Spruch
G315 2268867-1/37Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Petra Martina SCHREY, LL.M., als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Slowakei, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2023, Zahl: XXXX , sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde:
A)Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer ist slowakischer Staatsangehöriger und verbüßt in Österreich zurzeit eine Freiheitsstrafe von insgesamt 24 Monaten, wobei eine erste mögliche bedingte Entlassung nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe am 19.02.2024 möglich wäre.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.02.2023 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, dem Beschwerdeführer kein Durchsetzungsaufschub gemäß § 70 Abs. 3 FPG erteilt und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 15.03.2023 das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben; in eventu den Bescheid aufheben und das Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen; in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbotes herabsetzen, dem Beschwerdeführer einen Durchsetzungsaufschub erteilen und Spruchpunkt III. hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ersatzlos aufheben.
Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, der Beschwerdeführer leide an den Erkrankungen der Epilepsie und Schizophrenie und sei auf eine regelmäßige Betreuung und die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Er sei sowohl in Österreich als auch in der Slowakei obdachlos. Diese Umstände wären allesamt nicht (ausreichen) berücksichtigt worden.
4. Die gegenständliche Beschwerde sowie die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten am 21.03.2023 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
5. In weiterer Folge wurden Erhebungen, insbesondere zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, getätigt, es wurde Parteiengehör gewährt und es ergingen mehrere Mitteilungen und Aufforderungen zur Klärung der Sachlage im Wege der Rechtsvertretung und an die vom Beschwerdeführer bevollmächtigte Person aus der Justizanstalt.
6. Im Zuge des Verfahrens ergaben sich vor allem aus vorgelegten Unterlagen und den Angaben des Beschwerdeführers bzw. seiner Rechtsvertretung über eine in der Slowakei bestehende Erwachsenenvertretung erhebliche Zweifel an der Prozess- und Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers und damit der Rechtswirksamkeit der zwischenzeitig von ihm erfolgten (mehrfach und auf verschiedenen Wegen eingebrachten) Beschwerdezurückziehung, zumal im weiteren Verlauf des Ermittlungsverfahrens eine Erwachsenenvertretung in der Slowakei für finanzielle Angelegenheiten ausfindig gemacht werden konnte und seitens der Rechtsvertretung an den Zweifeln hinsichtlich der fehlenden Dispositions- und Prozessfähigkeit des Beschwerdeführers festgehalten wurde.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.11.2023 wurde beim zuständigen Bezirksgericht Hollabrunn die Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Beschwerdeführer angeregt. Das Verfahren wird zur Zahl XXXX geführt und ist noch nicht abgeschlossen bzw. liegt keine rechtskräftige Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
Der für die gegenständliche Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung relevante Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage.
2. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
§ 18 BFA-VG lautet:
„§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.
(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Das Bundesamt hat gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG der Beschwerde gegen die Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und dies im Wesentlichen nur mit dem Vorliegen der schon zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes führenden, schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründet. Die Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich hätten hinter den öffentlichen Interessen zurückzutreten.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es – im Sinne einer Grobprüfung – von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Partei als „vertretbare Behauptungen“ zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Bei einer Grobprüfung des Vorbringens des Beschwerdeführers und vor allem vor dem Hintergrund, dass die Prozess- und Dispositionsfähigkeit des Beschwerdeführers noch nicht abschließend feststeht und er an psychiatrischen und behandlungsbedürftigen Erkrankungen leidet, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei den vorgebrachten Gefährdungen im Falle der Rückkehr in die Slowakei um „vertretbare Behauptungen“ handelt und ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen vorliegt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.