(1) Die nähere Organisation zur Aufnahme einer Arzneispezialität und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Dachverband durch Verordnung, die der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bedarf. Vor Genehmigung hat eine Anhörung der Wirtschaftskammer Österreich zu erfolgen. Diese Verfahrensordnung hat insbesondere Zahl, Qualität, Form und Zeitpunkt der vorzulegenden Unterlagen festzusetzen und Regeln darüber zu enthalten, in welchen Fällen weiterführende Studien notwendig sind. Die Verordnung ist vom Dachverband im Internet kundzumachen.
(1a) Anbringen einschließlich aller im Verfahren zu berücksichtigenden Unterlagen sind schriftlich über das Internetportal www.sozialversicherung.at einzubringen. Zur Erörterung dieser Anbringen ist eine mündliche Kommunikation zwischen Dachverband und vertriebsberechtigtem Unternehmen zulässig. Erscheint diese im Einzelfall nicht zweckmäßig, so kann der Dachverband dem vertriebsberechtigten Unternehmen die schriftliche Einbringung als Anbringen binnen angemessener Frist auftragen. Eine mündliche Verhandlung vor dem Dachverband findet nicht statt. Die Verfahrensordnung nach Abs. 1 hat Regelungen über die Voraussetzungen und den Ablauf einer Anhörung vor der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission für vertriebsberechtigte Unternehmen zu enthalten. Die Akteneinsicht erfolgt über das Internetportal www.sozialversicherung.at. Patentrechtliche Vorfragen sind nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Dachverband.
(1b) Die §§ 69 und 70 AVG sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die in den §§ 351d Abs. 1 und 351e festgelegten Fristen mit der Zustellung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens neu zu laufen beginnen. § 69 Abs. 2 AVG ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach Ablauf von einem Jahr ab Erlassung des Bescheides nicht mehr gestellt werden kann. Der Dachverband hat über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens binnen vier Wochen zu entscheiden.
(1c) Die §§ 71 und 72 AVG sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die in den §§ 351d Abs. 1 und 351e festgelegten Fristen mit der Zustellung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bis zur Zustellung des die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligenden Bescheides in ihrem Fortlauf gehemmt werden. Der Dachverband hat über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen vier Wochen zu entscheiden.
(2) In der Verordnung nach Abs. 1 wird das Verfahren der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission geregelt. Dieser Kommission sind alle Anträge auf Aufnahme (einschließlich aller Änderungen) einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex vorzulegen. Diese Kommission ist auch anzuhören, wenn der Dachverband von sich aus eine Veränderung im Erstattungskodex beabsichtigt. Die Kommission hat dem Dachverband insbesondere zu empfehlen,
1. ob und für welche Indikationen und Gruppen von Patienten und Patientinnen ein wesentlicher zusätzlicher therapeutischer Nutzen einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch bewertet werden kann, damit die Arzneispezialität in den gelben Bereich aufgenommen werden oder dort verbleiben kann,
2. ob und welcher therapeutische Mehrwert (Zusatznutzen für Patienten und Patientinnen) einer Arzneispezialität vorliegt und wie dieser ökonomisch bewertet werden kann, damit die Arzneispezialität in den grünen Bereich aufgenommen werden oder dort verbleiben kann,
3. ob im Sinne einer sicheren und wirtschaftlichen Versorgung der Patienten und Patientinnen ein Vergabeverfahren für Wirkstoffe oder Wirkstoffgruppen eingeleitet werden sollte, um günstigere Bedingungen für die Heilmittelerstattung zu erreichen (zB wenn das Preisband zu breit oder keine Nachfolge durch ein Generikum möglich ist) und
4. bei welchen medizinischen Bedürfnissen und epidemiologischen Notwendigkeiten die ärztliche Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes der Sozialversicherungsträger angewendet werden sollte.
Die Empfehlungen der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission haben den Kriterien der Wissenschaft, der Transparenz und der gesundheitsökonomischen Bewertungen zu entsprechen. Die Sitzungen sind nicht öffentlich.
