JudikaturBFG

RV/7101113/2025 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
22. April 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***3***, vertreten durch ***4***, über die Beschwerde vom 1. April 2025 gegen den Bescheid des ***FA*** vom 18. Februar 2025 betreffend Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft (Bf) ein Kreditinstitut und unterliegt dem Stabilitätsgesetz. Die Bf ist ***1*** und der ***2*** als Zentralinstitut angeschlossen und damit gemäß § 27a BWG verpflichtet, zur Sicherung des Finanzmarktstabilitätsgesetzes einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs teilzunehmen (Liquiditätsverbund).

2. Am 31.10.2024 wurde die Stabilitätsabgabeerklärung 2024 übermittelt. In einem Begleitschreiben vom 25.10.2024 wurde mitgeteilt, im Sinne der Verfahrensökonomie sowie in Kenntnis der Rechtsmeinung des ***FA*** sei bei Berechnung der Bemessungsgrundlage die Kürzungsbestimmung des § 2 Abs. 2 Z. 3a StabAbgG nicht angewendet worden. Die Bemessungsgrundlage sei nicht um die beim Zentralinstitut gehaltene Liquiditätsreserve vermindert worden. Die Bf behalte sich vor, die gegenteilige Rechtsansicht im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens durchzusetzen.

3. Die Veranlagung zur Stabilitätsabgabe 2024 erfolgte erklärungsgemäß. Gegen den Bescheid über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 vom 18.02.2025 wurde (nach Verlängerung der Beschwerdefrist) am 01.04.2025 fristgerecht Beschwerde erhoben. Neuerlich wurde darauf hingewiesen, dass in der Stabilitätsabgabeerklärung 2024 die Liquiditätsreserve nicht abgezogen worden sei. Die Bf beantrage die Abänderung des Bescheides vom 18.02.2025, weil dieser auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhe. Die Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe 2024 sei um die Liquiditätsreserve von € ***5*** zu kürzen und die Abgabe mit € ***6*** festzusetzen. Zur Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG wurde vorgebracht, es läge ein unsachlicher Systembruch hinsichtlich der doppelten Besteuerung von Einlagen, eine unsachliche Differenzierung zwischen Einlagensicherung und Liquiditätsverbund, eine sachwidrige Besteuerung gedeckter Einlagen, eine Benachteiligung gegenüber Kreditinstituten, die keinem Liquiditätsverbund angehören müssen sowie solchen, die einem dreistufigen Bankenverbund angehören, vor.

4. Die Beschwerde wurde gemäß § 262 Abs. 3 BAO ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Verwaltungsgericht vorgelegt.

II. Rechtslage und Erwägungen:

1. Der Betrieb von Kreditinstituten unterliegt gemäß § 1 StabAbgG der Stabilitätsabgabe.

1.1. Gemäß § 2 Abs 1 StabAbgG ist die durchschnittliche unkonsolidierte Bilanzsumme (§ 2 Abs 2 StabAbgG) des Kreditinstitutes, vermindert um die in § 2 Abs 2 StabAbgG genannten Beträge, die Bemessungsgrundlage für die Stabilitätsabgabe.

Gemäß § 2 Abs 2 Z 3a StabAbgG ist die Bilanzsumme ab 2015 um Verpflichtungen gegenüber Kreditinstituten zu vermindern, soweit diese aus der Erfüllung des Liquiditätserfordernisses gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entstanden sind. Eine Verminderung ist nur in jenem Ausmaß zulässig, als Forderungen an das Zentralinstitut oder ein anderes Kreditinstitut gemäß § 27a BWG bestehen, die der Erfüllung der eigenen Liquiditätshaltungspflicht gemäß Teil 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 dienen und das Zentralinstitut oder das andere Kreditinstitut gemäß § 27a BWG der Stabilitätsabgabe gemäß diesem Bundesgesetz oder einer vergleichbaren Abgabe in einem Mitgliedstaat (§ 2 Z 5 BWG) unterliegt.

Gemäß § 27a BWG haben Kreditinstitute, die einem Zentralinstitut angeschlossen sind, zur Sicherung der Finanzmarktstabilität an einem System des gemeinsamen Liquiditätsausgleichs teilzunehmen. Dazu haben sie bei ihrem Zentralinstitut oder bei einem anderen vertraglich oder statutarisch festgelegten Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat eine Liquiditätsreserve im Ausmaß von 10 vH der Spareinlagen und 20 vH der sonstigen Euro-Einlagen, höchstens jedoch 14 vH der gesamten Euro-Einlagen zu halten.

1.2. Im Erkenntnis vom 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen:

"29 Da überdies eine Verminderung nur in jenem Ausmaß zulässig ist, als Forderungen an das Zentralinstitut (oder ein anderes Kreditinstitut) bestehen, kann die Verminderung der Bemessungsgrundlage nach dieser Ziffer nur im Fall eines mehrstufigen Bankenverbundes eintreten, da nur in diesem Fall sowohl Verpflichtungen gegenüber einem Kreditinstitut (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses), anderseits aber auch Forderungen an das Zentralinstitut bestehen können. Eine derartige Verminderung der Bemessungsgrundlage wird daher insbesondere bei einem dreistufigen Bankenverbund, und zwar auf Ebene der Landesbank eintreten können, bei welcher Verpflichtungen gegenüber dem Primärinstitut und Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut bestehen.

