IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf***, vertreten durch die ***V***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom 24. März 2022 gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom 23. Februar 2022, betreffend Zurückweisung eines Rückzahlungsantrages, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Eingabe vom 8. Februar 2022 beantragte das ***Bf*** betreffend Frau ***Verst.***, verstorben am ***nn.nnn.nnnn***, die Überweisung der vom Finanzamt festzustellenden Steuergutschrift für das Jahr 2020 auf ein näher bezeichnetes Bankkonto des ***1***. Die Beschwerdeführerin habe aus Mitteln der Mindestsicherung die nicht gedeckten Pflegekosten getragen. 80% des festzustellenden Steuerguthabens sei gemäß § 22 iVm § 43 Abs. 1 lit. a Tiroler Mindestsicherungsgesetz für die geleistete Mindestsicherung heranzuziehen. Zudem werde auf die gesetzlichen Bestimmungen des § 324 ASVG (Legalzession) verwiesen.
Das Finanzamt Österreich wertete das Anbringen als Antrag nach § 239 BAO und wies diesen mit dem an das ***1*** adressierten Bescheid vom 23. Februar 2022 (zugestellt am 1. März 2022) als unzulässig zurück.
Gemäß § 19 BAO würden nur bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen. Während Erben und auch Miterben zu Gesamtrechtsnachfolgern werden würden, führe beispielsweise die bei einer Nachlassüberschuldung mögliche Überlassung an Zahlungs statt (§§ 154 f AußStrG) nur zur Einzelrechtsnachfolge. In Hinblick darauf sei es nur einem Erben - oder Miterben mit entsprechender Bevollmächtigung durch die anderen Miterben möglich, Anträge im Abgabenverfahren betreffend der Verstorbenen zu stellen, insbesondere die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung oder die Rückzahlung von Abgabenguthaben gemäß § 239 Abs. 1 BAO zu beantragen (Antragslegitimation).
Dagegen erhob das ***Bf*** mit Eingabe vom 24. März 2022 (eingelangt beim Finanzamt Österreich am 25. März 2022) das Rechtsmittel der Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass gemäß § 324 Abs. 3 ASVG für die Zeit der Pflege der Anspruch auf Rente bzw. Pension (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, auf den Träger der Sozialhilfe übergehen würden, wenn ein Renten(Pensions)berechtigter auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe in einem Altersheim verpflegt werde. Dies gelte nach der Rechtsprechung des OGH auch für ein nachträglich hervorgekommenes, zeitlich kongruentes Einkommensteuerguthaben. Demnach sei der Anspruch auf das Einkommensteuerguthaben bereits zu Lebzeiten im Rahmen der Legalzession nach § 324 Abs. 3 ASVG auf das ***Bf*** als Träger der Mindestsicherung übergegangen und sei somit die Anwendung des § 19 BAO als verfehlt zu erachten.
Der OGH habe in der ausführlich begründeten Entscheidung vom 28. Mai 2019, 2 Ob 161/18t, ausgesprochen, dass ein Einkommensteuerguthaben grundsätzlich nicht als Vermögen iSd § 330 a ASVG, sondern als Einkommen (dort iSd § 6 Abs. 2 K-MSG) zu qualifizieren sei und der Anspruchsübergang nach der in § 324 Abs. 3 ASVG statuierten Legalzession zugunsten jenes Trägers, auf dessen Kosten der betreffende Pensions- oder Rentenberechtigte in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung "verpflegt" werde, unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erfolge. Er finde grundsätzlich für jeden Monat, in dem die Unterbringung bzw. Pflege erfolgt sei, statt, weil die Leistung pro Kalendermonat gebühre, und betreffe zeitlich kongruente Leistungen, also solche, die von einem Träger für einen Zeitraum erbracht wurden, für den der Leistungsbezieher einen Anspruch auf Renten- oder Pensionsleistungen gehabt habe. Dem Pensionsberechtigten stehe für diese Zeit nur mehr der nicht vom Forderungsübergang erfasste Teil seines Anspruchs zu.
Da im gegenständlichen Fall für die Verstorbene die ungedeckten Heimkosten vom ***Bf*** als Träger der Mindestsicherung getragen worden seien, sei der Anspruch auf 80% des festzustellenden bzw. festgestellten Einkommensteuerguthabens nach der in § 324 Abs. 3 ASVG statuierten Legalzession auf das ***Bf*** ex lege übergegangen.
