IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1*** als Erben n. ***Ehefrau***, ***Erbe1***, ***Erbe2*** und ***Erbe3***, vertreten durch ***Vertr1*** Steuerberatung GmbH, ***Vertr-Adr1*** über die Beschwerde vom 20. Dezember 2013 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 (nunmehr Finanzamt Österreich) vom 28. Oktober 2013 betreffend Wiedaufnahme Einkommensteuer nach § 303 BAO und Anspruchszinsen ( § 205 BAO) jeweils für die Jahre 2003 bis 2006, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die belangte Behörde (bB) erließ am 28. Oktober 2013 Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2003 bis 2006. Der Beschwerdeführer ***Bf1*** (Bf) hatte der bB am 20. März 2013 in der Schweiz erzielte Kapitalerträge offengelegt. Am selben Tag (28. Oktober 2013) ergingen neue Einkommensteuerbescheide für die genannten Jahre, in denen die Schweizer Kapitalerträge der Besteuerung im Inland unterworfen wurden, und Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2003 bis 2006. Die bB begründete die amtswegigen Wiederaufnahmen damit, dass neue Tatsachen hervorgekommen seien (§ 303 Abs. 4 iVm Abs. 1 lit. b BAO). Da es sich bei den Schweizer Kapitalerträgen aus Sicht der bB um hinterzogene Abgaben handle, betrage die Verjährungsfrist zehn Jahre, weswegen die Wiederaufnahmen bereits mit 2003 beginnend zu verfügen gewesen seien.
Der Bf erhob am 19. Dezember 2013 (rechtzeitig nach Fristverlängerung) gegen sämtliche Wiederaufnahmebescheide, neuen Einkommensteuerbescheide und Festsetzungsbescheide Bescheidbeschwerde nach § 243 Bundesabgabenordnung (BAO). Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass er seine Schweizer Kapitalerträge nicht vorsätzlich, sondern bestenfalls fahrlässig in Österreich nicht deklariert habe, weswegen keine Abgabenhinterziehung vorliege; die zehnjährige Verjährungsfrist sei also unanwendbar.
Im Dezember 2016 verstarb der Bf. Am 14. November 2018 wurde die Ehefrau, die Alleinerbin des Bf, von der bB als eine nach § 143 BAO zur Auskunft verpflichtete Person befragt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 4. Jänner 2019 wies die bB die Bescheidbeschwerde als unbegründet ab: Der Bf habe seine Schweizer Kapitalerträge vorsätzlich nicht deklariert. Dagegen wurde ein Vorlageantrag eingebracht, in dem ein den Vorsatz ausschließender Rechtsirrtum des Bf vorgebracht wurde: Dieser "war stets davon überzeugt, dass seine Kapitaleinnahmen ausschließlich im Quellenstaat, verfahrensgegenständlich also in der Schweiz, zu besteuern sind"; es sei ihm als steuerlichem Laien unbekannt gewesen und er habe auch nicht damit gerechnet, "dass eine Besteuerung im Ansässigkeitsstaat, somit in Österreich, zu erfolgen hat". Mangels Vorsatzes lägen keine hinterzogenen Abgaben vor.
Am 4. Dezember 2019 wurde ein Erörterungstermin abgehalten. Im Jänner 2024 verstarb die Ehefrau des Bf. Deren Nachlass wurde am 1. Juli 2024 den Erben ***Erbe3***, ***Erbe2*** und ***Erbe11*** eingeantwortet. Mit Schreiben vom 6. August 2025 wurde auf die beantragte mündliche Verhandlung verzichtet.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
(1.) Der Bf ist im Dezember 2016 gestorben. Alleinerbin ist die Ehefrau. Die Ehefrau des Bf ist im Jänner 2024 gestorben. Deren Erben sind ***Erbe3***, ***Erbe2*** und ***Erbe11***.
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}(2.) Der Bf hat unstreitig seine Schweizer Kapitalerträge der Jahre 2003 bis 2006 nicht in seine Einkommensteuererklärungen aufgenommen. Die objektive Tatseite der Abgabenhinterziehung ist damit erfüllt. Streitig ist lediglich, ob der Bf seine Schweizer Kapitalerträge vorsätzlich nicht deklarierte. Das Bundesfinanzgericht stellt diesbezüglich fest, dass der Bf aufgrund der Unterlassung der Aufnahme der Kapitalerträge in seine Einkommensteuererklärungen die Verkürzung von Einkommensteuer als naheliegend ansah und diesen Erfolg hinzunehmen gewillt war.
