JudikaturBVwG

W207 2287942-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
14. Januar 2025

Spruch

W207 2287942-1/18E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX geboren XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landstelle Wien, vom 28.12.2023, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG und § 46 BBG als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 31.01.2023 einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet), welcher – aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nicht Inhaber eines Behindertenpass war – als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu werten war.

Am 19.07.2023 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde zudem einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (Parkausweis für Menschen mit Behinderung), der entsprechend dem vom Beschwerdeführer ausgefüllten und unterfertigten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gilt.

Auf Grundlage zweier von der belangten Behörde eingeholter Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 26.06.2023 – dieses beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.05.2023 – und vom 01.08.2023 sowie der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 27.12.2023 wurde dem Beschwerdeführer ein unbefristeter Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H. und den Zusatzeintragungen „Der Inhaber des Passes ist Träger einer Prothese“, „Der Inhaber kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen“, „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ und „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ ausgestellt.

Hingegen wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 28.12.2023 der Antrag des Beschwerdeführers vom 31.01.2023 (korrekt: vom 19.07.2023) auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Ein formaler bescheidmäßiger Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht.

Dieser Bescheid vom 28.12.2023, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen wurde, wurde am 28.12.2023 amtssigniert und laut Dokumentenübersicht des Sozialministeriumservice am 02.01.2024 an das Bundesrechenzentrum versendet. Die Zustellung erfolgte ohne Zustellnachweis.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 21.02.2024 eine als „Einspruch“ bezeichnete und mit 21.02.2024 datierte Beschwerde. Darin führte er aus, der mit 28.12.2023 datierte Bescheid sei ihm erst am 11.01.2024 zugestellt worden.

Die belangte Behörde legte am 08.03.2024 dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

Mit Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.03.2024 wurde der Beschwerdeführer in Wahrung des Parteiengehörs mit näherer Begründung davon in Kenntnis gesetzt, dass das Bundesverwaltungsgericht nach derzeitiger Aktenlage von der verspäteten Einbringung der Beschwerde ausgeht. Dem Beschwerdeführer wurde die Gelegenheit eingeräumt, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens zur Frage der verspäteten Beschwerdeeinbringung eine schriftliche Stellungnahme einzubringen und die von ihm behauptete spätere Zustellung des gegenständlichen Bescheides in geeigneter Form glaubhaft zu machen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes werde auf der Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werden, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme Anderes erfordere.

Dieser Verspätungsvorhalt wurde dem Beschwerdeführer entsprechend der im Akt aufliegenden „Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments“ am 29.03.2024 persönlich zugestellt.

Der Beschwerdeführer brachte keine schriftliche Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt ein. Doch gab er dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen eines Telefonats vom 22.04.2024 bekannt, dass er das Schreiben (gemeint offenkundig: den mit 28.12.2023 datierten Bescheid) an dem in der Beschwerde genannten Termin erhalten habe. Dies könne er aber nicht beweisen. Auf Nachfrage, weshalb dem Beschwerdeführer das behauptete Zustelldatum 11.01.2024 so genau in Erinnerung geblieben sei, gab der Beschwerdeführer weiters an, dass er sich das nach den Weihnachtsfeiertagen so aufgehoben habe, er das jetzt aber nicht mehr vollkommen genau nachvollziehen könne. Im Zuge eines weiteren Telefonats vom 23.04.2024 führte der Beschwerdeführer nochmals aus, keinen Beweis dafür zu haben, dass er das Schreiben erst am 11.01.2024 erhalten habe.

In Folge mehrerer seitens des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 55 Abs. 1 AVG an die belangte Behörde ergangener Erhebungsaufträge bezüglich der Frage, wann konkret der gegenständliche, mit 28.12.2024 datierte Bescheid vom Bundesrechenzentrum an das Zustellorgan übergeben worden sei (Anmerkung: diese Auskunft wird seitens des Bundesrechenzentrums nur dem Sozialministeriumservice als die den Bescheid verschickende Behörde, nicht aber dem Bundesverwaltungsgericht erteilt), gab die belangte Behörde mit E-Mail vom 05.07.2024 schließlich bekannt, dass dieser mit 20.12.2023 datierte Bescheid, mit dem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen wurde, laut Auskunft des Bundesrechenzentrums am 02.01.2024 gegen 17 Uhr vom Bundesrechenzentrum an das Zustellorgan (= Post) übergeben worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Da mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen wird, ist die gegenständliche Rechtssache iSd § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss zu erledigen.

