JudikaturBVwG

W229 2293843-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
29. November 2024

Spruch

W229 2293843-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a Christa KOCHER und Mag.a Eva MALLASCH über die Beschwerde von XXXX , VSNR XXXX , gegen den Bescheid des AMS Wien Favoritenstraße vom 25.04.2024, nach Beschwerdevorentscheidung vom 13.06.2024, GZ: WF XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Favoritenstraße (im Folgenden: AMS) wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Eingabe Arbeitslosengeld gemäß § 17 Abs. 1 iVm. §§ 44 und 46 Arbeitslosenversicherungsgesetz ab dem 17.04.2024 gebührt.

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Arbeitslosengeld am 17.04.2024 gestellt habe.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und gab darin bekannt, dass auf dem Vormerkschein klar und deutlich stehe, dass sie seit März angemeldet sei und ihr für ein Monat Arbeitslosengeld fehle, weshalb sie um Überprüfung ersuche.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 13.06.2024 wies das AMS gemäß § 14 VwGVG iVm. § 56 AlVG die Beschwerde ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Gesetzgeber bestimme in § 46 Abs. 1 AlVG, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen sei. Für die Geltendmachung des Anspruches sei das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Der Anspruch gelte erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt habe. Die Geltendmachung des Anspruches sei zweistufig und bestehe in der (von der Behörde vorzunehmenden) Antragsausgabe und (der von der Beschwerdeführerin durchzuführenden) Antragsrückgabe. Die Behörde habe zwar am 04.03.2024 einen Antrag ausgegeben, die Beschwerdeführerin habe diesen Antrag jedoch in weiterer Folge nicht retourniert. Die zweistufige Geltendmachung Ihres Anspruches vom 04.03.2024 sei somit nicht (ordnungsgemäß bis zum Ende) durchgeführt worden und liege daher keine gültige Geltendmachung im Sinne des Gesetzes vor. Den Angaben der Beschwerdeführerin vom 04.04.2024, sie habe ihren Antrag vom 04.03.2024 am 01.03.203 im AMS Graz West und Umgebung eingebracht, könne kein Glaube geschenkt werden, da eine Rückgabe des Antrages noch vor Ausfolgung schlichtweg nicht möglich sei. Es liege keine Dokumentation beim AMS darüber auf, dass sie ihren Antrag vom 04.03.2024 eingebracht habe. Erst am 04.04.2024 habe sie in Anbetracht der ausgebliebenen Zahlung die Serviceline des AMS Wien kontaktiert und sei ihr in weitere Folge am 17.04.2023 ein neuer (Papier)Antrag ausgefolgt worden, welchen sie fristgerecht retourniert habe.

4. Die Beschwerdeführerin brachte daraufhin einen mit „Ergänzung zu meiner Beschwerde“ titulierten Vorlageantrag ein. Darin bringt sich vor, bereits am 26.02.2024 einen Antrag auf Arbeitslosengeld beim AMS Graz gestellt zu haben, da sie bei Eintritt ihrer Arbeitslosigkeit in Graz wohnhaft gewesen sei. Am 04.03.2024 habe sie ihren Wohnsitz nach Wien verlegt und habe sich noch am selben Tag mit ihrer Tochter zum AMS Wien Favoritenstraße begeben und dort vorgesprochen. Am Schalter sei ihr die Auskunft gegeben worden, sie müsse keine weiteren Schritte unternehmen, da ihr Antrag aus Graz automatisch weitergeleitet werde. Weiters wurde darin auf § 46 Abs. 3 AlVG verwiesen und vorgebracht, dass als angemessene Frist für die Vorsprache bei der nunmehr zuständigen regionalen Geschäftsstelle eine Zweiwochenfrist jedenfalls zulässig sein werde. Da sie sich noch am selben Tag ihrer Wohnsitzverlegung bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle gemeldet habe, sei dies jedenfalls innerhalb einer angemessenen Frist gewesen und gebühre ihr ab dem Tag ihrer Arbeitslosmeldung und Geltendmachung beim AMS Graz am 26.02.2024 Arbeitslosengeld.

5. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 17.06.2024 vorgelegt.

6. Am 08.10.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht zur Ermittlung des Sachverhalts eine öffentlich mündliche Verhandlung durch, an der die Beschwerdeführerin sowie ein Vertreter des AMS teilgenommen und der ein Dolmetscher für die Sprache Türkisch beigezogen wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin bezog bereits in der Vergangenheit Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Zuletzt bezog sie bis 10.09.2023 Arbeitslosengeld.

In der Zeit von 11.09.2023 bis 26.02.2024 war sie bei der Firma XXXX Personalmanagement GmbH vollversicherungspflichtig beschäftigt.

Von 01.10.2015 bis 11.03.2024 war die Beschwerdeführerin an der Adresse XXXX wohnhaft. Seit 11.03.2024 wohnt sie an der Adresse XXXX .

Am 01.03.2024 schrieb die Beschwerdeführerin wie folgt an das AMS Graz West:

„Liebe Damen Und Herren,

wäre es möglich dass einen Antrag per Post bekomme, da ich seit dem 26.02.2024 Arbeitslos bin.

Mein Name ist XXXX

Versicherungsnummer: XXXX

Adresse: XXXX

Mit freundlichen Grüßen

XXXX “

Am 04.03.2024 meldete die Beschwerdeführerin sich zudem telefonisch arbeitslos und gab dabei ebenso an, dass die Adresse laut ZMR aktiv sei. Im Anschluss wurde vom AMS Graz West am 04.03.2024 das Antragsformulars mit Rückgabefrist 18.03.2024 an die von der Beschwerdeführerin angegebene Adresse postalisch versendet und der Beschwerdeführerin spätestens am 07.03.2024 zugestellt. Die Beschwerdeführerin hat dem AMS Graz West ihre Umzugsabsichten nicht mitgeteilt. Die Beschwerdeführerin ist ca. in der Zeit zwischen 24.02.2024 und 11.03.2024 von Graz nach Wien gezogen und in dieser Zeit umzugsbedingt zwischen Wien und Graz gependelt.

Beim AMS Graz West hat die Beschwerdeführerin kein ausgefülltes Antragsformular abgegeben.

Am 12.03.2024 gab die Beschwerdeführerin über die Serviceline ihre Übersiedlung nach Wien mit 11.03.2024 bekannt.

Mit Schreiben vom 13.03.2024 wurde die Beschwerdeführerin zu einem persönlichen Gespräch am 27.03.2024 um 09:45 Uhr im AMS Wien Favoriten eingeladen.

Am 27.03.2024 meldete die Beschwerdeführerin einen Auslandsaufenthalt ab dem 22.03.2024. Im Gespräch wurde sie über die Notwendigkeit einer umgehenden persönlichen Vorsprache nach ihrer Rückkehr aufgrund der nicht erfolgten Antragsrückgabe informiert. Ebenso wurde die Beschwerdeführerin darüber informiert, als sie am 04.04.2024 ihre Rückkehr aus dem Ausland meldete.

Am 04.04.2024 sprach die Beschwerdeführerin beim AMS Favoritenstraße spontan vor und gab dabei an, in Graz am 01.03.2024 einen Antrag gestellt zu haben. Die Beschwerdeführerin stellte in Aussicht, die Seite 6 des Antrages vorzulegen.

Im Zuge einer weiteren Kontaktaufnahme bei der Serviceline am 16.04.2024 wurde die Beschwerdeführerin erneut informiert, dass eine umgehende persönliche Vorsprache erforderlich sei.