2. Beweiswürdigung
(1.) Die Feststellungen ergeben sich aus den Einantwortungsbeschlüssen vom 1. Februar 2018 und vom 1. Juli 2024.
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}(2.) Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) beruht vorsätzliches Handeln auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, sodass es aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters erschlossen werden muss, wobei die diesbezüglichen Schlussfolgerungen Ausfluss der freien Beweiswürdigung sind (zB VwGH 23.6.1992, 92/14/0036; 30.10.2003, 99/15/0098). Dabei genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB VwGH 25.4.1996, 95/16/0244; 19.2.2002, 98/14/0213; 9.9.2004, 99/15/0250). Die Abgabenbehörde muss den Bestand der Tatsache nicht im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn nachweisen, wenn eine Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet (zB VwGH 23.2.1994, 92/15/0159).
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"Bedingter Vorsatz bzw Eventualvorsatz (",
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") liegt vor, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechts des Sachverhalts zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolgs rechnet, dies jedoch für möglich hält, dh als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist (zB VwGH 17.12.1992, ",
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" und 0136; 26.4.1994, 93/14/0052; 28.6.1995, 94/16/0282)."
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"Der Bf bringt vor, davon ausgegangen zu sein, \"dass das in der Schweiz angelegte Vermögen und die Erträgnisse ausschließlich im Ausland steuerpflichtig bzw. wie in Österreich endbesteuert sind\". (Bescheidbeschwerde vom 19. Dezember 2013, S 5; hinfort: BB). Er sei stets davon überzeugt gewesen, \"dass seine Kapitaleinnahmen ausschließlich im Quellenstaat, verfahrensgegenständlich also in der Schweiz, zu besteuern sind\" (Vorlageantrag vom 26. März 2019, S 2; hinfort: VA). In Verkennung der Rechtslage habe er angenommen, dass mit einem Quellensteuerabzug in der Schweiz von teilweise bis zu 21,10% \"sämtliche steuerlichen Pflichten erfüllt sind und eine steuerliche Deklaration in Österreich nicht erforderlich ist. Diese Schlussfolgerung eines abgabenrechtlichen Laien ist im Hinblick auf das österreichische Besteuerungssystem bei den Kapitaleinkünften auch völlig nachvollziehbar. Auch bei einer Veranlagung in Österreich werden die Steuern durch Abzug an der Quelle erhoben und die Kapitaleinkünfte müssen nicht in die Steuererklärung aufgenommen werden\" (VA, S 2). Der Bf habe \"nur einen sehr laienhaften Zugang zu steuerlichen Themen\"; \"die Gefahr einer etwaigen Verkürzung von Einkommensteuer war ihm […] weder bekannt noch bewusst noch von ihm gar intendiert\" (BB, S 5). Er sei nie auf die Idee gekommen, \"sich bezüglich einer etwaigen Steuerpflicht ausländischer Kapitaleinkünfte zu erkundigen, da er - ohne böse Absicht - gar nicht daran gedacht hat, dass er diesbezüglich Handlungsbedarf haben könnte\" (BB, S 2). Er habe sich erst \"anlässlich der medialen Diskussion hinsichtlich des Steuerabkommens zwischen Österreich und der Schweiz […] über eine allfällige Steuerpflicht bezüglich seiner Depots in der Schweiz erkundigt\" (BB, S 6)."
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"Zunächst ist dem Vorbringen entgegenzutreten, der Bf sei bloßer steuerlicher Laie gewesen. Er wusste nicht nur, dass \"sein Kapitalvermögen generell der Steuerpflicht unterlag\" (VA, S 2), sondern war auch über Details der Kapitalvermögensbesteuerung und die unterschiedliche Abgabenbelastung von Kapitalerträgen in Österreich und der Schweiz informiert: \"Die Abgabenbelastung in der Schweiz war wohl faktisch durchaus geringer, als sie in Österreich gewesen wäre, doch auch hierzu ist anzumerken, dass bestimmte Kapitalerträge (zB Veräußerung von Aktien außerhalb der Spekulationsfrist in der »alten Rechtslage«) auch in Österreich völlig steuerfrei bzw. steuerbegünstigt sein konnten\" (VA, S 3). Der Bf verfügte über eine akademische Ausbildung (Doktor der Architektur) und mehrjährige Arbeitserfahrung im Ausland (Tätigkeit als Bühnenbildner), darunter in der Schweiz (Stellungnahme des Finanzamts vom 20. Februar 2020), weswegen er aus Sicht des Bundesfinanzgerichts jedenfalls mehr als nur rudimentäre Kenntnisse des österreichischen und Schweizer Abgabenrechts besessen haben muss."
