Spruch
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Thomas ZINIEL, LL.M., BSc über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Austro Control – Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mit beschränkter Haftung, Schnirchgasse 17, 1030 Wien, vom XXXX , Zl. XXXX betreffend Genehmigung zum Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugsystemen (mitbeteiligte Partei: XXXX ):
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Mit angefochtenem Bescheid erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen eine Genehmigung gemäß Art. 16 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 über die Vorschriften und Verfahren für den Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge, ABl. Nr. L 152 vom 11.06.2019 S. 45, zum Betrieb von unbemannten Segelflugzeugen bis zu einer Abflugmasse von 25 kg mit oder ohne Elektroantrieb in den näher abgegrenzten Modellfluggebieten „ XXXX “ sowie „ XXXX “.
Die Beschwerdeführerin begründet ihre gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde im Wesentlichen damit, dass durch das Modellfluggebiet „ XXXX “ die Sicherheit für Übungsflüge, die von ihrem Flugplatz XXXX durchgeführt werden, gefährdet werde.
2. Die belangte Behörde erstattete eine Äußerung, in der sie ausführt, dass der Beschwerdeführerin keine Parteistellung zukomme, weshalb die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen sei.
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie insbesondere den Befürchtungen der Beschwerdeführerin, dass ein erhöhtes Kollisionsrisiko im Modellfluggebiet bestehe, entgegentritt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die mitbeteiligte Partei beantragte die Erteilung einer Genehmigung für den Betrieb von unbemannten Segelflugzeugen bis zu einer Abflugmasse von 25 kg mit oder ohne Elektroantrieb innerhalb zweier Modellfluggebiete.
Der Flugbereich „ XXXX “ ist durch folgende Koordinaten abgegrenzt: 500 m Radius um den Bezugspunkt XXXX
Der Flugbereich „ XXXX “ ist durch folgende Koordinaten abgegrenzt:
XXXX Der Gipfel des XXXX liegt XXXX m über dem Meeresspiegel. Die maximal genehmigte Flughöhe für Modellflugzeuge im Flugbereich „ XXXX “ beträgt 300 m über Grund.
1.2. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Flugplatzes XXXX ( XXXX ), der sechs Kilometer vom Flugbereich „ XXXX “ entfernt liegt.
Der Temporary Reserved Airspace (TRA) XXXX beginnt ab einer Höhe von 2500 Fuß über dem Meeresspiegel.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorliegenden Akten. Die Feststellungen folgen aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Antrag sowie dem angefochtenen Bescheid. Die Entfernung des Flugplatzes XXXX zum Flugbereich „ XXXX “ folgt aus der im Verwaltungsakt einliegenden, unbedenklichen Bewertung des Luft- und Bodenrisikos für den Standort des Modellflugplatzes „ XXXX “.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur maßgeblichen Rechtslage:
3.1.1. Das Bundesgesetz vom 2. Dezember 1957 über die Luftfahrt (Luftfahrtgesetz – LFG), BGBl. Nr. 253/1957 idgF, lautet auszugsweise:
„Übungsbereiche und Erprobungsflüge
§ 7. (1) Übungsbereich ist ein allseits umgrenzter Luftraum, in dem die Führung von Luftfahrzeugen im Fluge durch Personen zulässig ist, die nicht Inhaber des hiefür erforderlichen Luftfahrerscheines sind. Außerhalb eines Übungsbereiches dürfen Alleinflüge von Personen, die nicht Inhaber des hierfür erforderlichen Luftfahrerscheines sind, nur im Rahmen der praktischen Ausbildung gemäß § 52 Abs. 2 durchgeführt werden.
(2) […]
(3) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Landesverteidigung und unter Bedachtnahme auf öffentliche Interessen die für die Zivilluftfahrt erforderlichen Übungsbereiche durch Verordnung festzulegen. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Landesverteidigung nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit der Luftfahrt die Voraussetzungen, unter denen Übungsflüge und Erprobungsflüge von der Austro Control GmbH oder von einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b zuständigen Behörde zu bewilligen oder zulässig sind, durch Verordnung festzulegen.
(4) […]
Übungs- und Prüfungsflüge, Alleinflüge
§ 52. (1) Ausbildungsflüge im Rahmen der praktischen Ausbildung bzw. Prüfungsflüge sind unter unmittelbarer Aufsicht und Anleitung eines dazu berechtigten Zivilfluglehrers (§ 44) bzw. Prüfers durchzuführen. Bei Ausbildungs- und Übungsflügen bzw. bei Prüfungsflügen in Begleitung von Zivilfluglehrern bzw. Prüfern gelten diese als verantwortliche Piloten (§ 125).