Am 17.04.2024 sprach die Beschwerdeführerin persönlich vor. Es wurde ihr ein Antrag mit Geltendmachung ab diesem Tag und Rückgabefrist 02.05.2024 ausgehändigt. Diesen Antrag brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht ein.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum bisherigen Leistungsbezug sowie zur Beschäftigung der Beschwerdeführerin beruhen auf dem vom AMS erstellten Versicherungsverlauf und Bezugsverlauf jeweils vom 08.05.2024.

Das E-Mail der Beschwerdeführerin vom 01.03.2024 an das AMS Graz West mit Adressat ams.graz-west@ams.at liegt im Akt ein.

Die Feststellungen zum ungefähren Zeitraum des Umzuges von Wien nach Graz beruhen auf den Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, dabei gab sich auch zu Protokoll, in dieser Zeit noch mehrmals in Graz gewesen zu sein (vgl. BVwG VH, S 5f), was im Zusammenhang mit einem privaten Umzug durchaus nachvollziehbar bzw. naheliegend ist.

Die Feststellungen betreffend das Telefonat vom 04.03.2024 und den Inhalt dieses Telefonats beruhen auf den Eintrag Meldung an den PST vom 04.03.2024. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin dem AMS Graz West ihre Umzugsabsichten nicht mitgeteilt hat, gründet einerseits auf dem E-Mail vom 01.03.2024 sowie der Dokumentation im Datensatz der Beschwerdeführerin vom 04.03.2024. Wenn die Beschwerdeführerin demgegenüber erstmals in der mündlichen Verhandlung vorbringt, dem AMS Graz bereits ihrer Umzugspläne bekanntgegeben zu haben, so steht dies im Widerspruch zu ihren Angaben im E-Mail vom 01.03.2024 und kann zudem nicht nachvollzogen werden, weshalb die Beschwerdeführerin dies erst in einem so späten Stadium des Verfahrens vorbringt. Schließlich ist anzumerken, dass sich aus dem Akt lediglich die Bekanntgabe des Umzugs vom 11.03.2024 an das AMS Favoritenstraße befindet.

Dass der Beschwerdeführerin der Antrag spätestens am 07.03.2024 zugestellt worden ist beruht auf folgenden Erwägungen:

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Behörde die Folgen dafür auf sich nehmen muss, wenn der Behauptung der Partei, sie hätte ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. Mangels Zustellnachweises muss der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, ist die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig anzunehmen. Im Falle der Bestreitung des Zuganges von Stellenangeboten an den Arbeitslosen hat sohin das AMS die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. Kann sie hiefür keinen Urkundenbeweis erbringen, hat sie die für und gegen den Zugang sprechenden Umstände vollständig darzulegen und zu würdigen (VwGH 07.09.2011, 2008/08/0131).

Dass das Antragsformular am 04.03.2024 vom AMS an die Beschwerdeführerin an ihre Adresse in Graz postalisch übermittelt wurde, ergibt sich zunächst nachvollziehbar aus der Rückmeldung des Mitarbeiters des AMS Graz vom 25.04.2024. Die Beschwerdeführerin ist während des Umzuges zwischen 24.02.2024 und 11.03.2024 ihren Angaben nach regelmäßig zwischen Wien und Graz gependelt ist und war insofern nach wie vor regelmäßig an der Adresse in Graz aufhältig. Ihre Angaben, wie sie sich in dieser Zeit um ihre Post gekümmert hat, waren in der mündlichen Verhandlung divergierend und kam dabei insbesondere hervor, dass der Umzug für die Beschwerdeführerin eine turbulente Lebensphase darstellte. Soweit die Beschwerdeführerin erstmals am 17.04.2024 angibt, das Antragsformular in Graz nicht erhalten zu haben, ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass sie im Verfahren durchwegs divergierende Angaben getätigt hat, sodass ihre Glaubwürdigkeit insgesamt zweifelhaft ist. Nachdem die Beschwerdeführerin während des Umzuges nach wie vor regelmäßig an der Adresse in Graz aufhältig war, ist von einer Zustellung des Antragsformulars spätestens drei Werktage nach der Versendung am 07.03.2024 auszugehen.

