IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache des Bf., K-Gasse-xx, Gde X, über die Beschwerde vom 17. März 2025 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, Postfach 260, 1000 Wien, vom 19. Februar 2025 betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe (Steuernummer aa-bbb/cccc) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Zwangsstrafe wird mit 150,00 € festgesetzt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom 19. Februar 2025 hat das Finanzamt aufgrund der nicht fristgerechten Abgabe der Umsatz- und der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2023 eine Zwangsstrafe in Höhe von gesamt 300,00 € festgesetzt.
In der gegen diesen Bescheid über die Festsetzung einer Zwangsstrafe am 17. März 2025 via FinanzOnline erhobenen Beschwerde wurde vom Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) die Aufhebung dieses angefochtenen Bescheides beantragt und dazu begründend vorgebracht, dass es korrekt sei, dass er keine Einkommensteuererklärung für 2023 abgegeben habe. Er habe auch postalisch keine Aufforderung dazu erhalten, weshalb es ihm nicht aufgefallen sei. Bis 2020 habe er dies immer selbst erledigt, danach sein damaliger Firmensteuerberater Mag. XY, der dann leider 2022 verstorben sei. Er habe nun gedacht, dass ihr neuer Steuerberater dies für ihn erledige, was leider nicht erfolgt sei. Es sei allein seine Schuld, dass dies passiert sei und er bitte um Entschuldigung. Weiters bitte er von der Strafe für die nicht erfolgte Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2023 ebenfalls abzusehen. Als geschäftsführender Gesellschafter der AB GmbH beziehe er ein Gehalt, welches er seit 2015 nur einkommensversteuere. Eine Umsatzsteuerveranlagung sei daher seit 2015 oder 2016 nie mehr durchgeführt worden, da er über kein anderes Einkommen verfüge. Die Daten für die Erklärungen 2022 und 2023 habe er nunmehr und er ersuche daher auch die Schätzung für die beiden Jahre aufzuheben, was er dann in einem gesonderten Schreiben machen werde.
Mit Beschwerdevorentscheidung (Verf 40) vom 7. April 2025 wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Bescheid betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe als unbegründet ab; auf die diesbezüglichen begründenden Ausführungen der Abgabenbehörde wird an dieser Stelle verwiesen.
Mit Anbringen (FinanzOnline) vom 8. April 2025 beantragte der Bf. die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen, wandte sich unter Verweis auf seine oben dargestellten Ausführungen in der Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung und führte ergänzend aus, dass er seit dem Jahr 2016 ausschließlich Einkommensteuererklärungen ohne Umsatzsteuerklärungen abgegeben habe, da er ausschließlich ein Gehalt als geschäftsführender Gesellschafter beziehe. Für die Jahre 2020 und 2021 sei dies über den Steuerberater abgewickelt worden. Aus ihm nicht nachvollziehbaren Gründen seien für diese Jahre Umsatzsteuerklärungen übermittelt worden; diese hätten jedoch keine steuerpflichtigen Umsätze enthalten und auch zu keinerlei Abgabenbelastung geführt. Für die Jahre 2022 und 2023 habe er keine Erklärungen abgegeben, da er keinerlei Aufforderung seitens des Finanzamts erhalten habe. Er sei weder schriftlich noch über den elektronischen Postkorb oder auf anderem Weg über eine Abgabeverpflichtung oder etwaige Versäumnisse informiert worden. Aufgefallen sei es ihm (noch) nicht, da er irrtümlich gedacht habe, der neue Firmensteuerberater erledige dies und diese andere Abgabefristen hätten. Die erste (!) Information dazu habe er am 19. Februar 2025 in Form einer E-Mail erhalten, in welcher ihm mitgeteilt worden sei, dass sich ein Bescheid in FinanzOnline befinde. Diese Nachricht sei jedoch bereits der Strafbescheid selbst gewesen. Eine vorherige Ermahnung oder Erinnerung sei nicht erfolgt. Es sei ihm daher nicht zumutbar, ein Versäumnis einzugestehen, welches er nicht erkennen habe können. Offenbar sei im abgabenbehördlichen System noch der verstorbene Steuerberater als Zustellkontakt hinterlegt gewesen oder es habe ein anderer technischer oder organisatorischer Grund vorgelegen, welcher dazu geführt habe, dass keine Verständigung erfolgt sei.
