Spruch
Im Namen der Republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.01.2024, Zl. 1327770500/223145698, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 3 AsylG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Syriens, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 06.10.2022 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.
Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am nächsten Tag brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass er der Volksgruppe der Araber sowie der Religion des Islam angehöre und im Herkunftsstaat sechs Jahre die Grundschule besucht habe. Er habe keine Berufsausbildung abgeschlossen. Seine Eltern sowie zwei Schwestern und sechs Brüder würden im Libanon wohnhaft sein.
Zum Fluchtgrund befragt, führte die beschwerdeführende Partei an, dass er Syrien wegen des Krieges und der Luftangriffe verlassen habe. Im Falle einer Rückkehr würde er zum Militär einberufen werden und eine Waffe tragen müssen. Er wolle jedoch niemanden töten und auch nicht getötet werden.
Bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 08.11.2023 führte die beschwerdeführende Partei an, dass er nicht in ärztlicher Behandlung stehe und keine Medikamente einnehme. Er sei im Jänner 2022 sowie im Juli 2022 nach Syrien zurückgekehrt und sei dort für insgesamt 15 bzw. 10 Tage geblieben. Für die Ausstellung des Personenregisters in Deir ez-Zor habe er 10 Dollar bezahlt. Die Frage, ob es bei der Beantragung und Ausstellung der vorgelegten Dokumente Schwierigkeiten gegeben habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er habe nie einen syrischen Reisepass beantragt oder besessen, da er diesen nie gebraucht habe. Sein Heimatdorf XXXX liege in der Provinz Deir ez-Zor. Er gehöre der Religion des sunnitischen Islam sowie der Volksgruppe der Araber an und habe nie in einem anderen Land über einen Aufenthaltstitel verfügt. Im Libanon könne man ohne Aufenthaltstitel leben, da niemand Nachfragen vornehme. Seine Familie habe in den Jahren 2016 und 2017 den Entschluss gefasst, wegen des Krieges in den Libanon zu gehen. Nachgefragt, von wann bis wann er sich im Libanon aufgehalten habe, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass er von 2016/17 bis Juli 2022 im Libanon gewesen sei und seine letzte Ausreise aus Syrien im Jahr 2022 erfolgt sei. Befragt, wie es möglich gewesen sei, dass er im Libanon so lange ohne Aufenthaltsberechtigung gelebt habe, erwiderte die beschwerdeführende Partei, dass ihn niemand nach seinem Aufenthaltstitel gefragt habe und er dennoch vier Jahre gemeinsam mit seinem Vater als Fliesenleger tätig gewesen sei. Da er im Libanon Rassismus ausgesetzt gewesen sei und es auch keine ausreichenden Erwerbsmöglichkeiten gegeben habe, sei er nach Österreich eingereist. Seine beiden Schwestern und seine sechs Brüder würden aktuell bei den Eltern im Libanon wohnen. Auf die Frage, womit seine im Libanon lebenden Familienangehörigen aktuell den Lebensunterhalt bestreiten würden, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass sein Vater sowie sein Bruder als Fliesenleger tätig seien. Sein Bruder sowie seine Schwester würden dort die Leute privat unterrichten, wie man Handseife produziere. Seine Verwandten hätten im Libanon aktuell keinen Status. Derzeit stehe er alle zwei bis drei Tage mit seinen Angehörigen in Kontakt und seiner Familie gehe es gut. In Syrien habe seine Familie ein Eigentumshaus in XXXX , in dem seine Großmutter wohne. Im österreichischen Bundesgebiet habe er familiäre Anknüpfungspunkte in Form eines Onkels und mehrerer Cousins. Er sei in XXXX geboren und habe nach seiner Ausreise im Jahr 2016 im Libanon gelebt. Nachgefragt, wie lange er in Syrien zur Schule gegangen sei, und zur Frage, welche Schulen er besucht habe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass er sechs