgemein gehaltenen, vagen Rahmengeschichte. Bis auf zeitliche Eckdaten bleiben inhaltliche Details über Örtlichkeiten, Abläufe oder beteiligte Personen gänzlich ausgespart. Diesen Eindruck gewann der erkennende Richter zuletzt auch in der mündlichen Verhandlung. Auch hier legte der Beschwerdeführer seine Fluchtmotive mit „Ich habe meine persönliche Meinung zwischen den Offizieren gesagt, ich habe gesagt, dass ich nicht an Kämpfen teilnehmen werde. Das wurde abgelehnt und man sagte mir, dass ich an den Kämpfen teilnehmen muss. Deshalb wurde ich vom Militär und auch vom RSF verfolgt.“ (Verhandlungsprotokoll, S 6) in einer äußerst oberflächlich und allgemein gehaltenen Rahmengeschichte dar. Wiederum bedurfte es des mehrfachen sowie konkreten und gezielten Nachfragens des erkennenden Richters um inhaltliche Details zu erlangen. Aber auch bei seinen diesbezüglichen Antworten verblieb der Beschwerdeführer im äußerst abstrakt gehaltenen Bereich, wenn er beispielsweise auf das Ersuchen Konkretisierung was er mit „Ich habe meine persönliche Meinung zwischen den Offizieren gesagt“ gemeint habe, angibt „Ich habe mit meinem Vorgesetzten gesprochen.“ (Verhandlungsprotokoll, S 7) oder um ausführliche Darlegung der ersten Ladung vermeint: „Die Militärpolizei hat mich zu Hause persönlich aufgesucht und hat mir das Schreiben übergeben.“ (Verhandlungsprotokoll, S 9). Letztendlich wurde der Beschwerdeführer gebeten die Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzen nochmals ausführlich darzulegen. Hierbei gab er an: „Wir haben die Anweisung bekommen, an den Kämpfen teilzunehmen. Die Kämpfe und der Krieg hat in Darfur stattgefunden, das ist eine Provinz im Sudan. Im April war man der Meinung, dass man das Militär dort hinschicken sollte. Ich habe meine Meinung gesagt, dass ich dort nicht hinwill. Später brachen überall im Sudan die Kämpfe aus. Ich habe mich auch dagegengestellt und wollte nicht kämpfen. Der Vorgesetzte sagte mir, dass meine eigene Meinung nicht zählt du musst nur die Befehle ausführen. Entweder führst du sie aus oder du kommst vors Kriegsgericht. Ich und 52 andere Offiziere haben das abgelehnt. Am gleichen Tag habe ich meine Waffe und meinen Ausweis abgegeben. Man gab mir eine Frist, entweder ich komme zurück oder ich muss vors Militärgericht. Man hat mir dann insgesamt zwei Schreiben geschickt. Das erste Schreiben habe ich persönlich angenommen. Beim zweiten Schreiben war ich nicht zu Hause. Ich habe das Haus verlassen und ich war bei meiner Tante väterlicherseits, danach bin ich zur libyschen Grenze. Ich blieb dort für eine Weile, danach bin ich illegal nach Italien.“ (Verhandlungsprotokoll, S 9). In Anbetracht des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen höherrangigen Offiziers handelt, der bei Ausbruch eines Bürgerkrieges eine Wehrdienstverweigerung begeht, erwiesen sich – vor allem im Lichte der damit verbundenen und möglichen standesrechtlichen Konsequenzen – seine Schilderungen als äußerst vage und oberflächlich und ließen sie jegliche Realkriterien, wie sie für Erzählungen von selbst wahrgenommenen Ereignissen typisch sind – etwa beispielsweise der Name oder Rang seines Vorgesetzten, Gefühle oder Ängste in Verbindung mit der aus der Wehrdienstverweigerung drohenden militärgerichtlichen Konsequenz, aber auch nur unwesentliche Details oder Nebenumstände – vermissen. So zeichnet sich die Wiedergabe von tatsächlich selbst erlebten Umständen bzw. Ereignissen bei lebensnaher Betrachtung gerade dadurch aus, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, oft weitschweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw. unter spontaner Rückerinnerung, Zeit-Ort-Verknüpfungen und auch oft über unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten.

Gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers sprechen auch die Ausführungen hinsichtlich der vermeintlich drohenden Verfolgung durch die RSF.

Erstbefragt schilderte der Beschwerdeführer zunächst, sein Heimatland aufgrund der Verfolgung durch oppositionelle Kräfte verlassen zu haben. Vor der belangten Behörde fand die vermeintliche Verfolgung durch die Opposition in Bezug auf die fluchtauslösenden Ereignisse jedoch keinerlei Erwähnung und verneinte der Beschwerdeführer auch explizit die Frage, ob es gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlungen gegeben habe. Die Verfolgungshandlungen hätten jedoch seine Angehörigen betroffen; Regimegegner hätten seinen Bruder Omar umgebracht. Nähere Angaben wurden vom Beschwerdeführer trotz Nachfrage nicht getroffen. In der mündlichen Verhandlung steigerte der Beschwerdeführer schließlich sein Vorbringen, demnach habe die RSF Offiziere des sudanesischen Militärs verfolgt und getötet. Mehrmals seien sie deshalb auch zum Haus seiner Familie gekommen, um nach dem Beschwerdeführer zu suchen, dieser sei jedoch nie zu Hause gewesen. Als die RSF einmal auf der Suche nach dem Beschwerdeführer zum Haus der Familie gekommen sei, sei es zu einem Streit zwischen der RSF und dem Vater des Beschwerdeführers gekommen. Als der kleine Bruder des Beschwerdeführers dem Streit beitrat, sei er von der RSF erschossen worden. Auf die Frage, wann sein Bruder verstorben sei, gab der Beschwerdeführer an, dies nicht zu wissen. Er wisse auch nicht, wann er vom Tod seines Bruders erfahren habe, nur das es zwei bis drei Monate nach dem Vorfall gewesen sei. Sein diesbezügliches Vorbringen erschöpft sich in einer gänzlich allgemein gehaltenen und oberflächlich gestalteten Rahmengeschichte, der jegliche Tiefe und persönlicher Charakter fehlt. Es bleiben nähere konkrete Gegebenheiten – wie beispielsweise, wann genau sein Bruder verstorben ist oder wie sich der Streit zwischen den Parteien ungefähr zugetragen hat, wann er vom Tod seines Bruders erfahren hat bzw. wo er sich befand, als er vom Tod erfuhr – gänzlich ausgespart. Zudem erhärtet dies die mangelnde Glaubhaftigkeit seines Fluchtvorbringens, zumal das Vorbringen im Laufe des Verfahrens an erheblicher Steigerung erfuhr. So wurde eine vermeintliche Bedrohung durch die Regimegegner im Administrativverfahren zwar erwähnt, inwieweit sich diese ausgestaltet habe, wurde vom Beschwerdeführer jedoch ausgespart. Während er vor der belangten Behörde den Tod seines Bruders durch oppositionelle Kräfte vorbrachte, verneinte er zugleich, selbst Opfer von Verfolgungshandlungen durch oppositionelle Kräfte geworden zu sein. Erst im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er von der RSF mehrfach gesucht worden sei, weshalb die RSF mehrmals das Haus der Familie aufgesucht habe.

Letztlich vermochten auch die von ihm in Vorlage gebrachten Dokumente sein Fluchtvorbringen nicht zu stützen. So brachte der Beschwerdeführer vor, dass ihm im Falle seiner Rückkehr die Todesstrafe drohe. Dies sei einer in Vorlage gebrachten Urteilskopie des öffentlichen Strafgerichts XXXX zu entnehmen. Demnach sei der Beschwerdeführer aufgrund des Verstoßes gegen den Art. 51/A des sudanesischen Strafgesetzbuches zur Hinrichtung verurteilt worden. Art. 51/A des sudanesischen Strafgesetzbuches lautet wie folg: „Kriegsführung gegen den Staat (a) Wer einen Krieg gegen den Staat militärisch führt, indem er Soldaten rekrutiert oder ausbildet oder Waffen und Ausrüstungsgegenstände sammelt oder dies versucht oder die Begehung der genannten Handlungen durch oder in irgendeiner Weise Beihilfe leistet, wird mit dem Tode oder lebenslänglicher Haft bestraft und kann seines gesamten Vermögens enteignet werden.“.