Mit Vorlagebericht vom 1. Juni 2025 legte das Finanzamt - wie dem Bf. auch mitgeteilt wurde - die Beschwerde betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Nach einer kurzen Sachverhaltsdarstellung erklärte die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorlage in Erwiderung auf den eingebrachten Vorlageantrag, dass die bescheidmäßige Androhung der bekämpften Zwangsstrafe am 18. Dezember 2024 elektronisch an den Bf. zugestellt worden sei. Nach der Rechtsprechung sei eine Zustellung über FinanzOnline auch dann wirksam, wenn keine E-Mail-Benachrichtigung erfolgt sei. Die Androhung einer Zwangsstrafe sei nachweislich über FinanzOnline erfolgt.
In weiterer Folge wurde die Abgabenbehörde vom Bundesfinanzgericht mit E-Mail vom 16. Juni 2025 ersucht, entsprechende Erhebungen bei der für das Verfahren "Finanzonline" zuständigen Stelle des Bundesministeriums für Finanzen durchzuführen und dabei insbesondere abzuklären, ob der Bf. im Zeitpunkt der Androhung der Zwangsstrafe (Bescheid vom 18.12.2024) sowie im Zeitpunkt der Festsetzung der Zwangsstrafe (Bescheid vom 19.2.2025) Teilnehmer von Finanzonline war und an der elektronischen Zustellung teilnahm (aufrechter Zugang?). Weiters wurde ersucht zu erheben, ob und zu welchem (exakten) Zeitpunkt die beiden genannten Bescheide tatsächlich in der Databox des Bf. einlangten bzw. elektronisch zugestellt wurden und ob und zu welchem Zeitpunkt diese Bescheide vom Bf. abgerufen bzw. gelesen wurden.
In Reaktion auf diese Vorhaltung vom 16. Juni 2025 ließ das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mit E-Mail vom 24. Juni 2025 eine Nachricht der für IT-Verfahren zuständigen Stelle des Bundesministeriums für Finanzen, Zentrale Services, Verfahrensbetreuung, zukommen, in welcher zu Herrn Bf., Subjekt-Identifikationsnummer (SID) 123456, Folgendes ausgeführt wird:
"SID 123456 ist seit 14.12.2020 FON-Teilnehmer - das können Sie auch aus der GDV Historie (Allgemeine Subjektdaten / Historische Ansicht) entnehmen.
Der erstmalige Einstieg ist mit Bürgerkarte erfolgt.Die elektronische Zustellung ist seit 14.12.2020 aktiviert.Die Einstiege werden mit ID Austria durchgeführt.Die genannten Bescheide wurden von SID 123456 gelesen:
SID | ANBRINGEN | DATBESCH | Zeitpunkt Zustellung | Zeitpunkt gelesen |
123456 | FUW-FEST | 2025-02-19 | 2025-02-19 00:21:19.210211 | 2025-02-19 12:32:35.081000 |
123456 | FUW-ANDR | 2024-12-18 | 2024-12-18 00:11:45.804124 | 2025-03-23 21:24:34.007000 |
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:
Hinsichtlich des maßgebenden und unstrittigen Sachverhaltes wird auf die obige Darstellung des Verfahrensganges verwiesen und wird - entsprechend der von der Abgabenbehörde vorgelegten Aktenteile - folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:
Mit Bescheid vom 18. Dezember 2024 hat das Finanzamt den Bf. (wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer der AB GmbH mit Sitz in X) unter Androhung einer Zwangsstrafe in Höhe von gesamt 300,00 € (150,00 € pro Erklärung) zur Abgabe der Umsatz- und der Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2023 bis zum 27. Jänner 2025 aufgefordert.
Mit Bescheid vom 19. Februar 2025 hat das Finanzamt aufgrund der nicht fristgerechten Abgabe der Umsatz- und der Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2023 eine Zwangsstrafe in Höhe von 300,00 € festgesetzt.
