JudikaturVwGH

Ra 2022/16/0035 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
05. September 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk Leisch und den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der F E in W, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 22. März 2022, RV/7103869/2020, betreffend Familienbeihilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Die Revisionswerberin, eine nigerianische Staatsangehörige, stellte am 6. Juni 2017 einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihren am 2. Juni 2015 geborenen Sohn ab seiner Geburt, somit ab Juni 2015.

2 Mit Bescheid vom 20. Juli 2017 wies das Finanzamt nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens den Antrag mit der Begründung ab, die Revisionswerberin habe die abverlangten Unterlagen u.a. einen Nachweis über den rechtmäßigen Aufenthalt der Revisionswerberin und ihres Sohnes nicht vorgelegt. Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin mit Schreiben vom 18. August 2017 Beschwerde.

3 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26. Juli 2018 wies das Finanzamt die Beschwerde hinsichtlich des Zeitraums Juni 2015 bis Dezember 2017 mit der Begründung ab, der Sohn der Revisionswerberin habe erst ab dem 13. Jänner 2017 und die Revisionswerberin erst ab dem 9. Jänner 2018 (bis 8. Jänner 2019) einen Aufenthaltstitel gehabt. Hinsichtlich des Zeitraums Jänner 2018 bis Jänner 2019 gab es der Beschwerde statt. Die Revisionswerberin stellte einen Vorlageantrag.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde soweit sich diese gegen die Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Juni 2015 bis Juli 2017 richtete gemäß § 279 BAO als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

5 Das Bundesfinanzgericht führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin, ihr Sohn und der Kindesvater seien nigerianische Staatsbürger. Der Kindesvater und seine Gattin, eine britische Staatsangehörige, seien im verfahrensgegenständlichen Zeitraum mit einem Hauptwohnsitz in Wien gemeldet gewesen. Der Sohn der Revisionswerberin besitze seit seiner Geburt (im Juni 2015) einen gültigen, von seinem Vater abgeleiteten Aufenthaltstitel gemäß § 54 NAG (Aufenthaltskarte für „Angehörige eines EWR Bürgers oder Schweizer Bürgers“, weil der Vater mit einer britischen Staatsangehörigen verheiratet sei) in Österreich. Das Finanzamt habe die Familienbeihilfe ab Jänner 2018 gewährt, weil die Revisionswerberin seit diesem Zeitpunkt über einen gültigen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG verfügt habe.

6 Strittig sei, ob der Revisionswerberin für den Zeitraum Juni 2015 bis Juni 2017 (gemeint wohl Juli 2017), in dem sie ihr Aufenthaltsrecht von jenem ihres Sohnes abgeleitet habe, die Familienbeihilfe zugestanden sei.

7 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht nach Wiedergabe der gesetzlichen Grundlagen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, Fremde hätten grundsätzlich nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach § 8 oder § 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten würden. Dabei komme es darauf an, ob für den Anspruchsberechtigten und für das anspruchsvermittelnde Kind ein aufrechter Aufenthaltstitel nach § 8 oder § 9 NAG bestehe. Dies habe zur Folge, dass ein Anspruch auf Familienbeihilfe zu verneinen sei, wenn entweder nur der Anspruchsberechtigte oder nur das Kind über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügen würden. Liege ein Aufenthaltstitel nach § 8 oder § 9 NAG vor, sei es nicht Sache der Beihilfenbehörden, zu prüfen, ob dieser Aufenthaltstitel von der Fremdenbehörde zu Recht oder zu Unrecht erteilt worden sei.

8 Demnach sei im vorliegenden Fall auch nicht vom zuständigen Finanzamt sowie vom Bundesfinanzgericht zu prüfen gewesen, ob Familienbeihilfe, trotz fehlenden Aufenthaltstitels für einen bestimmten Zeitraum gewährt werden könnte, da ein formaler Anknüpfungspunkt ex lege an einen für den jeweiligen Zeitraum fehlenden Aufenthaltstitel iSd NAG vorliege und bei fehlendem Aufenthaltstitel für einen bestimmten Zeitraum eine unabdingbare Voraussetzung für den allfälligen Anspruch auf Familienbeihilfenbezug nicht erfüllt sei, was für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum zutreffe. Das Vorliegen eines aufrechten Aufenthaltstitels nach § 8 NAG sei konstitutiv für den Bezug der Familienbeihilfe.

9 Es komme nicht darauf an, ob sich die Revisionswerberin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf Grund der Bestimmungen des FPG rechtmäßig im Inland aufgehalten habe. Nach § 3 FLAG sei allein ausschlaggebend, dass die Revisionswerberin in diesem Zeitraum nicht über einen Aufenthaltstitel nach § 8 NAG verfügt habe.

10 Zwar habe der Sohn der Revisionswerberin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über einen aufrechten Aufenthaltstitel verfügt, nicht jedoch die Revisionswerberin selbst. Sie habe erst ab Jänner 2018 über einen gültigen Aufenthaltstitel nach dem NAG verfügt, und zwar ab Jänner 2018 über einen gemäß § 55 Abs. 1 Z 1 und 2 AsylG und ab Jänner 2019 über eine Rot Weiß Rot Karte. Die Revisionswerberin habe somit im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (Juni 2015 bis Juli 2017) keinen Anspruch auf Familienbeihilfe gehabt.