(2) Sind gemäß einer Verordnung auf Grund des § 36 Abs. 2 oder gemäß den unionsrechtlichen Bestimmungen im Sinne des § 57a im Rahmen einer praktischen Ausbildung oder einer Prüfung Flüge ohne Begleitung eines Zivilfluglehrers bzw. Prüfers (Alleinflüge) erforderlich, ist keine gesonderte Erlaubnis nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Die Zivilluftfahrerschule, in deren Rahmen die Alleinflüge stattfinden, bzw. der Prüfer haben sicherzustellen, dass dabei die Erfordernisse der Sicherheit der Luftfahrt beachtet werden.
[...]
Luftverkehrsregeln
§ 124. (1) Im Luftverkehr ist jedermann verpflichtet, mit der zur Wahrung der Ordnung und Sicherheit erforderlichen Vorsicht, Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme vorzugehen.
(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat unter Bedachtnahme auf eine sichere und rasche Abwicklung des Luftverkehrs und zur Abwehr der der Allgemeinheit aus dem Luftverkehr drohenden Gefahren die in § 119 bezeichneten Aufgaben der Flugsicherung und das Verhalten im Luftverkehr, insbesondere 1. die Bewegungen der Luftfahrzeuge im Luftraum und am Boden, 2. die beim Flug einzuhaltenden Flughöhen sowie 3. […]“
3.1.2. Die Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie sowie des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport über die Regelung des Luftverkehrs 2014 (Luftverkehrsregeln 2014 – LVR 2014), BGBl. II Nr. 297/2014 idgF, lautet auszugsweise:
„Übungsflüge
§ 32. (1) Übungsflüge sind Flüge, bei denen Zivilluftfahrzeuge ohne einen befugten Zivilfluglehrer am Doppelsteuer von Personen im Fluge geführt werden, die nicht Inhaber der nach der ZLPV 2006 oder den unionsrechtlichen Vorschriften gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008, ABl. Nr. L 311 vom 25.11.2011 S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2015/445, ABl. Nr. L 74 vom 18.03.2015 S. 1 für diese Tätigkeit vorgesehenen gültigen Zivilluftfahrerscheine oder Berechtigungen sind.
(2) Übungsflüge um Zivilflugplätze dürfen nur innerhalb folgender Luftraumgrenzen durchgeführt werden: 1. nach unten: Erdoberfläche 2. nach oben: Flugfläche 195 3. seitlich: lotrechte Zylindermantelflächen mit Radien von 8 km – bezogen auf den jeweiligen Flugplatzbezugspunkt.
Übungsflüge in diesen Bereichen sind nur im Betriebszeitraum des jeweiligen Zivilflugplatzes zulässig und dürfen nur mit jenen Arten von Zivilluftfahrzeugen durchgeführt werden, für welche der betreffende Zivilflugplatz genehmigt ist.
(3) Innerhalb kontrollierter Lufträume sind Übungsflüge nur zulässig, wenn die in Betracht kommende Flugverkehrskontrollstelle – innerhalb militärisch reservierter Bereiche die zuständige Militärflugleitung – zugestimmt hat. Diese Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Erfüllung der Aufgaben des Flugverkehrskontrolldienstes nicht gefährdet ist oder durch die Vorschreibung von Befristungen, Bedingungen und Auflagen sichergestellt ist. Sie ist zu widerrufen, wenn eine der Zustimmungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr gegeben ist oder gegen Auflagen verstoßen worden ist.
(4) Dicht besiedelte Gebiete oder Menschenansammlungen im Freien dürfen bei Übungsflügen nur insoweit überflogen werden, als dies zum Zwecke des Abfluges oder der Landung aus flugbetrieblichen Gründen unbedingt erforderlich ist.
(5) Werden in einem Übungsbereich gemäß Abs. 2 mehrere Übungsflüge gleichzeitig durchgeführt, so ist durch Vereinbarung aller beteiligten Piloten und der beaufsichtigenden Fluglehrer für eine sichere Durchführung aller Flüge zu sorgen.
(6) Fluggäste dürfen bei Übungsflügen nicht mitgenommen werden.
(7) […]“
3.2. Zur Zurückweisung der Beschwerde:
3.2.1. Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Demnach können nur diejenigen natürlichen oder juristischen Personen eine solche Beeinträchtigung von Rechten mit Beschwerde bei einem Verwaltungsgericht geltend machen, denen in einem vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung zukam oder zuerkannt wurde. Parteistellung im Verwaltungsverfahren und die Befugnis zur Beschwerdeerhebung an ein Verwaltungsgericht hängen nach der innerstaatlichen Rechtslage somit unmittelbar zusammen (vgl. mwN VwGH 30.09.2020, Ra 2019/10/0070).