Zunächst wies der Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerdeschrift auf einen Übersetzungsfehler der belangten Behörde in Bezug auf das Beweismittel „Urteil des öffentlichen Strafgerichts XXXX “ hin. Das BFA habe das Beweismittel wie folgt übersetzt: „[…] Gegen den Angeklagten wurde folgendes Urteil gefällt: Die Hinrichtung wegen des Verstoßes gegen den Artikel 54/A des Sudanesischen Strafgesetzbuches von 1991.“ Der belangten Behörde hätte mit einem Blick in das Sudanesische Strafgesetzbuch von 1991 auffallen müssen, dass das sudanesische Strafgesetz keinen Artikel 54/A kenne. Der Beschwerdeführer sei aber richtigerweise gegen den Verstoß gegen den Artikel 51/A verurteilt worden. Die belangte Behörde habe damit aus Sicht des Beschwerdeführers eigens einen Übersetzungsfehler produziert, um dem Dokument die Beweiskraft und dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit abzusprechen.

Das erkennende Gericht schließt sich der Ansicht des Beschwerdeführers an, wonach die Übersetzung richtigerweise wie folgt zu lauten hat: „[…] Gegen den Angeklagten wurde folgendes Urteil gefällt: Die Hinrichtung wegen des Verstoßes gegen den Artikel 51/A des Sudanesischen Strafgesetzbuches von 1991.“ Jene Schreibweise findet sich jedoch auch in der von der belangten Behörde in Auftrag gegebenen und im Verwaltungsakt einliegenden Übersetzung sowie in den Feststellungen des gegenständlich angefochtenen Bescheides. Zudem wurde der besagte „Artikel 51/A“ in der Beweiswürdigung mehrfach explizit angeführt und entsprechend gewürdigt. Lediglich die Auflistung der vorgelegten Beweismittel nennt fälschlicherweise einen Verstoß gegen „Artikel 54/4“. Aus Sicht des erkennenden Gerichts handelt es sich bei der einmaligen Abweichung jedoch weniger um einen „eigens produzierten Übersetzungsfehler, um dem Dokument die Beweiskraft und dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit abzusprechen“ und vielmehr um einen Tippfehler.

Neben dem strafgerichtlichen Urteil, brachte der Beschwerdeführer eine durch einen Rechtsanwalt beglaubigte Eidesstaatliche Erklärung in Vorlage, wonach der Beschwerdeführer bestätige, sowohl von den sudanesischen Streitkräften als auch der RSF verfolgt zu werden.

Die mit dem Fluchtvorbringen im Zusammenhang stehenden Beweismittel – Strafurteil, Eidesstaatliche Erklärung, Offiziersausweis und Personenstandsregister – wurden lediglich in Kopie in Vorlage gebracht, sodass deren Echtheit im Rahmen einer Dokumentenüberprüfung nicht verifiziert werden kann. Darüber hinaus wird den Dokumenten – insbesondere dem Strafurteil, der Eidesstaatlichen Erklärung und dem Offiziersausweis – unter Berücksichtigung der Länderberichte, jegliche Beweiskraft abgesprochen. Gemäß dem unter Punkt 1.3. zitierten Länderinformationsblatt (siehe Kapitel „Dokumente“) ist das Urkundenwesen im Sudan unzulänglich. Gegen Geldzahlung ist fast jede gewünschte Urkunde erhältlich. Ältere sudanesische Ausweisdokumente sind in der Regel echt, allerdings können sie unwahre Angaben in Bezug auf Fotos, Namensführung und Alter enthalten. Auf Grundlage der Länderberichte kann den in Kopie vorgelegten Dokumenten unter anderem unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beschwerdeführers – wonach es dem Beschwerdeführer problemlos möglich gewesen sei, sein Geburtsdatum in sämtlichen personenbezogenen Dokumenten abzuändern, um einen schnelleren Eintritt in den Militärdienst zu erlangen – kein Wahrheitsgehalt beigemessen werden.