Jahre zur Grundschule gegangen sei und im Libanon keine Schule besucht habe. Er sei in Syrien keiner Beschäftigung nachgegangen und habe erst im Libanon für seinen Vater gearbeitet. Befragt, ob er sich seinen Lebensunterhalt im Libanon selbst finanziert habe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass er von seinem Vater nur Taschengeld erhalten habe. Im Juli 2022 habe er letztlich Syrien verlassen. Zur Frage, wie sich die Ausreise aus Syrien gestaltet habe, bzw. auf die Frage, ob er im Zuge seiner Ausreise vom militärischen Personal angehalten worden sei, gab die beschwerdeführende Partei zu Protokoll, dass sie illegal in die Türkei eingereist seien und auf dem Weg dorthin nicht kontrolliert worden seien. Nachgefragt, durch wen die Gebiete besetzt worden seien, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass die syrische Regierung in XXXX präsent gewesen sei. Sie seien durch kurdische Gebiete in Gebiete der Freien Syrischen Armee gelangt, bevor sie in die Türkei eingereist seien. Die Frage, ob er im Libanon je in einem Flüchtlingslager untergebracht worden sei, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Für die Schleppung hätten sie insgesamt 1000,- Euro gezahlt. Von Kontrollen wisse er nichts. Auf Nachfrage, wie seine Reisebewegungen zwischen dem Libanon und Syrien verlaufen seien, erwiderte die beschwerdeführende Partei, dass sie zwar an mehreren Checkpoints angehalten worden seien, jedoch nicht nach Personalausweisen oder Reisepässen gefragt worden seien und die Route fortsetzen hätten dürfen. Zur Frage, ob er allein oder mit seinen Familienangehörigen das Land verlassen habe, gab die beschwerdeführende Partei zu Protokoll, dass er im Jahr 2016 mit seiner gesamten Familie in den Libanon gereist sei. Im Jahr 2022 habe er nur mit seinem Cousin das Land verlassen. Im Zeitpunkt seiner Ausreise habe die syrische Regierung die Kontrolle über seine Heimatregion gehabt, aktuell habe die syrische Regierung dort nach wie vor die Regierungshoheit. Im Jahr 2022 sei er vor seiner Weiterreise in die Türkei zehn Tage in XXXX gewesen. Die Frage, ob er den verpflichtenden Militärdienst in Syrien abgeleistet habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er sei auch noch nicht einberufen worden, da er sich zum Zeitpunkt der Ausreise aus Syrien noch nicht im wehrfähigen Alter befunden habe. Nach seiner Ausreise sei jedoch nach ihm gefragt worden, obwohl er am Krieg nicht teilnehmen wolle. Befragt, ob er ein Militärbuch beantragt und sich ausstellen lassen habe, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass er es im Jänner 2022 erhalten habe und es sich im Libanon befinde, da er es nie gebraucht habe. Auf weiteren Vorhalt, dass er doch bei der Behörde gewesen sei und sich die Dokumente persönlich ausstellen lassen habe, replizierte die beschwerdeführende Partei, dass er in der Stadt Deir ez- Zor persönlich erschienen sei und sich die geforderten Dokumente ausstellen lassen habe. Die Frage, ob jemand aus seinem Familien-, Verwandten- oder Freundeskreis im Bürgerkrieg gekämpft habe, wurde von der beschwerdeführenden Partei verneint. Er wisse nicht, ob jemand aus seinem familiären Umfeld bereits zwangsrekrutiert worden sei. Die Fragen, ob er selbst je freiwillig oder unfreiwillig an Kampfhandlungen teilgenommen habe, jemals Kontakt mit bewaffneten Gruppierungen gehabt habe oder in Syrien politisch tätig oder Mitglied einer politischen Partei gewesen sei, wurden allesamt verneint. Er sei in Syrien niemals wegen seiner Religion oder Volksgruppe verfolgt worden und habe in Syrien oder in einem anderen Land keine Strafrechtsdelikte begangen. Er sei in Syrien auch niemals verhaftet worden und sei auch nicht wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt worden. Es könne aber sein, dass er wegen des Militärdienstes gesucht werde.