Der Bf. stimmte der elektronischen Zustellung gemäß § 97 Abs. 3 BAO im Rahmen von FinanzOnline zu. Die beiden oben genannten Bescheide wurden am 18. Dezember 2024 bzw. am 19. Februar 2025 amtssigniert und am selben Tag über FinanzOnline in die Databox des Bf. übermittelt [abgesehen davon, dass die Einbringung in die Finanz-Online-Databox (Nachrichten) des Empfängers nach allgemeiner Erfahrung innerhalb einer Stunde ab Erstellung der Amtssignatur erfolgt, wurde im gegenständlichen Fall auch durch die für IT-Verfahren zuständige Stelle des Bundesministeriums für Finanzen, Zentrale Services, Verfahrensbetreuung, nach entsprechender Prüfung gegenüber dem Finanzamt bestätigt, dass der Bf. im Zeitpunkt der Androhung wie auch im Zeitpunkt der Festsetzung der Zwangsstrafe einen aufrechten Finanzonline-Zugang hatte (FON-Teilnehmer bzw. aktivierte elektronische Zustellung seit 14.12.2020) und die beiden in Rede stehenden Bescheide ordnungsgemäß in der Databox des Bf. [Subjekt-Identifikationsnummer (SID) 123456] einerseits am 18. Dezember 2024 um 00:11 Uhr und andererseits am 19. Februar 2025 um 00:21 Uhr einlangten bzw. elektronisch zugestellt wurden. Lt. Verfahrensbetreuung wurde die in Rede stehende Aufforderung bzw. Androhung der Zwangsstrafe vom Bf. am 23. März 2025 (21:24 Uhr) und die gegenständliche Festsetzung der Zwangsstrafe vom Bf. am 19. Februar 2025 (12:32 Uhr) gelesen.
Der Bf. hat nach Erlassen der Bescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2023 vom 12. März 2025 mittels Schätzung gemäß § 184 BAO (dabei wurde die Umsatzsteuer 2023 mit 0,00 € und die Einkommensteuer 2023 mit 6.775,00 € festgesetzt) neben dem Antrag vom 31. März 2025 auf Aufhebung des genannten Einkommensteuerbescheides 2023 gemäß § 299 Abs. 1 BAO auch seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit für 2023 auf elektronischem Wege eingebracht zw. erklärt, woraufhin die Abgabenbehörde mit Bescheiden vom 2. April 2025 den Einkommensteuerbescheid 2023 vom 12. März 2025 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufhob und nach § 299 Abs. 2 BAO gleichzeitig einen neuen Einkommensteuerbescheid für dieses Jahr (erklärungsgemäß) erließ (Festsetzung der Einkommensteuer 2023 mit 1.908,00 €).
Entsprechend einer Abfrage im abgabenbehördlichen Abgaben-Informationssystem ist für den Bf. neben einem E- auch ein U-Signal vergeben. Für die Jahre 2020 und 2021 wurden Umsatz- und Einkommensteuererklärungen elektronisch eingereicht.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich nun Folgendes:
§ 111 Bundesabgabenordung (BAO), BGBl. Nr. 194/191 idF des BGBl. I Nr. 99/2007, lautet:
"(1) Die Abgabenbehörden sind berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen. Zu solchen Leistungen gehört auch die elektronische Übermittlung von Anbringen und Unterlagen, wenn eine diesbezügliche Verpflichtung besteht.
(2) Bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, muss der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. Die Aufforderung und die Androhung müssen schriftlich erfolgen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
(3) Die einzelne Zwangsstrafe darf den Betrag von 5.000 Euro nicht übersteigen.
(4) Gegen die Androhung einer Zwangsstrafe ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."
Der Zweck der Zwangsstrafe ist, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen und die Partei (zB Abgabepflichtiger) zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten. Demnach dürfen Zwangsstrafen nur zur Erzwingung aufgrund gesetzlicher Befugnisse getroffener Anordnungen angedroht und festgesetzt werden (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 111 Rzen 1 f, sowie die dort zit. VwGH-Judikate).
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Einreichung von Abgabenerklärungen eine mittels Zwangsstrafe nach § 111 BAO erzwingbare Leistung dar (vgl. VwGH 28.10.1998, 98/14/0091; VwGH 24.5.2007, 2006/15/0366; VwGH 26.3.2014, 2013/13/0022). Dies ergibt sich aus § 111 BAO in Verbindung mit der allgemeinen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gemäß § 119 BAO sowie der Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen gemäß den §§ 133 ff BAO.