In einer Gesamtbetrachtung ist es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen, eine aktuelle, gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

2.3. Zur Lage im Sudan:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung traten den Quellen und deren Kernaussagen dieser aktuellen Länderberichte im Rahmen der mündlichen Verhandlung auch nicht substantiiert entgegen.

Sofern in der mündlichen Beschwerdeverhandlung die Einholung einer ACCORD-Anfragebeantwortung zum Thema „Desertation im Sudan“ beantragt wurde, war dem Antrag nicht stattzugeben. Hinsichtlich des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers ist auf die Ausführungen unter Punkt II.2.2. zu verweisen, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers, insbesondere in Bezug auf die Tätigkeit als Berufssoldat und die vermeintliche Desertation, als gänzlich unglaubhaft erachtet wurde. Die Einholung einer ACCORD-Anfragebeantwortung zum Thema Desertion war daher im gegenständlichen Fall nicht wesentlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 13.06.2023, Ra 2023/20/0195, mwN).

Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht. Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist also, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht (vgl. VwGH 12.12.2024, Ra 2024/19/0239).

Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als "Verfolgung" im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 der Statusrichtlinie). Ob dies der Fall ist, haben die Asylbehörde bzw. das BVwG im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung darzulegen (vgl. VwGH 14.08.2020, Ro 2020/14/0002, mwN).

Die Beurteilung des rechtlichen Begriffs der Glaubhaftmachung ist auf der Grundlage positiv getroffener Feststellungen von Seiten des erkennenden VwG vorzunehmen, aber im Fall der Unglaubwürdigkeit der Angaben des Asylwerbers können derartige positive Feststellungen vom VwG nicht getroffen werden (vgl. VwGH 13.01.2022, Ra 2021/14/0386, mwN).

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass ein Asylwerber bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn der Asylwerber daher im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. – des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 07.03.2023, Ra 2022/18/0284, mwN).

Wie unter Punkt II.2.2. beweiswürdigend dargelegt, war der Beschwerdeführer im Sudan kein Berufssoldat und ist er nicht vom Militärdienst desertiert. Somit droht dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat keine maßgebliche Gefahr einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung seitens des sudanesischen Militär bzw. der oppositionellen Kräfte.

Dem Beschwerdeführer ist es damit nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung von maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Auch haben sich im Verfahren ansonsten keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.

Den Richtlinien des UNHCR ist besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"). Die Verpflichtung zur Beachtung der vom UNHCR und EASO herausgegebenen Richtlinien ergibt sich aus dem einschlägigen Unionsrecht. Die Asylbehörden sind jedoch nicht an entsprechende Empfehlungen von UNHCR und EASO gebunden (vgl. VwGH 03.07.2023, Ra 2023/14/01/0182).

Der prekären allgemeinen Sicherheitslage im Sudan und dem Schutz vor (mit realem Risiko drohenden) willkürlichen Zwangsakten bei Fehlen eines kausalen Konnexes zu einem in der GFK genannten Grund wurde seitens der belangten Behörde bereits durch die Zuerkennung von subsidiärem Schutz an den Beschwerdeführer adäquat entsprochen und ist die allgemeine Lage im Sudan auch nicht dergestalt, dass automatisch jedem Antragsteller aus dem Sudan der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste (vgl. VwGH 26.06.2024, Ra 2024/20/0154; 28.02.2024, Ra 2023/20/0619, Rz 31 und 32, ua.). Zumal dem Beschwerdeführer bereits vom BFA der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, wird auch den Erwägungen und der Empfehlung des UNHCR (UNHCR position on returns to Sudan, May 2023) entsprochen, wonach die Rückführung von sudanesischen Staatsangehörigen ausgesetzt werden möge.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Fall wurde sich eingehend mit der Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers auseinandergesetzt (VwGH 13.06.2023, Ra 2023/20/0195; 12.12.2024, Ra 2024/19/0239; 14.08.2020, Ro 2020/14/0002; ua.) Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.