Dass die Beschwerdeführerin beim AMS Graz West das ausgefüllte Antragsformular nicht abgegeben hat, beruht zunächst darauf, dass ein solches nicht protokolliert worden ist. Die Angaben der Beschwerdeführerin zu einer aus ihrer Sicht bereits erfolgten Antragstellung bzw. Antragsabgabe in Graz sind zudem widersprüchlich. So gibt die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag an, bereits am 26.02.2024 einen Antrag auf Arbeitslosengeld beim AMS Graz West gestellt zu haben. Im Zuge einer Spontanvorsprache beim AMS Favoritenstraße am 04.04.2024 gab die Beschwerdeführerin demgegenüber an, bereits am 01.03.2024 einen Antrag in Graz abgegeben zu haben und stellte auf Ersuchen, die Bestätigung der Antragstellung (S. 6 des Antrages) beizubringen, in Aussicht neuerlich vorzusprechen (vgl. Information/Gesprächsnotiz/Vermerke vom 04.04.2024). Damit unvereinbar führte die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung an, dass sie das Antragsformular am 27.02.2024 in Graz persönlich beim AMS abgeholt und am folgenden Tag dort abgegeben habe (vgl. BVwG VH, S. 7). Diese unterschiedlichen Datumsangaben betreffend eine bereits erfolgte Antragsabgabe stehen zudem in Widerspruch zum von ihr selbst am 01.03.2024 formulierten E-Mails an das AMS Graz West, in welchem sie erst um die Übermittlung des Antrages per Post an ihrer Adresse in Graz ersucht. Insgesamt waren die Angaben der Beschwerdeführerin hinsichtlich einer bereits erfolgten Antragsabgabe beim AMS Graz somit widersprüchlich und ist zudem dem AMS darin zu folgen, dass eine vorgebrachte Antragsangabe, welche vor einem Ersuchen um postalische Übermittlung des Antragsformulars erfolgt sei, nicht glaubhaft ist.

Dass die Beschwerdeführerin am 12.03.2024 ihre Übersiedlung nach Wien mit 11.03.2024 bekannt gegeben hat, ergibt sich aus der im Akt einliegenden Änderungsmeldung Bezugseinstellung mit dem Betreff „SELW: Übersiedlung“.

Das Einladungsschreiben vom 13.03.2024 liegt ebenfalls im Akt ein.

Die Mitteilung des Auslandaufenthaltes mit 27.03.2024 ist im Eintrag Änderungsmeldung Bezugseinstellung vom 27.03.2024 dokumentiert. Dass die Beschwerdeführerin im Zuge des Telefonats über die Notwendigkeit der Antragsabgabe informiert wurde, beruht auf der Gesprächsnotiz vom selben Tag. Ebenfalls liegen im Akt die Gesprächsnotizen vom 04.04.2024 und 16.04.2024 ein.

Die persönliche Vorsprache beim AMS Favoritenstraße und der festgestellte Inhalt beruhen auf der im Akt einliegenden Dokumentation Information/Gesprächsnotiz/Vermerke vom 04.04.2024.

Dass die Beschwerdeführerin am 17.04.2024 beim AMS Favoritenstraße vorgesprochen hat und ihr ein Antragsformular ausgegeben wurde, ergibt sich aus der Gesprächsnotiz vom 17.04.2024. Die Feststellung zur fristgerechten Antragsrückgabe gründet auf der Gesprächsnotiz vom 18.04.2024.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:

„§ 17. (1) Sind sämtliche Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt und ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht gemäß § 16, gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Geltendmachung, frühestens ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit. Der Anspruch gilt rückwirkend ab dem Eintritt der Arbeitslosigkeit

1. wenn diese ab einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag besteht und die Geltendmachung am ersten darauf folgenden Werktag erfolgt oder

2. wenn die Arbeitslosmeldung bereits vor Eintritt der Arbeitslosigkeit bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingelangt ist und die Geltendmachung sowie eine gemäß § 46 Abs. 1 erforderliche persönliche Vorsprache binnen 10 Tagen nach Eintritt der Arbeitslosigkeit erfolgt, soweit das Arbeitsmarktservice nicht hinsichtlich der persönlichen Vorsprache Abweichendes verfügt hat.

