JudikaturBFG

RV/2100065/2022 – BFG Entscheidung

Entscheidung
Steuerrecht
23. Juli 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 25. März 2021 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 17. März 2021 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund des in diesem Zuge übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, stellt sich der Verfahrensgang für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Mit Datum 09. März 2021 hat der Beschwerdeführer seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 via FON bei der belangten Behörde eingebracht. Darin beantragte er für seine 3 in Slowenien lebenden Kinder (Kind 1 (***1***) Kind 2 (***1***) und Kind 3 (***3***)) jeweils den gänzlichen Familienbonus plus, als auch den Unterhaltsabsetzbetrag für die 3 Kinder.

Zudem stellte der Beschwerdeführer in seiner Abgabenerklärung den Antrag gemäß § 1 Abs 4 EStG auf Behandlung als unbeschränkt Abgabepflichtiger.

Die belangte Behörde führte in der Folge die Veranlagung durch und erließ mit Datum 17. März 2021 den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2020. Darin wurde der Familienbonus plus mit € 1.185,00 und der Unterhaltsabsetzbetrag mit € 1.245,72 steuerlich berücksichtigt. Begründend führte die belangte Behörde aus wie folgt:

"Ihre Spenden, Kirchenbeiträge oder Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung oder für den Nachkauf von Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung werden erstmals für das Kalenderjahr 2017 bis spätestens Ende Februar des Folgejahres verpflichtend elektronisch an das Finanzamt übermittelt und automatisch bei der Veranlagung berücksichtigt."

Mit Schriftsatz vom 25. März 2021 übermittelte der Beschwerdeführer die Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 via FON an die belangte Behörde.

Darin beantragte der Beschwerdeführer eine Neuberechnung des Unterhaltsabsetzbetrages. Dies deshalb, da er für 3 Kinder den Unterhalt bezahle.

Mit Datum 29. Oktober 2021 erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2020. Darin wies sie die gegenständliche Beschwerde als unbegründet ab. In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus wie folgt:

"Unterhaltszahlungen werden mit dem Unterhaltsabsetzbetrag pauschal abgegolten: Sie haben für 3 Kinder für 12 Monate den Unterhaltsabsetzbetrag von gesamt € 1.245,72 steuerlich berücksichtigt bekommen. Mit Indexierung (Slowenien): 1. Kind € 23,07 plus 2. Kind € 34,60 plus 3. Kind € 46,14 = € 1.245,72."

Datierend mit 30. Oktober 2021 brachte der Beschwerdeführer dagegen einen Vorlageantrag ein. Darin führte er aus, dass er nicht den Unterhaltsabsetzbetrag bekämpfe, sondern in Bezug auf den Familienbonus plus eine Neuberechnung beantragte.

Es solle der Familienbonus plus nicht in der Höhe von € 1.185,00 Berücksichtigung finden. Es werde diesbezüglich ein Familienbonus plus in der Höhe von € 3.555,00 beantragt,

Mit Vorlagebericht vom 27. Jänner 2022 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer über die Weiterleitung der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Zudem führte es in Bezug auf die gegenständliche Beschwerde ihre Rechtsmeinung kund.

Das Bundesfinanzgericht wendete sich mit Schreiben vom 07. April 2022 und 05. Mai 2022 an den Beschwerdeführer. Darin bat es höflich um Stellungnahme, ob der Vorlageantrag vom 30. Oktober 2021 weiter aufrecht bleibt.

Der Beschwerdeführer machte von seinem Mitwirkungsrecht im Verfahren keinen Gebrauch und ließ folglich beide oben angeführten Schreiben des Bundesfinanzgerichtes unbeantwortet.

Datierend mit 08. Juni 2022 richtete die belangte Behörde ein Ersuchen um Ergänzung an den Beschwerdeführer. Darin wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, die folgenden Unterlagen beizubringen:

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Für die Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung wurde dem Beschwerdeführer eine Frist bis zum 20. Juli 2022 gewährt.

Der Beschwerdeführer beantwortete das Ersuchen um Ergänzung der belangten Behörde. In offener Frist übermittelte er ein Konvolut an Unterlagen in slowenischer Sprache.