Nach § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.Der Offenlegung dienen gemäß Abs. 2 leg. cit. insbesondere die Abgabenerklärungen, Anmeldungen, Anzeigen, Abrechnungen und sonstige Anbringen des Abgabepflichtigen, welche die Grundlage für abgabenrechtliche Feststellungen, für die Festsetzung der Abgaben, für die Freistellung von diesen oder für Begünstigungen bilden oder die Berechnungsgrundlagen der nach einer Selbstberechnung des Abgabepflichtigen zu entrichtenden Abgaben bekanntgeben.
Nach § 133 Abs. 1 BAO bestimmen die Abgabenvorschriften, wer zur Einreichung einer Abgabenerklärung verpflichtet ist. Zur Einreichung ist ferner verpflichtet, wer hiezu von der Abgabenbehörde aufgefordert wird. Die Aufforderung kann auch durch Zusendung von Vordrucken der Abgabenerklärungen erfolgen.Der zweite Satz des § 133 Abs. 1 BAO sieht somit zusätzlich vor ("ist ferner verpflichtet"), dass durch Aufforderung des Finanzamtes zur Erklärungsabgabe die Pflicht zur Erklärungsabgabe besteht.
Gemäß § 134 Abs. 1 BAO sind die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer sowie für die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Diese Fristen können vom Bundesminister für Finanzen allgemein erstreckt werden.
Nach § 42 Abs. 1 EStG 1988 hat der unbeschränkt Steuerpflichtige ua. eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn - er vom Finanzamt dazu aufgefordert wird (Z 1) oder - das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 leg. cit. bestanden hat und der Gewinn auf Grund eines Betriebsvermögensvergleiches zu ermitteln war oder ermittelt worden ist (Z 2) oder- das Einkommen, in dem keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte enthalten sind, mehr als 11.693,00 € betragen hat (Z 3).
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 27 UstG 1994 ist ein Kleinunternehmer ein Unternehmer, der im Inland sein Unternehmen betreibt und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 leg. cit. im Veranlagungszeitraum 35.000,00 € nicht übersteigen.Nach § 21 Abs. 6 UstG 1994 ist ein Kleinunternehmer (§ 6 Abs. 1 Z 27 leg. cit.), dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 leg. cit. im Veranlagungszeitraum 35.000,00 € nicht übersteigen und der für den Veranlagungszeitraum keine Steuer zu entrichten hat, von der Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung befreit. Die Durchführung einer Veranlagung ist nicht erforderlich. Bei der Umsatzgrenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz.Das bedeutet, dass Kleinunternehmer nicht ausnahmslos von der Verpflichtung zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung befreit sind, sondern nur dann, wenn die Umsätze 35.000,00 € nicht übersteigen.
Im Bescheid vom 18. Dezember 2024 über die Androhung einer Zwangsstrafe war die vom Bf. zu erbringende Leistung mit Nachholung der Abgabe der Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2023 bis zum 27. Jänner 2025 ausreichend determiniert; dies verbunden mit dem Hinweis, dass die Frist zur Einreichung der Abgabenerklärungen bereits zum Zeitpunkt der Ausfertigung des Schreibens bzw. des Bescheides abgelaufen war.
Die genannte bescheidmäßige Aufforderung bzw. Androhung wurde am 18. Dezember 2024 amtssigniert und nachweislich am selben Tag über FinanzOnline in die Databox des Bf. übermittelt. Nach § 98 Abs. 2 erster Satz BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Der Zeitpunkt, an dem Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox. Die Databox ist eine solche, zu der der Empfänger Zugang hat. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer, beispielsweise durch Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides, kommt es nicht an. Der in Rede stehende Bescheid gilt damit mit 18. Dezember 2024 als zugestellt (bzw. als bekannt geworden). Eine fehlende oder verspätete Einsichtnahme geht demzufolge zu Lasten des Bf.Eine (allenfalls nach § 5b Abs. 2 FOnV 2006 erfolgte zusätzliche) abgabenbehördliche Information über eine Zustellung einer Erledigung per E-Mail stellt im Übrigen keine Voraussetzung für das Wirksamwerden einer elektronischen Zustellung dar; einer solchen (zusätzlichen) Mitteilung kommt lediglich Service-Charakter zu und war daher mit dem diesbezüglichen im Verfahrensgang dargestellten Vorbringen des Bf. nichts zu gewinnen.