(2) Die Frist zur Geltendmachung verlängert sich um Zeiträume, während denen der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 1 ruht, ausgenommen bei Auslandsaufenthalt gemäß lit. g. Ruht der Anspruch oder ist der Bezug des Arbeitslosengeldes unterbrochen, so gebührt das Arbeitslosengeld ab dem Tag der Wiedermeldung oder neuerlichen Geltendmachung nach Maßgabe des § 46 Abs. 5.

(3) Die Arbeitslosmeldung hat zumindest den Namen, die Sozialversicherungsnummer, die Anschrift, den erlernten Beruf, die zuletzt ausgeübte Beschäftigung und den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses sowie die Angabe, auf welchem Weg eine rasche Kontaktaufnahme durch das Arbeitsmarktservice möglich ist (e-mail-Adresse, Faxnummer, Telefonnummer) zu enthalten. Für die Arbeitslosmeldung ist das bundeseinheitliche Meldeformular zu verwenden. Die Meldung gilt erst dann als erstattet, wenn das ausgefüllte Meldeformular bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt ist. Ist die Meldung aus Gründen, die nicht in der Verantwortung der Meldung erstattenden Person liegen, unvollständig, verspätet oder gar nicht eingelangt, so gilt die Meldung mit dem Zeitpunkt der nachweislichen Abgabe (Absendung) der Meldung als erstattet. Das Einlangen der Meldung ist zu bestätigen.

(4) Ist die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung auf einen Fehler der Behörde, der Amtshaftungsfolgen auslösen kann, wie zum Beispiel eine mangelnde oder unrichtige Auskunft, zurück zu führen, so kann die zuständige Landesgeschäftsstelle die regionale Geschäftsstelle amtswegig unter Berücksichtigung der Zweckmäßigkeit und der Erfolgsaussichten in einem Amtshaftungsverfahren zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt, ab dem die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistung vorliegen, ermächtigen.

§ 46. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ist bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen. Für die Geltendmachung des Anspruches ist das bundeseinheitliche Antragsformular zu verwenden. Personen, die über ein sicheres elektronisches Konto beim Arbeitsmarktservice (eAMS-Konto) verfügen, können den Anspruch auf elektronischem Weg über dieses geltend machen, wenn die für die Arbeitsvermittlung erforderlichen Daten dem Arbeitsmarktservice bereits auf Grund einer Arbeitslosmeldung oder Vormerkung zur Arbeitsuche bekannt sind; sie müssen jedoch, soweit vom Arbeitsmarktservice keine längere Frist gesetzt wird, innerhalb von 10 Tagen nach elektronischer Übermittlung des Antrages persönlich bei der regionalen Geschäftsstelle vorsprechen. Das Arbeitsmarktservice kann die eigenhändige Unterzeichnung eines elektronisch eingebrachten Antrages binnen einer gleichzeitig zu setzenden angemessenen Frist verlangen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Geltendmachung bestehen. Der Anspruch gilt erst dann als geltend gemacht, wenn die arbeitslose Person bei der regionalen Geschäftsstelle zumindest einmal persönlich vorgesprochen hat und das vollständig ausgefüllte Antragsformular übermittelt hat. Das Arbeitsmarktservice kann vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache absehen. Eine persönliche Vorsprache ist insbesondere nicht erforderlich, wenn die arbeitslose Person aus zwingenden Gründen, wie Arbeitsaufnahme oder Krankheit, verhindert ist, den Antrag persönlich abzugeben. Die Abgabe (das Einlangen) des Antrages ist der arbeitslosen Person zu bestätigen. Können die Anspruchsvoraussetzungen auf Grund des eingelangten Antrages nicht ohne weitere persönliche Vorsprache beurteilt werden, so ist die betroffene Person verpflichtet, auf Verlangen bei der regionalen Geschäftsstelle vorzusprechen. Hat die regionale Geschäftsstelle zur Klärung der Anspruchsvoraussetzungen, etwa zur Beibringung des ausgefüllten Antragsformulars oder von sonstigen Unterlagen, eine Frist bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gesetzt und wurde diese ohne triftigen Grund versäumt, so gilt der Anspruch erst ab dem Tag als geltend gemacht, ab dem die beizubringenden Unterlagen bei der regionalen Geschäftsstelle eingelangt sind.