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"Da der Bf durchaus Kenntnisse der Kapitalvermögensbesteuerung hatte, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass er gerade nicht gutgläubig der Auffassung sein konnte, dass seine Einkünfte zwischen über 200.000 € im Jahr 2006 und über 360.000 € im Jahr 2003 (Bescheidbegründung vom 28. Oktober 2013, S 4), insgesamt über eine Million € (Beschwerdevorentscheidung vom 4. Jänner 2019, S 2; hinfort: BVE), mangels Steuerbarkeit in Österreich nicht zu deklarieren gewesen seien. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist regelmäßig anzunehmen, dass ein Beschwerdeführer, der über größeres Vermögen verfügt - die Depots des Bf wiesen im streitgegenständlichen Zeitraum zwischen ca sieben und acht Millionen Euro aus (VA, S 3) - von der potentiellen Steuerpflicht anfallender Erträge weiß (zB BFG 29.4.2016, ",
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")."
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"Auch der Einwand des Bf, aufgrund der in der Schweiz erhobenen Quellensteuer davon ausgegangen zu sein, dass in Österreich keine Besteuerung der Kapitalerträge mehr zu erfolgen habe, er also einem diesbezüglichen Rechtsirrtum unterlegen sei, ist zurückzuweisen: Ein solcher Einwand ist realitätsfremd und stellt eine bloße Schutzbehauptung dar (zB BFG 3.6.2015, ",
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") - und zwar erst recht in einem Fall wie dem vorliegenden mit einem Bf mit akademischer Bildung, Arbeitserfahrung in der Schweiz und Kenntnissen der Kapitalvermögensbesteuerung. Der Bf hätte jedenfalls in Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht der bB den Sachverhalt bekanntgeben müssen (zB 3.6.2015, RV/1100147/2015). Durch die Unterlassung der gebotenen Offenlegung hat sich der Bf zumindest damit abgefunden, dass Abgaben verkürzt werden (zB UFS 11.10.2012, ",
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"Abgesehen davon liegt ein Rechtsirrtum schon allein deswegen nicht vor, weil der Bf bei Anwendung der nach seinen persönlichen Verhältnissen erforderlichen Sorgfaltspflicht Erkundigungen hinsichtlich der Aufnahme ausländischer Kapitalerträge in die Einkommensteuererklärung einholen hätte müssen (zB BFG 11.9.2015, ",
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"). Ausweislich der Befragung der Ehefrau vom 14. November 2018 (S 4) legte der Bf spätestens seit den 1970er Jahren Vermögen in der Schweiz an. Das Bundesfinanzgericht muss davon ausgehen, dass sich der Bf jahrzehntelang sorgfaltswidrig nicht um dessen Versteuerung gekümmert hat. Angesichts der Höhe seines Schweizer Vermögens und der daraus erfließenden (sechsstelligen) Erträge durfte der Bf aufgrund seiner akademischen Bildung, seiner Arbeitserfahrung in der Schweiz und seinen Kenntnissen der Kapitalvermögensbesteuerung nicht davon ausgehen, dass in Österreich keine Steuerbarkeit bzw -pflicht besteht. Ein Abgabepflichtiger, der sich um die Vermehrung seines Vermögens kümmern kann - wie die Ehefrau in ihrer Befragung (S 4) ausführte, stand der Bf in regelmäßigem Kontakt mit seinen Schweizer Bankberatern -, muss auch dazu fähig sein, sich über dessen Versteuerung zu informieren (zB BFG 16.11.2015, ",
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"Ein Rechtsirrtum des Bf wird auch dadurch ausgeschlossen, dass den vorgelegten Vermögensübersichten einer der Schweizer Banken \"immer Belehrungen angeschlossen [waren], in denen ausdrücklich empfohlen wurde, dass vor einer Investition in eines der Produkte ein Finanzberater bezüglich möglicher steuertechnischer Auswirkungen zu konsultieren ist bzw. der Auszug aus der Vermögensaufstellung durch den Anleger oder dessen Steuerberater auf die in seinem Land gültigen gesetzlichen Anforderungen überprüft werden muss\" (BVE, S 3). Die Tatsache, dass der Bf, obwohl seit 1995 steuerlich vertreten, mit seinem Steuerberater niemals die sich im Zug der Veranlagung des Schweizer Vermögens zwingend stellenden Steuerfragen besprochen hat, zeigt, dass sich der Bf mit einer allfälligen Abgabenverkürzung abgefunden hat."