An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass dann, wenn sich ein Abgabepflichtiger eines steuerlichen Vertreters bedient und dieser damit befugt ist, im Namen und auf Rechnung des Vertretenen Handlungen zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zu erbringen, dem Vertretenen auch Unterlassungen zuzurechnen sind.
Das Einkommen des Bf. enthielt im Beschwerdejahr keine lohnsteuerpflichtigen Einkünfte und betrug mehr als 11.693,00 € (vgl. dazu den erklärungsgemäß ergangenen Einkommensteuerbescheid 2023 vom 2.4.2025). Daraus resultiert gemäß § 42 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 die Pflicht zur unaufgeforderten Einreichung einer Einkommensteuererklärung (Pflichtveranlagungstatbestand).
Selbst dann, wenn für den Abgabepflichtigen (Stichwort: Kleinunternehmer) keine Abgabenpflicht und damit auch grundsätzlich ohne Aufforderung durch die Behörde keine Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung bestanden hätte, stand dies der Aufforderung durch die Behörde nicht entgegen. Hat die Behörde eine derartige Aufforderung bzw. Anordnung getroffen, dann trifft den Abgabepflichtigen - wie oben ausgeführt - eine Erklärungspflicht. Gerade im Hinblick auf eine mögliche Kleinunternehmereigenschaft ist dies nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes auch sinnvoll, weil das Finanzamt die Möglichkeit haben muss, mittels einer Umsatzsteuererklärung in Verbindung mit anderen Ermittlungen zu überprüfen, ob tatsächlich eine solche gegeben ist (siehe dazu auch BFG 26.2.2025, RV/7100409/2025).
Auch ist es für die Verhängung einer Zwangsstrafe wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen unerheblich, ob im Verfahren später aufgrund einer Schätzung Einkünfte welcher Art und in welcher Höhe festgestellt werden, da die Verhängung der Zwangsstrafe allein den Zweck verfolgt, die Partei zur Erfüllung ihrer abgabenrechtlichen Pflichten zu verhalten.
Aufgrund der §§ 133 Abs. 1 BAO bzw. 42 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 war der Bf. mit der gegenständlichen bescheidmäßigen Aufforderung zur Einreichung der Abgabenerklärungen 2023 samt Androhung der Zwangsstrafe vom 18. Dezember 2024 jedenfalls zur Vorlage der Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2023 verpflichtet.
Im vorliegenden Fall ist der Bf. seiner Verpflichtung zur fristgerechten Einreichung der Abgabenerklärungen 2023 nicht nachgekommen. Er hat einerseits die gesetzliche Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung 2023 ungenützt verstreichen lassen. Andererseits blieb eben auch die abgabenbehördliche Aufforderung (unter Androhung einer Zwangsstrafe) zur Einreichung der gegenständlichen Abgabenerklärungen bis zur gesetzten Frist (27.1.2025) erfolglos. Die Erklärung seiner Einkünfte aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2023 erfolgte erst mit dem Antrag vom 31. März 2025 auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2023 vom 12. März 2025 gemäß § 299 Abs. 1 BAO.
Die Verhängung der Zwangsstrafe ergeht als Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO. Diese ist nach Billigkeit - unter Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei - und nach Zweckmäßigkeit - unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben - zu treffen. Das Ermessen bezieht sich sowohl auf die Festsetzung dem Grunde wie auch der Höhe nach. Bei der Ermessensübung werden insbesondere die Höhe der allfälligen Steuernachforderung, der Verschuldensgrad und das bisherige Verhalten des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen sein (vgl. VwGH 26.6.1992, 89/17/0010; VwGH 22.2.2000, 96/14/0079; VwGH 15.12.2022, Ritz/Koran, BAO8, § 111 Rz 10).
Vor dem Hintergrund obiger Ausführungen erweist sich die Festsetzung der Zwangsstrafe als grundsätzlich zulässig. Das Finanzamt war unzweifelhaft dem Grunde nach zur Androhung und sodann zur Festsetzung einer Zwangsstrafe berechtigt, ist der Bf. doch seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen.