Zum Fluchtgrund befragt, führte die beschwerdeführende Partei an, dass er den Wehrdienst noch nicht abgeleistet habe und er deshalb nicht in Syrien bleiben habe können. Da dort Krieg herrsche, könne man dort nicht leben und sich eine Zukunft aufbauen. Den Libanon habe er wegen des dort vorherrschenden Rassismus verlassen und Schüler seien im Libanon diskriminiert worden, weshalb er in Österreich eingereist sei. Auf weiteren Vorhalt, dass er Syrien wegen des Krieges zwar verlassen habe, im Jahr 2022 nach seiner Ausreise noch zweimal dorthin zurückgekehrt sei, entgegnete die beschwerdeführende Partei, dass er sich damals noch nicht im wehrfähigen Alter befunden habe und zuletzt wenige Monate vor Erreichen der Volljährigkeit noch in Syrien eingereist sei. Zum weiteren Vorhalt, dass er Kontrollen an Checkpoints durchlaufen habe, es aber keine Probleme gegeben habe, und auf die Frage, wieso er wegen des Militärdienstes gesucht werden sollte, brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass sie mit der syrischen Regierung kein Problem gehabt hätten, da man mit Geld alles regeln könne. Im Falle einer Rückkehr nach Syrien habe er Angst vor einer Einberufung zum Wehrdienst. Überdies habe er auch in Österreich zwei oder drei Mal an Demonstrationen gegen die syrische Regierung teilgenommen, weswegen ihm ebenfalls Probleme drohen könnten. Auf Nachfrage, wann und wo die Demonstrationen gewesen seien, führte die beschwerdeführende Partei an, dass er zwei Mal an den Demonstrationen teilgenommen habe und dies einmal vor drei und einmal vor ungefähr vier Monaten gewesen sei. Auf Aufforderung, den Ablauf genauer zu schildern, gab die beschwerdeführende Partei an, dass dies im dritten Bezirk in Wien veranstaltet worden sei und der Beschuss Idlibs als zentrales Thema im Vordergrund gestanden sei. Er wisse nicht, ob die Demonstrationen medial besucht worden seien. Alle, die gegen die Regierung eingetreten seien, könnten verfolgt werden. Die Fragen, ob er in Syrien von irgendjemandem verfolgt worden sei bzw. ob jemals Übergriffe gegen seine Person stattgefunden hätten, wurden von der beschwerdeführenden Partei verneint. Es habe auch keine konkreten rassistischen Aktionen gegen seine Person gegeben. Ansonsten habe er Angst vor seiner Abschiebung nach Syrien gehabt. Man werde in einem Alter von 19 Jahren einberufen. Zur Frage, wann er in Syrien zuletzt Behördenkontakt gehabt habe, erklärte die beschwerdeführende Partei, dass er im Jahr 2022 sein Militärbuch beantragt habe.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden ein Auszug aus dem Personenstandsregister, eine Bestätigung über die Beantragung eines syrischen Personalausweises sowie Auszüge aus dem Militärbuch in Vorlage gebracht.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde folgende Entscheidung über diesen Antrag getroffen:
„I. Der Antrag auf internationalen Schutz wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen.
II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wird der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.
III. Die befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte wird gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für 1 Jahr erteilt.“
In der Begründung wurde näher ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei nach seiner Ausreise aus Syrien das Land im Jahr 2022 zwei weitere Male bereist habe. Weiters sei offensichtlich, dass er auch mit den Behörden in Syrien keine Probleme habe, da er seinen Personalausweis sowie sein Militärbuch anstandslos beantragen habe können. Aus seinem Alter ergebe sich, dass er sich auch im wehrfähigen Alter befinde. Dass er bislang keinen Wehrdienst für die syrische Armee abgeleistet habe, ergebe sich aus seinen Angaben. Er habe weder politische noch religiöse Überzeugungen vorgebracht, welche vermuten lassen würden, dass ihm aufgrund derer seitens der syrischen Regierung eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden würde.
Gegen den Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die belangte Behörde jegliche Ermittlungen zu den Ausreisemodalitäten der beschwerdeführenden Partei unterlassen. Des Weiteren habe es die Behörde unterlassen, ausreichende Ermittlungen in Bezug auf die Teilnahme an Demonstrationen der beschwerdeführenden Partei in Wien zu treffen. Die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellungen seien unvollständig. Die belangte Behörde habe es unterlassen, ausreichende Feststellungen zur politischen Gesinnung der beschwerdeführenden Partei zu treffen bzw. habe in entscheidungswesentlichen Punkten keine Ermittlungen angestellt. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person der beschwerdeführenden Partei:
Die beschwerdeführende Partei ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam.
