Spruch
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Philipp RAFFL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch Winkler Reich-Rohrwig Illedits Wieger Rechtsanwälte-Partnerschaft, Gonzagagasse 14, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2024, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids) wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Der Beschwerde kommt infolge dessen gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG aufschiebende Wirkung zu.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.10.2024 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig ist (Spruchpunkt II.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde dem Beschwerdeführer keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 und Z 4 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von 9 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.).
Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 28.11.2024 vollumfänglich Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und hierbei eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2024 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei. Seine Identität steht fest.
Er wurde in Österreich geboren und lebt seither – mit einer Unterbrechung von ein paar Jahren im Volksschulalter, welche er in der Türkei verbrachte – mit seinen Eltern und seinem Bruder in Österreich. Während seines Aufenthalts in Österreich war er durchgehend im Besitz von Aufenthaltstiteln. Zuletzt wurde sein Verlängerungsantrag vom 05.01.2023 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt-EU“ am 29.12.2023 abgewiesen und befindet er sich nun im Zweckänderungs-/Verlängerungsverfahren nach § 28 iVm § 41a Abs. 5 NAG.
Der Beschwerdeführer wurde im Zeitraum 2007 bis 2024 insgesamt 11 Mal von einem österreichischen Strafgericht rechtskräftig verurteilt.
Der Beschwerdeführer befand sich bereits einige Male in österreichischen Justizanstalten in Haft. Seit April 2024 ist er in einem forensisch-therapeutischen Zentrum untergebracht.
2. Beweiswürdigung:
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines vor den österreichischen Behörden im Original in Vorlage gebrachten – und sich in Kopie im Verwaltungsakt befindlichen – türkischen Reisepasses fest.
Die Feststellungen zu den Lebensumständen, den Familienverhältnissen, dem Aufenthalt des Beschwerdeführers und seiner Verwandten in Österreich sowie zu seinen bisherigen Aufenthaltstiteln ergeben sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit eingeholten Auskünften aus dem zentralen Melderegister sowie dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister.
Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sind durch eine Abfrage im Strafregister der Republik belegt.
Seine Unterbringungen in Justizvollzugsanstalten sowie seit April 2024 in einem forensisch-therapeutischen Zentrum ergeben sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit den im zentralen Melderegister erfassten Daten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Der Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Der mit "Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde" überschriebene § 18 Abs. 5 BFA-VG (idgF BGBl. I Nr. 134/2024) lautet:
„Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.“
Die zur Verfügung stehende Aktenlage ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht ausreichend, um eine abschließende Beurteilung für die gemäß Art. 8 EMRK erforderliche Interessensabwägung zwischen den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich und dem öffentlichen Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung vornehmen zu können.
Das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wodurch es sich einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen und mit diesem sowie allfälliger Zeugen insbesondere die Intensität seiner familiären Anknüpfungspunkte in Österreich und der Türkei sowie sein straffälliges Verhalten erörtern möchte.
Aus diesen Gründen ist Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids zu beheben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.