Nach Rechtsprechung des OGH falle dieser im Wege der Legalzession an den Sozialhilfeträger übergegangene Teil des Steuerguthabens ebenso wie der entsprechende Anteil an den zugrundeliegenden Pensionsansprüchen selbst nicht in den Nachlass. Der Sozialhilfeträger habe vielmehr - in sinngemäßer Anwendung des § 44 IO - ein "Aussonderungsrecht". Da dieser Teil des Steuerguthabens von vornherein nicht in den Nachlass falle, könne er bei der Überlassung an Zahlungs statt nicht als Aktivum an die Gläubiger verteilt werden. Der OGH habe in seiner Entscheidung 2 Ob 128/19s ausgesprochen, dass Aussonderungsansprüche nicht vom Verlassenschaftsgericht zu befriedigen seien, sondern dass eine Einziehung der auf den Sozialhilfeträger übergegangenen Steuerguthaben durch den Sozialhilfeträger selbst zu erfolgen habe. Die Aktivlegitimation der Beschwerdeführerin liege aufgrund des oben Geschilderten in gegenständlicher Angelegenheit somit vor.
Das Finanzamt Österreich wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 21. Jänner 2025 als unbegründet ab.
Dagegen wurde von der Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 18. Februar 2025 der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gestellt.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist der an das ***1*** adressierte angefochtene Bescheid so zu deuten, dass dieser an das ***Bf*** ergangen ist. Zweifelhafte Angaben beim Bescheidadressaten sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 26.6.2014, 2013/15/0062) durch Auslegung zu erschließen. Im Beschwerdefall wollte das Finanzamt zweifelslos die bescheidmäßige Erledigung des als Antrag auf Rückzahlung (noch zu beziffernder) Steuergutschriften an das ***Bf*** als Träger der Sozialhilfe richten. Es ist daher bloß von einem Fehler in der Bezeichnung auszugehen, zumal das ***Bf*** selber davon ausgegangen ist, Bescheidadressat zu sein und eine Beschwerde erhoben hat (vgl. hierzu auch VwGH 21.11.2013, 2013/15/0215).
Sachverhalt
Die am ***nn.nnn.nnnn*** verstorbene Erblasserin wurde seit dem 19. März 2020 bis zu ihrem Tod im ***2*** verpflegt, wobei das ***Bf*** die nicht gedeckten Pflegekosten aus öffentlichen Mitteln getragen hat.
Das ***Bf*** ist im Beschwerdefall weder Abgabepflichtiger, noch gesetzlicher Vertreter des ruhenden Nachlasses bzw. eingeantworteter Erbe.
Das Guthaben aus der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2020 wurde bereits am 17. Jänner 2022 an die Verstorbene überwiesen. Zum Zeitpunkt des Antrages der Beschwerdeführerin wies das Abgabenkonto kein Guthaben mehr aus.
Beweiswürdigung
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Abgabenkonto der Verstorbenen und dem insofern unbestrittenen Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die Pflege im ***2***.
Rechtliche Würdigung
Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 239 Abs. 1 BAO kann die Rückzahlung von Guthaben auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Gemäß § 77 Abs. 1 BAO ist Abgabepflichtiger im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt.
Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über.
Zur Antragstellung ist somit der Abgabepflichtige berechtigt, auf dessen Namen das Abgabenkonto lautet (vgl. VwGH 28.01.1981, 78/13/2259). Das Abgabenkonto lautete im Zeitpunkt der Antragstellung auf die "Verlassenschaft nach ***Verst.***". Die Verlassenschaft wird bis zur Einantwortung der Erbschaft durch die erbserklärten Erben bzw. erforderlichenfalls durch einen vom Gericht bestellten Verlassenschaftskurator vertreten.
Die Beschwerdeführerin ist weder Abgabepflichtige, noch Vertreterin der Verlassenschaft. Es ist auch nicht Gesamtrechtsnachfolgerin. Dem ***Bf*** als Antragsteller nach § 239 BAO kommt somit im Beschwerdefall keine Aktivlegitimation zu.
Abgesehen davon, dass nach § 324 Abs. 3 ASVG keine Gesamtrechtsnachfolge begründet wird, geht die Berufung darauf schon deshalb ins Leere, weil eine Abtretung eines Rückzahlungsanspruches ein vorhandenes Guthaben voraussetzt, ein solches aber wie festgestellt nicht besteht.
Die Zurückweisung des Rückzahlungsantrages vom 8. Februar 2022 erfolgte daher zu Recht.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Frage zur Aktivlegitimation betreffend die Rückzahlung von Guthaben ist durch die Rechtsprechung ausreichend geklärt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Die (ordentliche) Revision war daher als unzulässig zu erklären.
Innsbruck, am 24. April 2025