Der Geburtsort der beschwerdeführenden Partei ist das Dorf XXXX in der Provinz Deir ez-Zor. Die Familie der beschwerdeführenden Partei besitzt in XXXX ein Eigentumshaus. Von 2016 bis zum Juli 2022 hielt sich die beschwerdeführende Partei im Libanon auf, kehrte nach seiner Ausreise während seines Aufenthalts im Libanon jedoch erneut zwei Mal nach Syrien zurück.
In Syrien besuchte die beschwerdeführende Partei sechs Jahre lang die Grundschule. Im Libanon war er vier Jahre als Fliesenleger tätig.
Die Eltern sowie die beiden Schwestern und die fünf Brüder der beschwerdeführenden Partei sind nach wie vor im Libanon wohnhaft. In Österreich leben ein Onkel und mehrere Cousins der beschwerdeführenden Partei.
Die beschwerdeführende Partei begab er sich über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn in das österreichische Bundesgebiet, wo er am 06.10.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Die beschwerdeführende Partei ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Ihm kommt in Österreich der Status eines subsidiär Schutzberechtigen zu.
Zu den Fluchtgründen der beschwerdeführenden Partei:
Der Herkunftsort der beschwerdeführenden Partei, das Dorf XXXX in der Provinz Deir ez-Zor, befindet sich im Entscheidungszeitpunkt unter der Kontrolle von HTS („Hayat Tahrir ash-Sham“).
Eine Verfolgung der beschwerdeführenden Partei durch bewaffnete Gruppierungen in Syrien – insbesondere durch HTS – ist nicht maßgeblich wahrscheinlich. Er setzte keine als oppositionell eingestuften Handlungen und wird von den HTS-Milizen nicht als (politischer) Gegner angesehen.
Des Weiteren ist die beschwerdeführende Partei wegen seiner illegalen Ausreise aus Syrien, des Aufenthalts in Österreich oder seiner Asylantragstellung in Syrien mit keinen psychischen und/oder physischen Eingriffen in seine körperliche Integrität konfrontiert.
Die beschwerdeführende Partei ist im Herkunftsstaat nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit von einer Verfolgung aufgrund seiner ethnischen, religiösen oder staatsbürgerlichen Zugehörigkeit, wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung bedroht.
Zur Lage in Syrien:
Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024). Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 10.12.2024 begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).
Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024). Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ezZour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024). Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ (auf Arabisch فجر ة الحري - Fajr al-Hurriya) nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b).
Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024). In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c), und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).
Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c). 2. Die Akteure Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024). Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024). Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024).
Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b). Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).
• Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS):
Die HTS wurde 2011 als Ableger der alQaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im PostAssad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c). Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).
• National Liberation Front (NFL): Eine Reihe kleinerer Kampfgruppen, aus denen sich die NFL zusammensetzt, nahmen an der Operation „Abschreckung der Aggression“ teil, darunter die Jaish al-Nasr, das Sham Corps und die Freie Idlib-Armee. Die 2018 in Idlib gegründete NFL umfasst mehrere nordsyrische Fraktionen, von denen einige auch unter das Dach der Freien Syrischen Armee fallen (AJ 2.12.2024b). .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 7 von 16 Wien, 10.12.2024
• Ahrar al-Sham Movement: Die Ahrar al-Sham-Bewegung ist hauptsächlich in Aleppo und Idlib aktiv und wurde 2011 gegründet. Sie definiert sich selbst als „umfassende reformistische islamische Bewegung, die in die Islamische Front eingebunden und integriert ist“ (AJ 2.12.2024b).
• Jaish al-Izza: Jaish al-Izza: Übersetzt: „Die Armee des Stolzes“ ist Teil der Freien Syrischen Armee und konzentriert sich auf den Norden des Gouvernements Hama und einige Teile von Lattakia. Im Jahr 2019 erhielt die Gruppierung Unterstützung aus dem Westen, darunter auch Hochleistungswaffen (AJ 2.12.2024b).