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"Ebenso wenig ist das Vorbringen des Bf, er habe angenommen, dass mit einem Quellensteuerabzug in der Schweiz von teilweise bis zu 21,10% sämtliche steuerlichen Pflichten erfüllt seien, geeignet, einen Irrtum zu begründen. Klar dagegen spricht, dass der Bf beispielsweise im Jahr 2003 insgesamt 256.565,33 € an ausländischen Kapitalerträgen ohne Kapitalertragsteuerabzug (KZ 754) erhalten und dafür nur 5.526,77 € - 2,15% - an ausländischer (Quellen)Steuer (KZ 757) gezahlt hat (BVE, S 5). Aufgrund seiner Kenntnisse der Kapitalvermögensbesteuerung musste der Bf wissen, dass der Steuersatz auf Kapitalerträge in Österreich gewöhnlich 25% beträgt. Zudem wurde selbst in den Jahren, in denen Quellensteuer einbehalten wurde, nicht auf alle Vermögenswerte Quellensteuer erhoben: \"Aus den Ertragsaufstellungen der Banken ist auf den ersten Blick erkennbar, dass nur einige Produkte in manchen Ländern einer Quellenbesteuerung unterzogen wurden, dies bei anderen Produkten in anderen Ländern aber nicht erfolgte: So wurden bei einigen deutschen Finanzprodukten 21,10% einbehalten, während bei andren deutschen Produkten oder jenen aus Luxemburg überhaupt keine Steuern abgezogen wurden\" (BVE, S 5). Das Bundesfinanzgericht muss daher einen Irrtum des Bf über die Steuerbarkeit bzw -pflicht der Kapitalerträge ausschließen."
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"Mit dem vom Bf ins Treffen geführten Erkenntnis des Finanzgerichts Münster (5.9.2017, K 1 1544/04 E) ist für die Beschwerde nichts zu gewinnen. Das deutsche Gericht vertrat in diesem Erkenntnis die Rechtsauffassung, dass der Umstand der bloßen Unterlassung der Einholung von Auskünften über die Steuerpflicht ausländischer Kapitaleinkünfte nicht als bedingter Vorsatz gewertet werden könne: Dies sei erst möglich, wenn den Abgabepflichtigen die Pflicht zur Einholung derartiger Erkundigungen bekannt gewesen sei. Aufgrund der besonderen Umstände des Sachverhalts - der Kläger war Vorarbeiter, die Klägerin Hausfrau, die Steuererklärungen wurden von einem Hobbyberater ausgefüllt - verneinte das deutsche Gericht einen bedingten Vorsatz. Es ist auf den ersten Blick zu erkennen, dass der vom Finanzgericht Münster entschiedene Fall mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist, weil es sich beim Bf wie ausgeführt um eine Person mit akademischer Bildung, Arbeitserfahrung in der Schweiz und Kenntnissen der Kapitalvermögensbesteuerung handelte."
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"Das Bundesfinanzgericht hat bereits mehrfach judiziert, dass allein aus dem Umstand, dass Kapitalerträge von einem Beschwerdeführer gar nicht deklariert wurden, bereits bedingter Vorsatz abzuleiten ist, weil es realitätsfremd ist, dass ein in Mitteleuropa lebender Mensch egal welcher Muttersprache keine Ahnung von der Steuerpflicht der Einnahmen hat (zB BFG 11.9.2015, ",
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"; siehe dazu auch zB VwGH 13.9.2018, ",
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"). Da der Bf wie ausgeführt seit den 1970er Jahren Vermögen in der Schweiz anlegte, ist bei konservativer Schätzung davon auszugehen, dass er über zwei Jahrzehnte der bB keine Schweizer Kapitalerträge offenlegte - und das, obwohl er bereits seit den 1980er Jahren aufgrund der nach jahrelanger Diskussion unter großem Medienecho eingeführten Kapitalertragsteuer Zweifel an der unterlassenen Deklarierung Schweizer Kapitalerträge haben hätte müssen (BVE, S 3). Allerspätestens seit der öffentlichen Diskussion um die \"Steuer-CD\" in Deutschland im Jänner 2006 rückte der Umstand, dass Erträge ausländischer Veranlagungen zu versteuern sind, ins allgemeine Bewusstsein (BVE, S 6). Dem Bf war der in der Verschweigung seiner Schweizer Kapitalerträge liegende Unrechtsgehalt daher ohne weiteres erkennbar. Selbst die steuerliche Vertretung des Bf führt im Hinblick auf die öffentliche Diskussion um die \"Steuer-CD\" aus, dass ein Vorsatz ihres Mandanten für die Jahre 2005 und 2006 angenommen werden könne (Niederschrift über den Verlauf des Erörterungsgesprächs am 04.12.2019)."
