JudikaturBVwG

L503 2307804-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
21. Februar 2025

Spruch

L503 2307804-1/3Z

Im Namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin DIEHSBACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.01.2025, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A.)

Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser ersatzlos behoben.

B.)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: „BF“) – eigenen Angaben zufolge ein pakistanischer Staatsangehöriger – stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 7.8.2024 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei seiner Erstbefragung am selben Tag gab der BF als Fluchtgrund an, er sei Unterstützer von Imran Khan und auch „Youth Member“ der PTI. Seine Freunde und Kameraden seien bereits von der Polizei festgenommen worden und nie wieder zurückgekehrt. Er habe Angst, dass dies auch ihm passieren könne.

2. Am 8.1.2025 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der BF kurz zusammengefasst an, er sei Mitglied der PTI, die 2022 die Macht verloren habe, was dann zu Schikanen seitens der PML geführt habe. Am 27.8.2023 sei er von der Polizei mitgenommen und eine Woche lang festgehalten und gefoltert worden. Seine Familie habe ihn dann frei bekommen und er habe sich zur Ausreise entschlossen. Für die PTI habe er Werbung gemacht, Flyer verteilt, Versammlungen organisiert und sei bei Protesten dabei gewesen.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 17.1.2025 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 7.8.2024 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach „Indien“ zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte das BFA im Rahmen der Beweiswürdigung insbesondere aus, der BF gebe an, im August 2023 inhaftiert und gefoltert worden zu sein, er habe jedoch Pakistan erst ein Jahr später verlassen. Es sei weder ersichtlich noch glaubhaft begründet, warum ihm in der Zwischenzeit nichts weiter widerfahren sein soll, wäre er tatsächlich Ziel staatlicher Verfolgung gewesen. Zudem sei auffällig, dass der BF erst nach Übersetzung des Einvernahmeprotokolls zusätzliche Aufgaben in der Partei erwähnt habe. Die vom BF beschriebene Stellung und die damit verbundenen Aufgaben in der Partei würden nicht ausreichend bedeutend erscheinen, um eine gezielte Verfolgung durch die Regierung zu rechtfertigen. Auch berichte der BF überwiegend von den Schicksalen anderer Personen, denen angeblich schwere Verfolgung widerfahren sei, während ihm selbst nur vergleichsweise wenig schwerwiegende Vorfälle zugestoßen seien, was die Behauptung abschwäche, dass er selbst Ziel staatlicher oder parteipolitischer Verfolgung gewesen sei. Zudem spreche gegen eine Verfolgung des BF, dass seine Familie unbehelligt in ihrer Heimat leben würde.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das BFA zu Spruchpunkt VI. aus, im Fall des BF sei die Frist für die freiwillige Ausreise des BF mit 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheids festzusetzen gewesen, weil keine besonderen Umstände im Sinne des § 55 Abs 2 FPG vorliegen würden, die eine längere Frist geboten erscheinen ließen.

Zu Spruchpunkt VII. führte das BFA insbesondere aus, der BF habe „rein wirtschaftliche Gründe“ vorgebracht, „welche nicht asylrelevant“ seien. Es sei somit die „Ziffer 4“ (gemeint: des § 18 Abs 1 BFA-VG, Anmerkung des BVwG) erfüllt.

Im Rahmen der Rechtsmittelbelehrung wies das BFA darauf hin, dass einer Beschwerde aufschiebende Wirkung zukomme.

4. Mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsberatungsorganisation vom 13.2.2025 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 17.1.2025.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der referierte Verfahrensgang wird als relevanter Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich entscheidet das Bundesverwaltungsgericht mangels anderer Regelung somit durch Einzelrichter.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG 2005 und FPG bleiben unberührt.

Zu A)

3.2. Behebung von Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides:

Einer Beschwerde gegen den bekämpften Bescheid wurde mit Spruchpunkt VII. gemäß „§ 18 Abs 1 Z 5 BFA-VG“ die aufschiebende Wirkung aberkannt. Hierzu ist zunächst anzumerken, dass in Zusammenschau mit Spruchpunkt VI., der Begründung und der Rechtsmittelbelehrung des bekämpften Bescheids dieser Spruchpunkt irrtümlich in den Bescheid aufgenommen worden zu sein scheint: So wurde mit Spruchpunkt VI. ausdrücklich ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt, was aber das Bestehen einer aufschiebenden Wirkung voraussetzt. In diesem Sinne wurde auch in der Begründung zu Spruchpunkt VI. ausgeführt, dass dem BF eine 14-tägige Ausreisefrist zukomme und die Rückkehrentscheidung (erst) nach ungenütztem Ablauf der Beschwerdefrist bzw. mit Zustellung eines abweisenden Erkenntnisses des BVwG rechtskräftig werde. Auch in der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerde aufschiebende Wirkung habe. Demgegenüber finden sich in der Begründung zu Spruchpunkt VII. (nur) Ausführungen dahingehend, dass der BF „rein wirtschaftliche Gründe“ vorgebracht habe, „welche nicht asylrelevant“ sind, sodass die Voraussetzungen der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach der „Ziffer 4“ (sic!) des § 18 Abs 1 BFA-VG vorliegen würden. Diese Begründung hat offensichtlich keinerlei Bezug zum vorliegenden Verfahren, hat der BF doch unstrittig ein potentiell asylrelevantes Vorbringen erstattet und gerade keine wirtschaftlichen Gründe ins Treffen geführt. In Anbetracht des Gesagten scheint der bekämpfte Bescheid in Teilen aus fälschlich herangezogenen Textbausteinen zu bestehen, was auch hinsichtlich der Zulässigerklärung der Abschiebung des BF „nach „Indien“ (anstelle von Pakistan) in Spruchpunkt V. deutlich zu Tage tritt.

Irgendeine Begründung zur spruchgemäß ausgeschlossenen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs 1 Z 5 BFA-VG ist dem Bescheid nicht zu entnehmen. Aber auch in objektiver Hinsicht liegen die entsprechenden Voraussetzungen nicht vor. So hat der VwGH in seiner Rechtsprechung zu den entsprechenden Vorfassungen dieses Tatbestandes ausgeführt, dass § 6 Z 3 AsylG 1997 idF BGBl I Nr. 76/1997 (nunmehr § 18 Abs 1 Z 5 BFA-VG) lediglich dann anwendbar ist, wenn das gesamte Vorbringen zu einer Bedrohungssituation den Tatsachen offensichtlich nicht entspricht; seine Anwendbarkeit scheidet aus, wenn das Vorbringen auch nur in einem Punkt möglicherweise auf eine wahre Tatsache gestützt wird; auf Einzelaspekte gestützte Erwägungen – wie dies auch im vorliegenden Fall vom BFA vorgenommen wurde – erweisen sich somit für die Anwendung des Tatbestandes der offensichtlichen Tatsachenwidrigkeit des Vorbringens zur Bedrohungssituation als nicht tragfähig (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0214).

Es war daher Spruchteil VII. des angefochtenen Bescheides spruchgemäß ersatzlos zu beheben.

Im Übrigen war ein Vorgehen gemäß § 59 Abs 1 letzter Satz AVG zulässig, da die Entscheidung über Spruchpunkt VII. spruchreif war und die Trennung – auf Grund der Folgen einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung für den Betroffenen – auch zweckmäßig erscheint.

Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis VI. des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die für den vorliegenden Fall relevante Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.