Aus dem von der belangten Behörde übermittelten Vorlagebericht ist zudem ersichtlich, dass die die Familienbeihilfe beziehende Person Mutter von Kind 1 und Kind 2 den halben Familienbonus plus für das streitverfangene Jahr beantragt hat.

Mittels Verfügung des GV-Ausschusses datierend mit 28. Februar 2023 wurde der nunmehr erkennende Richter für die gegenständliche Beschwerde zuständig.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erzielt im Inland Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Sein inländischer Arbeitgeber ist die ***4*** AG & CO KG in ***5***.

Der Beschwerdeführer ist ledig. Er ist Vater von 3 Kindern für welche er seinen Unterhaltsverpflichtungen im Beschwerdejahr nachgekommen ist. Der Beschwerdeführer beantragt den ganzen Familienbonus plus für seine 3 Kinder. Für die Kinder ***6*** und ***7*** hat die Kindesmutter den halben Familienbonus plus beantragt. Zudem beantragt der Beschwerdeführer den Unterhaltsabsetzbetrag für die 3 Kinder.

Strittig ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Beschwerdeführer Anspruch auf den Familienbonus plus und auch den Unterhaltsabsetzbetrag hat.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt eröffnet sich dem Bundesfinanzgericht aufgrund des im Zuge der Vorlage der Beschwerde mitübermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde. Daraus sind sämtliche Verfahrensschritte der belangten Behörde akribisch vermerkt.

Zudem eröffnet sich der festgestellte Sachverhalt anhand der vom Beschwerdeführer im laufenden Verfahren gemachten Angaben bzw. übermittelten Unterlagen.

Letztlich hat der erkennende Richter in den elektronischen Akt des Beschewrdeführers - wie er bei der belangten Behörde geführt wird - Einsicht genommen. Auch in den elektronisch geführten Veranlagungsakt der Kindesmutter wurde seitens des Bundesfinanzgerichtes Einsicht genommen.

Das Bundesfinanzgericht hegt keine Zweifel an der Echtheit und Glaubwürdigkeit der vorliegenden Unterlagen.

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

§ 33 Abs. 3a EStG 1988 lautet wie folgt:

Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:

1. Der Familienbonus Plus beträgt

a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 125 Euro,

b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 41,68 Euro.

2. Abweichend von Z 1 ist für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, die Höhe des Familienbonus Plus sowie der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen:

a) Die Höhe des Familienbonus Plus und der Absetzbeträge gemäß Abs. 4 ist ab 1. Jänner 2019 auf Basis der zum Stichtag 1. Juni 2018 zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen. Die Höhe ist in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

b) Der Bundesminister für Finanzen hat die Berechnungsgrundlagen und die Beträge mit Verordnung bis spätestens 30. September nach dem Stichtag gemäß lit. a kundzumachen.

3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:

a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:

- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder

- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.

Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.

c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.

d) Der Antrag kann zurückgezogen werden. Ein Zurückziehen ist bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides möglich und gilt nach Eintritt der Rechtskraft als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a der Bundesabgabenordnung sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß lit. a oder b. Wird der Antrag zurückgezogen, kann der gemäß lit. a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen …

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        "§ 33 Abs 4 Z 3 EStG in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung lautet wie folgt: "
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            "3. Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn ",
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        "Der EuGH hat in seinem Urteil EuGH 16. 6. 2022, C-328/20, eindeutig ausgesprochen, dass die Indexierung des Familienbonus Plus, des Alleinverdienerabsetzbetrags, des Alleinerzieherabsetzbetrags und des Unterhaltsabsetzbetrags nach der Kaufkraft in den einzelnen Mitgliedstaaten bzw. Vertragsstaaten Wanderarbeitnehmer stärker als österreichische Staatsbürger betreffe. "
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Der Familienbonus Plus soll erwerbstätige Steuerpflichtige, die Kinder haben, und dadurch weniger leistungsfähig sind als Kinderlose mit gleichem Einkommen, ab 1.1.2019 steuerlich entlasten. Damit soll dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und dem daraus abgeleiteten subjektiven Nettoprinzip, das eine Berücksichtigung zwangsläufiger privater, die Leistungsfähigkeit vermindernder Ausgaben verlangt, Rechnung getragen werden (s ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP, 1). Der Familienbonus Plus soll nach den ErlRV "weder einen Beitrag des Staates zum Unterhalt der Kinder dar[stellen], noch […] die Kinderlasten ab[decken], die von den Eltern weiterhin zur Gänze übernommen werden". Der Steuerabzug bewirke aber, dass die Eltern diese Lasten zukünftig aus ihrem unversteuerten Einkommen leisten können und nicht eine darauf lastende Steuer dazuverdienen müssen.