Hinsichtlich der Höhe der von der Abgabenbehörde verhängten Zwangsstrafe ist Folgendes festzuhalten:
Im Beschwerdefall kann die Ermessensübung des Finanzamtes im Hinblick auf den Zweck der Bestimmung nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die festgesetzte, der Höhe nach nicht dezidiert bekämpfte, im unteren Bereich des gesetzlich vorgesehenen Rahmens liegende (3% des maximal möglichen Ausmaßes pro Abgabenerklärung) Zwangsstrafe erfüllt nach Ansicht des erkennenden Richters grundsätzlich das öffentliche Anliegen am gesetzlichen Verfahrensziel der Anhaltung von Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen.
Im Hinblick auf die nicht fristgerechte Abgabe der Einkommensteuererklärung 2023 war im Rahmen der Ermessensentscheidung der Zweckmäßigkeit den Vorrang gegenüber der Billigkeit zu geben. Zu berücksichtigen war in diesem Zusammenhang, dass die Einkommensteuer 2023 schließlich mit Bescheid vom 2. April 2025 mit 1.908,00 € (rechtskräftig) festgesetzt wurde, sohin eine Abgabennachforderung auslöste. Zu berücksichtigen war auch, dass der Bf. zur unaufgeforderten Einreichung einer Einkommensteuererklärung verpflichtet war und ihm diese Verpflichtung wohl auch bewusst war. Wenn der Bf. vorbringt, die gegenständliche Aufforderung nicht gelesen zu haben, so ist diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass er damit die notwendige, erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, indem er offensichtlich längerfristig nicht in seine Databox eingesehen hat; ein diesbezügliches sorgloses Verhalten bzw. Verschulden ist keine Entschuldigung für die Nichtbeachtung der in Rede stehenden rechtlichen Pflichten. Die Festsetzung der Zwangsstrafe wegen nichtfristgerechter Einreichung der Einkommensteuererklärung 2023 iHv 150,00 € erweist sich damit als rechtmäßig und war geboten, um den Bf. in Hinkunft zur fristgerechten Einreichung seiner Abgabenerklärung zu verhalten. Sie erfüllt das öffentliche Anliegen am gesetzlichen Verfahrensziel der Anhaltung von Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen in ausreichendem Ausmaß.
Was die nicht fristgerechte Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2023 betrifft war zu Gunsten des Bf. zu berücksichtigen, dass die Umsatzsteuer 2023 mit Bescheid vom 12. März 2025 - wie im Übrigen bereits in den Vorjahren - mit 0,00 € festgesetzt wurde und es damit zu keiner Steuernachzahlung gekommen ist, er grundsätzlich als Kleinunternehmer von der Verpflichtung zur (unaufgeforderten) Abgabe einer Steuererklärung befreit ist, gegenständlich ein höhergradiges Verschulden bzw. ein massives Fehlverhalten an der nicht rechtzeitigen Einreichung der Umsatzsteuererklärung 2023 nicht feststellbar war, hat er doch die gegenständliche Aufforderung zur Einreichung der Abgabenerklärung - wenn auch in nachlässiger Weise - erst am 23. März 2025 gelesen und doch auch (wenngleich ein Verschulden der Parteienvertretung einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist) glaubhaft vorgebracht, dass er davon ausgegangen sei, dass die neue Firmensteuerberatung die Abgabenerklärungen - wie bereits für 2020 und 2021 - einreichen werde. Auch war weder aktenkundig noch wurde von Seiten der Abgabenbehörde behauptet, dass sich der Bf. in der Vergangenheit Verletzungen der Verpflichtung zur rechtzeitigen Abgabe von Steuererklärungen zuschulden kommen lassen hat. In Würdigung dieser für die Ermessensübung relevanten Umstände kann im Hinblick auf die nicht fristgerechte Einreichung einer Umsatzsteuererklärung für 2023 von der Festsetzung einer Zwangsstrafe abgesehen werden; gerade auch in Anbetracht der anzuwendenden Kleinunternehmerregelung war schon aus spezialpräventiven Gründen die Verhängung einer Zwangsstrafe nicht geboten.
Zusammenfassend gesehen war damit die Zwangsstrafe gegenüber dem angefochtenen Bescheid zu reduzieren und mit 150,00 € (= 3% des Höchstbetrages) festzusetzen. Der Beschwerde war insofern teilweise Folge zu geben und der angefochtene Bescheid dementsprechend abzuändern.
Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (zitierten) VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden, und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Eine (ordentliche) Revision ist damit nicht zulässig.
Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am 3. Juli 2025