11 Das Bundesfinanzgericht führte abschließend hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes somit des Zeitraumes, für den das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung berufen sei aus, dieser sei mit dem Monat, in dem der Erstbescheid ergangen sei Juli 2017 begrenzt. Über danach verwirklichte Sachverhalte habe das Finanzamt zu jenem Zeitpunkt noch nicht erstinstanzlich entschieden und habe dazu auch nicht entscheiden können. Ohne eine vorangegangene Entscheidung der Erstinstanz sei eine Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes ausgeschlossen.

12 Das Bundesfinanzgericht sei zwar durchaus der Ansicht, das Finanzamt sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Revisionswerberin ab Jänner 2018 Familienbeihilfe zugestanden sei, weil auch sie ab diesem Zeitpunkt über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügt habe und für die Monate August bis Dezember 2017 mangels eines solchen Aufenthaltstitels der Familienbeihilfenanspruch nicht bestehe. Da diese Sachverhalte nach dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum verwirklicht worden seien, sei es sowohl dem Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung, als auch dem Bundesfinanzgericht versagt gewesen, darüber abzusprechen. Da die Beschwerdevorentscheidung ohnedies durch den Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand entfernt worden sei, habe sich das Bundesfinanzgericht darauf beschränken können, darauf hinzuweisen, dass seine Zuständigkeit, in der Sache zu entscheiden, mit dem Monat Juli 2017 geendet habe.

13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattete, erwogen hat:

14 Zur Zulässigkeit der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, die Revisionswerberin habe als drittstaatsangehörige Mutter eines nach dem Unionsbürgerrecht aufenthaltsberechtigten drittstaatsangehörigen Kindes ein von ihrem Sohn abgeleitetes Aufenthaltsrecht gehabt, womit ihr Familienbeihilfe ab seiner Geburt zugestanden wäre.

15 Die Revision ist zulässig und im Ergebnis begründet.

16 Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

17 Gemäß § 3 Abs. 1 und 2 FLAG in der im Revisionsfall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 35/2014 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten, und für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann, wenn sich diese nach §§ 8 und 9 NAG oder nach § 54 AsylG 2005 rechtmäßig in Österreich aufhalten.

18 Aus § 8 und § 9 NAG ergibt sich die gesetzliche Gliederung in Aufenthaltstitel und Dokumentationen des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts. Das unionsrechtlich begründete Recht auf Aufenthalt entfaltet unmittelbare Wirkung und wird nach dem NAG nicht verliehen oder konstitutiv verschafft, sondern lediglich dokumentiert (vgl. VwGH 22.10.2015, 2013/16/0217, mwN).

19 Für die nach § 3 Abs. 1 und 2 FLAG erforderliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts kommt es somit nicht auf eine konstitutive Verleihung durch die Niederlassungsbehörde an (vgl. VwGH 17.6.2024, 2021/16/0040).

20 Das Bundesfinanzgericht hat im angefochtenen Erkenntnis ohne im Sinne der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwischen den in den §§ 8 und 9 NAG getroffenen Regelungen zu differenzieren lediglich ausgeführt, es sei weder vom zuständigen Finanzamt noch vom Bundesfinanzgericht zu prüfen, ob trotz fehlenden „Aufenthaltstitels“ nach „§ 8 (oder § 9 NAG)“ Familienbeihilfe gewährt werden könnte. Das von der Revisionswerberin bereits im Beschwerdeverfahren behauptete Vorliegen eines (abgeleiteten) unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts der Revisionswerberin (gemäß § 9 NAG) im Zeitraum Juni 2015 bis Juli 2017 hat das Bundesfinanzgericht nicht geprüft. Damit hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, womit dieses schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

21 Das Bundesfinanzgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob sich die Revisionswerberin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nach § 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufgehalten hat. In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Aufenthaltstitels bei einem „abgeleiteten Aufenthaltsrecht“ auf unionsrechtlicher Grundlage eines Drittstaatsangehörigen zu verweisen (vgl. VwGH 14.5.2020, Ra 2020/22/0004; 20.7.2016, Ra 2016/22/0025, jeweils mwN).

22 Was den verfahrensgegenständlichen Zeitraum betrifft, ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ein zeitraumbezogener Abspruch ist. Ein derartiger Abspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren haben, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. etwa VwGH 4.5.2023, Ra 2022/16/0025, mwN).

23 Die Familienbeihilfe wird grundsätzlich nur auf Antrag (§ 10 Abs. 1 FLAG) gemäß § 10 Abs. 2 FLAG vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

24 Die Frage, ob für einen bestimmten Anspruchszeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum ist der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruchs für ein Kind kann somit von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa VwGH 26.4.2018, Ra 2018/16/0003, mwN).