(2) […]

(3) Abweichend von Abs. 1 gilt: 1. […] 3. Hat der Arbeitslose seinen Wohnsitz (Aufenthaltsort) nach Eintritt der Arbeitslosigkeit in den Zuständigkeitsbereich einer anderen regionalen Geschäftsstelle verlegt, so gebührt das Arbeitslosengeld bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit, sofern der Arbeitslose binnen angemessener Frist bei der nunmehr zuständigen regionalen Geschäftsstelle zwecks Geltendmachung des Arbeitslosengeldes vorspricht. […]

3.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, ist ein Abspruch über den Beginn des Anspruches auf Notstandshilfe ab einem bestimmten Zeitpunkt im Sinne einer Abweisung des (ebenfalls begehrten) Anspruches auf Notstandshilfe für den davorliegenden Zeitraum zu verstehen (vgl. VwGH 23.10.2002, 2002/08/0041).

Gemäß § 17 Abs. 1 AlVG gebührt Arbeitslosengeld - abgesehen von der Rückwirkung auf den Eintritt der Arbeitslosigkeit an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag bei Geltendmachung am darauffolgenden Werktag, sowie der Rückwirkung auf den Eintritt einer vorab gemeldeten Arbeitslosigkeit bei Geltendmachung und persönlicher Vorsprache binnen zehn Tagen - erst ab dem Tag der Geltendmachung.

Für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Notstandshilfe) gilt das Antragsprinzip. Zum materiell-rechtlichen Leistungsanspruch muss der Formalakt der Geltendmachung iSd. § 46 Abs. 1 AlVG hinzutreten. (vgl. Krapf/Keul, Praxiskommentar Arbeitslosenversicherungsgesetz, § 46, Rz. 791). Das streng formalisierte Verfahren zur Antragstellung nach § 46 AlVG soll für Klarheit sorgen und erfordert daher auch ein klares Vorgehen des Arbeitsmarktservice (VwGH 28.06.2006, 2005/08/0201). Die formalisierte Antragstellung iSd § 46 AlVG schließt eine Bedachtnahme auf Fälle unverschuldet unterbliebener Antragstellung aus (vgl. VwGH 10.09.2014, 2013/08/0202; 23.05.2007, 2006/08/0330).

Weiters kann es auch keine Rolle spielen, ob die rechtzeitige Antragstellung – allenfalls irrtümlich oder unverschuldet – unterlassen wurde (vgl. Leitner/Urschler in Pfeil (Hrsg.), Der AlV-Komm § 46 Rz 1).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs stellt die Bestimmung des § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder nicht fristgerechter (verspäteter) Antragstellungen dar. Die abschließende Normierung lässt es – selbst im Fall des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen – nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren. Ein Arbeitsloser ist nämlich selbst in jenen Fällen, in denen er auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen – durch die Anwendung des § 46 AlVG nicht abwendbaren – Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen. Folglich findet die Fiktion einer dem Gesetz entsprechenden Antragstellung im Hinblick auf die formalisierte Antragstellung im Sinn des § 46 AlVG, der eine abschließende Regelung enthält, keine gesetzliche Grundlage (vgl. VwGH 09.09.2015, Ra 2015/08/0052 mit Verweis auf 22.02.2012, 2010/08/0103 und 23.05.2007, 2006/08/0330).