Die Bezeichnung des Absetzbetrags ist vor diesem Hintergrund kritisch zu sehen, da sowohl der Begriff "Bonus" als auch der legistisch nicht erforderliche Zusatz "Plus" (s 15/SN-24/ME XXVI. GP) den Eindruck vermitteln, dass es um die Gewährung einer Vergünstigung ginge und nicht um die angemessene Berücksichtigung einer geminderten steuerlichen Leistungsfähigkeit (s dazu die Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren 32/SN-24/ME XXVI. GP; 13/SN-24/ME XXVI. GP; 4/SN-24/ME XXVI. GP; Kanduth-Kristen SWK 18, 882) (vgl hierzu Jakom EStG17 2024, RZ 30 zu § 33).

Nach dem Gesetzeswortlaut kann der Familienbonus Plus je Kind zur Gänze von einem anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen oder je zur Hälfte von zwei anspruchsberechtigten Steuerpflichtigen beantragt werden. Eine andere Aufteilung ist nicht zulässig. Die Aufteilung erfolgt durch Antragstellung in der Steuererklärung (s ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP, 10 ff). Dies gilt auch, wenn bereits eine Berücksichtigung im Rahmen der Lohnverrechnung erfolgte (im Rahmen der Veranlagung kann das Wahlrecht über die Aufteilung erneut ausgeübt werden; s Kufner/Ruhdorfer RdW 18, 452). Die Möglichkeiten der Aufteilung bestehen für jedes Kind gesondert (vgl hierzu Jakom EStG17 2024, RZ 38 zu § 33).

Der Familienbonus Plus ist als "erster" Absetzbetrag von der nach Tarif gemäß Abs 1 errechneten Steuer abzuziehen (s auch ErlRV 190 BlgNR XXVI. GP, 8). Er ist nicht negativsteuerfähig, die Wirkung ist daher mit der Höhe der Tarifsteuer begrenzt. Stehen dem Steuerpflichtigen weitere Absetzbeträge zu (zB AVAB oder AEAB, VAB), kann sich dadurch gemäß Abs 8 eine Negativsteuer ergeben.

Der Familienbonus Plus ist ausschließlich von der Tarifsteuer gemäß Abs 1 abzuziehen, er mindert daher nicht die Steuer auf Sonderzahlungen gemäß § 67 Abs 1 oder die Steuer auf endbesteuerte Kapitalerträge und sonderbesteuerte Grundstücksveräußerungen, sofern nicht zur Regelbesteuerung optiert wird (vgl hierzu Jakom EStG17 2024, RZ 45 zu § 33).

Haben zwei Anspruchsberechtigte den Familienbonus Plus in der Veranlagung je zur Hälfte beantragt und kann einer der beiden den Absetzbetrag aufgrund einer zu geringen Tarifsteuer gemäß Abs 1 im Ergebnis nicht nutzen, wäre der nicht genutzte Absetzbetrag auch für den anderen Anspruchsberechtigten bis zur Änderung durch das KonStG 2020 verloren gewesen. Mit dem KonStG 2020, BGBl I 96, verankerte der Gesetzgeber in Abs 3a Z 3 lit d mit Wirksamkeit für Anträge betreffend das Kalenderjahr 2019 (§ 124b Z 361) die Möglichkeit einer formlosen Zurückziehung des Antrags bis fünf Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides. Das Zurückziehen gilt nach Eintritt der Rechtskraft sowohl für den Zurückziehenden als auch für den anderen Antragsberechtigten gemäß Abs 3a Z 3 lit a oder b als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO.