25 Hat das Finanzamt einen Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe mit Bescheid abgewiesen, gilt dieser Abspruch somit für den Zeitraum ab dem Zeitpunkt, für den die Antragstellung erfolgte ab Antragstellung oder (rückwirkend) ab einem früheren Zeitpunkt (vgl. zu dieser Unterscheidung etwa VwGH 19.5.2015, 2013/16/0082, mwN) , bis (jedenfalls) zum Zeitpunkt (dem Monat) der Erlassung dieses (abweisenden) Bescheides. Der Abspruch erstreckt seine Wirkung in der Art eines Dauerbescheides (vgl. VwGH 30.1.2014, 2012/16/0052) aber auch über diesen Monat hinaus bis zur Änderung der Sach- oder Rechtslage (vgl. erneut VwGH 4.5.2023, Ra 2022/16/0025; 26.4.2018, Ra 2018/16/0003; 25.3.2010, 2009/16/0121).

26 Wird somit nach Erlassung eines solchen Bescheides neuerlich ein Antrag auf Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe gestellt, so hat das Finanzamt zu prüfen, ob oder zu welchem Zeitpunkt sich die Sach und Rechtslage geändert hat. Für den Zeitraum vom Zeitpunkt, ab dem die Familienbeihilfe neuerlich beantragt wurde, bis zu einem späteren Zeitpunkt, in dem sich die Sach und Rechtslage gegenüber dem ersten Bescheid geändert hat (auch wenn dieser Zeitpunkt nach dem Zeitpunkt der Erlassung des ersten Bescheides liegt), liegt durch den ersten Bescheid res iudicata vor. Für diesen Zeitraum ist der neuerliche Antrag zurückzuweisen. Eine meritorische Entscheidung über den neuerlichen Antrag hat nur insoweit zu erfolgen, als sich die Sach oder Rechtslage seit Erlassung des Bescheides über den seinerzeitigen Antrag geändert hat und dem neuerlichen Antrag auch nach Änderung der Sach oder Rechtslage nicht vollinhaltlich entsprochen wird (vgl. erneut VwGH 4.5.2023, Ra 2022/16/0025, mwN).

27 Wird gegen den abweisenden Bescheid Beschwerde erhoben, ist es dem Finanzamt entgegen der Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht verwehrt, bei Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung die zwischenzeitig seit Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetretene Änderung der Sach oder Rechtslage zu berücksichtigen und abzusprechen, dass der Antrag nur für den Zeitraum bis zum Zeitpunkt, ab dem die Änderung eingetreten ist, abgewiesen wird.

28 Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Die Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichts ist dabei durch die Sache des Verfahrens begrenzt (vgl. etwa VwGH 12.5.2022, Ra 2021/13/0155, mwN).

29 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter der Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht jene Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruchs des Bescheids der Abgabenbehörde erster Instanz bildet (vgl. etwa VwGH 1.2.2021, Ra 2018/16/0121, mwN).

30 Wird ein Antrag über die Gewährung von Familienbeihilfe ab einem bestimmten Zeitpunkt gestellt, ist Sache des Verfahrens der Abspruch des Finanzamtes über diesen Antrag. Wird der Antrag mit Bescheid zumindest hinsichtlich bestimmter Zeiträume (ansonsten wäre ja gemäß § 13 FLAG gar kein Bescheid zu erlassen; vgl. etwa VwGH 18.10.2022, Ro 2021/16/0004, mwN) abgewiesen, ist somit die Frage der Rechtmäßigkeit der Abweisung des Antrags auf Gewährung von Familienbeihilfe Sache des Beschwerdeverfahrens.

31 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht grundsätzlich nach der Sach und Rechtslage zu entscheiden, welche im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegt (vgl. etwa VwGH 13.6.2023, Ra 2020/16/0118; 15.10.2021, Ra 2019/16/0136, jeweils mwN). Die bei der Entscheidung über die Bescheidbeschwerde bestehende Änderungsbefugnis im Sinne des § 279 Abs. 1 zweiter Satz BAO nach jeder Richtung ist wie bereits ausgeführt (nur) durch die Sache nach § 279 Abs. 1 erster Satz BAO begrenzt.

32 Angesichts dieses Grundsatzes liegt anders als vom Bundesfinanzgericht offenbar angenommen keine Überschreitung der Sache vor, wenn das Bundesfinanzgericht bei der Entscheidung über die Beschwerde die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der beantragten Familienbeihilfe nicht nur bis zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides prüft, sondern darüber hinaus bis zum Zeitpunkt der eigenen Entscheidung. Vielmehr hat das Bundesfinanzgericht zwischenzeitig seit Erlassung des bekämpften Bescheides eingetretene Änderungen der Sach oder Rechtslage zu berücksichtigen und allenfalls auszusprechen, dass wie das Finanzamt im vorliegenden Revisionsfall mit der Beschwerdevorentscheidung der Antrag nur für einen bestimmten Zeitraum, der wie ausgeführt auch nach Erlassung des bekämpften Bescheides enden kann, abgewiesen wird.

33 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 5. September 2024

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