Zu Spruchteil A)

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG vier Wochen.

Gemäß § 46 Bundesbehindertengesetzes (BBG) beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen.

Die Zustellung des mit 28.12.2023 datierten Bescheides des Sozialministeriumservice betreffend die Abweisung des Antrages vom 31.01.2023 (korrekt: vom 19.07.2023) auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass erfolgte ohne Zustellnachweis. Dieser Bescheid wurde am 28.12.2023 amtssigniert und laut Dokumentenübersicht des Sozialministeriumservice am 02.01.2024 an das Bundesrechenzentrum elektronisch versendet. Ausgehend von den seitens des Bundesverwaltungsgerichts in Auftrag gegebenen und von der belangten Behörde geführten Erhebungen wurde der gegenständliche Bescheid vom Bundesrechenzentrum – von dem der Bescheid ausgedruckt und kuvertiert wird - noch am selben Tag, somit am 02.01.2024, an das Zustellorgan, also an die Post, übergeben.

Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, gilt die Zustellung des Bescheides gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz (ZustG) als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Davon ausgehend gilt die Zustellung daher – unter Zugrundelegung einer Übergabe des mit 28.12.2023 datierten Bescheides durch das Bundesrechenzentrum an das Zustellorgan am 02.01.2024 – als am 05.01.2024 bewirkt.

Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen, die gesetzliche Zustellfiktion des § 26 Abs. 2 Zustellgesetz (ZustG) zu entkräften. Nun gab der Beschwerdeführer zwar in seiner mit 21.02.2024 datierten Beschwerde an, dass der in Rede stehende Bescheid ihm erst am 11.01.2024 zugestellt worden sei, was er auch im Rahmen der am 22.04.2024 und am 23.04.2024 mit dem Bundesverwaltungsgericht geführten Telefonate bekräftigte. Doch gab der Beschwerdeführer gleichzeitig an, er könne diese Behauptung nicht beweisen. Zudem brachte er in diesem Zusammenhang im gesamten Verfahren auch keine entsprechenden Beweismittel in Vorlage, welche geeignet gewesen wären zu belegen, dass ihm der Bescheid, mit dem sein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen wurde, entgegen der Zustellfiktion des § § 26 Abs. 2 Zustellgesetz erst am 11.01.2024 zugestellt worden wäre. Der Beschwerdeführer vermochte auch nicht konkret und ausreichend nachvollziehbar anzugeben, weshalb ihm das genaue Datum der von ihm behaupteten Zustellung, nämlich konkret der 11.01.2024, so genau in Erinnerung geblieben sei, sondern führte er diesbezüglich lediglich vage an, dass „er sich das nach den Weihnachtsfeiertagen so aufgehoben habe, er das aber jetzt nicht mehr vollkommen genau nachvollziehen könne“.

Es liegen daher keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte vor, die es erforderlich machen würden, aufgrund begründeter Zweifel von der gesetzlichen Fiktion der am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan erfolgten Zustellung des Bescheides, sohin von einer am 05.01.2024 erfolgten Zustellung, abzuweichen.

Die gemäß § 46 BBG sechswöchige Beschwerdefrist endete daher mit Ablauf des 16.02.2024.

Die vom Beschwerdeführer mit E-Mail vom 21.02.2024 eingebrachte, mit 21.02.2024 datierte Beschwerde ist demnach verspätet eingebracht worden. Dem trat der Beschwerdeführer trotz eingeräumten Parteiengehörs im Rahmen des Verspätungsvorhalts nicht ausreichend substantiiert entgegen.

Die Beschwerde ist somit als verspätet zurückzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Beurteilung der (Un)Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Rahmen einer neuerlichen Antragstellung beim Sozialministeriumservice – allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG – in Betracht kommt.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.