3.2.2. Eine ausdrückliche Regelung der Parteistellung, gegebenenfalls zugunsten der Beschwerdeführerin als Eigentümerin eines Flugplatzes, findet sich im Hinblick auf den im Verwaltungsverfahren gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugsystemen im Rahmen von Flugmodell-Vereinen und -Vereinigungen gemäß Art. 16 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/947 nicht. § 8 AVG verleiht jedoch allen natürlichen und juristischen Personen Parteistellung im Sinne des AVG, die entweder vermöge eines Rechtsanspruchs oder vermöge eines rechtlichen Interesses an der Sache beteiligt sind (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG [Stand 2014], § 8 AVG, Rz 2 ff.). Es ist folglich im Wege der Auslegung zu prüfen, ob durch die maßgeblichen Rechtsvorschriften nur eine Rechtspflicht der Behörde oder auch ein subjektives Recht der Antragstellerin begründet wird. So muss aus der anzuwendenden Norm erkennbar sein, dass sie nicht nur im öffentlichen Interesse erlassen wurde (vgl. VwGH 05.05.2003, 2003/10/0012), sondern zumindest auch im Interesse einer im Besonderen betroffenen und damit von der Allgemeinheit abgrenzbaren Person (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO, Rz 6).
Ein der Beschwerdeführerin derart eingeräumtes subjektiv-öffentliches Recht ist jedoch nicht ersichtlich. Weder aus den Bestimmungen des LFG zu unbemannten Luftfahrzeugen (vgl. die §§ 24f ff. LFG) noch zu Übungsbereichen bzw. zur Durchführung von Übungsflügen ist ein solches Recht für die Beschwerdeführerin ableitbar (vgl. die §§ 7 und 52 LFG). Es ist auch nicht erkennbar, dass § 32 LVR 2014 der Beschwerdeführerin ein subjektiv-öffentliches Recht verleiht. Die in § 32 Abs. 2 LVR 2014 festgelegten Parameter grenzen das Gebiet für Übungsflüge um Zivilflugplätze grundsätzlich ab, ohne damit jedoch ein über den „Gemeingebrauch“ hinausgehendes Sonderrecht für die Eigentümerin bzw. Betreiberin eines Zivilflugplatzes einzuräumen. Der sohin definierte Bereich für Übungsflüge darf auch nur unter einer Reihe weiterer Bedingungen in Anspruch genommen werden, die darauf abzielen, eine sichere Durchführung aller Flüge im entsprechenden Luftraum zu gewährleisten (vgl. zB § 32 Abs. 4 bis 6 LVR 2014). Ein abgrenzbares, besonderes Interesse einer Eigentümerin eines Flugplatzes lässt sich daraus hingegen nicht ableiten. Folglich wird der Beschwerdeführerin als Eigentümerin eines Zivilflugplatzes auch keine Rechtsposition eingeräumt, die dazu führen würde, dass sie über Parteistellung in allen Verfahren verfügt, die auch jenen Bereich zum Gegenstand haben, der gemäß § 32 LVR 2014 um ihren Zivilflugplatz liegt. Das ihr zukommende bloß faktische, gegebenenfalls auch wirtschaftliche, Interesse an dem entsprechenden Übungsgebiet um den Flugplatz begründet jedoch noch keine Parteistellung.
3.2.3. Aus diesen Gründen kommt der Beschwerdeführerin keine Parteistellung im Verwaltungsverfahren zu, weshalb auch ihre Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückzuweisen ist.
Soweit die Beschwerdeführerin im Übrigen vorbringt, dass der Flugbereich XXXX im TRA XXXX liege, trifft dies nicht zu. Die maximale zulässige Flughöhe von unbemannten Luftfahrzeugsystemen im Flugbereich XXXX beträgt XXXX Fuß über dem Meeresspiegel, was sich aus der Höhe des XXXX plus der maximalen Flughöhe in diesem Flugbereich ergibt. Der TRA XXXX beginnt jedoch erst ab einer Höhe von 2500 Fuß über dem Meeresspiegel.
3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Die Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war. Im Übrigen hat keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt.
3.4. Zur Zulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, weil – soweit ersichtlich – keine Rechtsprechung zur Frage vorliegt, ob der Eigentümerin eines Zivilflugplatzes aufgrund des gemäß § 32 LVR 2014 verordneten Bereichs für Übungsflüge um den Flugplatzbezugspunkt Parteistellung in Bewilligungsverfahren für die Genehmigung zum Betrieb von unbemannten Luftfahrzeugsystemen zukommt, wenn der beantragte Flugbereich sich zum Teil mit dem für Übungsflüge vorgesehenen Bereich überschneidet.