30 Zu verweisen ist auch darauf, dass in Satz 1 des § 2 Abs. 2 Z 3a StabAbgG nicht normiert ist, wessen Liquiditätserfordernisse erfüllt wurden. Im zweiten Satz dieser Bestimmung wird hingegen - in deutlicher Abweichung vom ersten Satz - auf die Erfüllung der "eigenen Liquiditätshaltungspflicht" (also jene des Kreditinstituts, dessen Stabilitätsabgabe zu beurteilen ist) abgestellt. In diesem Sinne verweisen auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (zur Stammfassung des § 2 Abs. 2 Z 3 StabAbgG) darauf, dass das steuerpflichtige Kreditinstitut "seinerseits" Guthaben und Forderungen an ein Zentralinstitut habe. Es kann somit abgeleitet werden, dass in Satz 1 dieser Bestimmung gerade nicht die Liquiditätserfordernisse jenes Kreditinstituts gemeint sind, dessen Stabilitätsabgabe zu beurteilen ist, sondern die Liquiditätserfordernisse jenes Kreditinstituts, das die Einlagen bei dem Kreditinstitut, dessen Stabilitätsabgabe zu beurteilen ist, geleistet hat (und damit die Verpflichtung ausgelöst hat).

31 Bei einem (wie hier vorliegenden) zweistufigen Bankenverbund liegen hingegen nicht (beim selben Kreditinstitut) sowohl Verpflichtungen (aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses) als auch Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut vor."

Da die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Z. 3a StabAbgG (Vorliegen von Verpflichtungen aus der Erfüllung eines Liquiditätserfordernisses als auch von Forderungen gegenüber dem Zentralinstitut beim selben Kreditinstitut) nicht vorliegen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2. Der Meinung der Bf, wonach der Bescheid über die Festsetzung der Stabilitätsabgabe 2024 auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruhe, vermag das Bundesfinanzgericht nicht zu folgen.

2.1. Nach Art 89 Abs 2 B-VG iVm Art 135 Abs 4 B-VG hat ein Verwaltungsgericht dann, wenn es gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, den Antrag auf Aufhebung dieser Rechtsvorschrift beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Vorauszuschicken ist zunächst, dass es in der privatautonomen Entscheidung einer Bank liegt, ob sie sich einem Zentralinstitut anschließt oder nicht (VwGH 24.04.2015, Ro 2015/02/0011 mit Verweis auf VfGH 23.06.1993, G 250/92; Völkl in Laurer/M. Schütz/Kammel/Ratka, BWG § 27a Rz 13 [Stand 1.5.2019, rdb.at]), sodass die Angeschlossenheit - sowohl von Zentralinstitutsseite als auch von Seiten des angeschlossenen Instituts privatautonom in jede Richtung zu jedem Zeitpunkt - abhängig von den entsprechenden Kündigungsbestimmungen - verändert werden kann (Blume in Dellinger, BWG § 27a Rz 8, 10. Lfg November 2020).

Der Verfassungsgerichtshof hat in einer Entscheidung (VfGH 14.12.2011, B 886/11‐8) zum StabAbgG idF BGBl. I 111/2010 erkannt, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Festsetzungsbescheid hinsichtlich der Stabilitätsabgabe weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden ist. Hinsichtlich der vom Gesetzgeber gewählten Bemessungsgrundlage ist das Anknüpfen an die (modifizierte) Bilanzsumme nicht unsachlich und die vorgebrachten Bedenken gegen die Berechnung der Bemessungsgrundlage sind rechtspolitischer und nicht verfassungsrechtlicher Natur, wobei der Verfassungsgerichtshof festhält, dass ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gegeben ist (Rz 28ff).

2.2. Wie bereits in VwGH 20.11.2024, Ro 2024/13/0019, zum Ausdruck kommt, können gemäß gleichgelagerter Folgebestimmung keine Verpflichtungen bei zweistufigen Liquiditätsverbünden abgezogen werden. Schließt man aus diesen Gründen eine Präjudizialität aus, so fehlt es an einer wesentlichen Voraussetzung zur Beantragung eines Normprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof.

2.3. Geht man jedoch davon aus, dass § 2 Abs 2 Z 3 bzw. 3a StabAbgG präjudiziell ist (vgl dazu Muzak, B-VG6 Art 89 Rz 5 d) mit zahlreichen Hinweisen wie zB VfGH 12.04.1997, G400/96, G44/97, mit welcher dieser in einer die Kommunalsteuer betreffenden Beschwerdesache, obwohl vom Beschwerdeführer lediglich die Verfassungswidrigkeit von § 1 Kommunalsteuergesetz vorgebracht worden war, von Amts wegen ein Prüfungsverfahren hinsichtlich der Ausnahmebestimmung § 8 Z 1 Kommunalsteuergesetz eingeleitet und diese somit als präjudiziell angesehen hatte), so ist die Tatsache, dass ein Normprüfungsverfahren weder beantragt noch amtswegig eingeleitet wurde, derart auszulegen, dass weder der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 20.11.2024, Ro 2024/13/0019) noch der Verfassungsgerichtshof (14.12.2011, B 886/11‐8) Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit hatten.

Das Bundesfinanzgericht sieht sich daher nicht veranlasst, einen Gesetzesaufhebungsantrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

III. Unzulässigkeit einer Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, weil die zugrundeliegende Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 20.11.2024, Ro 2024/13/0019) hinreichend beantwortet sind. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Innsbruck, am 22. April 2025