(3) Der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission gehören zwei Vertreter/innen des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen, acht Vertreter/innen der Sozialversicherung, drei unabhängige Vertreter der Wissenschaft aus einschlägigen Fachrichtungen (Pharmakologen und Mediziner von Universitätsinstituten), je zwei Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundesarbeitskammer und der Österreichischen Ärztekammer sowie ein Vertreter der Österreichischen Apothekerkammer an. Weiters gehört der Heilmittel-Evaluierungs-Kommission eine Vertreterin/ein Vertreter der Bundesländer an, mit der/dem Empfehlungen, ob neue Arzneispezialitäten intra- und/oder extramural verabreicht werden können, abzustimmen sind, ohne dass sich die Mehrheitsverhältnisse in der Kommission dadurch ändern. Weiters gehört der Heilmittel-Evaluierungskommission ein/e Vertreter/in der Patientenanwaltschaften in beratender Funktion ohne Stimmrecht an.
(4) Der Dachverband hat durch Verordnung pauschalierte Kostenersätze für die Kosten der Verfahren nach den §§ 351c Abs. 1 und 351e festzusetzen. Die Höhe der pauschalierten Kostenersätze hat sich nach den Kosten eines durchschnittlichen Verfahrens zu richten, wobei jedenfalls zwischen Verfahren zur Aufnahme einer Arzneispezialität in den Erstattungskodex und Verfahren zur Änderung der Verschreibbarkeit oder zur Preiserhöhung der im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten zu unterscheiden ist. Die Antragsteller/Antragstellerinnen haben die Kostenersätze gleichzeitig mit der Antragstellung an den Dachverband zu entrichten, anderenfalls der Antrag als unvollständig gilt. Die Verordnung ist im Internet zu veröffentlichen. Der V. Teil des AVG über die Kosten ist nicht anzuwenden.
(5) Für die im Erstattungskodex angeführten Arzneispezialitäten, insbesondere für rezeptfreie Produkte, ist jegliche Werbung, die für die Verbraucher/innen bestimmt ist, zu unterlassen; ausgenommen von diesem Werbeverbot sind rezeptfreie Arzneispezialitäten, die vom Dachverband von sich aus (§ 351c Abs. 5) gegen den Willen des vertriebsberechtigten Unternehmens in den Erstattungskodex aufgenommen wurden.
Rückverweise
ASVG · Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
§ 351g Verordnungsermächtigung, Werbeverbot
(1) Die nähere Organisation zur Aufnahme einer Arzneispezialität und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Dachverband durch Verordnung, die der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen bedarf. Vor Genehmigung hat eine Anhörung der Wirtschaftskammer Österreic…
§ 628 Schlussbestimmungen zu Art. 1 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 131/2006 (66. Novelle)
…3, 31 Abs. 3 Z 9, 31a Abs. 4 und 4a, 122 Abs. 2 Z 2, 138 Abs. 1, 351g Abs. 4, 351i Abs. 4, 363 Abs. 1, 421 Abs. 1, 442 Abs. 2, 447a, 447b, 474 Abs. 1…
§ 30b Koordination der Vollziehungstätigkeit
…Bewilligung des chef- und kontrollärztlichen Dienstes. Die nähere Organisation und das Verfahren zur Herausgabe des Erstattungskodex regelt der Dachverband in der Verordnung nach § 351g. Er hat dazu als beratendes Gremium eine Heilmittel-Evaluierungs-Kommission einzurichten. 5. die Besorgung der Statistik der Sozialversicherung sowie der Statistik der Pflegevorsorge im übertragenen…
§ 351c Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex
…Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex und über den Umfang, die Qualität und den Zeitpunkt der Vorlage von Unterlagen, werden in der Verfahrensordnung (§ 351g) geregelt. Abs. 1 letzter Satz ist anzuwenden. (4) Bei Arzneispezialitäten, die vornehmlich der Behandlung von Akutkrankheiten dienen, ist nur jene Packungsgröße aufzunehmen, deren Inhalt…
VfGH-Ausspruch, dass die §§ 48 bis 51 der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex als gesetzwidrig aufgehoben werden und § 47 gesetzwidrig war
Art. 1
…11 ausgesprochen, dass die §§ 48 bis 51 der vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger erlassenen Verfahrensordnung zur Herausgabe des Erstattungskodex nach § 351g ASVG – VO-EKO, Amtliche Verlautbarung der österreichischen Sozialversicherung im Internet Nr. 47/2004, als gesetzwidrig aufgehoben werden und § 47 dieser Verfahrensordnung gesetzwidrig…