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"Spricht ein Abgabepflichtiger mit beträchtlichem ausländischen Kapitalvermögen, der steuerlicher Laie zu sein vorgibt, niemals über dieses und/oder die damit allenfalls verbundenen Steuerpflichten mit seiner steuerlichen Vertretung, von der er die längste Zeit betreut wird, lässt ein solches Verhalten aus Sicht des Bundesfinanzgerichts nur den Schluss zu, dass der Abgabepflichtige sein beträchtliches ausländisches Kapitalvermögen vor seiner steuerlichen Vertretung zu verbergen trachtet, weil er davon ausgehen muss, von seiner steuerlichen Vertretung im Fall der Offenlegung des Vermögens zur Erfüllung der damit allenfalls verbundenen Steuerpflichten angehalten zu werden (zB BFG 15.11.2017, ",
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")."
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"Aufgrund der Aktenlage ist das Vorbringen des Bf, er habe vorsatzlos gehandelt, auszuschließen. Dessen wiederholte Unterlassung, die Schweizer Kapitalerträge der bB offenzulegen, erfolgte im Bewusstsein, möglicherweise ein tatbildmäßiges Unrecht zu verwirklichen, wobei sich der Bf mit dem Erfolg - Abgabenhinterziehung - abgefunden hat."
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}3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
I. Wiederaufnahmebescheide
Kein Anbringen des Bf äußerte sich zur Unzulässigkeit der Wiederaufnahmen: Die Wiederaufnahmen bekämpfende Ausführungen unterblieben. Offenbar wurde die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmen bloß pro forma releviert, weswegen sie als unbegründet abzuweisen war.
II. Einkommensteuerbescheide
Die Erfüllung der objektiven Tatseite der Abgabenhinterziehung (§ 33 Abs. 1 Finanzstrafgesetz [FinStrG]) ist wie ausgeführt unstreitig: Der Bf verkürzte unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht ( § 119 Abs. 1 BAO iVm § 42 Abs. 1 Z. 4 Einkommensteuergesetz [EStG]) Einkommensteuer. Bescheidmäßig festzusetzende Abgaben (= Einkommensteuer) sind verkürzt, wenn sie infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruchs mit Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist nicht festgesetzt werden konnten ( § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG).
Streitig ist im vorliegenden Fall lediglich die subjektive Tatseite. Das Bundesfinanzgericht hat festgestellt, dass der Bf vorsätzlich handelte, wobei sich sein Vorsatz sowohl auf die Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht als auch auf die Abgabenverkürzung bezog. Die bB ging daher zu Recht von hinterzogenen Abgaben aus.
Nach § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO unterliegt das Recht der bB, hinterzogene Abgaben festzusetzen, einer zehnjährigen Verjährungsfrist, weswegen die bB die Einkommensteuer der Jahre 2003 bis 2006 im Jahr 2013 zu Recht festgesetzt hat.
III. Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen
Anspruchszinsen sind mit Bescheid festzusetzen. Anspruchszinsenbescheide sind an die im Spruch der zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheide - in casu: Einkommensteuerbescheide - ausgewiesene Nachforderung oder Gutschrift gebunden. Aufgrund dieser Bindung können Anspruchszinsenbescheide nicht erfolgreich mit der Begründung angefochten werden, die maßgebenden Einkommensteuerbescheide seien materiell rechtswidrig (zB BFG 14.11.2018, RV/1100499/2017; 8.10.2019, RV/5101005/2017; 1.4.2021, RV/2100333/2019). Inhaltliche Einwendungen gegen die Anspruchszinsenbescheide (zB fehlende Zustellung) wurden keine vorgebracht. Offenbar wurde nur pro forma dagegen Beschwerde erhoben. Diese war daher als unbegründet abzuweisen.
Das ursprüngliche Erkenntnis vom 23. September 2025 musste am 2. Oktober 2025 neu ausgefertigt werden, weil die bB dem Bundesfinanzgericht erst am 2. Oktober 2025 - und damit erst nach Ausfertigung des ursprünglichen Erkenntnisses - den Beschluss vom 1. Juli 2024, mit dem den Erben der Nachlass der Ehefrau des Bf eingeantwortet wurde, übermittelte.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Im vorliegenden Fall sind Tatsachenfragen streitig: Zur Klärung von Tatsachenfragen ist eine Revision grundsätzlich nicht vorgesehen.
Salzburg, am 2. Oktober 2025