Gerade deswegen, weil gemäß § 46 AlVG ein Antrag auf Zuerkennung von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung wirksam nur mittels des bundeseinheitlich aufgelegten Formulars gestellt werden kann, welches ein potenzieller Antragsteller nur durch Ausfolgung seitens des AMS erhalten kann, trifft die regionale Geschäftsstelle im Fall eines konkreten zu den Akten genommenen Anbringens der Partei jedoch (insbesondere) die Verpflichtung zur Aushändigung des entsprechenden Formulars, womit das Verfahren nach § 46 AlVG in Gang gesetzt wird. Kommt die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ihrer Verpflichtung zur Aushändigung eines Antragsformulars (gegebenenfalls nach Klärung der Absicht der Partei) in einer solchen Konstellation nicht nach, so bleibt der Partei dessen ungeachtet zunächst jedenfalls ein Anspruch auf diese Aushändigung gewahrt. Damit ist aber auch – bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen, insbesondere rechtzeitiger Abgabe des der Partei auszuhändigenden Antragsformulars – ein Leistungsanspruch für die Zeit ab der ersten Vorsprache weiterhin aufrecht (vgl. VwGH 23.10.2002, 2002/08/0041 [VwSlg 15944 A/2002]; VwGH 26.1.2005, 2004/08/0090).

3.4.1. Die Beschwerdeführerin meldete sich am 01.03.2024 beim AMS Graz West mit 26.02.204 arbeitslos und ersuchte um postalische Übermittlung eines Antragsformulars.

In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass sich die wiedergegebene Judikatur zu § 46 Abs. 1 AlVG auf die Verpflichtung zur Aushändigung des Antrages im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bezieht. Zudem ist das AMS Graz durch die postalische Übermittlung der Verpflichtung ebenfalls nachgekommen. Einen triftigen Grund dafür, dass die Beschwerdeführerin dieses Antragsformular nicht fristgerecht abgegeben hat, wurde von ihr mit ihrem divergierenden Vorbringen nicht dargelegt.

Vielmehr wurde vom AMS Favoritenstraße der Beschwerdeführerin am 17.04.2024 im Rahmen einer persönlichen Vorsprache ein Antragsformular ausgehändigt, das sie schließlich fristgerecht eingebracht hat, weshalb eine Antragstellung ihrerseits gem. § 46 Abs. 1 AlVG mit Geltendmachung ab 17.04.2024 erfolgt ist. Soweit im Vorlageantrag auf die Regelung des § 46 Abs. 3 Z 3 AlVG hingewiesen wird, ist anzumerken, dass eine Antragstellung mit Geltendmachung über einen Monat nach erfolgter Übersiedelung nicht als angemessene Frist innerhalb derer zwecks Geltendmachung vorgesprochen worden ist, gesehen werden kann. Zudem lagen die im Vorlageantrag angenommenen Prämissen, nämlich die bereits am 26.02.2024 erfolgte Antragstellung in Graz und persönliche Vorsprache in Wien am 04.03.2024 wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt – gerade nicht vor. Dem AMS kann daher in der Nichtanwendung dieser Regelung nicht entgegengetreten werden. Soweit die Beschwerdeführerin bereits zu einem früheren Zeitpunkt beim AMS Favoritenstraße vorgesprochen hat, ist anzuführen, dass die Beschwerdeführerin bei diesen Vorsprachen stets angegeben hat, in Graz bereits einen Antrag gestellt zu haben, so dass das AMS Favoritenstraße zunächst von einer bereits erfolgten Antragstellung ausgehen durfte und sich insofern nicht zur Aushändigung eines Antragsformulars zwecks Geltendmachung veranlasst sehen musste.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.