• Nur Eddin Zinki-Bewegung (Zinki): Diese Gruppierung entstand 2014 in Aleppo, versuchte 2017, sich mit der HTS zusammenzuschließen, was jedoch nicht funktionierte. Die beiden Gruppierungen kämpften 2018 gegeneinander, und „Zinki“ wurde Anfang 2019 von ihren Machtpositionen in der Provinz Aleppo vertrieben. Ein Jahr später verhandelte „Zinki“ mit der HTS, und ihre Kämpfer kehrten an die Front zurück, und seitdem ist die Gruppe unter den oppositionellen Kämpfern präsent (AJ 2.12.2024b).
• Milizen in Südsyrien: Gruppierungen aus südlichen Städten und Ortschaften, die sich in den letzten Jahren zurückhielten, aber nie ganz Aufgaben und einst unter dem Banner der Freien Syrien Armeekämpften, beteiligten sich am Aufstand (BBC 8.12.2024c). In Suweida nahmen Milizen der syrischen Minderheit der Drusen Militärstützpunkte ein (Standard 7.12.2024).
• Syrian Democratic Forces (SDF): Die SDF ist eine gemischte Truppe aus arabischen und kurdischen Milizen sowie Stammesgruppen. Die kurdische Volksschutzeinheit YPG ist die stärkste Miliz des Bündnisses und bildet die militärische Führung der SDF (WiWo 9.12.2024). Sie werden von den USA unterstützt (AJ 8.12.2024). Im kurdisch kontrollierten Norden liegen die größten Ölreserven des Landes (WiWo 9.12.2024).
• Syrian National Army (SNA): Diese werden von der Türkei unterstützt (BBC 8.12.2024c) und operieren im Norden Syriens im Grenzgebiet zur Türkei (AJ 8.12.2024). Der SNA werden mögliche Kriegsverbrechen, wie Geiselnahmen, Folter und Vergewaltigung vorgeworfen. Plünderungen und die Aneignung von Privatgrundstücken, insbesondere in den kurdischen Gebieten, sind ebenfalls dokumentiert (WiWo 9.12.2024).
Aktuelle Lageentwicklung Sicherheitslage: Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d).
Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024). Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).
Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).
Sozio-Ökonomische Lage: Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).
Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024). Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024). Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024). Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024).
2. Beweiswürdigung:
Zur Person der beschwerdeführenden Partei:
Die Identität und Staatsangehörigkeit der beschwerdeführenden Partei wurde aufgrund seiner Angaben in der polizeilichen Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA am 08.11.2023 festgestellt. Die beschwerdeführende Partei brachte im Zuge des Verfahrens außerdem einen syrischen Auszug aus dem Personenstandsregister in Vorlage. Bei dem Dokument handelt es sich laut Dokumentenschnellüberprüfung der Landespolizeidirektion Salzburg um authentische Dokumente (AS 97).
Die Feststellungen zum Geburtsort, dem Aufwachsen der beschwerdeführenden Partei und seinen Wohnorten in Syrien sowie im Libanon sowie seinen persönlichen Angaben gründen sich auf seine Schilderungen in der niederschriftlichen Einvernahme am 08.11.2023.
Im Verfahren gab die beschwerdeführende Partei an, unter keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu leiden und keinen Medikationsbedarf zu haben (AS 61). Der amtswegig eingeholte Strafregisterauszug bescheinigt die strafgerichtliche Unbescholtenheit der beschwerdeführenden Partei in Österreich.
Zu den Fluchtgründen der beschwerdeführenden Partei:
Die Feststellungen zu den Kontroll- und Herrschaftsbefugnissen im Herkunftsort der beschwerdeführenden Partei stützen sich auf die Einsichtnahme in die tagesaktuelle Karte der SyriaLiveMap (https://syria.liveuamap.com/) im Entscheidungszeitpunkt.
Die Herkunftsregion der beschwerdeführenden Partei steht unter ausschließlicher Kontrolle von HTS, eine Präsenz des syrischen Regimes im Dorf XXXX in der Provinz Deir ez-Zor ist nicht ersichtlich.
Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, wonach er in Syrien Verfolgung durch das syrische Regime zu erleiden hätte, kommt aus folgenden Erwägungen keine Asylrelevanz zu:
Richtigerweise wurde auch dem angefochtenen Bescheid bereits zugrunde gelegt, dass sich die beschwerdeführende Partei im Jahr 2022 trotz behaupteter Verfolgungsgefahr zwei weitere Male nach Syrien begab. Wenn die beschwerdeführende Partei auch rechtfertigend erklärte, dass er sich damals noch nicht im wehrfähigen Alter befunden habe, ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass die beschwerdeführende Partei jedoch den Länderfeststellungen zufolge bereits unmittelbar vor seiner Einziehung zum Wehrdienst einer medizinischen Tauglichkeitsüberprüfung unterzogen wird.
Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass eine Zwangsrekrutierung der beschwerdeführenden Partei in Anbetracht der bereits erfolgten Gebietsgewinne durch die HTS-Milizen nicht wahrscheinlich ist. Bereits vor der Großoffensive gegen das syrische Regime verpflichtete HTS die in ihrem Hoheitsbereich lebende Zivilbevölkerung laut der Länderinformation nicht zwangsweise zu einer Wehrdienstableistung. Es fehlte der Gruppierung nicht an Personen, die bereit waren, sich ihnen anzuschließen. Dabei waren wirtschaftliche Anreize und die islamische Ideologie die hauptsächlichen Beweggründe für junge Männer, Teil der Miliz zu werden.
Im Übrigen vertritt die beschwerdeführende Partei keine verinnerlichte politische oder religiöse Überzeugung gegen den Dienst an der Waffe. Er brachte im Verfahren keine persönlichen Gründe gegen den Dienst an der Waffe vor. In einer Gesamtbetrachtung ist nicht erkennbar, dass der Ableistung des Militärdienstes eine politische oder religiöse Überzeugung der beschwerdeführenden Partei entgegensteht.
Im Zuge der Schilderung seiner Fluchtbewegung erwähnte die beschwerdeführende Partei keine Bedrohungen oder Repressionen vonseiten einer der bewaffneten Konfliktparteien. Zudem gab die beschwerdeführende Partei in der niederschriftlichen Einvernahme an, bei der Ausreise aus Syrien an Checkpoints zwar angehalten worden zu sein, betonte jedoch, dass es im Zuge dessen zu keinen Problemen gekommen sei (AS 70). Es war der beschwerdeführenden Partei laut seinen Ausführungen in der niederschriftlichen Einvernahme problemlos möglich, sich in den Libanon zu begeben (AS 70). Wie bereits näher ausgeführt, war ihm auch eine erneute Einreise in Syrien möglich. Nach dem Aufenthalt war auch die zweite Ausreise aus Syrien mit keinerlei nachteiligen Konsequenzen für die beschwerdeführende Partei verbunden.
Somit war festzustellen, dass die beschwerdeführende Partei wegen seines illegalen Auslandsaufenthalts von keiner der Bürgerkriegsparteien in Syrien als oppositionell betrachtet wird. Er ist folglich wegen seiner Ausreise aus Syrien und der Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich nicht mit der realen Gefahr von Eingriffen in seine physische und psychische Integrität bedroht.
In der niederschriftlichen Einvernahme verneinte die beschwerdeführende Partei, jemals von staatlicher Seite Verfolgung wegen seiner politischen Gesinnung, seiner ethnischen Zugehörigkeit, Religion, Nationalität oder Volksgruppe oder wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erlitten zu haben (AS 72).
Im Verfahren sind keine weiteren stichhaltigen Hinweise hervorgekommen, dass die beschwerdeführende Partei in Syrien wegen seiner ethnischen, religiösen oder staatsbürgerlichen Zugehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Gesinnung Verfolgung zu befürchten hätte.
Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche bieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht ebenfalls kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Syrien zugrunde gelegt werden konnten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 29/2020 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§ 3 (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.
(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.
(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.
(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.
(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113; 24.03.2011, 2008/23/1443).