Wird der Antrag zurückgezogen (dies ist je Kind möglich, s Kufner/Ruhdorfer-Grasl RdW 21, 63), kann der gemäß Abs 3a Z 3 lit a oder b andere Antragsberechtigte den ganzen nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrag beantragen. Hat der andere Anspruchsberechtigte bereits den ganzen Familienbonus Plus im Rahmen der Veranlagung beantragt, ist dieser von Amts wegen zu berücksichtigen (s LStR 770b). Das Zurückziehen ist vorteilhaft, wenn sich der Familienbonus Plus beim Antragsteller aufgrund der geringen Einkommenshöhe nicht auswirkt und der andere Antragsberechtigte den Absetzbetrag (voll) nutzen kann (s ErlRV 287 BlgNR XXVII. GP, 4).

Nach einer rechtskräftigen Veranlagung ist aufgrund der Regelung das Zurückziehen, nicht aber die Abänderung des Antrags möglich (s ErlRV 287 BlgNR XXVII. GP, 4). Beantragt ein Anspruchsberechtigter die Hälfte des Familienbonus Plus und stellt der zweite Anspruchsberechtigte keinen Antrag, ist die Hälfte des Absetzbetrags verloren, sofern die Veranlagung erfolgte und die Rechtsmittelfristen nicht mehr offen sind (vgl hierzu Jakom EStG17 2024, RZ 38 zu § 33).

Mit Urteil v 16.6.22, C-328/20, entschied der EuGH, dass die Indexierung der Familienleistungen gegen Unionsrecht verstößt. Mit BGBl I 135/2022 hob der Gesetzgeber die Indexierung daher auf (vgl hierzu Jakom EStG17 2024, RZ 44 zu § 33).

Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Abgabenerklärung für das Jahr 2022 den gänzlichen Familienbonus plus für die Kinder ***6*** (***1***) ***7*** (***1***) und Eva Mlakar (***3***)).

Für die beiden Kinder ***6*** und ***7*** hat die Kindesmutter in ihrem Antrag für das Jahr 2020 den halben Familienbonus plus beantragt. Die Veranlagung ist rechtskräftig. Aus diesem Grunde kann dem Beschwerdeführer für die beiden oben genannten Kinder ebenso nur der halbe Familienbonus plus zuerkannt werden. Für das Kind Eva Mlakar gebührt dem Beschwerdeführer der gänzliche Familienbonus plus.

Der dem Beschwerdeführer zu gewährende Familienbonus plus setzt sich wie folgt zusammen:

Name KindHalber Familienbonus plusGanzer Familienbonus plusBetrag
Mlakar MaticX750,00
Mlakar MancaX750,00
***7***
Gesamt somit3.000,00

Der dem Beschwerdeführer zu gewährende Unterhaltsabsetzbetrag setzt sich wie folgt zusammen:

KindBetrag
Mlakar Manca (29,20 x 12)350,40
Mlakar Matic (43,80 x 12)525,60
***8*** (58,40 x 12)700,80
Gesamt1.576,80

Die steuerlichen Bemessungsgrundlagen betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2020 stellen sich wie folgt dar:

Berechnung Einkommensteuer2020
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
***4*** AG & CO KG25.767,68
Werbungskosten die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte(-) 169,23
Gesamtbetrag der Einkünfte25.598,45
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988)
Pauschbetrag Sonderausgaben(-) 60,00
Einkommen25.538,45
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs 1 EStG beträgt:
0% für die ersten 11.000,000,00
20% für die weiteren 7.000,001.400,00
35% für die restlichen 7.538,452.638,46
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge4.038,46
Familienbonus plus(-) 3.000,00
Unterhaltsabsetzbetrag(-) 1.576,80
Verkehrsabsetzbetrag(-) 400,00
Pendlereuro(-) 144,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge(-) 1.082,34
Erstattung:
SV Beiträge in der Höhe von € 500,00
Davon erstattungsfähig gemäß § 33 Abs 8 EStG(-) 500,00
Erstattungsbetrag gesamt(-) 500,00
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0% für die ersten 620,000,00
6% für die restlichen 5.447,29326,84
Einkommensteuer(-) 173,16
Anrechenbare Lohnsteuer (260)(-) 3.840,69
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG(-) 0,15
Festgesetzte Einkommensteuer(-) 4.014,00

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das vorliegende Erkenntnis ergeht in Einklang mit den oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen, als auch der Judikatur sowohl des EuGH, als auch des VwGH. Eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Feldkirch, am 23. Juli 2025