§ 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt Verfolgung als jede Verfolgungshandlung im Sinn des Art. 9 Statusrichtlinie 2011/95/EU, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter.
Dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen stehen muss, ergibt sich schon aus der Definition des Flüchtlingsbegriffs in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wonach als Flüchtling im Sinn dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Auch Art. 9 Abs. 3 der Statusrichtlinie verlangt eine Verknüpfung zwischen den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen einerseits und den Verfolgungsgründen andererseits (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0080). Dafür reicht es nach der jüngeren Ansicht des UNHCR aus, dass der Konventionsgrund ein (maßgebend) beitragender Faktor ist, er muss aber nicht als einziger oder überwiegender Grund für die Verfolgung oder das Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen nachgewiesen werden (VwGH 13.01.2015, Ra 2014/18/0140).
Der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung kann asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen – wie etwa der Anwendung von Folter – jede Verhältnismäßigkeit fehlt (vgl. VwGH 27.04.2011, 2008/23/0124; 23.01.2019, Ra 2019/19/0009; vgl. auch VwGH 19.06.2019, Ra 2018/18/0548). Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl. VwGH 25.03.2003, 2001/01/0009 m.w.N.). Auch dem Zwang zum Vorgehen gegen Mitglieder der eigenen Volksgruppe kann Asylrelevanz zukommen (vgl. VwGH 27.04.2011, 2008/23/0124 m.w.N.).
Die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes rechtfertigt für sich allein grundsätzlich nicht die Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling. Der VwGH geht von einer asylrechtlich relevanten Furcht vor Verfolgung nur in solchen Fällen aus, in denen die Einberufung aus einem der in Art 1 Abschn A Z 2 FlKonv angeführten Gründe erfolgt, in denen der Asylwerber damit rechnen müsste, dass er hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus diesen Gründen im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde, oder in denen davon auszugehen ist, dass dem Asylwerber eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung droht (VwGH 11.10.2000, 2000/01/0326).
Die Heranziehung zum Militärdienst durch die Behörden eines souveränen Staates erlangt dann Asylrelevanz, wenn eine Schlechterstellung, schlechtere Behandlung oder Unterwerfung unter ein strengeres Strafregime bestimmter, nach Religion oder sozialer Gruppe oder politischer Gesinnung abgegrenzter Personen der zum Wehrdienst herangezogenen Personen droht. Dieser Maßstab gilt aber nicht bei der Zwangsrekrutierung durch eine Rebellenarmee. Die Zwangsrekrutierung durch eine christliche Rebellenarmee, welche alle männlichen Christen ab einem bestimmten Lebensjahr umfasst, bildet allein für sich keinen Asylgrund (VwGH 08.09.1999, 99/01/0167).
Im vorliegenden Fall ist auf Grund der Sachverhaltsfeststellungen davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei eine drohende Verfolgung, die in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK steht, nicht glaubhaft machen konnte. Als Flüchtling im Sinn dieses Abkommens ist nur anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Es ist es der beschwerdeführenden Partei nicht gelungen, individuelle Gründe für die maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung seiner Person glaubhaft zu machen. Ihm droht auch keine Gefahr, in Zukunft zum Militärdienst in der syrischen Armee eingezogen zu werden, weil sein Herkunftsort nicht der Kontrolle der syrischen Armee untersteht, sondern sich unter Kontrolle der HTS befindet und die syrischen Streitkräfte auf dieses Gebiet keinen Zugriff haben.
Auch die Asylantragstellung im Ausland sowie die illegale Ausreise begründen, für sich allein betrachtet, keine asylrelevante Verfolgung, zumal systematische Menschenrechtsverletzungen gegen Rückkehrer – wie beweiswürdigend dargestellt – nicht aus den Länderinformationen ersichtlich sind, jedenfalls nicht in den Gebieten, die unter der Kontrolle der HTS stehen.
Auch haben sich im Verfahren ansonsten keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung der beschwerdeführenden Partei aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen. Die allgemeine Lage in Syrien ist auch nicht dergestalt, dass automatisch jedem Antragsteller aus Syrien der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben.
Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.